ternationalen Finanzmärkte und dass sich die Bundesregierung in ihrem aktuellen Krisenmanagement durch unsere Debatte wesentlich beeinflussen lassen.
Aus diesem Grunde hatte der Sprecher des Finanzministeriums in seiner Einschätzung schon recht - und die Finanzministerin hat das heute auch wieder gesagt -, dass es sich beim Antrag der Fraktion DIE LINKE um einen Schaufensterantrag handelt, der der Öffentlichkeit ein Agieren in dieser Sache vorgaukeln soll. Dass dann die CDU-Fraktion gleich noch einen weiteren Schaufensterantrag danebenstellt, hätte ich angesichts dieser Reaktion aus dem Finanzministerium, ehrlich gesagt, nicht erwartet.
Dann brachte uns der heutige Sofortbericht der Finanzministerin keine neuen Erkenntnisse. Die Ministerin sagte selber schon, sie hat im Haushalts- und Finanzausschuss auch mit dem Vorstand der Helaba unterrichtet und deshalb war das den Finanzpolitikern im Wesentlichen bekannt, was Sie heute vorgetragen hat. Ob vor diesem Hintergrund bei den sehr begrenzten Handlungsmöglichkeiten, die der Freistaat Thüringen selbst hat, der Antrag der Linkspartei zielführend ist, darf bezweifelt werden. Das Thema eignet sich gerade nicht, um in der jetzigen Situation eine parteipolitische Auseinandersetzung zu führen. Das befürchte ich von der bevorstehenden Diskussion. Andererseits ist die Finanzkrise das Diskussionsthema Nummer 1 unter der Bevölkerung. Wir haben schon viele unwichtige Themen hier behandelt, oftmals zur Beweihräucherung der normalen Regierungsarbeit in Anträge verpackt oder zu Aktuellen Stunden erklärt und insofern sage ich, es ist gut, dass wir das Thema hier auf der Tagesordnung haben.
Meine Damen und Herren, zum Ernst der Lage gibt es eigentlich gar keine Diskussion. In „Spiegel online“ war sehr schön zu lesen: „Wenn die Finanzindustrie das Herz der Weltwirtschaft ist, dann erleben wir gerade ein Herzflimmern.“ Dieser Satz beschreibt die Lage sehr treffend. Über die Ursachen der derzeitigen Krise wurde bereits viel geschrieben und geredet, direkt die Immobilienkredite in den USA, die sich als Milliardengräber erwiesen haben, aber das ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Die übergroße Gier nach Rendite in ungezügelten und weitgehend unregulierten Kapitalmärkten ist die wesentliche Ursache des jetzigen Zustands und der Krise, die immer weitere Bankhäuser erfasst und deren Ende
Die Investmentbanken waren die großen Renner. Spezialbanken, die sich die Rosinen herausgepickt haben und die Traumrenditen erzielten oder versprachen, florierende Geldmaschinen aus dem Fantasialand, und die Allround-Institute wurden belächelt, die Sparkassen und die Volksbanken, für ihr biederes Agieren. Nun zeigt sich, sie sind der Fels in der Brandung. Frau Ministerin hat schon darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass wir starke Sparkassen haben, und ich sage es hier noch einmal: Wir sollten jeglichen Privatisierungsgedanken bei den Sparkassen eine Absage erteilen.
Meine Damen und Herren, es gab viele, die vor den Risiken auf den Finanzmärkten gewarnt haben. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück war nachweislich ein solcher Mahner. Nur sind die Mahnungen und guten Worte in der allgemeinen Börseneuphorie sehr schnell verhallt und waren nicht sehr zu hören. Heute sind viele klüger und die Schadensbegrenzung ist allerorten angesagt mit vielen unterschiedlichen Konzepten.
Angesichts des kratertiefen Loches, das in den Bilanzen der Geldinstitute klafft, droht die gewerbliche Wirtschaft aus dem Tritt zu geraten. Nur der Staat ist derzeit in der Lage, einen Rettungsanker zu setzen. Jedes Nichthandeln oder Verzögern hätte bewirkt, dass finanzielle Einbußen, die weit draußen in der Welt entstanden sind, mit Arbeitsplatzverlusten und Einkommenseinbußen auch in Thüringen teuer bezahlt werden. Deshalb war es gut, dass die Bundesregierung diese Risikoabschirmung jetzt für die Hypo Real Estate vorgenommen hat, genauso wie vorher bei der IKB oder wie es bei den Landesbanken, die in Notlage waren, gemacht worden ist.
Im Gegensatz zu den USA erfolgte kein Aufkauf von Krediten, die nichts mehr wert sind, sondern es wurden Bürgschaften gegeben. Die Ministerin hat vorhin richtig gesagt, Bürgschaften sind noch lange kein fließendes Geld. Bürgschaft ist in diesem Fall das richtige Instrument.
In Thüringen haben wir ja einen guten Umgang mit Bürgschaften. Es ist eine sehr wichtige Wirtschaftsfördermaßnahme. Im Haushaltsgesetz haben wir schon seit Jahren für Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen großzügige Rahmen gesetzt, die die Regierung auch ausnutzt.
Ich will einmal die wichtigsten nennen: Pro Jahr können 200 Mio. € ausgegeben werden an Bürgschaften für gewerbliche Wirtschaft und freie Berufe, rund 100 Mio. € für Wohnungs- und Städtebau, 50 Mio. € zur Kreditabsicherung bei Gesellschaften mit Landesbeteiligung usw. Bei diesen Eventualverbindlichkeiten, die dann summiert werden, gibt es Zugänge, es gibt aber auch Abgänge. Die Summe, die insgesamt zu Buche steht, ist im Moment knapp 2 Mrd. €, für die der Freistaat bürgt.
Vielen Unternehmen und Gesellschaften wurden durch diese Bürgschaften neue Entwicklungsperspektiven geboten. In der Regel konnten die genutzt werden, es gab eine positive Entwicklung und die Bürgschaften wurden gar nicht in Anspruch genommen. Natürlich gibt es auch ein paar Fälle, wo der Konkurs nicht aufzuhalten war und es kam dann zu Ausfallzahlungen.
Meine Damen und Herren, es ist nicht nur folgerichtig, dass bei den jetzigen Hilfen nicht der Steuerzahler ohne Gegenleistung der Banken zu Hilfe eilt. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider brachte es bereits in der vergangenen Woche auf den Punkt, als er die Übertragung von Unternehmensanteilen an zu rettende Banken im Rahmen der staatlichen Rettungsmaßnahmen ins Spiel brachte. So würde sichergestellt, dass nach überstandender Krise durch den Verkauf dieser Unternehmensanteile wieder Geld an den Staat zurückfließt. Es muss auch gehandelt werden bei den Männern und Frauen auf den Chefsesseln. Da muss bei den Verträgen der Manager, bei den Gehältern der Manager, bei den Abfindungszahlungen einmal neu justiert werden. Es muss auch gehandelt werden, was die Aufsichts- und Kontrollmaßnahmen angeht deutschlandweit, aber auch EU- und weltweit.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns inzwischen in einer Phase der Krise, in der es darum geht, das System zu beruhigen. Anleger und einfacher Sparer müssen wieder Vertrauen in das Finanzsystem gewinnen und deshalb ist die Übernahme der Staatsgarantie für die Spareinlagen der Bürger so wichtig. Hier hat die Bundesregierung rechtzeitig Flagge gezeigt.
Meine Damen und Herren, nun noch einige Anmerkungen konkret zu den vorliegenden Anträgen. Die im Antrag der Linkspartei unter Punkt II formulierte Aufforderung an die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass im Falle staatlicher Eingriffe zur Abwehr der Finanzmarktkrise Maßnahmen ergriffen werden, die eine spätere Gewinnabschöpfung zugunsten der öffentlichen Haus
halte in Deutschland ermöglichen, kann von uns mitgetragen werden, ist ja auch bei der Maßnahme für die Hypo Real Estate entsprechend realisiert worden mit der Verpfändung der Aktien. Inhaltlich geht auch der Punkt II im CDU-Antrag in diese Richtung. Im Punkt III des Antrags der CDU ist allerdings ein Sinneswandel zu den bisherigen Aussagen zu erkennen. Bisher ging es bei Ihnen ja immer darum, dass die Privatisierung das Allheilmittel ist. Nun kommt der Ruf nach dem Staat. Sie gehen voll auf Gegenkurs zu dem, was Sie in der Vergangenheit getan haben. Wenn ich einmal zurückdenke, wie sich die CDU auf Bundesebene oder auch in den Ländern gegen Kontrollmechanismen ausgesprochen hat, als Bundeskanzler Schröder versucht hat, in der EU solche Dinge mit seinen Partnern zu besprechen. Die CDU bittet nun die Landesregierung, in vielerlei Hinsicht auf die Bundesregierung Einfluss zu nehmen, um die Finanzmärkte zukünftig besser zu regulieren. Da sind sie voll bei uns. Dagegen verkauft uns die Linkspartei in Punkt III alten Wein in neuen Schläuchen, zusätzliche Steuern in der jetzigen wirtschaftlichen Lage. Ich glaube, daran müssen Sie drei Fragezeichen machen. Sicherlich ist es notwendig, die Erbschaftsteuer in der derzeitigen Größenordnung zu erhalten, aber eine Erhöhung wäre jetzt völlig kontraproduktiv. Wir hoffen natürlich auch, dass in Sachen Erbschaftsteuerreform bei der Union endlich Vernunft einkehrt. Die Abschaffung der Erbschaftssteuer wäre für uns ein vollkommen falsches Signal.
Da geht es gar nicht um die 10 Mio. € Erbschaftsteuer, die wir jährlich einnehmen, aber uns würden 100 Mio. € im Länderfinanzausgleich Jahr für Jahr verloren gehen. Wie Sie das in der schwierigen Phase bis 2019 wegdrücken wollen, das bleibt wohl Ihr Geheimnis. Hier stellen Sie Parteipolitik vor die Interessen des Landes.
Meine Damen und Herren, jeder, der sich ein wenig mit wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhängen beschäftigt, weiß, dass die Krise auf den Finanzmärkten nicht spurlos an der gewerblichen Wirtschaft vorbeigehen wird. Die Folgen können wir derzeit nur erahnen. Dass wir in absehbarer Zeit aber wieder weniger Steuern einnehmen werden, ist abzusehen. Schon die November-Steuerschätzung, die in Kürze erfolgt - wir haben jetzt die Korrektur der Wachstumsprognosen -, wird uns auf den Boden der Realität zurückbringen.
Wirtschaftspolitik besteht zu einem nicht geringen Teil aus Psychologie und gerade jetzt beweist sich dieser schon alte Ausspruch einmal mehr aufs Neue. Ganz wichtig ist, jetzt die Verunsicherung der Privatanleger nicht weiter zu schüren und ihr immer
neuen Nährboden zu geben. Wohl seit dem Börsencrash nach dem 11. September 2001 stand die Weltwirtschaft nicht vor einer solch schwierigen Situation wie derzeit. Lassen Sie uns gemeinsam das in Thüringen Machbare tun, um die Situation in unserem Land zu stabilisieren.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat jetzt einen Acht-Punkte-Plan zur Regulierung der Finanzmärkte vorgelegt. Geben wir der Bundesregierung bei diesen Maßnahmen unsere Rückendeckung. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Vorwurf des Kollegen Pidde und von Frau Ministerin Diezel, wir würden dieses Thema missbrauchen, um Ängste zu schüren, weise ich entschieden zurück.
Die inhaltliche Debatte der beiden Redner zu unserem Antrag hat gezeigt, dass sie in der Sache die Lage ebenfalls als ernst einschätzen. Es ist schon die Frage zu stellen, warum ein Thüringer Landtag, der ja Verantwortung trägt für eine Bevölkerung von mehr als 2 Mio. Einwohner, nicht in der Lage sein soll, von sich aus über ein Thema zu informieren, was tatsächlich alle Menschen in diesem Land interessiert, und er nicht in einer vertraulichen Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses ergiebig behandelt werden soll.
Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, Sie haben in einem Zeitungsinterview von heute erklärt, man darf den Optimismus nicht verlieren. Was die Fähigkeit der Menschen zu besonnenem Handeln betrifft, teile ich Ihren Optimismus zum jetzigen Zeitpunkt ausdrücklich; ich hoffe darauf. Ich teile Ihren Optimismus allerdings nicht, was Ihre Fähigkeit zur Analyse dieser Finanzmarktkrise betrifft und zu Ihrer Fähigkeit, die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Ich werde das im Folgenden ausargumentieren; nur am Anfang so viel: Aus Sicht meiner Fraktion ist das
Modell dieses Finanzmarktkapitalismus, dieses Neoliberalismus und dieser zugespitzten Entwicklung, wie wir sie in den letzten zwei Jahrzehnten erlebt haben, ganz klar gescheitert.
Wir haben das nicht endlich erkannt, ich werde dazu argumentieren, Herr Mohring. Ich hoffe ebenfalls, dass Sie in der Lage sind, ein paar Argumente hier vorzutragen.
Frau Ministerin, im besagten Interview haben Sie an anderer Stelle auf die Frage, ob der Neoliberalismus, auf den die CDU setzt, der jetzt am Ende ist, geantwortet: Wir haben immer auf die soziale Marktwirtschaft gesetzt. Ich finde, es lohnt sich - ganz ohne Vorwurf - aber, sich über diese, wie ich finde, zentrale Frage auseinanderzusetzen. Ich glaube, da fängt der Irrsinn Ihrer Analyse an. Ich glaube, Sie charakterisieren das heute Bestehende immer noch als soziale Marktwirtschaft und nehmen dabei nicht zur Kenntnis, dass die Lebenslagen der Menschen in diesem Land sich mittlerweile so verschoben haben, zum Teil so entsolidarisiert haben, dass sie so verschoben sind in Richtung Zukunftsangst, dass für die Menschen das Adjektiv „sozial“ für diese Form der Marktwirtschaft überhaupt nicht mehr zutreffend ist
und dass die Menschen - im Gegenteil - den Eindruck haben, dass sie den Konflikt zwischen Kapital und Arbeit, den sie dort nicht leugnen werden und dessen Wesen in der Zeit der sozialen Marktwirtschaft gerade darin bestand, einen Ausgleich zwischen den Interessen von Kapital und Arbeit zu formulieren in der Verfassung, in der Ethik, aber auch in der persönlichen, in der politischen, in der öffentlichen Auseinandersetzung, dass diese Verhandlungsbasis infolge des 2. Weltkrieges und der Katastrophen, die dazu geführt haben, aufgekündigt worden ist in 90er-Jahren zulasten des Faktors Arbeit und zugunsten des Faktors Kapital an allen Stellen. Diese Entwicklung haben wir sukzessive seit 20 Jahren. Das können Sie sehen an der Entwicklung der Leiharbeit, das können Sie in der Frage der Mindestlöhne betrachten, das können Sie in der Diskussion um Kündigungsschutz betrachten, das können Sie in allen Fragen von Privatisierung, Deregulierung und nicht zuletzt der Armut der öffentlichen Hand betrachten.
Es geht um die zentrale Frage eines zukunftsfähigen Ordnungsmodells und - wie ich finde - auch eines zukunftsfähigen Ausgleichs zwischen den Faktoren Arbeit und Kapital. Diese Antwort haben Sie in den letzten beiden Jahrzehnten nicht geben können. Die Menschen sehen das so.
(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Die Menschen, mit denen habe ich ges- tern gesprochen, ganz normale Bürger.)
Ja, Sie haben mit einem Teil der Menschen gesprochen. Meinen Sie, Sie sind die Einzige, die mit Leuten redet? Ich denke, Sie haben noch einen zentralen Fehler gemacht - das sage ich aber mehr an die Adresse des Ministerpräsidenten -, Sie haben versucht, Ihr wirtschaftspolitisches Ordnungsmodell, was man als marktliberal bezeichnen könnte, gleichzusetzen mit dem ebenfalls ordnungspolitischen Modell der Demokratie. Sie haben damit in Kauf genommen, dass das, was bei den Menschen als zunehmende Zukunftsangst unten ankommt, gleichgesetzt wird mit der Staatsform der Demokratie. Wenn wir heute erleben, dass Menschen dieses Modell infrage stellen, dann liegt das auch mit daran, dass gleichgesetzt worden ist marktwirtschaftlicher Liberalismus und die Staatsform der Demokratie. Diesen Zusammenhang gibt es einfach nicht.
Wir werden sehen, wenn sich die Krise weiter zuspitzt, welche Antworten im politischen Ordnungsmodell der ein oder andere Staat finden wird, um diese Krise zu beherrschen. Da bin ich nicht sicher, dass die Staaten überall demokratische Lösungen vorschlagen werden.