Weitere Nachfragen gibt es nicht. Dann rufe ich die nächste Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf auf, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4605.
In Eisenach ist in den letzten Jahren in der Bahnhofstraße die Fläche der Farbenfabrik dekontaminiert worden. Dies ist ausgesprochen zu begrüßen. Dabei wurde von der beauftragten Firma Becker umfangreiches Erdmaterial entnommen und entsorgt. Die gefundenen Giftstoffe waren erheblich. Auffällig ist nun jedoch, dass der Erdaushub scheinbar nicht entsprechend der Belastungen mit Giftstoffen erfolgte, sondern eher einer eventuellen Bebauung folgt. Dabei ist besonders erstaunlich, dass im Bereich der geplanten Müllerstraße überhaupt keine Entnahme erfolgte, jedoch links und rechts davon sehr tief.
2. Warum wurde gerade im Bereich der geplanten Müllerstraße (Mitte der kontaminierten Fläche) keine Entsorgung vorgenommen?
3. Welche Giftstoffe werden aufgrund welcher Untersuchungen unter der in Frage 2 genannten Fläche vermutet und wie werden diese gesichert?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Wolf beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.
ehemaligen Farbenfabrik Arzberger Schöpff & Co. in Eisenach ist die Grundstückseigentümerin, die Firma Heinrich Becker aus Bottrop, tätig. Die Aufgabenstellung der Firma Becker besteht aus zwei verschiedenen Bereichen. Erstens: Als Sanierungsverantwortliche hat die Firma Becker die von der Umweltbehörde angeordneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach Bundesbodenschutzgesetz durchzuführen.
Entschuldigung, Herr Staatssekretär, kann mal jemand dieses Handy irgendwie zur Ruhe bringen? Nach dem Blick von Minister Wucherpfennig hat es doch aufgehört. Sie können weitermachen, Herr Staatssekretär, bitte.
Art und Umfang der erforderlichen Sanierung ergeben sich aus dem von der Firma Becker erstellten und von der Behörde für verbindlich erklärten Sanierungsplan. Nur im Hangbereich waren Gefahrenabwehrmaßnahmen erforderlich. Hier erfolgten der Bodenaustausch der Hauptkontaminationen sowie die Abdeckung der tolerierbaren Restkontamination. Zweitens: Im Zentralbereich waren keine Gefahrenabwehrmaßnahmen erforderlich. Hier ist die Firma Becker als Investor für die Errichtung des Fachmarktzentrums mit einem Parkhaus verantwortlich. Aufgrund der ehemaligen Nutzung und des zu Beginn der Maßnahmen vorgefundenen Zustands - versiegelter Parkplatz - bzw. der seitens der Firma Becker geplanten Nutzung als Gewerbefläche kann sowohl für den Wirkungspfad Boden-Mensch als auch für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser in diesem Bereich keine Gefährdung abgeleitet werden. Der umfangreiche Bodenaushub im Zentralbereich erfolgte deshalb nicht aus Gefahrenabwehrgründen, sondern aufgrund des geplanten Investitionsvorhabens, hier die Errichtung des Untergeschosses des Fachmarktzentrums. Die Verantwortung für die Entsorgung des Bodenaushubs obliegt damit dem Investor. Der unbelastete Boden konnte auf eine Hausmülldeponie verbracht werden. Das belastete Material musste die Firma Becker als Abfallbesitzerin in einer dafür zugelassenen Anlage entsorgen.
Zu Frage 2, warum im Bereich der geplanten Müllerstraße keine Entsorgung vorgenommen wurde, lautet die Antwort: Der geplante Ausbau der Müllerstraße im Zentralbereich ist derzeit noch offen, da das für die geplante B 19 laufende Planfeststellungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Erst infolge dieses Verfahrens kann über die gegebenenfalls notwendigen Entsorgungsmaßnahmen im Bereich der geplanten Müllerstraße entschieden werden.
Zu Frage 3 - welche Giftstoffe werden aufgrund welcher Untersuchungen unter der in Frage 2 genannten Fläche vermutet und wie diese gesichert werden: Im Rahmen der angeordneten Gefährdungsabschätzung wurden im Zentralbereich, in dem Bereich der geplanten Müllerstraße, tolerierbare stoffliche Einträge für Schwermetalle wie Blei und Arsen sowie Chromatverbindungen und Quecksilber festgestellt. Diese Stoffe stellten aufgrund der vorhandenen Versiegelung keine Gefahr für Menschen oder für das Grundwasser dar. Die zuständige Umweltbehörde hat angeordnet, dass, wenn die vorhandene Versiegelung durchbrochen wird, etwa aufgrund von Straßenbaumaßnahmen bzw. aufgrund eines Investitionsvorhabens anderer Art, die kontaminierten Bereiche durch eine neue Versiegelung bzw. andere Sicherungsmaßnahmen gesichert werden müssen.
Zu Frage 4: Bisher wurde an die Firma Becker vom Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt ein Betrag von rund 5,5 Mio. € ausgereicht.
Als Erstes möchte ich anmerken: Die Antwort zu Frage 1 war zum Teil salomonisch, insgesamt kompliziert. Das muss ich in Ruhe erst einmal nachlesen, weil die Mischung aus Gefahrenabwehr und Zentralbereich für mich im Moment verwirrend ist. Aber habe ich Sie dann richtig verstanden mit Frage 1, dass es im Prinzip weniger um eine Beseitigung von Giftstoffen ging als vielmehr um eine Bauvorbereitung, wobei damit natürlich verbunden war, dass Erdaushub im Rahmen der Bauvorbereitung fachgerecht entsorgt werden musste, da er schwer belastet ist? Damit direkt im Zusammenhang: Sie haben davon gesprochen, dass die Belastung im Bereich der Müllerstraße aufgrund des nicht feststehenden Planfeststellungsverfahrens noch nicht erfolgte und durch die bisherige Versiegelung auch kein großes Gefahrenpotenzial existiert. Im Moment ist die Fläche doch schon relativ lange und auch absehbar noch eine ganze Weile unversiegelt. Wie ist denn in dem Moment die Frage der Gefahrensituation?
Zur ersten Frage: Es gibt zwei Anlässe für die Bautätigkeit der Firma Becker. Der erste Anlass ist die Beseitigung einer Gefahr für ein schutzwürdiges Gut, das ist in dem Hangbereich, also vom Bahnhof weg in den Bereich der vorhandenen Wohnbebauung. Dort sind aufgrund der Struktur des Geländes, der dort vortretenden Oberflächen- und Schichtwässer und der Art der Kontamination Gefahren abzuwehren. Wenn ich weiter unten grabe, werden die im Hang vorhandenen Schadstoffe an die Oberfläche gespült und stellen eine Gefährdung dar. Hier liegen also das Handeln der Firma Becker im Bereich der Gefahrenabwehr und die Kostentragungspflicht überwiegend bei der öffentlichen Hand, während im Bereich der Vorbereitung der Baumaßnahme durch die Firma Becker die Erdbewegungen aufgrund der Schaffung des Baugrundes und der Fundamente erfolgen. In diesem Falle liegt die Kostenträgerschaft bei der Firma Becker - grundsätzlich. Nun kann es aber vorkommen, dass mit dem Aufgraben der Baugrube sehr wohl eine Gefährdung vorliegen kann. In diesem Falle ist der kontaminationsbedingte Mehraufwand nach Anzeige durch die Firma, Beurteilung durch die zuständige Behörde und Anordnung einer Maßnahme für die Gefahrenabwehr ebenfalls teilweise in der Kostenträgerschaft der öffentlichen Hand.
Zur zweiten Frage: Im Bereich der Müllerstraße sind durch die zuständige Behörde ausreichende Sicherungsmaßnahmen angeordnet, die überwacht und durch die Firma Becker vollzogen worden sind. Es handelt sich hier um weitgehend immobile Schadstoffe. Mit dem Fortgang der Baumaßnahmen wird sich die Fragestellung der Kostenteilung so darbieten, wie ich das für den vorhergehenden Bauabschnitt schon dargestellt habe.
Herr Staatssekretär, mich würde noch interessieren: Was erwarten Sie denn, wie viel Geld die Maßnahme insgesamt für den Freistaat kosten wird? Sie hatten von den reichlich 5 Mio. gesprochen, die schon geflossen sind. Wie viel wird es bis zum Ende der Maßnahme schätzungsweise noch werden?
Zu dem Bereich der Müllerstraße noch eine Frage: Sie hatten vorhin Schichtenwasser und ähnliches schon angesprochen. Ich sehe es nicht nur so, dass eine Oberflächenversieglung verhindern kann, dass ein Schadstoffaustrag erfolgt, weil auch gerade
Schichtenwasser zu einem Schadstoffaustrag führen kann. Wäre es unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts nicht geboten, auch hier die Dekontaminierung durchzuführen, um sicherstellen zu können, dass es hier keine Probleme in Zukunft gibt?
Die zukünftige Kostenbelastung hängt ganz wesentlich von Art und Umfang der noch festzulegenden Baumaßnahme ab. Eine Summe zu nennen, bewegt sich im Bereich der vollständigen Spekulation.
Zu Frage 2 hatte ich bereits ausgeführt, dass die behördlichen Anordnungen zur Sicherung der Maßnahme vollständig sind und für einen überschaubaren Zeitraum bis zur Fortführung der Baumaßnahmen auch ausreichen, um eine Gefährdung auszuschließen.
Danke. Damit folgt die nächste Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bärwolff, Fraktion DIE LINKE, Drucksache 4/4607.
Bildungsinitiativen, Schülervertretungen und Jugendverbände haben für den 12. November 2008 in der Zeit von 11.00 bis 12.00 Uhr zu einem bundesweiten Schulstreik aufgerufen. Hintergrund sind die Notstände im Bildungswesen: zu große Klassen, praxisferne Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie die Privatisierung im Bildungsbereich. Zudem wird das gegliederte Schulsystem, welches den Ergebnissen der PISA-Studien zufolge hochgradig sozial selektiv wirkt, kritisiert. Das Staatliche Schulamt Bad Langensalza hat dazu an alle Schulen in dessen Verantwortungsbereich ein Fax geschickt, welches Schulleiter zu einem harten Durchgreifen anhält. Dieses Schreiben liegt der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag vor.
1. Wie bewertet die Landesregierung den Schulstreik, der von Schülerinnen und Schülern organisiert und vorbereitet wurde, gerade vor dem Hintergrund der Ausrufung des Jahres der Demokratie?
2. Wie bewertet die Landesregierung das Schreiben des Staatlichen Schulamts Bad Langensalza, diesen Schulstreik mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterdrücken (Entfernen von Plakaten und Flyern den Schulstreik betreffend; Ver
folgung von am Schulstreik teilnehmenden Schülerinnen und Schülern), gerade vor dem Hintergrund der Ausrufung des Jahres der Demokratie?
3. Gibt es Hinweise oder Anweisungen des Thüringer Kultusministeriums an die Staatlichen Schulämter oder Schulen, welche Aktivitäten im Rahmen des Jahres der Demokratie zu billigen sind und welche nicht?
4. Gibt es Überlegungen der Landesregierung und der Staatlichen Schulämter, die durch Schülerinnen und Schüler empfundenen Notstände im Bildungswesen zu beheben bzw. zumindest mit den Betroffenen über Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren oder Gesprächsangebote zu unterbreiten?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, lassen Sie mich ein paar grundlegende Sätze sagen, bevor ich die einzelnen Punkte beantworte. Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich das politische und gesellschaftliche Engagement von Schülern. Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut. Gerade friedliche Demonstrationen sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer politischen Kultur, das hat der friedliche Umbruch 1989/ 1990 ganz deutlich gezeigt.
Für die Sorgen unserer Schüler haben wir stets ein offenes Ohr. Jederzeit stehen wir für Gespräche zur Verfügung und sind zum konstruktiven Meinungsaustausch bereit. So wird es z.B. in der kommenden Woche Gespräche mit Schülervertretern der Stadt Erfurt geben, die auch Themen der Schul-Demo zum Inhalt haben werden. Da es aber eine Schulpflicht gibt, müssen Schülerdemonstrationen außerhalb des Unterrichts stattfinden. Wer zum Rechtsbruch auffordert - und das haben die DIE LINKE und Organisationen der LINKEN getan - missachtet die parlamentarisch verabschiedeten Gesetze unseres Landes. Dieses Demokratieverständnis gehört auf den Prüfstand.
Es ist daher scheinheilig, wenn Sie, Herr Abgeordneter Bärwolff, diesen Rechtsbruch unter dem Vorwand des Jahres der Demokratie vertuschen wollen. Sie missbrauchen und instrumentalisieren politisches Engagement junger Menschen für Ihre eigenen Ziele. Das kann und werde ich als Demokrat aber nicht akzeptieren.
Statt zu inhaltlichen Debatten kam es teilweise zu Ausschreitungen und hier ziehe ich eine ganz klare Grenze. Wenn es im Erfurter Schulamt Sachbeschädigungen gibt oder wenn sogar eine jüdische Ausstellung in der Berliner Humboldt-Universität schwer beschädigt wird, hat dies nichts mehr mit einer inhaltlichen Diskussion zu tun.
Die Verantwortung müssen diejenigen übernehmen, und dazu gehören Sie, DIE LINKE, die diesen Schülerstreik organisiert und junge Menschen, nach meiner Meinung, manipuliert haben.
Zu Frage 1: Auch vor dem Hintergrund des Jahres der Demokratie findet ein Schulstreik keine Legitimation. Die Nichtteilnahme an schulpflichtigen Veranstaltungen verstößt gegen schulrechtliche Bestimmungen; Sie können vergleichen mit § 4 der Thüringer Schulordnung. Ebenfalls sind die Eltern gehalten, alles Erforderliche zu tun, damit die Kinder an den entsprechenden Schulveranstaltungen teilnehmen, auch hier genannt § 20 der Thüringer Schulordnung. Eine Teilnahme von Schülern an einem Schulstreik während der Unterrichtszeit ist demnach unzulässig. Eine andere schulrechtliche Bewertung ergäbe sich bei Protestaktionen außerhalb der Unterrichtszeit.