Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

Zu Frage 1: Auch vor dem Hintergrund des Jahres der Demokratie findet ein Schulstreik keine Legitimation. Die Nichtteilnahme an schulpflichtigen Veranstaltungen verstößt gegen schulrechtliche Bestimmungen; Sie können vergleichen mit § 4 der Thüringer Schulordnung. Ebenfalls sind die Eltern gehalten, alles Erforderliche zu tun, damit die Kinder an den entsprechenden Schulveranstaltungen teilnehmen, auch hier genannt § 20 der Thüringer Schulordnung. Eine Teilnahme von Schülern an einem Schulstreik während der Unterrichtszeit ist demnach unzulässig. Eine andere schulrechtliche Bewertung ergäbe sich bei Protestaktionen außerhalb der Unterrichtszeit.

(Zwischenruf Abg. Lemke, DIE LINKE: In den Ferien.)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Richtig, es gibt doch genug.)

Zu Frage 2: Das Anbringen von Plakaten im Schulbereich bedarf der Genehmigung durch den Schulleiter - § 56 Abs. 4 Thüringer Schulgesetz. Diese Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn das Vorhaben, auf das mittels der Plakate hingewiesen wird, für Erziehung und Unterricht förderlich ist. Da das Vorhaben „Schulstreik“ gegen schulrechtliche Bestimmungen verstößt, erfüllt es auch nicht die Voraussetzung, für Erziehung und Unterricht förderlich zu sein. Schulleiter dürfen somit eine Genehmigung für das Anbringen von Plakaten, die auf Schulstreik hinweisen, nicht erteilen.

Zu Frage 3: Gerade auch im Jahr der Demokratie gelten die schulrechtlichen Vorschriften, die auf der

Grundlage und in Übereinstimmung mit den demokratischen Regeln eines Rechtsstaates entstanden sind. Ein Abweichen hiervon ist mit Hinweis auf das Jahr der Demokratie gerade nicht zu rechtfertigen.

Zu Frage 4: Die in dem Streikaufruf genannten angeblichen Notstände der Schüler sind nicht, jedenfalls nicht für den Freistaat Thüringen, nachvollziehbar. Weder kann die Rede von einem allgemeinen Lehrermangel oder allgemein schlecht ausgebildeten Lehrern sein, noch sind die Darlegungen, die eine Einführung eines 13-jährigen Gymnasiums erfordern würden, nachvollziehbar. Auch ist die Forderung der Organisatoren des bundesweiten Schulstreiks nach Lehrmittelfreiheit schon deshalb nicht verständlich, weil der Freistaat Thüringen bereits vor geraumer Zeit zur Lehrmittelfreiheit zurückgekehrt ist.

Gibt es Nachfragen? Abgeordneter Bärwolff, bitte.

Ich würde gern vom Kultusministerium wissen, wie die Landesregierung dazu steht, dass der Herr Schenker, der ehemals Schulamtsleiter in Jena war, bzw. auch die Junge Union in Thüringen den Schulstreik ebenfalls unterstützt haben. In Interviews mit Thüringer Zeitungen ist durchaus nachzulesen, dass sich der JU-Vorsitzende Mario Voigt hier positiv geäußert hat. Ich würde gern wissen, wie die Landesregierung dies bewertet.

Zunächst zu Herrn Schenker. Herr Schenker gehört in seiner jetzigen Tätigkeit nicht mehr zum Zuständigkeitsbereich der Thüringer Landesregierung, weder dienstrechtlich noch in irgendeiner weiteren Bindung. Somit ist das, was Herr Schenker zu diesen Demonstrationen gesagt hat, für die Landesregierung in keiner Weise mehr relevant.

Zur Jungen Union: Ich weise noch mal ausdrücklich auf die Beantwortung meiner Frage hin, in der ich gesagt habe, dass es hier um Schulstreik während der Unterrichtszeit geht. Eine schulrechtliche Bewertung außerhalb der Unterrichtszeit ist eine völlig andere Sache. Es geht um die Frage, ob die Demonstration während der Unterrichtszeit oder außerhalb der Unterrichtszeit stattfindet. Es ist keine Aussage gegen das Demonstrationsrecht gefallen.

Die zweite Nachfrage. Herr Abgeordneter Bärwolff.

Herr Kultusminister, nun ist es ja so, dass regelmäßig in Tarifauseinandersetzungen, beispielsweise wo es ein verbrieftes Streikrecht gibt, die Arbeitnehmer nicht während ihrer Urlaubszeit streiken, sondern während ihrer Dienstzeit,

(Beifall DIE LINKE)

damit es eine gewisse Wirkung gegenüber dem zu bestreikenden Betrieb gibt. Nun möchte ich die Frage an Sie stellen: Welchen Termin schlägt denn die Landesregierung vor für einen Schulstreik, so dass er den Adressaten dieses Streikes, nämlich Sie als Kultusministerium und Sie als Verantwortliche über das Bildungsministerium, auch trifft?

Zwei Punkte dazu: Erstens handelt es sich bei Schülern um schutzwürdige Personen, die nicht mit Arbeitnehmern zu vergleichen sind. Zweitens ist es nicht die Aufgabe des Kultusministeriums, Termine für Schuldemonstrationen vorzuschlagen.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Nachfrage. Jeder eine oder wie machen wir es? Dann würde ich mit Frau Sojka beginnen, die zweite Frage dann Herr Blechschmidt. Bitte, Frau Sojka.

Zu unserem Bedauern ist es ja dazu gekommen, dass Sanktionen von einzelnen Schulämtern tatsächlich angedroht und auch von den Schulleitungen umgesetzt worden sind. Es gab also an einzelnen Schulen die Eintragung von Fehlstunden bzw. Fehltagen, woanders ist darauf verzichtet worden. Vor dem Hintergrund bzw. Stichwort „gleichartiges Verwaltungshandeln“, wie wollen Sie sichern, dass die Schülerinnen und Schüler im Freistaat tatsächlich gleich behandelt werden? Gibt es eine Rundinformation, dass diese Fehltage und Fehlstunden gelöscht werden?

Grundsätzlich widerspreche ich Ihnen, dass es sich hierbei um Sanktionen handelt. Die Feststellung eines Tatbestandes ist aus meiner Sicht keine Sanktion. Zweitens: Der Schulleiter ist dafür zuständig, diese Dinge zu bewerten.

Die letzte Nachfrage. Abgeordneter Blechschmidt.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie haben in Ihren sehr umfangreichen Vorbemerkungen den Vorwurf erhoben, DIE LINKE habe in dem Zusammenhang die Streiks initiiert und organisiert. Ich frage Sie: Können Sie die pauschalen Vorwürfe in konkrete Tatsachen überführen?

Ja, das kann ich. Aufgerufen zum Schulstreik haben DIE LINKE im Thüringer Landtag, siehe Pressemitteilung vom 11.11.2008, die Linksjugend [’solid] unter www.solid-hamburg.de und die Sozialistische Alternative unter www.sozialismus.info.

(Unruhe CDU)

Die Fragen sind beantwortet. Damit ist auch die Fragestunde für heute abgearbeitet. Ich weise darauf hin, dass noch neun Anfragen nicht abgearbeitet werden konnten. Das sind alles Zweit- und Drittfragen der gleichen Abgeordneten. Deswegen stelle ich fest, die verbleibenden Mündlichen Anfragen werden schriftlich innerhalb von drei Wochen ab dem heutigen Tag der Fragestunde durch die Landesregierung gemäß § 91 Abs. 2 Satz 4 der Geschäftsordnung beantwortet.

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21

Aufnahme sozialer und ökolo- gischer Kriterien im öffentlichen Beschaffungswesen Thüringens Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/4473 - Neufassung - dazu: Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE und der SPD - Drucksache 4/4599 -

Begründung der CDU wurde nicht angezeigt - korrekt? - und die Begründung des Alternativantrags durch LINKE und SPD auch nicht. Damit kämen wir gleich zum Sofortbericht zu Ziffer 1 des Antrags der Fraktion der CDU und zu Ziffer 1 des Antrags der Fraktionen DIE LINKE und der SPD. Das Wort hat Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach den vorliegenden Anträgen sollen die öffentlichen Auftraggeber Thüringens bestimmte soziale und ökologische Kriterien bei der Beschaffung und Ausschreibung berücksichtigen. Dies betrifft den Erwerb von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit und die Berücksichtigung umweltschonender bzw. umweltschonend hergestellter Produkte.

In diesem Zusammenhang wird die Frage gestellt, wie die Vergabestellen derartige Produkte erkennen können. Nach der EU-Vergabekoordinierungsrichtlinie und EU-Sektorenrichtlinie können zusätzliche Anforderungen, insbesondere soziale und umweltbezogene Kriterien, bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden, wenn diese im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen.

Bei dem Thema „vergabefremde Aspekte“, das uns auch auf Landesebene immer wieder in den unterschiedlichsten Ausprägungen beschäftigt, muss nach meiner Auffassung zunächst eines klargestellt werden: Der tragende Grundsatz des Vergaberechts, dass der zum Zuge kommende Bieter oder Bewerber nach seiner Eignung und der Wirtschaftlichkeit seines Angebots ausgewählt wird, darf nicht relativiert werden. Die Öffnung des Vergaberechts für Sekundärzwecke wie die Einhaltung von Sozialstandards birgt immer die Gefahr, dass der Wettbewerb tendenziell eingeschränkt und damit eine nach ökonomischen Maßstäben orientierte Beschaffung behindert wird.

Zudem, meine Damen und Herren, ist es nicht Aufgabe des Staates, durch das Vergaberecht allgemeine Anforderungen an die Unternehmens- und Geschäftspolitik ohne konkreten Bezug zum Auftrag aufzustellen. Unter diesem Blickwinkel sind nach meiner Auffassung sämtliche zusätzliche Anforderungen, die letztlich den Unternehmen für die Durchführung des Auftrags auferlegt werden, auch sorgfältig zu prüfen. Natürlich spricht sich die Landesregierung in aller Deutlichkeit gegen jede Form von ausbeuterischer Kinderarbeit bei der Herstellung von Produkten in bestimmten Ländern aus. Auch die Bundesrepublik Deutschland hat sich durch die Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen eindeutig zu den Regeln bekannt. In Artikel 1 des Grundgesetzes und Artikel 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen, die den Schutz der Menschenwürde als Achtungs- und Schutzpflicht proklamieren, hat sich auch die an zivilrechtlichen Grundsätzen orientierte Beschaffung des Staates zu richten. Für mich stellt sich allerdings die Frage, ob das Problem der Kinderarbeit bei Beschaffungen staatlicher Stellen in

Thüringen überhaupt eine signifikante Rolle spielt. In die Diskussion gekommen sind bei diesem Thema in jüngster Zeit Produkte wie Natursteine und Textilien. Daraus ergibt sich die Frage, wie der öffentliche Auftraggeber damit umgehen soll.

Die Ziffer 1 des vorliegenden Antrags gibt Anlass, diese Frage ein wenig näher zu beleuchten. Es gibt eine Fülle von Siegeln und Zertifikaten wie z.B. das in dem Antrag erwähnte Fair-Trade-Siegel, das Hand-in-Hand-Siegel eines Naturkostunternehmens, das menschenwürdige Arbeitsbedingungen und keine Kinderarbeit garantieren soll, das Rainforest-Alliance-Siegel, das neben ökologischen Standards und Standards der Anbieter auch das Verbot der Kinderarbeit beinhaltet, das Siegel der Fair Wear Foundation, deren Mitglieder neben Ausschluss von Kinderarbeit auch den Ausschluss von Zwangsarbeit in ihrer Produktkette garantieren wollen. Daneben gibt es noch eine Fülle weiterer Siegel und Zertifikate, an denen der Verbraucher erkennen soll, welche Produkte fair produziert und gehandelt werden.

Meine Damen und Herren, es stellt sich für mich in diesem Zusammenhang aber die Frage, ob es sinnvoll ist, dass das Thüringer Wirtschaftsministerium den öffentlichen Vergabestellen vorschreibt, dass bei der Beschaffung zwingend diese Siegel und Zertifikate beachtet werden sollen. Verschiedenen Medienberichten, insbesondere über Kinderarbeit in indischen Steinbrüchen, war zu entnehmen, dass Zertifikate über die Einhaltung der Arbeitsnormen vielfach ohne Kontrolle ausgestellt werden. Außerdem wurde dieser Bereich als sehr korruptionsanfällig beschrieben.

Meine Damen und Herren, auch wenn man sich das an dieser Stelle nicht wünscht, aber auch das ist ein Aspekt solcher Siegel und Zertifikate.

Ein weiterer Punkt ist, dass kleinere Anbieter, die nur selten an Ausschreibungen teilnehmen, von zusätzlichen Nachweispflichten mit Siegeln und Zertifikaten übermäßig stark betroffen sind. Ich finde, gerade diesen Umstand sollten wir mit Blick auf die mittelständische Thüringer Wirtschaft nicht aus den Augen verlieren. Der Freistaat Bayern hat zum 01.06.2008 eine Bekanntmachung in Kraft gesetzt, wonach Bieter oder Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge künftig eine entsprechende eigene Erklärung abzugeben haben, dass die Herstellung bzw. Bearbeitung der zu liefernden Produkte aus kritischen Regionen ohne Kinderarbeit erfolgt. Inwieweit eine solche Regelung tatsächlich einen wirksamen Beitrag zur Ächtung und Eindämmung von Kinderarbeit leisten kann, erscheint mir allerdings fraglich. Wie im Übrigen aus dem Bayerischen Wirtschaftsministerium zu erfahren war, hat eine Abfrage bei den dortigen Vergabestellen zur Beschaffung entsprechen

der Produkte aus problematischen Regionen ergeben, dass diese - und wir reden hier über eines der größten Bundesländer in Deutschland - praktisch keine Rolle spielen. Allenfalls im Textilbereich - gemeint sind Uniformen für die Polizei - spiele diese Frage, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Das ist wohl einer der Gründe, warum das Bayerische Wirtschaftsministerium eine über die bloße Eigenerklärung gehende Anforderung von Unternehmen für unverhältnismäßig hielt.

Was das Thema „umweltfreundliche Produkte“ betrifft, da ist zu sagen: Auch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sollten bei der Beschaffung von einschlägigen Produkten und Dienstleistungen im Zuge einer sorgfältigen Bedarfsanalyse durch die Vergabestelle berücksichtigt werden. Für den Bereich des Bundes existieren dazu eine allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen vom 17.01.2008 sowie eine Leitlinie für die Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen vom 10.12.2007. Dort werden als Referenz für die Aufstellung von Energieeffizienzkriterien auch Kennzeichnungsprogramme, wie der Blaue Engel, das Europäische Umweltzeichen oder der Energy Star, genannt. Dies kann in der Leistungsbeschreibung der Vergabestelle entsprechend zum Ausdruck gebracht werden. Daneben kann im Rahmen der Eignungsprüfung von Bietern und Bewerbern zum Nachweis ihrer technischen Leistungsfähigkeit verlangt werden, dass diese bestimmte Normen für das Umweltmanagement erfüllen, sofern dies für den Auftrag auch relevant ist. Geeignete Nachweise sind eine Zertifizierung nach EMAS oder nach anderen europäischen oder internationalen Normen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie ich eingangs schon deutlich gemacht habe, erlaubt der jetzt gültige Rechtsrahmen im Bereich des öffentlichen Auftragswesens bereits die Beschaffung umweltschonender Produkte und die Bevorzugung von Betrieben, die bestimmte ökologische Anforderungen erfüllen. Den öffentlichen Vergabestellen stehen dafür entsprechende Handreichungen zur Verfügung, um diese Anforderungen auch in ihren Ausschreibungen umzusetzen. Der vorliegende Antrag der CDU zielt darauf ab, insbesondere die Steigerung der Energieeffizienz bei der Beschaffung sowie Umweltaspekte stärker in das Bewusstsein der Vergabestellen zu rufen. Meinen herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht? Die Fraktionen der SPD und CDU und die Fraktion DIE LINKE. Damit eröffne ich die Beratung

zum Sofortbericht und eröffne gleichzeitig die Aussprache zu Nummer 2 des Antrags der Fraktion der CDU und zu den Nummern 2 und 3 des Alternativantrags der Fraktionen DIE LINKE und der SPD. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Kummer, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag steht im Kontext und in der Folge des Beschlusses des Thüringer Landtags zur Unterstützung des Global Marshall Plans, der hier im Hause am 26.01.2007 gefällt wurde. Ich will noch einmal daran erinnern, was Ziel dieses Global Marshall Plans ist. Es soll ein Beitrag geleistet werden, die Milleniumsziele der UNO zu erreichen, ein Beitrag geleistet werden, dass wir etwas gegen Hunger in der Welt unternehmen, dass wir für die Menschen in der Welt den Zugang zu sauberem Wasser gewährleisten, dass wir Bildungsstandards weltweit haben, dass Kinder in der Welt in die Grundschule gehen können - viele andere Dinge, die für uns meist selbstverständlich sind auf dieser Welt, in vielen Ländern jedoch nicht. Um diesen Anspruch umzusetzen, ist geschätzt worden, dass wir eine Summe von 100 Mrd. $ im Jahr brauchen. Noch als wir vor einem Jahr darüber hier im Thüringer Landtag gesprochen haben oder vor nunmehr ja fast zwei Jahren, war das auch für uns eine unglaublich hohe Summe. Heute wissen wir, notleidende Banken bekommen so etwas in relativ kurzer Zeit. Für die Weltprobleme war dieses Geld bisher nie aufzubringen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Instrumente, um dieses Geld zu beschaffen, die man ins Auge gefasst hatte, waren die Tobin Tax, also die Besteuerung internationaler Finanztransaktionen, und eine Kerosinsteuer und andere Dinge. Davon sind wir leider noch weit entfernt und es ist uns natürlich klar gewesen, als wir den Beschluss zum Global Marshall Plan gefällt haben, dass die Macht Thüringens allein nicht ausreichend ist, um diese Instrumente einzuführen. Aber wir wollten uns ernst nehmen und wir wollten prüfen: Welchen Beitrag kann denn Thüringen leisten zur Umsetzung dieser Milleniumsziele zur Schaffung von etwas mehr Gerechtigkeit in der Welt? Deshalb wurde der Umweltausschuss mit dieser Frage befasst. Wir haben im Umweltausschuss eine Anhörung durchgeführt, bei der schon ein Hauch von Weltpolitik hier durch den Thüringer Plenarsaal wehte, als auch führende Köpfe der Global Marshall Plan Initiative hier sprachen und wir überlegt haben, was kann denn unser Beitrag sein. Wir waren uns sehr schnell einig im Ausschuss, fraktionsübergreifend, dass dieser Beitrag im fairen Handel liegen kann und liegen soll. Wir wollten eine konkrete Untersetzung, damit

man uns nicht vorwerfen kann, wir hätten nur ein schönes Absichtspapier verabschiedet, nein, wir wollten, dass unsere Vorstellungen auch zu konkreten Ergebnissen in Thüringen führen. Und da gibt es viele Ansatzpunkte. Wenn man sich damit beschäftigt, wo wir es zurzeit wirklich nicht mit fairem Handel zu tun haben, wo wir zurzeit unakzeptable Produktionsbedingungen zur Kenntnis nehmen müssen, da fällt mir zuerst der Dokumentarfilm „China Blue“ ein, wo man sich ansehen kann, unter welchen unmenschlichen Bedingungen in China Kinder Jeanshosen für uns produzieren, damit unsere Markenjeans den einen oder anderen Euro billiger sind. Da fallen mir die Kaffeeplantagen in vielen Teilen der Welt ein, wo Pestizide eingesetzt werden, die extrem gesundheitsgefährdend sind, worunter die Arbeiter dort massiv leiden. Da fällt mir aber auch die Frage Biodiesel ein, wo Palmöl auch oft eingesetzt wird, das wir aus Gegenden beziehen, wo vorher der Regenwald den Palmölplantagen weichen musste. Das sind alles Dinge, die für uns nicht hinnehmbar sind, die wir ablehnen. Deshalb, sagen wir, ist es wichtig, so etwas durch fairen Handel auszuschließen.

Wenn ich Sie dann höre, Herr Minister Reinholz, was Sie eben dargestellt haben, da fehlt es an Kontrolle, obwohl klare Kontrollmechanismen vorgegeben sind, gerade auch bei der Zertifizierung durch das Fair-Trade-Siegel, da kommt es zu Korruption. Ja, meine Damen und Herren, sicherlich ist das bedauernswert. Aber wo gibt es denn diese Umstände nicht und wollen wir es denn ganz sein lassen, nur weil Kontrolle und Korruption vielleicht hier den einen oder anderen Punkt mit sich bringen, wo es nicht ganz so klappt, wie wir das wollen? Das kann doch nicht unser Ansatz sein. Dann sollten wir Kontrollmechanismen vielleicht noch verbessern helfen. Aber es deshalb sein zu lassen, ist nicht der richtige Weg.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, zu der Frage Bayern. Wir hatten neulich die Diskussion in Meiningen, bei der ein Vertreter des Eine-Welt-Bündnisses in Bayern dargestellt hat, dass sogar in München in die Friedhofsatzung der faire Handel Einzug gehalten hat. Man hat dort gesagt, es sollen keine Grabsteine aus Steinbrüchen eingesetzt werden dürfen, in denen es Kinderarbeit gibt.