Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Gibt es aber von Ihrer Seite noch Nachfragen zu dieser Frage oder aus dem Haus? Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann haben wir die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kalich, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 4/4685 beantwortet. Die ist beantwortet worden und die andere wird dann noch nachgebracht. Nachfragen gab es nicht. Damit kommen wir in der Reihenfolge zur nächsten Mündlichen Anfrage, eine der Abgeordneten Skibbe, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4684.

Rechtsextreme Veranstaltungen und Konzerte in Schönbach (Landkreis Greiz)

Am 29. November 2008 fand in einer ehemaligen Gaststätte in Schönbach eine rechtsextreme Veranstaltung statt, die durch Polizei und Ordnungsbehörde beendet wurde. Schon am 8. November 2008 sollte hier ein rechtsextremer Liedermacher auftreten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele rechtsextreme Veranstaltungen bzw. Konzerte fanden in den letzten fünf Jahren in dieser Gaststätte statt (bitte unter Angabe von Datum, Art der Veranstaltung und Teilnehmerzahl)?

2. Inwieweit waren Sicherheitsbehörden und Ordnungsamt im Vorfeld der Veranstaltungen informiert und durch wen erfolgte die Information?

3. Kann die Landesregierung bestätigen, dass die Immobilie an NPD-Funktionäre, möglicherweise aus dem Sächsischen Vogtland, veräußert wurde oder dass diesbezüglich Verhandlungen mit dem Eigentümer stattfinden?

4. Welche Handlungsmöglichkeiten werden seitens der Landesregierung erwogen, um eine weitere Nutzung der Gaststätte durch Neonazis zu be- bzw. zu verhindern?

Es antwortet Staatssekretär Hütte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Skibbe beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nach hiesigem Erkenntnisstand fanden sechs Veranstaltungen mit rechtsextremistischem Hintergrund in dem Objekt „Dreimädlehaus“ in Schönbach statt. Die Veranstaltungen waren jeweils nicht öffentlich und auch keine erlaubnis- oder anzeigepflichtigen Konzerte im Sinne von § 42 des Ordnungsbehördengesetzes. Bis auf die genannte Veranstaltung am 29. November 2008 verliefen die Veranstaltungen störungsfrei und ohne Außenwirkung. Die Veranstaltungen bis Juni 2008 - ich werde darauf gleich im Einzelnen noch eingehen - wurden im Rahmen der gewerblichen Nutzung des „Dreimädlehauses“ als Gaststätte in Verantwortung des damaligen Besitzers durchgeführt. Im November 2008 fanden zwei private Feiern des neuen Besitzers statt. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Veranstaltungen: 16. Juni 2007 eine geschlossene Veranstaltung des „Rings nationaler Frauen“ mit ca. 15 Personen, am 4. September 2007 eine geschlossene Veranstaltung der sächsischen NPD mit ca. 10 Personen, am 17. Mai 2008 eine Veranstaltung mit ca. 40 Personen unter Teilnahme von zwei Funktionären des NPD-Kreisverbandes Greiz als Gäste, am 7. Juni 2008 eine Wahlveranstaltung der NPD-Ortsgruppe Vogtlandkreis mit ca. 40 Teilnehmern, am 8. November 2008 ein privater sogenannter Liederabend im Anschluss an eine Versammlung unter freiem Himmel in Reichenbach in Sachsen mit ca. 30 Teilnehmern und am 29. November 2008 eine private Feier der NPD-Kreisvorsitzenden Plauen mit insgesamt 37 Teilnehmern. Diese Veranstaltung wurde wegen rassistischer Liedtexte durch die Ordnungsbehörde im Zusammenwirken mit der Polizei aufgelöst. Es kam dabei zu Ausschreitungen in Form von Verbarrikadierungen und Angriffen auf Polizeibeamte. Ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen Volksverhetzung sowie mehrere Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz wurden eingeleitet. Die Ermittlungen unter Leitung der Staatsanwaltschaft Gera dauern gegenwärtig noch an.

Zu Frage 2: Da die bisher durchgeführten Veranstaltungen weder anzeige- noch erlaubnispflichtig waren, lagen der zuständigen Ordnungsbehörde keine Veranstaltungsanmeldungen gemäß § 42 des Ordnungsbehördengesetzes vor. Die Polizeidirektion Gera erhielt im Rahmen der polizeilichen Erkenntnisgewinnung kurzfristig Kenntnis von den Veranstaltungen am 7. Juni dieses Jahres und von den Veranstaltungen im November. In diesen Fällen waren darauf

hin Polizeikräfte eingriffsbereit vor Ort. Die zuständige Ordnungsbehörde wurde durch die Polizeidirektion Gera ebenfalls vorab informiert. In der Nacht vom 29. zum 30. November erfolgte - wie bereits in der Antwort zu Frage 1 geschildert - im Zusammenwirken von Polizei und Ordnungsbehörden die Auflösung der Veranstaltung.

Zu Frage 3: Ja. Der bisherige Eigentümer veräußerte zum 1. November 2008 die Immobilie an ein ehemaliges NPD-Mitglied und Nochmitglied im Kreistag des Vogtlandkreises. Der abgeschlossene Mietkaufvertrag hat eine Laufzeit bis zum Jahr 2016. Eine Gewerbeanmeldung für das Objekt durch den neuen Eigentümer liegt bislang nicht vor. Der bisherige Eigentümer meldete sein Gaststättengewerbe zum 24. Oktober 2008 ordnungsgemäß schriftlich ab.

Zu Frage 4: Das Objekt wird durch den neuen Eigentümer privat genutzt. Die Landesregierung kann unter den gegebenen Voraussetzungen rechtlich nicht unmittelbar eingreifen, hat aber z.B. in einem Leitfaden und den Informationsveranstaltungen des Thüringer Verfassungsschutzes zum Umgang mit Rechtsextremismus zur Sensibilisierung der Kommunen insgesamt beigetragen. Für die kreisfreie Stadt Gera und den Landkreis Greiz fand die entsprechende Informationsveranstaltung am 9. Oktober in Gera statt. Diese Tätigkeit und eine durchgehende Beobachtung aller Aktivitäten im Zusammenhang mit dem genannten Objekt durch die Sicherheitsbehörden sollten, so hoffe ich, geeignet sein, zumindest rechtswidrige Veranstaltungen schon im Ansatz frühzeitig zu erkennen und dann auch zu unterbinden. Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Abgeordnete Skibbe.

Ist Ihnen bekannt, ob inzwischen Neonazis dort ihren Wohnsitz gemeldet haben oder ob Neonazis die Immobilie dauerhaft bewohnen?

Darüber liegen mir keine Informationen vor. Die Informationen, die wir im Hinblick auf den neuen Eigentümer haben, habe ich Ihnen in der Antwort eben dargestellt.

Weitere Nachfragen gibt es nicht. Danke schön. Dann rufe ich für heute die letzte Mündliche Anfrage auf, Abgeordneter Kuschel, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4686.

Danke, Frau Präsidentin.

Abgeordnete als Geschäftsführer von Landesgesellschaften

Geschäftsführer der landeseigenen Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung des Freistaats Thüringen mbH (GFAW) in Erfurt ist seit dem 1. September 2008 Thomas Kretschmer. Die Berufung erfolgte durch den Gesellschafter, die Thüringer Aufbaubank. Der Internetpräsentation des Thüringer Landtags ist zu entnehmen, dass Thomas Kretschmer ein Landtagsmandat wahrnimmt und als Abgeordneter zur Fraktion der CDU gehört (Stand: 3. Dezember 2008). Nach § 38 i.V.m. § 40 Abs. 2 Thüringer Abgeordnetengesetz hätte Herr Kretschmer zum 1. Dezember 2008 als Geschäftsführer der GFAW entlassen werden müssen, weil er sein Landtagsmandat nicht innerhalb von drei Monaten niedergelegt hat.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist Herr Kretschmer in Anwendung des § 38 in Verbindung mit § 40 Abs. 2 Thüringer Abgeordnetengesetz durch den Vorstand der Thüringer Aufbaubank, handelnd für den Gesellschafter, zum 1. Dezember 2008 als Geschäftsführer der GFAW abberufen worden und wenn nicht, aus welchen Gründen erfolgte die Abberufung entgegen den Regelungen des Abgeordnetengesetzes nicht?

2. Welche Rechtsfolgen entstehen aus dem dargestellten Fall für die Thüringer Aufbaubank, die GFAW und Herrn Kretschmer und wie werden diese begründet?

3. Hält es die Landesregierung in der Öffentlichkeit für vermittelbar, dass ein Landtagsabgeordneter, zu dessen Hauptaufgaben die Überwachung der vollziehenden Gewalt gehört (Artikel 48 Abs. 2 der Ver- fassung des Freistaats Thüringen), gleichzeitig Geschäftsführer einer Landesgesellschaft ist, und wie wird dies begründet?

4. Besteht aus Sicht der Landesregierung gesetzlicher Änderungsbedarf, um Nebentätigkeiten von Abgeordneten bei Landesgesellschaften so zu regeln, dass mögliche Interessenkonflikte nicht auftreten, und wie wird diese Auffassung begründet?

Es antwortet Staatssekretär Dr. Spaeth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel wie folgt:

Zu Frage 1: Herr Kretschmer wurde nicht als Geschäftsführer der GFAW abberufen. Am 27. November 2008 hat Herr Kretschmer den Verzicht auf seine Mitgliedschaft im Thüringer Landtag mit Ablauf des 12. Dezember 2008 zur Niederschrift der Präsidentin des Thüringer Landtags erklärt.

Zu Frage 2: Aufgrund des Mandatsverzichts teilte die Präsidentin des Thüringer Landtags Herrn Kretschmer mit Schreiben vom 27. November 2008 ihre Entscheidung gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 des Thüringer Landeswahlgesetzes mit. Danach endet die Mitgliedschaft des Herrn Kretschmer im Thüringer Landtag mit Ablauf des 12. Dezember 2008. Für die Thüringer Aufbaubank und die GFAW ergeben sich keine Rechtsfolgen.

Zu den Fragen 3 und 4: Nach Auffassung der Landesregierung ist es originäre Aufgabe des Landtags selbst, die Regelung des Rechts der Abgeordneten vorzunehmen. Unabhängig davon sieht die Landesregierung derzeit keinen gesetzlichen Änderungsbedarf im Hinblick auf die in der Frage angesprochene Fallkonstellation. Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Thüringer Landtags, das Thüringer Abgeordnetengesetz, enthält nach Einschätzung der Landesregierung ausreichende Vorkehrungen, um eventuell vorliegenden Interessenkollisionen bei der Nebentätigkeit von Abgeordneten zu begegnen. Danke schön.

Es gibt Nachfragen. Abgeordneter Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Ich würde gern gleich beide Fragen hintereinander stellen, so können sie gleich im Komplex beantwortet werden. Herr Staatssekretär, die Regelung in § 38 in Verbindung mit § 40 Abs. 2 Abgeordnetengesetz sind nach meiner Auffassung eindeutig und ich frage Sie, ob Sie das genauso sehen. Dort steht: Es ist abzuberufen, wenn nicht innerhalb von drei Monaten das Landtagsmandat niedergelegt wird. Die drei Monate sind die maximale Frist. Diese Dreimonatsfrist ist am 30. November abgelaufen, an diesem Tag war aber Herr Kretschmer noch Landtagsabgeordneter. Also noch mal die Frage, weshalb Sie entgegen der Regelungen des Abgeordnetengesetzes als Gesellschafter über die Thüringer Aufbaubank nicht spätestens am 30. No

vember oder 01.12. Herrn Kretschmer aus dieser Funktion haben abberufen lassen. Ein Mandatsverzicht zum 12.12. reicht in diesem Zusammenhang nicht aus, weil die Frist dann überschritten ist.

Die zweite Frage ist: Wie können Sie erklären, dass auf kommunaler Ebene, wenn jemand nur einen Honorarvertrag mit einer Volkshochschule hat, dieser sein Mandat sofort niederlegen muss, während Sie hier als Gesellschafter dulden, dass ein Interessenkonflikt über einen langen Zeitraum besteht, nämlich Interessenkonflikt dahin gehend, dass jemand eine Landesgesellschaft leitet, die er als Abgeordneter letztlich kontrollieren soll.

Herr Kuschel, vielen Dank für die Frage und die Gelegenheit, Ihnen auch noch mal einiges zu erklären. Sie haben die Rechtsfolgen geschildert und diese Rechtsfolgen treten nur ein, wenn die Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Wenn wir uns § 40 Abs. 2 genau anschauen, dann steht darin, ich lese noch mal vor: „Die §§ 31 bis 38 gelten auch für Mitglieder derjenigen Organe, die geschäftsleitende Aufgaben haben“ - so einen Fall haben wir; jetzt kommt es aber nach dem Komma, weil der Einschub hier nicht gilt - „..., an denen das Land mit mehr als 50 vom Hundert beteiligt ist;“ - an der GFAW ist das Land nicht beteiligt, Herr Kuschel, und jetzt der Nachschub - „eine Beteiligung am Stimmrecht genügt.“ Eine Beteiligung am Stimmrecht liegt auch nicht vor und insofern ist der § 40 Abs. 2 nicht einschlägig und damit tritt die von Ihnen gewünschte Rechtsfolge nicht ein.

Zur zweiten Frage: Ich kenne jetzt die Regelungen aus dem Kommunalrecht nicht, da ich aus dem Finanzministerium komme. Es gibt unterschiedliche Rechtsgebiete, Herr Kuschel, und da kommt es vor, dass Sachverhalte unterschiedlich geregelt werden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Vetternwirtschaft ist das.)

(Unruhe CDU)

Hören Sie mir doch zu, Herr Kuschel, wenn ich antworte. Das Kommunalrecht ist auch nicht eins zu eins zu vergleichen mit dem Abgeordnetengesetz. Ich danke Ihnen.

Ich bitte mal um Ruhe und andere Gespräche kann man dann untereinander vor der Tür führen. Es liegen keine weiteren Nachfragen vor. Damit kann ich die Fragestunde für heute schließen.

Ich rufe auf den ersten Teil des Tagesordnungspunkts 25

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Umgang der Landesregierung mit der Wahrnehmung demokra- tischer und gewerkschaftlicher Grundrechte im Zusammenhang mit dem Streik der angestellten Thüringer Lehrerinnen und Leh- rer am 18. November 2008 und dem Landesgewerkschaftstag des Bundes der technischen Be- amten, Angestellten und Arbeiter (BTB) am 29. Oktober 2008 in Leinefelde“ Unterrichtung durch die Präsi- dentin des Landtags - Drucksache 4/4639 -

Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Bärwolff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Linksfraktion hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Demokratieverständnis der Landesregierung“ beantragt. Dieses Demokratieverständnis der Landesregierung gilt es in mehrfacher Hinsicht zu hinterfragen. Demokratie, meine Damen und Herren, lässt sich nicht nur hier im Parlament üben, nein, auch die Menschen, die nicht das Glück haben, hier im Landtag zu sitzen, dürfen, nein, sollten, nein, müssen sich daran beteiligen.

(Beifall DIE LINKE)

Demokratie heißt also Beteiligung und Demokratie heißt Mitbestimmung, und das auch bei kritischen Stimmen, und dies scheint allem Anschein nach bei der CDU-Landesregierung wohl unerwünscht zu sein.

Erstens, das Volksbegehren für mehr Demokratie. Hier hat sich die CDU nicht entblödet, den mit über einer Viertelmillion Stimmen zusammengekommenen Gesetzentwurf hier im Landtag ad absurdum zu führen. Statt mit den Betroffenen, mit den Initiatoren des Trägerkreises für ein besseres Volksbegehren, für mehr Demokratie in Thüringer Kommunen zu reden, hat man ein eigenes Gesetz durch den Landtag durchgepeitscht,

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Das ist doch nicht wahr.)