Protokoll der Sitzung vom 19.10.2012

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter Adams. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete König für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich sehe hier nicht unbedingt die Gemeinsamkeit, die von Herrn Bergner, die aber auch von Frau Marx hier vorn dargestellt wurde. Ich sehe vor allem eines, nämlich dass sowohl SPD und CDU als auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihren Antrag zurückziehen können. Das ist richtig.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen wir aber nicht.)

Das hat was damit zu tun, dass der Entschließungsantrag des Bundesrates eben genau das schon beinhaltet, was in Ihren Anträgen bzw. im Alternativantrag steht.

Warum unser Antrag bestehen bleiben muss, ist eben unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir die Überwachung und die Identifizierung ausschließen, explizit auch schon im Text, im Antragstext und nicht nur in der Begründung, wie das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, das ist jetzt so kleinkariert.)

Übrigens, die Bundesratsinitiative, die hier sowohl von Frau Marx als von Herrn Bergner so hoch gelobt wurde - und Herr Bergner, Sie lobten ja auch das Engagement der digitalen Gesellschaft -, vielleicht hätten Sie sich mal die Stellungnahme der digitalen Gesellschaft eben zur Bundesratsinitiative durchlesen sollen, die sagen nämlich, dass der Antrag inakzeptabel wäre, weil die Bundesländer eine Sicherungspflicht fordern gegen die unbefugte Nutzung und damit aussagen, dass sie die Identifizierbarkeit der Nutzer zur Voraussetzung machen wollen. Für die digitale Gesellschaft zumindest ist klar, wer anderen einen Zugang zum Internet gibt, soll unter keinen Umständen für das haften müssen,

was dieser auf der Leitung macht. Niemand soll das können, weder die Telekom noch Café-Betreiber oder Privatpersonen. Niemand soll verpflichtet werden oder auch die Möglichkeit gesetzlich haben, anderer Menschen Kommunikation anschauen zu müssen. Insofern birgt der Beschluss des Bundesrates eine faktische Verschlechterung des Status quo und insofern sind Ihre zwei hier vorgelegten Anträge von CDU und SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überholt, weil nämlich der Bundesrat genau das letztendlich schon macht, was Sie fordern.

Ich erkläre Ihnen das mal ganz kurz, Herr Adams, und vielleicht können Sie das ja auch Ihrem Referenten mal mitteilen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Referentin, so viel Zeit muss sein.)

Das eine ist die Begründung, das andere ist, was in Ihrem Antragstext steht. In Ihrem Antragstext steht nämlich, dass Sie, jetzt lese ich den Satz komplett vor, „das Telemediengesetz … dahin geändert“ haben wollen, „dass die Haftbarkeit von Betreibern offener WLAN-Netze für rechtswidrige Handlungen Dritter … deutlich eingeschränkt wird, indem sie“ und jetzt kommt das Entscheidende - „als Diensteanbieter im Sinne von § 2 Nr. 1 TMG“ - Telemediengesetz - „definiert und somit vom Regelungsgehalt des § 8 TMG umfasst werden.“ Ich weiß nicht, ob Sie sich vorher mal die zwei Paragraphen durchgelesen haben?

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, Sie haben es bestimmt ge- macht.)

Ich habe es gemacht und ich bin auch so freundlich und erkläre Ihnen das, Herr Adams.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sehr gut.)

Ihr Antragstext impliziert nämlich genau die Aufzeichnungsund Identifizierungspflichten nach §§ 95, 96, 110 bis 113 TKG, § 10 Telemediengesetz, § 100 Strafprozessordnung und letztendlich beinhaltet er sogar die Vorratsdatenspeicherung. Ich weiß nicht, wie Sie sich hier vorn hinstellen und sagen können, wir GRÜNE und wir LINKEN sind ja da auf einer Linie. Ich wäre es gern mit Ihnen, das würde aber bedeuten, Sie ziehen Ihren Antrag zurück. Sie haben gesagt, Sie stimmen unserem Antrag zu, finde ich gut. Wir stimmen Ihrem Antrag nicht zu, eben weil er diese Überwachung weiterhin beinhaltet.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie kurz gedacht.)

Das können Sie Ihrem Referenten mal sagen,

(Abg. Adams)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Referentin!)

(Beifall DIE LINKE)

dass es manchmal auch Sinn macht, nicht nur die Kritik, die man von Frau König erwartet, mit reinzuformulieren in den Text, sondern auch zu schauen, worin die Kritik besteht, und inwieweit es dann sinnvoll wäre, den eigenen Antrag noch mal umzuformulieren.

(Beifall DIE LINKE)

Das, was jetzt der Bundesrat beschlossen hat, …

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das können Sie ja oppositionsintern klären.)

Nein, ich würde das ja Ihnen gern auch mitteilen. Ich bin gespannt auf das, was Herr Voigt, von dem ich hoffe, dass er sich hier dazu äußert, noch zu sagen hat, weil das letzte Mal Herr Dr. Voigt einer derjenigen war, der zumindest Kompetenz zum Thema bewiesen hat.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Nein.)

Eins noch, wenn die Bundesrats …

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie bitte?)

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Wir wollen Wortprotokoll!)

Ich schreibe Ihnen das gern auch auf eine Glückwunschkarte.

Jetzt erst mal Frau König und der Beweis kommt danach.

Die Beweisführung von Herrn Dr. Voigt danach und letztendlich auch im Abstimmungsergebnis. Dann müsste er nämlich bei unserem mitstimmen, ausgehend von seiner Rede zu unserem letzten Antrag Modellprojekt WLAN.

Wenn die Bundesratsinitiative/der Bundesratsentschließungsantrag so durchgeht, ändert sich nichts am derzeitigen Haftungsverfahren. Im Gegenteil, die digitale Gesellschaft hat es gesagt, es wird dann eigentlich sogar noch schlimmer. Dann bleibt als Konsequenz für die Café-Betreiber, für Restaurantbetreiber, aber auch für Privatpersonen bzw. Geschäftsleute eigentlich nur eine Möglichkeit übrig, das ist die Sorglosbox, die ich jetzt hier mal bewerbe, weil nämlich das Gesetz nicht vorsieht, dass auch ein Telekommunikationsanbieter verpflichtet ist, alle Daten zu erfassen. Die Sorglosbox ermöglicht Café-Betreibern, Restaurantinhabern und anderen mehr sich über eine andere IP-Adresse ein

zuwählen eines Telekommunikationsanbieters, und darüber sind dann sozusagen die Haftungsansprüche, die Haftungsverletzungen, die möglichen, ausgeschlossen. Wenn die Bundesratsinitiative/der Entschließungsantrag so durchgeht, dann haben wir hier überhaupt nichts gewonnen, dann gibt es auch überhaupt keinen Fortschritt, zumindest nicht in dem Sinne, wie wir LINKEN uns das vorstellen, wie es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dargestellt haben und zumindest in ihrer Begründung stehen haben, wie es Frau Marx geäußert hat, auch wenn das überhaupt nicht mit dem Antrag und der Begründung übereinstimmt, und wie Sie sich hier alle darstellen. Wenn Sie wirklich wollen, dass es ein freies WLAN gibt, dann können Sie sich eigentlich nur unserem Antrag anschließen, der die Störerhaftung komplett ausschließt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete König. Jetzt hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Voigt für die CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Juhu!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So, jetzt macht er ihn kaputt.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau König, ich muss Sie heute enttäuschen, ich kann nicht für Ihren Antrag sprechen. Ich habe aber festgestellt, dass wir ungefähr dieselben Internetseiten besuchen, denn die Sorglosbox auf Freifunk habe ich auch gefunden, also insofern weiß ich, dass wir da auf ähnlichen Seiten surfen. Ich glaube, wenn wir jetzt zu dem Thema kommen, zur Frage der Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber, ist hier schon vieles gesagt worden. Der entscheidende Punkt - und das war Ausgangslage unserer ersten Debatte, die wir hier geführt haben, unter anderem auch zu der Frage des Antrags, inwiefern wir auch kostenfreies Internet bzw. WLAN-Netze in Thüringen etablieren und staatlich finanzieren können - ist die Fragestellung: Wie können wir Internetausbau befördern und vor allen Dingen Rechtssicherheit schaffen? Da spielt die Frage der Störerhaftung natürlich eine zentrale Rolle, denn in der Tat ist es schon so, dass wir Rechtssicherheit für Nachbarschaftsinitiativen für Cafés sicherstellen müssen und damit auch ein Hindernis für Menschen, die sich zu Hause vielleicht kein Internet leisten können, sozial einfach weiter runterfahren können. Ich glaube, diese Balance sollten wir auch gemeinschaftlich finden.

Wenn jetzt der Bundesrat den Vorschlägen, die aus allen drei Anträgen, sowohl von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch von der LINKEN, als auch von der CDU und SPD hervorgehen, wenn der Bundes

(Abg. König)

rat da jetzt schon einen Schritt nach vorn gegangen ist, ist das, denke ich, auch etwas Begrüßenswertes, zeigt aber, dass wir an diesem Thema natürlich dranbleiben müssen. Warum ich jetzt nicht für Ihren Antrag werben kann, Frau König, hängt einfach damit zusammen, dass ich glaube - und Kollege Bergner hat es auch schon gesagt -, dass die Lösungsvarianten durchaus unterschiedlich aussehen können in der Fragestellung der Störerhaftung. Sie wollen jetzt - ich will es mal verkürzt formulieren -, dass man nicht nachvollziehen kann, wenn jemand sich in ein freies Netz einloggt, wie quasi dessen Datenwege sind. Es kann aber durchaus für die Rechtsverfolgungsbehörden relevant sein.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, aber das...)

Herr Adams, nicht gleich nervös werden, alles gut.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Datenschutzgesetz sieht das sicher anders.)

Wir kennen die Situation in Hotels, wo jedem individuellen Nutzer auf seinem Zimmer WLAN zur Verfügung steht. Warum ist das so? Weil jeder einen individuellen Schlüssel bekommt und dieser Schlüssel ist dann zu einer bestimmten Zeit auch der jeweiligen Person zuordenbar. Deswegen kann man nachvollziehen, wer bestimmte Inhalte zumindest ins Netz gestellt hat bzw. auf welchen Seiten er gewesen ist. Warum ist das relevant? Ich sage mal, wenn sich hier in Erfurt jemand in ein Hotelzimmer begibt, in dem WLAN ist und nicht nachvollzogen werden kann, dann kann der dort die Bombenbauanleitung für eine rechtsextremistische Organisation hochladen und niemand kann nachvollziehen, wer derjenige gewesen ist. Wollen wir das? Ich glaube persönlich, nicht. Insofern glaube ich, dass wir klug abwägen müssen auf der einen Seite zwischen einer Anonymität im Datentransfer, weil ich schon möchte, dass natürlich jeder auch die Freiheit des Internets als freiheitliches Medium nutzen kann, aber auf der anderen Seite durchaus die Rechtssicherheit gewährleisten sollte, die wir brauchen, um auch in dem Bereich des Internets sowohl urheberrechtlich als auch gleichzeitig natürlich strafrechtlich relevante Sachen nachvollziehen zu können. Insofern würde ich mir schon wünschen, dass Sie den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auch noch aus einem anderen Grund unterstützen. Wenn Sie sich die Europäische E-Commerce-Richtlinie anschauen, die Anfang des Jahres auf den Weg gebracht worden ist, da ist unter anderem auch die Fragestellung geklärt, dass der Zugang zum Internet so gestaltet werden soll, dass derjenige, der es nutzt, am Ende auch derjenige ist, der dafür haftbar gemacht wird, selbst wenn es ein Dritter als Anbieter macht, also wenn ein Café quasi Anbieter wäre. Genau basierend auf dieser europarechtlich maßgeblichen E-Commerce-Richtlinie

würde ich schon dafür werben, dass wir den Weg gehen, den wir als CDU und SPD vorgeschlagen haben, um hier auch eine gewisse Offenheit in der Lösung zu haben und noch die nötigen Abwägungen vornehmen zu können. Ich glaube, es ist auch schwierig, in die Fragen einzutreten, ist dann ein Café gleichzeitig zu vergleichen mit der Deutschen Telekom als Access-Provider. Ich glaube, das sind alles Fragestellungen, die zu offen sind, deswegen votieren wir für unseren Antrag und leider gegen Ihren. Schönen Dank.

(Beifall CDU)