Protokoll der Sitzung vom 19.10.2012

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort Frau Abgeordnete Jennifer Schubert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Wohnen ist eines der komplexesten Politikfelder. Frau Lukin hat hier schon auf das Problem aufmerksam gemacht, mit dem wir uns im Rahmen dieses Gesetzes, das die Landesregierung uns vorgelegt hat, auseinandersetzen müssen. Die Gentrifizierung ist ein Fakt, also die Verdrängung von Menschen mit niedrigem Einkommen aus den Städten, aus den Innenstädten. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass wir auf eine massive Altersarmut zusteuern, in der sich sehr viele Menschen Wohnraum nicht mehr leisten können. Wir haben Leerstand im ländlichen Raum und knappen Wohnraum in den Städten, wir haben die Herausforderungen Barrierefreiheit und der energetischen Sanierung. Es ist klar, dass die Kommunen dabei die Hauptverantwortung tragen. Inwieweit dieses Gesetz den richtigen Rahmen setzt und auch die Förderkulisse ausreicht, um diese Probleme, die auf Thüringen zukommen und die wir auch schon haben, zu bewältigen, das werden wir herausfinden müssen.

Die Pestel-Studie haben Sie erwähnt, Frau Dr. Lukin, die gibt sicherlich auch wertvolle Hinweise für dieses Thema. Ich möchte allerdings an dieser Stelle auflisten, wer die Macher dieser Studie sind.

(Abg. Wetzel)

Das ist die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksund Wohnungsbau e.V., der Bundesverband deutscher Baustoff-Fachhandel e.V., Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure, die IG Bauen-Agrar-Umwelt neben dem Mieterbund. Also man muss auch dieser Studie mit einer gewissen Skepsis begegnen, wenn man weiß, wer davon als Erstes profitieren würde bei einem Bau von Sozialwohnungen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genauso - und damit bin ich noch mal ganz kurz bei dem Thema energetische Sanierung - wenn die Dämmstoffindustrie sich dafür ausspricht, dass gerade die sozial Schwächsten die energieeffizientesten Wohnungen brauchen. Wir wissen, dass wir das alles zu bewältigen haben, aber gerade der Bereich Wohnen ist doch sehr durchdrungen von Lobbyinteressen, die sich an vielen Stellen äußern. Insofern ist es schwierig, dort an die Wahrheit zu kommen - und das ist genau die Aufgabe, auf die wir uns auch freuen und die wir bei dem Gesetz hoffentlich bewältigen werden.

Wir werden uns auch damit auseinandersetzen müssen, dass die Ausgaben im Landeshaushalt für soziale Wohnraumförderung und Wohngeld sinken von 91 Mio. auf dann nur noch 83 Mio. €. Wir haben insgesamt in Deutschland eine geschätzte Fehlbelegung im sozialen Wohnungsbau von 40 Prozent. Die Frage ist auszutarieren, wie viel Subjekt- und wie viel Objektförderung Sinn machen, um dieses Problem, genügend sozialen Wohnraum bereitstellen zu können, am besten und am effizientesten zu lösen.

Wir haben das Problem, dass die Belegungsbindungen zum Beispiel in Jena auslaufen. Obwohl Jena 50 Sozialwohnungen bauen möchte - da gibt es einen Stadtratsbeschluss, den Ihre Fraktion dann auch mit auf den Weg gebracht hat, Frau Lukin, dankenswerterweise -, sind zum Beispiel Wohnungen, die jenawohnen jetzt baut, nicht unter 8 € pro Quadratmeter Kaltmiete zu haben. Insofern ist es, glaube ich, auch wichtig, gerade in Städten wie Jena den Wohnungsbau sehr kritisch zu begleiten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die positiven Aspekte im Gesetz hat Frau Lukin auch schon genannt. Ich möchte auch noch einmal ausdrücklich erwähnen, dass der Quartiersbezug eine sehr überfällige Sache ist, die jetzt hier ihren Niederschlag findet, genauso wie, dass man Konzepte für energetische Sanierung von Quartieren usw. mit fördern lassen kann als Kommune oder als jemand, der Wohnungen bauen möchte. So weit der Problemaufriss und auch unsere Ansprüche an die Diskussion im Ausschuss.

Ich möchte aber fast zum Schluss auch noch eine wichtige Bemerkung machen und auf den Wohnungsmarktbericht von Empirica zu sprechen kom

men. Dieser Wohnungsmarktbericht äußert eine ganz eindeutige Empfehlung, nämlich dass Thüringen die Schrumpfung koordinieren muss. Und das geht nur - und das sagt Empirica auch sehr deutlich - mit einer Gebietsreform. Wenn Sie, Herr Minister, möglicherweise Vorreiter sind mit diesem Gesetzentwurf, sind Sie es bei der Gebietsreform nicht. Sie müssen sich aber sehr beeilen, dass Sie als Bundesland Thüringen in Deutschland nicht der komplette Nachzügler sind bei der Gebietsreform.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz zum Schluss die Empfehlung, dieses Gesetz im Sozialausschuss zu behandeln; dem kann ich nur zustimmen. Ich verstehe nicht, Herr Wetzel, wenn ein Bereich so viel mit dem Sozialen zu tun hat, dann ist es doch das Wohnen. Dieser Gesetzentwurf gehört natürlich zwingend in den Sozialausschuss und wir werden uns dieser Überweisung anschließen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Sabine Doht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit der Föderalismusreform wurde die Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung vom Bund auf die Länder übertragen. Die Bundesgesetzgebung gilt so lange fort, bis die Länder eigene Gesetze haben, und kurz vor diesem Punkt stehen wir heute hier als erstes neues Bundesland. Einige alte Bundesländer, wie zum Beispiel Bayern oder Baden-Württemberg haben bereits eigene Landesgesetze. Uns liegt heute hier ein Entwurf für ein eigenes Landesgesetz vor, von dem wir erwarten, dass wir künftig die Förderung zielgenauer steuern können, dass wir besser auf regionale Besonderheiten eingehen können als dies mit der Bundesgesetzgebung und den entsprechenden Verwaltungsvereinbarungen in den vergangenen Jahren möglich war.

Die Koalition hat in den letzten Jahren die finanziellen Voraussetzungen für dieses Gesetz geschaffen. Das heißt, wir haben ein Wohnungsbauvermögen in Form eines revolvierenden Fonds aufgebaut. Die Entflechtungsmittel des Bundes fließen in diesen Fonds, wir haben die Förderung von einer Zuschussförderung auf zinsverbilligte Darlehen umgestellt, damit die Rückflüsse aus diesen Darlehen letztendlich wieder in das Wohnungsbauvermögen einfließen können und somit auch über das Jahr 2013 hinaus die Förderung gesichert ist.

In diesem Zusammenhang muss ich allerdings Frau Dr. Lukin recht geben, wir müssen auch noch einmal über den Entwurf des Haushaltsbegleitge

(Abg. Schubert)

setzes reden, nachdem nämlich 20 Mio. aus diesem Wohnungsbauvermögen in den Landeshaushalt fließen sollen. Auch hier habe ich noch Fragen hinsichtlich der Abfinanzierung der beantragten Maßnahmen und auch hinsichtlich der Zweckbindung der Mittel. Diese Diskussion müssen wir im Rahmen der Haushaltsberatung führen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Modalitäten für die Förderung von Wohnraum klar geregelt. Oberstes Ziel ist die Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten, das heißt auch preiswerter Wohnraum für jene Bürgerinnen und Bürger, die auf dem freien Wohnungsmarkt sich nicht allein versorgen können. Da ist zum einen die Schaffung von preiswerten Mietwohnungen, aber auch die Möglichkeit der Schaffung von Wohneigentum, insbesondere für junge Familien. Das Ganze soll sich nach städtebaulichen Grundsätzen richten. Auch der Klimaschutz, die energetische Sanierung beim Neubau sind Bestandteil dieses Gesetzes, was letztendlich für die Zukunft gesehen auch sehr wichtig ist.

Wir definieren den Personenkreis der Zuwendungsempfänger, auch das Verhältnis Neubau - Modernisierung und die Einbindung in die Stadtentwicklungskonzepte, ich habe das bereits angesprochen.

Mit dem Wohnungsmarktbericht von Empirica haben wir eine gute Grundlage zur Beurteilung der Wohnungsmarktsituation. Wir können daraus ableiten, welche Anforderungen an dieses Gesetz bestehen und wir sollten das auch im Ausschuss im Detail diskutieren. Natürlich sollten wir uns auch dem nicht verschließen, was die Pestel-Studie mit auf den Weg gibt. Allerdings habe ich auch hier eine gewisse skeptische Sichtweise auf die Studie weniger wenn ich sehe, wer die Auftraggeber sind, Studien werden immer von irgendwelchen Leuten in Auftrag gegeben, da stehen Interessen dahinter -, denn es ist mir zu einfach für die Thüringer Verhältnisse, die Differenz aus den vorhandenen Sozialwohnungen und den Anspruchsberechtigten zu bilden und damit einen Fehlbedarf nachzuweisen. Wir haben - vielleicht nicht gerade in Jena oder Erfurt, aber in anderen Städten - die Situation, dass die Mieten im sozialen Wohnungsbau zum Teil höher liegen, als die Mieten im frei finanzierten Wohnungsbau, also im sanierten Altbau oder im sanierten Plattenbau. Deswegen ist hier ein Eins-zuEins-Aufrechnen sicherlich nicht angebracht. Das bringt mich aber dazu, zu sagen, dass wir in dem Gesetz auch noch einmal über das Thema Belegungsbindung nachdenken müssen. Es ist ja der Austausch von Belegungsbindungen zwischen geförderten Sozialwohnungen und anderen Wohnungen schon möglich. Vielleicht sollte man auch noch einen Schritt weitergehen und über den Ankauf von Belegungsbindungen nachdenken. Das betrifft sicher nicht die Orte, in denen wir heute schon Wohnungsmangel konstatieren müssen, aber wir haben

andere Bereiche in Thüringen, wo wir nicht unbedingt in den Neubau hineingehen müssen.

Noch eine Bemerkung zu dem Thema selbstgenutztes Wohneigentum und der Kritik, die hier von Frau Dr. Lukin kam. Wir sind schon der Meinung, dass wir auch im Bereich selbstgenutztes Wohneigentum, sei es die Eigentumswohnung oder das Eigenheim, fördern sollen, weil wir zum einen auch die Möglichkeit sehen, wenn wir gerade junge Familien hier unterstützen, sie an Thüringen zu binden. Das ist auch ein Schritt gegen die Abwanderung aus Thüringen. Wenn Frau Dr. Lukin sagt, die Leute haben heute schon Mühe, Geld für eine private Rente zurückzulegen, wieso sollen sie dann noch in Wohneigentum investieren. Da muss ich sagen, die Investition in eine eigene Immobilie ist immer noch die beste Rentenvorsorge für das Alter,

(Beifall CDU, SPD)

wenn man sich die Rendite anschaut von irgendwelchen Versicherungen und diesen Dingen. Insofern stehen wir auch zu diesem Teil des Gesetzes. Die gesamten Modalitäten sollten wir intensiv im Ausschuss diskutieren. Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass wir das auch im Sozialausschuss tun müssen.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Für die FDP-Fraktion hat das Wort Abgeordneter Heinz Untermann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Zuschauertribüne, Zweck des Gesetzes ist die Unterstützung bei der Versorgung mit angemessenem Wohnraum und die Zweckbindung einschließlich des Sozialwohnungsbestandes zu regeln. Im Fokus des Gesetzes liegt auch die Mietraumförderung für Sozialwohnungen, also eine Vermietung mit Belegbindung. Dieses sind die Wohnberechtigungsscheine nach § 19, weiterhin die Förderung selbstgenutzten Wohnraums für sozial schwache Bürger, § 2, die Modernisierung bestehenden Wohnraums nach energetischen und altersgerechten Bedürfnissen. Zusätzlich sind der Kauf von Genossenschaftsanteilen oder der Erwerb von Beleg- und Mietbindungen möglich. Der Wohnungsmarkt stellt sich in Thüringen stark differenziert dar. Laut Wohnungsmarktbericht Thüringen gestaltet sich der Wohnungsbedarf an Sozialwohnungen regional sehr unterschiedlich. In Jena und Erfurt werden überdurchschnittlich viele Wohnungsberechtigungsscheine ausgestellt. Laut Wohnungsmarktbericht sind steigende Tendenzen nach Wohnungsberechtigungsscheinen aber auch in Suhl, in den Landkreisen Nordhausen, Schmalkalden, Meiningen, Saale-Holzland-Kreis und Greiz zu ver

(Abg. Doht)

zeichnen. Das, meine Damen und Herren, spiegelt oftmals die wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Region wider. Somit besteht weiterhin Handlungsbedarf in den Regionen bei der Versorgung mit Sozialraum und Sozialwohnungen. Positiv zu sehen ist es erst einmal. Frau Schubert, Sie sagten, es geht nicht schnell genug, aber wir sind wohl das erste östliche, also neue Bundesland, das hiermit beginnt.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das habe ich nicht gesagt.)

Dann habe ich Sie falsch verstanden. Dass auf diese regionalen Unterschiede mit dem neuen Landesgesetz besser eingegangen werden kann, denn der § 25 des Gesetzes definiert die Zuständigkeit neu, Bewilligungsstellen und zuständige Stellen können die kreisfreien Gemeinden mit insgesamt ca. 20.000 Einwohnern oder Landkreise sein. Das ist in Ordnung. So besteht die Möglichkeit, gezielt regional zu agieren. Positiv ist weiter, dass die Grundsätze des Ressourcen schonenden, Energie sparenden und barrierefreien Bauens zu berücksichtigen sind nach § 5. Gut zu sehen ist, dass aufgrund der Zusammenlegung zweier Bundesgesetze ein Bürokratieabbau versprochen wird. Ich meine hiermit die Zusammenlegung des Wohnraumförderungsgesetzes des Bundes und das Wohnungsbindungsgesetz. Hinzu kommt die Integration von drei Thüringer Verordnungen in das neue Gesetz. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt beim Neubau und der Modernisierung von sozialen Mietwohnungen. Weiterhin ist aber auch die Bildung von Wohneigentum und die Förderung von Pilot- und Modellprojekten möglich. Ich denke, das ist wichtig. Frau Doht hat das eben schon begründet. Da muss ich Ihnen, Frau Dr. Lukin, leider widersprechen. Ich denke, das ist ein Punkt, wo wir gerade, wie gesagt wurde, die Leute in Thüringen hier halten wollen und junge Familien mit Kindern ganz wichtig sind. Weiterhin ist aber auch die Bildung von Pilot- und Modellprojekten möglich. Wir begrüßen ebenfalls die Festlegung in § 6, dass die Sicherung der städtebaulichen Funktion der Wohnquartiere durch investive Maßnahmen und die Beschaffung von Wohnbauland Fördergegenstand sein können. Jedoch sollte ein ausgewogenes Verhältnis angestrebt sein. In § 15, Gesamtjahreseinkommen, erfolgt zum bestehenden Bundesgesetz eine Vereinfachung durch die Orientierung der Einkommensermittlung an die Wohngeldberechnung. Auch die Lockerung bei den Gegenleistungen in § 12 sehe ich als Fortschritt zum bestehenden Bundesgesetz an. Aber wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Wir möchten im Bauausschuss noch einmal über die Finanzierung des Landesprogramms diskutieren. Da gibt es noch Fragen zur Bildung des Wohnungsbauvermögens. Kann der Finanzierungsbedarf für die Sozialwohnungen aus den Kompensationsmit

teln des Bundes und aus den Rückflüssen Zins und Tilgung gedeckt werden? Die Frage steht offen.

(Beifall FDP)

Zinsgünstige Darlehen oder revolvierende Fonds wie sollen diese zukünftig ausgestattet sein? Von Interesse ist weiterhin, wie die Landesregierung zukünftig plant, die städtebauliche Förderung und die Belange zu berücksichtigen. Denn eines darf nicht geschehen - es dürfen keine Quartiere oder Stadtteile entstehen, wo durch das soziale Umfeld die Entstehung sozialer Brennpunktregionen vorprogrammiert ist.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Thematik darf im Vorfeld der Planung und Stadtentwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Der Bau und die Modernisierung von preiswerten und sozialen Wohnungen darf nicht vernachlässigt werden. Aber der Wohnungsbau für die anderen Mieter sollte gleichermaßen Berücksichtigung finden. Denn es gibt auch Geringverdiener, die die Einkommensgrenzen vielleicht in geringem Maße um einige Euro überschreiten. Diese Bürger dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, da soziale Aspekte doch eine große Rolle spielen, auch in den Sozialausschuss mit zu überweisen. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Nothnagel, Fraktion DIE LINKE, bitte schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte das Letztgesagte noch einmal gern unterstützen, nämlich die Überweisung an den Sozialausschuss. Wichtig finde ich in dem vorliegenden Gesetzentwurf den Hinweis auf die demographische Entwicklung, aber auch auf die UN-Behindertenrechtskonvention. Gerade in Europa, aber auch in Deutschland und auch hier in Thüringen gibt es ein Riesendefizit an barrierefreien Wohnungen. Dieses Defizit, denke ich, wird sich verschärfen einfach mit der demographischen Entwicklung, weil mit zunehmendem Alter auch die Mobilitätseinschränkungen zunehmen. Also brauchen diese Menschen Wohnungen, mit denen sie klarkommen, in denen sie auch leben können. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, insbesondere Behinderung neu zu denken, neue Denkansätze hier einzubringen. Ich selbst bin bekanntermaßen ein großer Unterstützer der Aufhebung dieser Sonderwelten, das heißt insbesondere auch von Heimen. Dass ich die von heute auf morgen nicht abschaffen kann und

(Abg. Untermann)

auch nicht abschaffen will, möchte ich einfach noch einmal hier betonen. Aber ich denke, langfristig gesehen kann es nicht daran vorbeigehen, dass wir behinderten und älteren Menschen so lange wie möglich das Leben in ihren eigenen vier Wänden ermöglichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich nun einmal - ich bin auch Unterstützer der Bundesinitiative „Daheim statt Heim“ - daheim leben will, dann brauche ich auch ein Daheim, welches letztendlich auch möglich ist, wenn ich mobilitätseingeschränkt und schwerbehindert bin. Da wir, wie ich bereits gesagt habe, hier ein großes Defizit an barrierefreien Wohnungen haben, bitte ich auch noch einmal darum, wegen diesem sozialen Aspekt, diesen Gesetzentwurf an den Sozialausschuss zu überweisen und im Sozialausschuss auch darüber zu diskutieren. Denn, ich denke, diese sogenannten weichen Themen müssen auch in diesem Gesetzentwurf mehr Einfluss gewinnen. Es geht letztendlich nicht nur um die Wohnungen, es geht letztendlich auch um das Wohnumfeld. Was nützt mir eine tolle barrierefreie Wohnung, wenn ich nicht hinaus kann, wenn ich nicht am öffentlichen Leben teilhaben kann? Das ist auch einer der wesentlichen Punkte der UN-Behindertenrechtskonvention, nämlich Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Gibt es Wortmeldungen? Ich sehe keine mehr. Seitens der Landesregierung? Auch nicht. Dann beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.