Protokoll der Sitzung vom 23.11.2012

Dass Sie im Zusammenhang mit den regionalen Kulturentwicklungsplänen nun in Ihrer Rede darauf hingewiesen haben, dass wir uns Doppelangebote

auf engem Raum nicht mehr leisten können, das dürfte hier einige hellhörig machen. Das unterstützen wir auch und das ist auch nachvollziehbar. Mich würde aber nicht wundern, wenn Sie die Definition, was ein Doppelangebot und was ein enger Raum ist, den zukünftigen Kulturentwicklungsplanern zum Austüfteln überlassen, denn bisher hatte ich das alles so verstanden, dass Sie den Kommunen da wenig Vorgaben machen wollen. Immerhin erkennen Sie an, dass die Einstellung einer überregionalen und überörtlichen, alle Sparten umfassenden Kulturentwicklungskonzeption mit Kosten verbunden ist, die auch im Haushalt, Sie nannten es, eingestellt worden sind. Ich glaube dennoch, dass das Ganze die Kulturverwaltungen vor Ort vor große Herausforderungen stellen wird.

Der erwähnte interkommunale und kooperative Ansatz verdient ganz sicher unsere Zustimmung. Ich gebe allerdings zu, dass ich sehr skeptisch bin. Ich würde mich freuen, wenn meine Skepsis sich nicht bestätigt. Aber wenn es gelingen würde, dass die Akteure vor Ort selbst ein Instrument entwickeln, mit dem sie sich die kulturelle Infrastruktur im ländlichen Raum in ihrer Vielfalt für die Zukunft erhalten können, evtl. auch verstetigen und das andernorts auch erfolgreich angewandt werden kann, dann wäre meine Skepsis ausgeräumt. Aber ich bin da, wie gesagt, sehr vorsichtig. Die Landesgelder fließen ja nur da, wenn die Kommunen ebenfalls ihren Anteil leisten können. Mein Vorredner hat genau auf diesen Punkt abge... - was denn nun?

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Abgezielt.)

Danke. Abgezielt. Also wir kennen alle die finanziellen Schwierigkeiten. Die sind uns hier alle im Haus bekannt. Und gerade auch bei den Kommunen sind diese Schwierigkeiten nicht von der Hand zu weisen, besonders, wenn es um die freiwilligen Aufgaben geht. Zu den freiwillige Aufgaben zählt der ganze Bereich Kultur. Ich habe einfach Bedenken, dass Kommunen, wenn sie eben nach dem Bezahlen ihrer Pflichtaufgaben plötzlich gar nicht mehr viele Mittel übrig haben, genau das zur Disposition stellen müssen. Das muss man sich anhören und das gehört zur Wahrheit dazu, egal ob es hier gefällt oder nicht.

(Beifall FDP)

Aber die Wahrheit muss aussprechbar sein. 9 Mio. €, das ist sehr schön, aber ich darf Ihnen auch sagen, gerade in der Fläche, in kleinen Kommunen, passiert sehr viel Kultur, die aber natürlich nicht die welttragende Bedeutung hat, das muss man auch sagen, aber für die Menschen vor Ort ist es eine wichtige Kultur.

(Beifall FDP)

Da möchte ich Ihnen nur einmal ganz profan nennen, das Dampf- und Dorftheater Beulbar in der Nähe von Jena. Ich weiß nicht, vielleicht kennen

Sie es sogar, Herr Minister, das ist ja gar nicht so ganz weit weg.

(Beifall FDP)

Auch eine ganz kleine feine Einrichtung, die machen tolle Aufführungen und da ist Ehrenamt im Spiel, ganz viel Freizeit im Spiel und wenig Geld wahrscheinlich.

(Beifall FDP)

Was die Kommune da machen kann, das wird sie auch tun. Genau um diese Punkte geht es mir eben auch. Ein zweites Beispiel ist die Laienspielgruppe Fragezeichen aus Zeulenroda. Auch so eine tolle Truppe,

(Beifall FDP)

ganz viel ehrenamtliches Engagement und genau die meine ich eben auch. Ich habe einfach Bedenken, dass diese kleinen Nettigkeiten, von denen wir in Thüringen ja durchaus leben und die das Land so charmant machen, dass die sich eventuell nicht erhalten können, weil das Kulturförderprogramm und die ganzen Fördermaßnahmen, von denen Sie vorhin gesprochen haben, da hatten Sie immer das Wort „Städte“ dahinter. Sie hatten nie das Wort „Dorf“ dahinter und das macht mich stutzig.

(Beifall FDP)

Aber ein Beispiel lassen Sie mich noch nennen und das ist das Beispiel Eisenach, wir haben es heute schon zweimal gehört. Am Beispiel Eisenach kann man ganz deutlich sehen, wie schnell es gehen kann, dass ein Theater zur Disposition steht selbst bei einer Stadt, wenn nämlich die betroffene Kommune nicht in der Lage ist, ihren Anteil zu finanzieren. Das Land zahlt, aber die Kommune kann ihren Anteil nicht bringen und dann muss natürlich eine Entscheidung getroffen werden und im Grunde genommen muss der Minister für Kultur, sehr verehrter Herr Matschie, müssen Sie überhaupt keine strukturellen Forderungen machen und auch gar keine Vorgaben machen, im Gegenteil, eigentlich können Sie sich zurücklehnen, können sagen, das Große und Ganze wollen wir erhalten, das ist alles schön, die Entscheidung, die wehtut, wird im Kreistag getroffen oder in den Stadträten. Da wird dann entschieden,

(Beifall FDP)

was passiert und was bleibt übrig. Notfalls kann man dann ja auch noch die Kollegen, Herrn Innenminister und Herrn Finanzminister, so ein bisschen vorschieben und sagen, die haben Schuld, weil es nämlich tatsächlich an der Zuweisung liegt, an der Erhaltung der auskömmlichen Finanzierung der Kommunen. Tatsächlich liegt der Schlüssel für den Erhalt der staatlich geförderten Kulturlandschaft eben genau da. Was können die Kommunen bezahlen und was können Sie nicht bezahlen?

(Beifall FDP)

Ich werde auch nicht müde, ob es nun gefällt oder nicht, das immer wieder zu wiederholen - Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Es gefällt.)

Vielen Dank, es gefällt. Kultur ist nämlich von allen gewollt - Punkt 1. Darüber lässt sich nicht streiten. Kultur ist sehr wichtig - Punkt 2. Darüber lässt sich auch nicht streiten und sie ist ein unheimlich wichtiger Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens. Ohne Kultur würden wir alle verkümmern. Das ist der dritte Punkt, über den sich nicht streiten lässt. Aber worüber sich streiten lässt, ist die Frage, wo wird gefördert und wo wird nicht gefördert. Ich bin nach wie vor der Meinung, Sie haben es erwähnt, Herr Minister, keine Leuchttürme und drum herum Schafe. Momentan habe ich den Eindruck, doch Leuchttürme und drum herum ganz viel Öde, weil ich befürchte, mit diesem Kommunalen Finanzausgleich, jetzt sind wir gleich wieder beim Geld, es tut mir leid, aber es gehört dazu, mit diesem Kommunalen Finanzausgleich können wir das als kleine Kommunen, kann es der ländliche Raum nicht schultern, was dort über Jahre geschaffen worden ist, das zu erhalten.

(Beifall FDP)

Da sind Sie natürlich im Kabinett mit in der Verpflichtung und mit im Boot.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir zu diesem Thema noch viele interessante Diskussionen haben.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Abgeordneter Döring das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin ja nun schon ein paar Jahre hier im Thüringer Landtag und ich hoffe auch, niemand wird infrage stellen, dass ich mich von Anfang an für den Erhalt und für die Fortentwicklung der Thüringer Kulturlandschaft eingesetzt habe, aber erst heute kann ich mit gutem Gewissen diesen einen Satz sagen: Die Landesregierung und die SPD-Fraktion bekennen sich klar und eindeutig zu ihrer Verantwortung für die Kultur in Thüringen.

(Beifall SPD)

Es geht uns dabei um nachhaltige Kulturpolitik, es geht uns um kulturelle Teilhabe aller und es geht uns darum, Kultur zum Ausgangspunkt neuer Entwicklungen zu machen. Mit dem neuen Kulturkon

zept gibt die Landesregierung ein klares Bekenntnis für die Weiterentwicklung der Kultur in Thüringen im eben genannten Sinne ab und hier geht es nicht um Lippenbekenntnisse, liebe Frau Klaubert, sondern um klare Fakten. Ich will Ihnen gern eine Lesehilfe zur Verfügung stellen - Kulturausgaben gesteigert, Kulturquote erhöht, Kulturlastenausgleich eingeführt und dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehörte Mut und der Minister hat diesen Mut bewiesen.

(Beifall SPD)

Ich wiederhole gern noch einmal: Die Koalition hat neue Akzente...

Herr Abgeordneter Döring, Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba möchte Ihnen gern eine Frage stellen.

Im Anschluss dann.

Am Ende.

Meine Damen und Herren, die Koalition hat neue Akzente gesetzt und Schwerpunkte definiert - und das sind keine Sonntagsreden, sondern das sind klare Fakten: Zusätzliche Mittel für die Klassik Stiftung Weimar und das „Barocke Universum Gotha“ übrigens ein Kulturhighlight mit riesigem Potenzial und wir werden in nächster Zeit noch viel davon hören und werden es auch in die Welt hinausposaunen; steigende Aufwendungen für Theater und Orchester, eine Literaturförderung, die ihren Namen wirklich verdient, Ausweitung des Projektmanagerprogramms, Mitverantwortung für das jüdische Erbe und nicht zuletzt die Mittelerhöhung für Museen, auch wenn in Bezug auf Museumspädagogen noch erhebliche Anstrengungen vonnöten sind.

Meine Damen und Herren, mit dem Kulturkonzept, das im intensiven Dialog mit Kommunen und Kulturakteuren und Bürgern entstand, und hier war die fachliche Auseinandersetzung im Mittelpunkt und die Kulturakteure waren dankbar, dass es nicht um politischen Hickhack ging, sondern um Inhalte, das war der Sinn und das war die Arbeitsgrundlage. Deshalb sind hier wirklich Handlungsschwerpunkte für die nächsten Jahre genannt worden und das nicht als Dogma, sondern als Weichenstellung, die auch den Weg bis 2020 absichert.

Der Minister ist darauf umfassend eingegangen. Ich will nur einige mir besonders wichtige Schwerpunkte hier benennen: Erweiterung der kulturpolitischen

(Abg. Hitzing)

Schwerpunkte von der Reformation über die Klassik bis zur Moderne; Erhalt der Theater- und Orchesterlandschaft, aber auch Anregung einer verstärkten Kooperation zwischen den Häusern; Weiterentwicklung der Museumslandschaft, das heißt Stabilisierung der Museumsförderung bei gleichzeitiger Ausrichtung der Fördersystematik auf Stärkung der Qualität. Hier denke ich zum Beispiel und da bin ich mit der Kollegin Klaubert sehr nahe an das Lindenau-Museum, ein Museum von internationalem Rang. Hier müssen wir uns stärker in die Verantwortung begeben. Kontinuierliche und nachhaltige kulturelle Bildung als konzertierte Aktion von Kindergarten, Schule, außerschulischen Bildungsanbietern und den Kulturinstitutionen selbst, ich erinnere nur an die Mitfinanzierung des Programms Kulturagenten; Stabilisierung der Rahmenbedingungen und größere Zielgenauigkeit bei der Projektförderung; höhere Berücksichtigung des Stellenwertes von soziokulturellen Einrichtungen und der freien Kunst- und Kulturinitiativen, auch das ist am Doppelhaushalt abzulesen; Zeitnahe Vorlage eines Bibliotheksentwicklungsplans, das ist sehr wichtig und, meine Damen und Herren, mehr Transparenz bei den Förderentscheidungen. Das heißt, es wird ein jährlicher Kulturförderbericht eingeführt, das heißt ab 2013 Modellversuche für mehrjährige Projektförderung und das heißt nicht zuletzt Prüfung von Festbetragsfinanzierung bei Förderung von Landesverbänden und Landesarbeitsgemeinschaften im Kulturbereich.

Liebe Kollegin Klaubert, das Projektmanagerprogramm wurde erweitert, ich habe es gesagt. Und es war damals die SPD-Fraktion, die das grundgelegt hat. Das ist ein Grundgerüst für die kulturelle Arbeit. Wir wollen es natürlich auch konzeptionell weiterentwickeln, auch dazu kann man Genaues im Kulturkonzept nachlesen.

Meine Damen und Herren, das Kulturkonzept ist sozusagen die Grundlage für eine zukunftsorientierte und langfristige Fortschreibung des kulturellen Selbstverständnisses Thüringens. Dieser Satz könnte von mir sein, ist er aber nicht. Er wurde von der Kollegin Klaubert erdacht, die der Landesregierung auch ein, ich zitiere, „ganzheitliches und zukunftsorientiertes Kulturverständnis“ bescheinigt, eine „klare Handlungsstrategie, Schwerpunktsetzungen im Bereich der kulturellen Bildung und der interdisziplinären Vernetzung der Kulturfelder und nicht zuletzt die in Aussicht gestellte Erhöhung der Planungssicherheit durch längere Projektförderzeiträume“ lobt. Alles nachzulesen in einer Presseerklärung, hier haben Sie sich da ein bisschen zurückgenommen.

Meine Damen und Herren, aber vor so viel Lob war dann wohl die Kollegin selbst erschrocken. Denn in einem zweiten Abschnitt stellt sie fest, der Minister ist eingeknickt, und zwar vor dem Regierungspartner. Das haben wir heute auch noch mal gehört.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Den Regierungspartner haben wir schon ge- hört.)

Denn es gibt „keinen solidarischen Kulturförderausgleich, sondern nur einen Kulturlastenausgleich und das ist noch keine wirkliche Kulturförderung“. Ich stelle mir schon die Frage: Warum sind 9 Mio. jährlich für Kommunen mit besonderen Kulturbelastungen keine wirkliche Kulturförderung? Ich glaube, das wird ewig Ihr Geheimnis bleiben. Ich jedenfalls bin meiner Fraktion dankbar, dass sie hier dem Bildungsminister eindeutig den Rücken gestärkt hat

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der regiert nicht alleine.)

und ich bin Christoph Matschie dankbar, dass er den Kulturlastenausgleich im festgelegten Rahmen durchgesetzt hat.