Hans-Jürgen Döring

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Herr Präsident, meine Damen und Herren, wo man auch hinschaut, bis heute haben die Verantwortlichen des Kalifusionsvertrags mit verdeckten Karten gespielt. Es ging - das ist klar und deutlich geworden - um Marktbereinigung und im Ergebnis hatte das Eichsfeld keinen Kalistandort mehr. Aber es wird auch immer deutlicher, dass der Vertrag zu un
gerechtfertigten Belastungen für das Land führen wird. Deshalb ist die vorgelegte Beschlussempfehlung meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung.
Meine Damen und Herren, aber auch, wenn das Unrecht in Bezug auf Bischofferode nicht rückgängig gemacht werden kann, ist es, denke ich, eine Frage der Selbstachtung dieses Hohen Hauses, die wirklichen Entscheidungsgrundlagen transparent zu machen. Das ist keine Frage der Seele, das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der politischen Akteure heute und damals. Deshalb bin ich natürlich auch noch einmal für einen Untersuchungsausschuss in der nächsten Legislaturperiode.
Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, werde ich dem Parlament dann nicht mehr angehören und deshalb möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Kolleginnen und Kollegen entschuldigen, denen ich zu sehr auf die Füße getreten bin, und bei all denen bedanken, mit denen ich in kollegialer Weise zusammenarbeiten durfte. Da ich, wie der eine oder andere bemerkt hat, hier seit 24 Jahren auch ab und zu einmal Sprüche klopfe, möchte ich uns allen eine Sentenz von Victor Adler mit auf den Weg geben: „Zwanzigmal die Mauer hinaufklettern und herunterfallen, das 21. Mal hinaufklettern und oben bleiben.“ Ich hoffe, das Land Thüringen wird immer oben bleiben. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Schule ist der Ort, an dem viele vielfältige Menschen verschiedener Altersgruppen, verschiedener Geschlechter und verschiedener Herkunft zusammenleben. Da ist zugleich der Ort, an dem junge Menschen die Wertschätzung von Vielfalt erleben können und auch sollen.“ Diese beiden Sätze stammen aus einer schriftlichen Stellungnahme des Bundesverbandes der Eltern, Freunde und Angehörigen von Homosexuellen zum heute behandelten Antrag. Sie bringen für mich auf den Punkt, worum es uns beim Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Diversität im schulischen Rahmen gehen muss. Vielfalt ist Normalität und Bereicherung, ist zutiefst menschlich, den Menschen von jeher eigen. Gute Schule ist daher ein prädestinierter Lebens-, Lern- und Erfahrungsort für eben diese Vielfalt. Ich denke, alle Fraktionen in diesem Haus können sich die von mir eingangs zitierten Sätze zu eigen machen. Dieser hohe Grad an Übereinstimmung bei einem durchaus sperrigen, sich einer plakativen Politisierung entziehenden und differenziert zu diskutierenden Thema möchte ich hier ausdrücklich erwähnen und positiv hervorheben. Er hat nach meinem Empfinden den gesamten Beratungsgang zu dem von den Grünen vorgelegten Antrag geprägt und dementsprechend haben die Fraktionen im Bildungsausschuss gemeinsam eine schriftliche Anhörung zu der Thematik durchgeführt und sind zudem in einen, wie ich finde, sehr fruchtbaren und ergebnisorientierten Dialog mit dem Bildungsministerium zu den einzelnen Aspekten dieses Anliegens getreten. Dabei ist für mich deutlich geworden, dass es nicht primär um neue Strukturen, um neue Beauftragte oder neue, umfassende Konzepte geht, sondern vor allem um eine bessere Verknüpfung bereits bestehender Angebote und Strukturen, um eine bessere Sichtbarmachung und Vermittlung des schon Existierenden sowie um eine stärkere Sensibilisierung von Pädagogen, Schülern und Eltern.
Meine Damen und Herren, ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung, bei der die Koordinierungsstelle Aids-Prävention und Sexualpädagogik angesiedelt ist, hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die schon bestehenden Fortund Weiterbildungsangebote zum gesamten Themenspektrum der Sexualpädagogik nicht nur stärker kommuniziert und damit intensiver im Bewusstsein der Pädagogen verankert werden müssten, sondern dass diese Angebote künftig auch für Schulsozialarbeiter geöffnet werden sollten. Das macht meines Erachtens wirklich Sinn, denn die Schulsozialarbeiter sind wichtige Ansprechpartner für die Schüler, die gerade beim Thema Sexualität einen ganz anderen Zugang zu Heranwachsenden finden können als Lehrer oder Eltern. Für mich ist das daher ein guter und wichtiger Hinweis aus der
Praxis, der der Bildungspolitik zeigt, an welchen konkreten Stellschrauben noch gedreht werden muss, um die bereits vorhandenen Ansätze zu optimieren.
Ein weiterer Punkt, der in der Anhörung thematisiert worden ist, betrifft die in Thüringen schon bestehenden Schülerprojekte zur Konfliktbewältigung und Anti-Mobbingprogramme. Es erscheint mir überaus sinnvoll, diese um den wichtigen Aspekt des wertschätzenden Umgangs mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu erweitern. So lassen sich Lehrer, Schüler und Eltern mit relativ überschaubarem zusätzlichen Aufwand gut erreichen und auch für diese Thematik sexueller Diversität sensibilisieren. Auch dies also ein guter Anstoß aus dem Kreis der Anzuhörenden.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass wir das Rad nicht immer neu erfinden müssen und dass es selbst bei diffizilen Fragestellungen mitunter besser ist, das Bestehende zu nutzen und aufgrund von Hinweisen aus der Praxis weiterzuentwickeln, anstatt nur neue Strukturen, mehr Personal und Landesprogramme einzufordern. Das hat nicht zuletzt auch Minister Matschie im Bildungsausschuss deutlich gemacht. Er hat ebenso betont, dass er die Anregungen aus der schriftlichen Anhörung gern aufnehmen und womöglich umsetzen wird. Das ist eine klare Zusage der Landesregierung und ist im Bildungsausschuss auch von der Kollegin Rothe-Beinlich gewürdigt worden.
Die Grünen halten dennoch an ihrem Antrag weiter fest und das ist natürlich auch ihr gutes Recht. Meine Fraktion dagegen bewertet den Forderungskatalog der Opposition vor dem Hintergrund der konkreten Anhörungsresultate und angesichts der klaren Positionierung des Bildungsministers als wenig zielführend und über weite Strecken überfrachtet. Wir werden die Grünen-Initiative daher ablehnen.
Ich betrachte, meine Damen und Herren, das aber lediglich als Differenz in der Wahl der Lösungsansätze, nicht jedoch im Grundsätzlichen. In der prinzipiellen Zielstellung, unsere Schulen zu Lebens-, Lern- und Erfahrungsorten für menschliche Vielfalt und damit auch für sexuelle Diversität zu machen, sind sich die Fraktionen des Hauses ohnehin nach wie vor einig. Insofern war dieser Antrag wirklich zielführend, auch wenn wir ihn ablehnen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine werten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, um mit Hannah Arendt zu sprechen, erreicht die Neufassung des Thüringer Landesmediengesetzes nach Anhörung und Befassung im zuständigen Ausschuss heute das helle Licht der Öffentlichkeit. Ich bin überzeugt, sie kann sich dabei sehen lassen. Die Analyse der Anhörung hat nicht nur für mich deutlich gemacht, dass die zentralen Zielstellungen der Novellierung von der übergroßen Mehrzahl der Anzuhörenden getragen und auch unterstützt werden. So wird die Neustrukturierung der Bürgermedien einhellig positiv reflektiert und der Funktionsdreiklang, wie es Jochen Fasco formulierte, bestehend aus Zugangsoffenheit, lokaler Information und Medienbildung wird durch die Bestimmungen der Novelle in eine neue Qualität gesetzt. Die Thüringer Landesmedienanstalt kann sich noch stärker als Impuls und Ideengeber in der Thüringer Medienlandschaft etablieren, nicht zuletzt bei der Stärkung der Medienbildung.
Meine Damen und Herren, Medienmündigkeit wird immer mehr zur wichtigsten Schlüsselqualifikation in der digital vernetzten Gesellschaft und damit zu
einem zentralen Faktor für Teilhabe. Mündige, selbstbestimmte Mediennutzung ist dabei nicht nur eine Frage der technischen Fertigkeiten, sondern vor allem eine Frage der medienethischen Kompetenz. Durch die Etablierung des Medienkompetenzzentrums können wir diesen Herausforderungen, meine ich, noch aktiver, noch konstruktiver begegnen.
Meine Damen und Herren, schon im Vorfeld - und der Kollege Blechschmidt hat das auch schon angedeutet - waren sich alle Fraktionen einig, im Gesetz Formulierungen zur Sicherung der Netzneutralität, soweit sie in den Zuständigkeitsbereich des Landes fällt, aufzunehmen. Die Anhörung hat uns bestätigt, dass es eines ordnungspolitischen Rahmens bedarf, um Netzneutralität zu garantieren und eine verstärkte Ökonomisierung der Teilhabe an Informationen und Partizipation zu verhindern. Mit der Sicherung der Netzneutralität als Zielstellung wollen wir im Rahmen des im Gesetz vorgenommenen Regelungsbedarfs einer drohenden oder bestehenden Teilhabebeschränkung politisch entgegenwirken und ich bin froh, dass wir in Thüringen hier Vorreiter werden.
Meine Damen und Herren, eine weitere Änderung haben wir beim Mindestumfang zugangsoffener Sendezeiten in den Bürgermedien vorgenommen. Die Festschreibung von mindestens 14 Wochenstunden, also zwei Stunden pro Wochentag, scheint uns zielführend, um sowohl den Bedarf zugangsoffener Sendezeiten zu gewährleisten, als auch eine Weiterentwicklung der Bürgerradios und des Bürgerfernsehens zu ermöglichen. Für uns galt im Interesse der Nutzer, eine Mindestnorm festzuschreiben und gleichzeitig für ein zumindest phasenweise durchführbares Programm zu sorgen, indem sich auch mancher Nutzer perspektivisch einbringen kann und ich bin überzeugt, auch einbringen wird.
Meine Damen und Herren, mit der Möglichkeit, Projekte im Einrichtungsrundfunk zu fördern, nehmen wir eine Anregung der Bürgermedien in der mündlichen Anhörung auf. Künftig wird es der Landesmedienanstalt möglich sein, Medienprojekte an Einrichtungen wie Schulen, Hochschulen finanziell zu unterstützen. In Diskussionen mit den Verantwortlichen hat sich gezeigt, dass damit dann auch die Möglichkeit von anderen Unterstützern gegeben ist. Das, denke ich, ist ein wichtiger und zielführender Weg.
Nicht zuletzt haben wir in § 13 eine Klarstellung vorgenommen, die Verlängerung der Zulassung ist jetzt eindeutig formuliert.
Intensiv auseinandergesetzt hat sich meine Fraktion mit dem Wunsch von Landeswelle Thüringen und Antenne Thüringen, in der Novelle die rechtlichen Grundlagen für ein Funkhausmodell festzuschreiben. In einem wirklich eingehenden Abwä
gungsprozess sind wir zum Ergebnis gekommen, hier keine Änderung vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit sind wir verpflichtet, ein möglichst hohes Maß an gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu sichern. Wir sind überzeugt, Programmvielfalt kann hier nicht mit Angebotsvielfalt gleichgesetzt werden. Und eins ist für uns deutlich geworden: Klar formulierte programminhaltliche Auflagen wären sowohl in einem Landesmediengesetz als auch als gesetzlich verankerte Auflage an die Landesmedienanstalt ein Verstoß gegen die im Grundgesetz definierte Rundfunkfreiheit und damit verfassungswidrig, also nicht das Modell, aber klar formulierte Auflagen. Das hat auch Prof. Fechner in der Anhörung deutlich gemacht. Wir haben noch eine Rechtsauskunft von Prof. Ony erhalten, aber da ist diese Kernfrage leider nicht diskutiert und berührt worden.
Dem Dank vom Kollegen Blechschmidt an die Verantwortlichen von Antenne Thüringen und Landeswelle Thüringen für die intensive und faire Diskussion, will ich mich gerne anschließen und ich sage auch, wir werden hier weiter im Gespräch bleiben.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann ich sagen, mit der Novelle des Thüringer Landesmediengesetzes bringt die Regierungskoalition ein modernes und praxisnahes Gesetz auf den Weg. Es nimmt wichtige medienrechtliche Weichenstellungen für Thüringen vor, insbesondere bei der Stärkung der Bürgermedien. Ernsthafte Gründe, die Novellierung in der jetzigen, durch die AusschussAnhörung weiter verbesserten Form abzulehnen, kann ich nicht erkennen, und meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf daher zustimmen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will nicht noch einmal alles wiederholen, was ich in der ersten Lesung zum Gesetzentwurf gesagt habe. Vielmehr möchte ich drei Punkte hervorheben, bei denen sich in der damaligen Plenardebatte, denke ich, nahezu alle Fraktionen einig waren. Zunächst besteht ohne Frage ein hoher kommunaler Sanierungs- und Ausstattungsbedarf bei Schulgebäuden und Schulsporthallen. Kollegin Rothe-Beinlich hat das eben noch einmal ausgeführt. Ich habe im Mai eine Gesamtsumme von rund 400 Mio. € benannt. Sie basiert auf Berechnung des Gemeinde- und Städtebundes und ist sicherlich realistisch.
400 Mio. €.
Zumindest ist die Zahl von niemandem damals in Abrede gestellt worden. Dieser umfassende Investitionsstau ist einerseits der allgemeinen schwierigen Finanzlage der Thüringer Kommunen geschuldet.
Andererseits - auch das sollte man nicht verschweigen - beruht der aber auch auf teilweise schwer nachvollziehbarer Prioritätensetzung der Kommunen selbst, vor allem im ersten Jahrzehnt nach der Friedlichen Revolution. Beides muss man klar benennen. Das ist auch in der Plenardebatte hier von verschiedener Seite gesagt worden.
Meine Damen und Herren, zum Zweiten haben alle Fraktionen und auch der Finanzminister deutlich gemacht, dass das Land die Kommunen bei der Schulsanierung nicht im Regen stehen lassen darf. Die kommunale Seite kann so einen Investitionsbedarf von 400 Mio. € natürlich nicht allein stemmen. Das sieht bemerkenswerterweise auch Herr Dr. Voß so. Wir haben es gehört. Obwohl er sonst, denke ich, keine Gelegenheit auslässt, die materielle Lage der Thüringer Kommunen in rosigen Farben zu malen. Uneinig sind sich die Fraktionen in diesem Punkt lediglich darin, wie der konkrete Lösungsweg aussehen soll. Da gibt es einmal den Vorschlag der Linken, dann die vom Finanzminister kreierte Konsolidierungsrendite und last, but not least das von uns präferierte Modell, in der kommenden Legislaturperiode ein Schulsanierungsprogramm von 150 Mio. € aufzulegen. Dazu werde ich nachher noch etwas sagen.
Im Moment geht es mir nämlich darum, den dritten Punkt zu benennen, in dem sich fast alle Redner hier auch im Plenum einig waren. Er hängt mit der Frage nach der Ernsthaftigkeit des von den Linken eingebrachten Gesetzentwurfs zusammen. Diesem Aspekt kann man sich, denke ich, von verschiedenen Seiten nähern. Es lässt sich fragen, ob die von den Antragstellern eingeforderte umfassende Beratung einer Novellierung wirklich realistisch und realisierbar ist, wenn der zugrunde liegende Gesetzentwurf am 1. Mai, also zur drittletzten regulären Plenartagung dieser Legislaturperiode eingereicht wurde. Es lässt sich zudem kritisch reflektieren, wie die im Linken-Papier genannte Gesamtfördersumme von 100 Mio. € überhaupt zustande gekommen ist. Und man muss sich letztlich auch der Frage stellen, ob sich die von den Linken angeführte Gegenfinanzierung wirklich trägt. Aber egal, wie man die Dinge auch dreht und wendet, immer wird klar, dass der Vorstoß der Linken gar nicht ernsthaft auf eine Realisierung abstellt, sondern lediglich dazu dienen sollte, im diesjährigen Kommunalund Landtagswahlkampf Schlagzeilen zu provozieren,
denn das war beim letzten Mal genau kurz vor den Kommunalwahlen.
Ich kann das nur mit einem Bild beschreiben: Sie verkaufen eine Speisekarte als Mahlzeit in der Hoffnung, es merkt keiner. Aber da wird einfach das ge
rade erst vom Landtag beschlossene kommunale Hilfspaket wieder aufgeschnürt ohne abzuwarten, ob und in welchem Umfang überhaupt die Maßnahmen greifen, da wird ein Gesamtförderumfang förmlich aus der Luft gegriffen, weil es darum geht, die Vorschläge des Finanzministers zu überbieten. Da spielt es auch keine Rolle mehr, ob die Gegenfinanzierung wirklich nachhaltig ist.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion kann den Gesetzentwurf der Linken daher nicht mittragen, das habe ich bereits in der letzten Plenarberatung deutlich gemacht. Herr Kuschel hat mir darauf geantwortet, so sei die SPD eben, sie verhindere rasch greifende Lösungsansätze und verschiebe alles auf die Zeit nach der Wahl.
Aber das, lieber Kollege Kuschel, ist überhaupt nicht der Punkt.
Der Unterschied zwischen Ihrer Fraktion und uns ist schlicht und einfach, dass wir Lösungen anbieten, die auch fachlich solide sind, die wirklich nachweisbar realisiert werden können,
und zwar mit einer nachhaltigen Gegenfinanzierung. Das haben wir ja oft unter Beweis gestellt. Ich will Ihnen mal einige Beispiele nennen in meinem Arbeitsbereich: Die Kita-Reform, die deutliche Ausweitung der Kulturförderung des Landes - kann man nachschauen -, der Erhalt der Theater und Orchester, die Rahmenvereinbarung III bei den Hochschulen - das haben wir gerade heute Morgen gehört -,
die Zusagen zur Hochschulfinanzierung ab 2016,
der Einstellungskorridor für Nachwuchspädagogen, der Ausbau von Schulpsychologen
und von Schulsozialarbeit. Das sind alles Dinge, die sind realistisch wirklich entwickelt worden, vernünftig finanziert und nachhaltig. Das ist der Punkt, der uns von Ihnen unterscheidet.
An all diesen und auch vielen weiteren Stellen - ich könnte das immer noch ausbauen - haben wir ge
handelt und haben Wege eingeschlagen, die wirklich gangbar sind und von Ihrer Seite kam oft inhaltlich nur wenig qualifiziertes Sperrfeuer dagegen oder es wurden sozusagen Wolkenkuckucksheime im himmelblauen Nirgendwo errichtet, und das ist keine realistische Politik.
Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen, Herr Kuschel. An diesem Unterschied will ich - bei aller Gemeinsamkeit, die wir mit den Linken oftmals in der grundsätzlichen Situationsanalyse haben auch gern weiter festhalten. Anders als die Linken beim vorliegenden Gesetzentwurf und anders als der Finanzminister mit seiner Neuschöpfung der sogenannten Konsolidierungsrendite halten wir Sozialdemokraten es daher nicht für sinnvoll, immer neue Hilfspakete zu schnüren oder Sonderzuweisungen vorzunehmen. Es bringt nichts, nach wie vor nur an den Symptomen herumzudoktern. Gleich zu Beginn der kommenden Legislaturperiode will die SPD an den Kern des Problems heran und das kann man nur, wenn man den KFA deutlich nachbessert. Zum einen muss der bestehende Investitionsbedarf der Kommunen stärker als bisher berücksichtigt werden, denn hier hat der Finanzminister einfach mit zu spitzem Bleistift gerechnet, zum anderen ist eine Korrektur bei der Streuungsbreite der KFA-Förderung dringend erforderlich. Wir alle kennen das Dilemma, dass die Landesmittel für den Kita-Bereich nicht zielgenau genug bei den Kommunen ankommen.
Gleiches gilt ja auch bei der Landesförderung der kommunalen Musik- und Jugendkunstschulen. Die SPD wird sich den KFA an dieser Stelle noch einmal kritisch vornehmen und ihn zugunsten der Kommunen nachjustieren. Zum Abbau des kommunalen Investitionsstaus wollen wir zum anderen auch das habe ich vorhin gesagt - ein Schulsanierungsprogramm im Umfang von 150 Mio. € auf den Weg bringen. Das ist etwas ganz anderes, als die von den Linken geschätzten Schnellschüsse abzugeben, bei denen in der Regel, denke ich, zum Schluss nicht einmal die Einschusslöcher zu finden sind, wenn sich der Pulverdampf erst einmal verzogen hat.
Das hebt sich natürlich auch prinzipiell von dem Vorgehen des Finanzministers, der im aktuellen Doppelhaushalt die Investitionspauschale für Schulgebäude um ein Drittel gekürzt hat, um dann wenig später eine Konsolidierungsrendite zu entdecken, die es nun endlich auch der CDU ermöglicht, im Wahlkampf ein Angebot zur Schulsanierung zu machen.
Meine Damen und Herren, wir gehen unseren Weg weiter, solide und umsetzbare Politik für Thüringen zu machen und deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der Linken ab. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, auch 25 Jahre nach der friedlichen Revolution ist der Sanierungsbedarf bei Schulbauten und Schulsporthallen in Thüringen immens. Es wurde vorhin schon der Gemeinde- und Städtebund genannt, der eine Investitionssumme von 400 Mio. € in diesem Bereich benannt hat. Ich halte die Zahl durchaus für realistisch. Manche kommunalen Schulträger haben bisher lediglich Teilsanierungen an ihren Schulgebäuden vorgenommen, obwohl diese oftmals noch aus dem Kaiserreich oder den 1920er-Jahren stammen. Bei anderen Kommunen steht nach grundlegender Sanierung in den 1990er-Jahren inzwischen die zweite Sanierungswelle an, da deren Schulbauten und Schulsporthallen nach rund 20 Jahren intensiver Nutzung einiges an baulichen Blessuren vorzuweisen haben bzw. zeitgemäßen Anforderungen. Ich nenne hier nur das Stichwort Inklusion, das wurde auch von meinen Vorrednern bereits genannt. Natürlich kann das den Anforderungen jetzt nicht mehr genügen.
Aber, ich sage, zur Wahrheit gehört auch, dass einige Landkreise und städtische Schulträger die oberste Priorität nicht immer in Richtung Schulsanierung gesehen haben. Man muss sich nur mal anschauen, einigen waren die Landratsämter wichtiger als die Schulen. Es gab auch manche Verzögerung in der Schulnetzplanung und das war auch der Sanierung nicht immer dienlich.
Klar ist aber auch, dass die Kommunen die gewaltige Investitionslast nicht allein stemmen können. Da sind wir uns sicher einig. Das hat einerseits mit der chronisch prekären Lage der Kommunalfinanzen nicht nur in Thüringen zu tun und andererseits aber auch ganz konkret mit der vom Finanzministerium vorgenommenen Reform des KFA. Der Investitionsbedarf der Kommunen ist nun einmal im neuen KFA-Modell sehr niedrig, und ich sage ganz eindeutig als Bildungspolitiker, zu niedrig angesetzt worden. Das hat zwangsläufig zu einem wachsenden Investitionsstau auf kommunaler Seite geführt, der auch den heute thematisierten Sanierungsbedarf im Schulbereich umfasst.
Meine Damen und Herren, nicht umsonst hat der Thüringer Landtag vor einigen Monaten - im Februar dieses Jahres, Sie wissen das - ein kommunales Hilfspaket auf den Weg gebracht, um manchen Verschlimmbesserungen der KFA-Reform zu begegnen. Durch dieses Hilfspaket erhält die kommunale Seite bereits eine zusätzliche Investitionspauschale in Höhe von 15 Mio. €, ergänzende Bedarfszuweisungen im Umfang von 36 Mio. € und - das betrifft die Landkreise und kreisfreien Städte - eine Stabilisierungspauschale von über 13 Mio. €. Dieses Hilfspaket ist wichtig und richtig gewesen, es hat aber auch gezeigt, dass der KFA in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht in allen Teilen wirklich funktioniert.
Deshalb sage ich, auf Dauer bringt es nichts, immer neue Hilfspakete zu schnüren oder Sonderzuweisungen vorzunehmen, denn damit doktern wir nur an den Symptomen herum. Wir - jetzt spreche ich für die Sozialdemokraten hier in diesem Haus - wollen den KFA in der kommenden Legislaturperiode deutlich nachbessern. Das betrifft zum einen die stärkere Berücksichtigung des bestehenden Investitionsbedarfs, zum anderen eine dringend erforderliche Korrektur bei der Streuungsbreite der KFA-Förderung. Die Landesmittel für den Kita-Bereich müssen beispielsweise zielgenauer bei den Kommunen ankommen, das wissen wir genau
und dies gilt nicht zuletzt auch für die Landesförderung der kommunalen Musik- und Jugendkunstschulen.
Meine Damen und Herren, bei diesen Punkten will sich die SPD den KFA noch einmal kritisch vorneh
men und ihn zugunsten der Kommunen nachjustieren. Wir wollen zum Abbau des kommunalen Investitionsstaus unter anderem ein Schulsanierungsprogramm im Umfang von 150 Mio. € auf den Weg bringen. Auch das ist schon seit Längerem bekannt.
Meine Damen und Herren, natürlich ist verständlich, dass auch unsere Vorschläge von anderer Stelle angenommen wurden und Widerhall gefunden haben. Als Erster - das wurde auch vorhin genannt - hat der Finanzminister reagiert und die Kommunen für die kommenden beiden Haushaltsjahre urplötzlich zusätzliche Mittel für Schulsanierung im Gesamtauftrag von 25 Mio. € in Aussicht gestellt. Mich hat das an ein Sprichwort von Luigi Pinelli erinnert: Ein Finanzminister ist wie ein Känguru. Auch er kann das Liebste, das er hat, nicht dauernd im Beutel behalten.
Aber, meine Damen und Herren,
als Bürger und auch als langjähriger Politiker in diesem Haus bin ich immer misstrauisch, wenn ein Finanzminister freiwillig die Spendierhosen anzieht, und das gilt umso mehr, wenn es sich um einen Finanzminister vom Kaliber unseres für seine erhebliche Sparfreude bekannten Herrn Voß handelt. Dieses Misstrauen ist leider auch nur allzu berechtigt. Denn der gleiche Finanzminister hat im Doppelhaushalt, wir wissen das, die Investitionspauschale für Schulgebäude um rund ein Drittel zusammengestrichen und ich bedauere, dass da nicht genügend Widerstand geleistet haben, das sage ich auch eindeutig.
Nun, kurz vor den Kommunal- und Landtagswahlen, gibt es plötzlich diese Konsolidierungsrendite und der Finanzminister läuft mit offenem Portemonnaie herum durch die Lande und ich sage, ein Schelm, der Böses dabei denkt, lieber Herr Voß. Aber ebenso - das haben auch einige Vorredner gesagt - ist der Gesetzentwurf der Linken dem Wahlkampf geschuldet, in typischer Bodo-Manier werden hier die versprochenen 25 Mio. einfach vervierfacht und dann zur Aufgabendeckung ein salopper Verweis auf Jahresüberschüsse dann die Rücklagen formuliert. So einfach, denke ich, sollten wir uns das nicht machen. Das ist auch hier gesagt worden. Das Ringen um Wählerstimmen ist wichtig und es ist klar, dass sich jeder dort anstrengt, aber ich denke, das ist nicht im Sinne der Schulsanierungen. Die sollten im Vordergrund stehen und da brauchen wir ganz solide Intentionen, die das auch nachhaltig verbessern. Denn wenn der Landtag Ihrem Gesetzentwurf folgen würde, dann wäre damit
das von mir skizzierte Kernproblem, dass der neue KFA an bestimmten Stellen erhebliche Unwuchten aufweist, nämlich keineswegs gelöst und wir würden kurzfristig zum wiederholten Male einzelne Symptome kurieren, hätten aber langfristig, davon bin ich überzeugt, nichts gekonnt.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion kann dem Gesetzentwurf der Linken daher nichts abgewinnen und wir stehen nach wie vor für eine solide Korrektur des KFA gleich zu Beginn der kommenden Legislaturperiode und den Kommunen würde dadurch auch nichts entgehen, denn unser Vorhaben greift, wenn wir es gemeinsam in einer neuen Konstellation durchsetzen könnten, bereits für das Haushaltsjahr 2015, ebenso wie das 150-MillionenProgramm für Schulsanierungen. Deshalb sage ich eindeutig, meine Damen und Herren zur Linken und zur Rechten, lassen Sie uns diesen seriösen Weg gemeinsam gehen, lassen Sie uns zusammen den KFA dort nachjustieren, wo er nachweislich nicht wirklich gut funktioniert. Wir sind zu einer derartigen Revision bereit. Da der vorliegende Gesetzentwurf dieser Zielsetzung nicht entspricht, ihr sogar zuwiderläuft, hält meine Fraktion dessen Weiterberatung in den zuständigen Fachausschüssen des Landtags weder für notwendig noch für sinnvoll. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unter Intuition versteht man die Fähigkeit, eine Lage in Sekundenschnelle falsch zu beurteilen. Liebe Kollegin Hitzing, Sie sind darin nicht zu übertreffen. Sie sagen sich, was interessieren mich die Tatsachen, man muss sie nicht unbedingt zur Kenntnis nehmen, um sie verdrehen zu können. Sie wissen genau, dass Sie maßlos überziehen, aber durch den Erfolg Ihrer Verlautbarungen in der öffentlichen Wahrnehmung fühlen Sie sich bestätigt. Mit politischer Redlichkeit hat das nichts mehr zu tun. Wenn man gar nicht mehr weiter weiß, wird schon mal die Verleumdungskeule ausgepackt: Der Minister fälscht die Statistik.
Aber die Einzige, die die Wahrheit frisiert, sind Sie. Sie lassen kein gutes Haar an ihr. Sie machen aus Fliegen Elefanten und wundern sich über die große Unruhe in „Brehms Tierleben“.
Meine Damen und Herren, was sind die harten Fakten? Im Dezember letzten Jahres sind an den allgemeinbildenden Schulen in Thüringen 3,7 Prozent der Stunden ersatzlos ausgefallen. Im März 2014 sind es 3,1 gewesen und somit 1,6 Prozentpunkte weniger als im Frühjahr 2013. Thüringen liegt damit in etwa im Bundesdurchschnitt. Zu Dramatisierung und Skandalisierung bietet sich wenig Anlass. Im Gegenteil, der deutliche Rückgang des Unterrichtsausfalls im Vergleich zum Vorjahr zeigt, dass die vom Ministerium unternommenen Schritte, ich nenne hier nur die Stichworte „Einstellungskorridor“ und „Maßnahmeplan“, zur besseren Unterrichtserfüllung erste Früchte tragen.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, das Ministerium hat die Rahmenbedingungen verbessert, aber das wäre alles nichts wert ohne das hohe Engagement der Lehrerinnen und Lehrer. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Studie des Aktionsrats Bildung zu den Belastungen von Lehrerinnen und Lehrern ist ihnen, glaube ich, nicht genug zu danken. Da ich seit fast 40 Jahren jeden Morgen neben einer Lehrerin aufwache, weiß ich, wovon ich rede.
Meine Damen und Herren, natürlich, liebe Kollegin Hitzing, der Minister nimmt die Sorgen der Schüler
sprecher sehr wohl ernst und damit auch die Ausfallstatistik der Landesschülervertretung. Dazu muss man nur die Presseerklärung des Ministeriums lesen. Die ist für den Zeitraum Ende Januar/ Anfang Februar 2014 beim ersatzlosen Unterrichtsausfall an den allgemeinbildenden Schulen auf einen Wert von 4,3 Prozent gekommen. Wenn man bedenkt, dass damals gerade Erkältungszeit gewesen ist, ist das sicherlich eine realistische Prozentzahl, die zudem auch nicht wesentlich von der Zahl des TMBWK abweicht, da waren es nämlich 3,7 Prozent. Das heißt, das Bildungsministerium frisiert nicht die Zahlen, sondern bietet uns nüchterne Fakten für den bildungspolitischen Diskurs an und nichts anderes.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir einen spürbaren Rückgang beim Unterrichtsausfall konstatieren können, es besteht kein Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Wir wollen den Stundenausfall noch weiter, soweit nur irgendwie möglich, verringern. Was wir dazu benötigen, ist der Aufbau einer regional differenzierten Vertretungsreserve, die von den Schulämtern dann flexibel und unbürokratisch eingesetzt werden kann. Unser Vorschlag dafür liegt auf dem Tisch. Wir wollen den diesjährigen Einstellungskorridor von 400 auf 500 Vollzeitstellen ausweiten. Finanziell ist das für den Freistaat überhaupt kein Problem. Herr Voß hat erst vor einigen Wochen ein Haushaltsplus von 483 Mio. € festgestellt. Da dürften, glaube ich, rund 5 Mio. € für den Aufbau eines Vertretungspools wohl zu schultern sein.
Meine Damen und Herren und vor allem lieber Kollege Emde, eigentlich müssten wir damit offene Türen einrennen. Ich erinnere nur an den Parteitagsbeschluss der Thüringer CDU vom November 2013, jährlich mindestens 5.000 neue Lehrer einzustellen. Wir könnten also sofort damit anfangen, Kollege Emde. Ihre Standardentgegnung, es müssten erst mal Effizienzsteigerungen bei den Bildungsausgaben erzielt werden, überzeugt uns nämlich nicht.
Für uns steht fest: Jede Stunde Unterrichtsausfall ist eine Stunde zu viel. Wir brauchen eine Vertretungsreserve. Es ist nun, denke ich, an der CDU, den Bürgern zu zeigen, wie ernst sie ihre eigenen Beschlüsse nimmt.
Der FDP-Fraktion kann ich nur raten, bei der Beantragung der nächsten Aktuellen Stunden die folgende Feststellung zu bedenken: Das Urteil über eine Sache charakterisiert nicht immer die Sache, aber immer den Urteilenden. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Thüringen braucht eine gesetzliche Regelung der Bildungsfreistellung.
Ich denke, diesen Satz können die meisten Fraktionen - Sie nicht, das weiß ich - des Hauses ohne Weiteres unterschreiben. Alle sechs bis sieben Jahre verdoppelt sich inzwischen das gesellschaftlich verfügbare Wissen und unsere Welt ändert sich so rasant, sowohl technologisch als auch im Hinblick ich würde sagen - auf die Organisation der Arbeitswelt, die Struktur des individuellen Lebensumfeldes oder die Verfasstheit unserer Gesellschaft. Lernen kann dabei nicht einfach nach der Schule oder nach der Ausbildung enden. Sich neuen Wissensständen zu öffnen, ist mittlerweile - denke ich - eine lebenslange Herausforderung. Um als Beschäftigter diese Herausforderung bewältigen zu können, braucht es zeitliche Freiräume jenseits des oftmals physisch und psychisch fordernden Berufsalltags. Diese Zeitfenster öffnet ein gesetzlich verbriefter Rechtsanspruch auf Bildungsfreistellung. Er weitet zudem den inhaltlichen Horizont des Lernens über die reine innerbetriebliche Weiterbildung hinaus hin zu allgemeineren Fragen der Arbeitswelt und der gesellschaftlichen Entwicklung.
Meine Damen und Herren, von einer Bildungsfreistellung profitieren daher alle, nicht nur die Beschäftigten selbst, sondern auch die Unternehmen und letztlich die gesamte Gesellschaft. Dafür, in
Thüringen ein Bildungsfreistellungsgesetz auf den Weg zu bringen, spricht außerdem, dass die Bundesrepublik hier rechtlich schlicht und ergreifend in einer Umsetzungspflicht ist. Deutschland hat nun einmal 1976 die entsprechenden ILO-Übereinkommen ratifiziert und sich dabei völkerrechtlich bindend dazu verpflichtet, eine bezahlte Bildungsfreistellung einzuführen. Dieser Zielstellung haben die Bundesländer nachzukommen. 12 von ihnen sind dem auch teilweise schon vor geraumer Zeit gefolgt. Baden-Württemberg wird hoffentlich in absehbarer Zeit ebenfalls ein Bildungsfreistellungsgesetz verabschieden. Bleiben also nur noch Bayern, Sachsen und leider Thüringen, die noch immer keine gesetzliche Regelung zur Bildungsfreistellung haben. „Thüringen vorn“ sieht wahrlich anders aus.
Meine Damen und Herren, der Thüringer SPD ist die Schaffung eines Bildungsfreistellungsgesetzes seit Langem ein wichtiges bildungs- und auch arbeitspolitisches Anliegen. Bereits vor Jahren haben wir die DGB-Kampagne „Gib mir fünf“ engagiert unterstützt und in der vergangenen Legislaturperiode einen mit den Gewerkschaften vereinbarten Entwurf eines Thüringer Bildungsfreistellungsgesetzes in den Landtag eingebracht. Es ist seinerzeit, am Widerstand der CDU gescheitert. Aber, meine Damen und Herren, man braucht nicht immer denselben Standpunkt zu vertreten, denn niemand kann einen daran hindern, klüger zu werden.
Die CDU-Fraktion hat aber leider bis heute in dieser Frage ihre ideologischen Scheuklappen nicht abgelegt. Das ist leider die Tatsache.
Daher nimmt es nicht Wunder, dass auch der in dieser Wahlperiode unternommene Vorstoß der SPD, die Bildungsfreistellung gesetzlich zu regeln, der Blockadehaltung der Union zum Opfer gefallen ist. Zwar wurde 2009 eine entsprechende Passage auf unsere Initiative hin in den Koalitionsvertrag aufgenommen, aber die CDU hat sich seitdem jede erdenkliche Mühe gegeben, das Projekt zu torpedieren. Das ist leider die Wahrheit. Mal war man gegen die in der Koalitionsvereinbarung festgehaltene, von der Ministerpräsidentin zuerst ausdrücklich gewünschte Festlegung für Schulungen zur Wahrnehmung des Ehrenamts, mal gegen eine staatliche Kompensationsleistung für Thüringer Unternehmen. Das Bildungsministerium hat unermüdlich versucht, die ihm ständig vor die Füße geworfene Stolpersteine aus dem Weg zu räumen und zu einer Konsenslösung zu kommen. Die Beratungen kann man gar nicht mehr nachzählen. Aber das war vom Koalitionspartner offenbar zu keinem Zeitpunkt gewünscht.
Es stimmt eben nicht, Kollege Emde, dass der TMBWK-Entwurf heute nur deshalb dem Parlament nicht vorliegt, weil sie im Ministerium versäumt haben, nach Kompromissen zu suchen und auf die Wirtschaft zuzugehen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Gegen den Widerstand der CDU hat das Ministerium eine Kompensationsleistung für Unternehmen mit maximal 50 Beschäftigten in den Gesetzentwurf aufgenommen. Dazu muss man Folgendes wissen: In 10 Bundesländern gibt es keinerlei Erstattungsregelung, lediglich Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern haben so etwas in ihren Gesetzen. Das Ministerium ist der Wirtschaft hier also weit entgegengekommen. Ebenso gibt es im Gesetzentwurf eine Schutzklausel für Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten. Auch das muss einmal ausdrücklich erwähnt werden, weil es diejenigen in den Reihen unseres Koalitionspartners,
die eine Bildungsfreistellung prinzipiell ablehnen, allzu gern verschweigen, auch Sie haben das leider getan. Deswegen sollte uns die CDU-Fraktion ihre Krokodilstränen ersparen. Wir sollten uns wirklich in die Augen sehen und dann muss man leider feststellen, Sie haben zu keinem Zeitpunkt ein Bildungsfreistellungsgesetz wirklich ernsthaft gewollt.
Deswegen sage ich eindeutig, Ihre Schuldzuweisungen in Richtung Minister sind nichts weiter als ein Feigenblatt, ein Blatt der Feigen.
Meine Damen und Herren, eine Bildungsfreistellung auf Koch- und Strickkurse zu reduzieren, so ein horrender Schwachsinn kann, glaube ich, nur der FDP-Fraktion einfallen.
Ich habe das in einer Presseerklärung gelesen - genauso reduzieren Sie das Bildungsfreistellungsgesetz -, Koch- und Strickkurse brauchen wir nicht. Wer so was sagt, der hat sich damit noch nicht mal im Ansatz auseinandergesetzt. Ich bin überzeugt, Argumente nutzen gegen Ihre Vorurteile so wenig wie Schokoladenplätzchen gegen Stuhlverstopfung.
Man kann Sie einfach in dieser Frage nicht ernst nehmen, meine Damen und Herren von der FDP. Aber ebenso indiskutabel wie die Verweigerungshaltung der CDU und die ignorante Haltung der FDP ist für mich das Agieren der Thüringer Wirtschaft in Sachen Bildungsfreistellung. Manche Äußerung, die von Unternehmerseite gefallen ist, erinnert mich an längst überwunden geglaubte Denkmuster aus den 1950er-Jahren der Bundesrepublik alt. Etwa, wenn gesagt wird, der Arbeitnehmer solle doch mit den Angeboten der innerbetrieblichen
Weiterbildung zufrieden sein, da er gar keine weiter reichenden Bildungsinteressen habe. Ich benutze diese Vokabel ungern, aber eine solche Haltung ist für mich reaktionär. Anderen Menschen ein allgemeines Bildungsinteresse abzusprechen, nur weil sie nicht zu den Besitzenden gehören und lohnabhängig beschäftigt sind, offenbart eine unternehmerische Herr-im-Haus-Mentalität, wie sie gut zu Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ passt, nicht aber ins Thüringen des 21. Jahrhunderts.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zu den vorliegenden Gesetzentwürfen der Opposition. Thüringen braucht, ich sagte es bereits, eine gesetzliche Regelung der Bildungsfreistellung. Das sagte ich eingangs und ich möchte es noch mal wiederholen. Aber, meine Damen und Herren, die beiden Oppositionsinitiativen helfen hier nicht wirklich weiter. Die Linken, das wurde gesagt, haben keine eigenen Vorstellungen zur Thematik vorgelegt. Sie haben einen ihnen bekannt gewordenen Arbeitsentwurf, das wurde gesagt, des TMBWK eins zu eins abgeschrieben und dann in den Landtag eingebracht. Damit haben Sie uns erklärt, Sie wollen uns damit unter die Arme greifen. Aber Sie wissen doch ganz genau, wenn man ehrlich ist, wissen Sie es auch wirklich, dass Sie uns damit nicht unter die Arme greifen, sondern dass Sie uns vorführen wollen. Sie wollen uns damit vorführen. Da sage ich eindeutig, das wird Ihnen natürlich nicht gelingen. Sie müssten es aus Regierungsbeteiligungen eigentlich besser wissen.
Ja, ich kann das doch nicht ändern, ich muss das doch ansagen. Sie müssen das doch aus Regierungsbeteiligungen in Berlin und Brandenburg wissen. Sie haben es doch selbst wenigstens peripher mitbekommen, dass Sie natürlich wissen, wie man in Regierungsfraktionen, wie man miteinander arbeiten muss, auch wenn es einem manchmal überhaupt nicht gefällt. Aber das sind nun mal die Regularien, deswegen macht man eine Regierungskoalition, sonst kann man sich das gleich sparen.
Danke, jetzt nicht. Insofern ist das für mich ein Danaergeschenk, das Sie uns hier reichen. Das werden wir natürlich nicht annehmen und auch nicht annehmen können. Wir wollen uns mit diesem Klamauk nicht befassen. Das ist nicht unser Ding. Aber ich sage eindeutig, dass uns das unbedingt so großartig gefällt, das ist natürlich - der Fall ist für uns schon sehr problematisch - überhaupt keine Frage. Insofern muss man entscheiden, muss man
abwägen, und die Abwägung sagt eindeutig, hier gibt es eine Regierungskoalition und, auch wenn uns das schwerfällt, müssen wir das ablehnen.
Genauso, wenn auch aus anderen Gründen, werden wir mit dem Gesetzentwurf der Grünen verfahren. Die Initiative ist für uns nicht realisierbar, denn es gibt einige rechtliche Mängel. Das hat die Anhörung auch festgeschrieben.
Beispielsweise - ich will nur ein Beispiel nennen haben die Grünen in den Kreis der Anspruchsberechtigten auch Erwerbslose aufgenommen, obwohl dies mit den bundesgesetzlich geregelten Aufgaben und Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit kollidiert, um nur einen Punkt zu eröffnen. Da sage ich eindeutig, das ist rechtlich nicht möglich, und wir können dem natürlich auch nicht zustimmen, wenn etwas rechtlich nicht wirklich für uns möglich ist.
Meine Damen und Herren, wir halten an unserem Ziel fest, ein Bildungsfreistellungsgesetz auf den Weg zu bringen. Der Minister hat sich in vielen Gesprächsrunden intensiv bemüht, so ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Es ist jetzt noch nicht gelungen, aber ich sage ganz eindeutig, wir werden weiter mit den Gewerkschaften abgestimmte und auch die Unternehmerinteressen berücksichtigende Vorstellungen hier in das Parlament einbringen. Gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode werden wir die Weichen für ein Bildungsfreistellungsgesetz stellen, und wenn nicht in der jetzigen Konstellation, dann eben in einer anderen, das will ich auch hier klar sagen. Die Union kann sich jedenfalls gewiss sein, dass ihr jetziges Verhalten nicht nur in Sachen Bildungsfreistellung für uns von Bedeutung sein wird, wenn wir im Herbst über die Regierungsbildung mit entscheiden sollten. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, beim Verfolgen der bisherigen Debatte hatte ich das eine oder andere Mal den Eindruck, ich bin im falschen Film. Ja, es musste klargestellt werden, seit wann Kopien in den jeweiligen Ministerien vorhanden waren und sind. Ja, wir müssen klären, ob der Vertrag zulasten Dritter ohne deren Wissen und damit zulasten Thüringens abgeschlossen wurde. Aber, meine Damen und Herren, die Zeitungsberichte in der „Thüringer Allgemeinen“ haben es, denke ich, noch einmal wie in ein Brennglas in den Fokus gestellt. Was hier im dritten Jahr der deutschen Einheit mit Bischofferode geschah, das ist und das war eine Schande.
Es wurde nämlich eine ganze Region verraten und verkauft und in die Hoffnungslosigkeit geschickt. Es ging nicht um Marktfähigkeit, sondern um Marktbereinigung. Frau Hitzing, das muss man nicht fragen, das weiß man.
Meine Damen und Herren, das war wortwörtlich meine Einschätzung hier im Hohen Hause am 14. Juli 1993. Und ich habe heute davon kein einziges Wort zurückzunehmen.
Zur historischen Wahrheit gehört leider auch, dass die damalige CDU-FDP-Landesregierung, ohne Einwände geltend zu machen, den Eckdaten der Fusion zustimmte. Es wurde nicht nach den Folgen für unser Land gefragt. Ein Treuhandvorstand hat das damals so kommentiert, ich zitiere: Die Thüringer Landesregierung hatte nicht eine Position, die alternativ zu den vorliegenden Kali-Fusionsplänen diskutierbar wäre. Bernhard Vogel hat sich später einfach nicht getraut, zu dem zu stehen, was er einmal mit abgesegnet hat.
Als Bernhard Vogel dann in Bischofferode den Betroffenen zurief - ich habe daneben gestanden -, „ich bin der einzige deutsche Politiker, der hinter euch steht“, erntete er daher zu Recht nur Hohn und Wut. Mit der frühzeitigen Zustimmung zum Gesamtkonzept der Kali-Fusion hatte sich die Landesregierung die Chancen für ernsthafte Nachverhandlungen verbaut. Ein damals hier im Plenum mit knapper Mehrheit - ich glaube, es waren 29 oder 27 - angenommener SPD-Antrag, sich für die Änderung des Vertrags zugunsten Bischofferodes einzusetzen und ggf. gegen die Treuhand zu klagen,
wurde, denke ich, nie wirklich ernsthaft verfolgt. Übrig blieb eine Arbeitsplatzzusage von Bund und Land, die zwar teuer wurde, aber keine wirklich neuen Strukturen brachte. So ist und bleibt für mich Bischofferode ein Albtraum und unter den Folgen der damaligen verfehlten Politik, auch der damaligen CDU/FDP-Landesregierung, leidet die betroffene Region noch heute. Das, lieber Bodo, ist nicht Historie, das ist die tägliche Wirklichkeit und das, meine Damen und Herren, ist für mich der wirkliche Skandal. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Wer vor Jahrhunderten über das Meer fuhr, musste die Sterne lesen können, um nicht Schiffbruch zu erlei
den. Wer heute die Herausforderungen der Digitalisierung des öffentlichen Raumes meistern will, braucht zur sicheren Positionsbestimmung eine Vergewisserung über die Grundlagen des freien Gemeinwesens.“ - so der Philosoph Nikolai Horn. Gerade im Bereich der digitalen Welt haben wir es mit einem Quantensprung zu tun, in ihrer Tragweite sind die Veränderungen mit denen des Buchdrucks vergleichbar. Die Schnelligkeit dieser Entwicklung hat natürlich auch Konsequenzen für den Gesetzgeber. Die rechtlichen Grundlagen müssen immer wieder neu justiert werden.
Meine Damen und Herren, gerade deshalb geht es im vorliegenden Gesetzentwurf insbesondere um die Angleichung unseres Landesrechts an die seit der letzten Gesetzesnovellierung gefassten Medienstaatsverträge, vor allem in dem Bereich der Zulassung von Rundfunkveranstaltern sowie der Zuordnung und Zuweisung von Übertragungskapazitäten. Der Minister hat das vorhin ausführlich vorgestellt. Des Weiteren sollen die Bürgermedien neu strukturiert und damit zukunftsfähig gemacht werden und nicht zuletzt geht es um die Stärkung der Medienbildung. Im Folgenden will ich mich deshalb auf die Neuordnung der Bürgermedien und den Ausbau der Medienbildung konzentrieren und zum Schluss noch einige Anmerkungen zum Funkhausmodell machen.
Meine Damen und Herren, die Förderung der Medienbildung nimmt im Aufgabenkatalog der Landesmedienanstalt einen zentralen, gesetzlich definierten Platz ein. Mit der Errichtung des Medienbildungszentrums kann diese Aufgabe nun in neuer Qualität umgesetzt werden. So können sich Strukturen entwickeln, die zur nachhaltigen Verankerung eines umfangreichen bedarfs- und nachfrageorientierten medialen Angebots führen. Das Medienzentrum als Bestandteil des Medienkompetenznetzwerkes Thüringen kann somit die vorhandenen Ressourcen in den Bereichen Medienpädagogik, Medienpolitik, Medienwissenschaft, Medienpraxis und Medienwirtschaft bündeln und sie stärker und effektiver als bisher miteinander verknüpfen. Auch die Möglichkeit, Projekte mit Pilotcharakter zu etablieren und deren Ergebnisse dann über die Verbreitungswege des Bürgerradios und des Bürgerfernsehens öffentlich zu kommunizieren, wird das Thüringer Modell der Medienpädagogik stärken. Ziel ist es, Kinder, Jugendliche und Erwachsene fit im Umgang mit neuen und alten Medien zu machen, und dabei steht nicht das technische Wissen im Vordergrund, sondern die Fähigkeit zur verantwortungsvollen und reflektierenden Mediennutzung.
Meine Damen und Herren, zur Medienbildung gehört es natürlich auch, die Chancen und Risiken der digitalen Welt zu reflektieren. Laut BITKOM-Studie „Soziale Netzwerke“ sind 78 Prozent der 14- bis 29-Jährigen jeden Tag in Netzwerken, vor allem natürlich in Facebook. Soziale Netzwerke sind fester
Bestandteil des Alltags und werden so zu neuen Orten des sozialen Lebens. Die Kommunikation via Online-Medien führt, wie es Sherry Turkle festgestellt hat, schließlich zu einer Lebensweise, die man „Ich teile mich mit, also bin ich“ nennen könnte. Online-Status wird somit zum Lebensgefühl. Nur ein Knopfdruck und man fühlt sich getragen und bestätigt.
Allerdings, und das ist, glaube ich, immer wieder festzustellen, kann die virtuelle Beziehung die reale Begegnung nicht ersetzen. Hier ist Medienkompetenz unumgänglich, um eine klare Grenzziehung zwischen dem lebensweltlichen und dem virtuellen Raum vornehmen zu können. Der verantwortungsbewusste Umgang mit der eigenen Identität im digitalen Raum will genauso gelernt sein wie das respektvolle öffentliche Miteinander. Für das Medienbildungszentrum ergibt sich hier ein umfassendes Betätigungsfeld.
Meine Damen und Herren, einen wichtigen Beitrag zur Medienbildung leisten natürlich auch die Bürgermedien - Bürgerradio und Bürgerfernsehen. Sie sind im Gesetzentwurf komplett neu gefasst und entstehen durch die Bündelung der offenen Kanäle und des nicht kommerziellen Lokalradios in einer gemeinsamen Organisationsform. Damit sollen die Stärken beider Modelle in Bürgerradio und Bürgerfernsehen einfließen. Das heißt, Zugangsoffenheit und ein phasenweise durchführbares Programm mit publizistischem Auftrag werden künftig strukturell miteinander verbunden. Das ist vernünftig, aber natürlich wird damit auch eine Qualifizierung und Professionalisierung der regionalen Medienmacher unabdingbar. Zudem - und da gebe ich dem Kollegen Blechschmidt schon recht - ist zu hinterfragen, ob der zeitliche Umfang der zugangsoffenen Sendezeiten im Gesetz wirklich geregelt werden muss oder ob dieses nicht die TLM regeln sollte. Hier, denke ich, haben wir noch Diskussionsbedarf.
Meine Damen und Herren, auch wenn sich die medialen Möglichkeiten erheblich erweitert haben, am verfassungsrechtlichen Ziel, der Sicherung der Meinungsvielfalt, verstanden als freie Auswahl des Nutzers aus einem vielfältigen Angebot, hat sich nichts verändert. In diesem Kontext ist auch der Wunsch von Landeswelle Thüringen und Antenne Thüringen zu sehen, ein gemeinsames Funkhaus Thüringen zu etablieren. Beide sind der Auffassung, die Zukunftsfähigkeit des privaten Rundfunks könne in Thüringen nur durch verbesserte Kooperationsmöglichkeiten gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang ergibt sich für mich eine Reihe von Fragen. Kann über Auflagen in den Lizenzen der beiden Programme bei einem Veranstalter die gewünschte Meinungsvielfalt abgesichert werden oder sind solche Vorgaben verfassungsrechtlich unzulässig? Kann der Gesetzgeber nach einer Zulassung des Funkhausmodells eine inhaltliche Ausdifferenzierung der beiden Programme rechtlich ein
fordern und auf welchem Weg könnte dies geschehen? Besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich eine wirtschaftliche Notwendigkeit zur Schaffung eines Funkhausmodells? Hier brauchen wir fundierte Antworten. Ich schlage daher vor, den Entwurf zur weiteren Beratung an den fachlich zuständigen Europaausschuss zu überweisen, um uns dort in einer umfangreichen mündlichen Anhörung ausführlich und differenziert mit diesen wichtigen Aspekten, aber natürlich auch mit den anderen Zielsetzungen der Novellierung auseinandersetzen zu können. Ich freue mich auf die Gespräche und Diskussionen. Herzlichen Dank.
Hochwasser-Aufbauhilfe für die Regelschule Meuselwitz
Nach einem Bericht der „Osterländer Volkszeitung“ vom 15. Januar 2014 sind die Räume in der unteren Etage der Regelschule Meuselwitz auch sieben Monate nach dem Hochwasser von 2013 nicht für den Unterricht nutzbar. Betroffen hiervon seien insbesondere der Werk- und Chemieunterricht. Daneben könnten der Speisesaal und die Lehrküche nicht genutzt werden. Dem Bericht ist weiter zu entnehmen, dass der Landkreis Altenburger Land als Schulträger die Schäden gemeldet und entsprechende Finanzhilfen beim Freistaat Thüringen beantragt, jedoch bisher kein Geld erhalten habe. Eine weitere Vorfinanzierung der noch notwendigen Sanierungsleistungen ist durch den Landkreis nach eigener Darstellung nicht möglich.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wann wurden die hochwasserbedingten Schäden an der Regelschule Meuselwitz durch den Schulträger bei der Landesverwaltung gemeldet und entsprechende Aufbauhilfen beantragt?
2. Weshalb erfolgte bis zum heutigen Tage keine Auszahlung von Mitteln aus dem Aufbauhilfeprogramm des Freistaats Thüringen und wann ist nunmehr mit einer Mittelausreichung an den Schulträger zu rechnen?
3. Wurde seitens der Landesregierung geprüft, ob im Wege der Vorauszahlung dem Schulträger ein Abschlag auf die zu erwartenden Sanierungskosten gezahlt werden kann, wenn ja, mit welchem Ergebnis und wenn nein, weshalb nicht?
4. Wie schätzt die Landesregierung anhand dieses Falles insgesamt die Bearbeitung von Anträgen für die Gewährung von Mitteln aus dem Aufbauhilfefonds sowie die Ausreichung derselben an die Kommunen als Geschädigte unter zeitlichen Gesichtspunkten, z. B. den Zeitraum von Antragstellung bis Bewilligung und Auszahlung, ein?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen haben mit ihrem Antrag auf einen wichtigen Aspekt der Thüringer Bildungspolitik aufmerksam gemacht, sie widmen sich mit ihrer Initiative der Frage, wie es uns gelingen kann, an den Bildungseinrichtungen Toleranz gegenüber der bestehenden Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Selbstverortungen nicht nur zu vermitteln und zu lernen, sondern auch tagtäglich zu leben. Ich denke, es ist jedem in diesem Hause klar, dass es bei einer derart sensiblen Thematik keine einfachen Antworten und keine parteipolitischen Reflexe geben kann. Die unterirdische Diskussion zum Bildungsplan in BadenWürttemberg - Frau Rothe-Beinlich hat darauf hingewiesen - sollte uns hier besonders sensibel machen.
Meine Damen und Herren, deshalb werbe ich bei allen Fraktionen dafür, dass wir die Debatte heute nur als ersten Auftakt einer fachlichen Diskussionen sehen, die es im Bildungsausschuss gemeinsam mit dem TMBWK fortzusetzen und zu intensivieren gilt.
Damit komme ich vom Grundsätzlichen zur Thematik des vorliegenden Antrags im engeren Sinne. Ich werde dabei nicht jeden einzelnen Punkt abarbeiten und bewerten, sondern mich auf einzelne Aspekte des Themas konzentrieren, die mir für die weitere Diskussion wichtig erscheinen. Lassen Sie mich daher zunächst etwas zu den bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen sagen. Wenn man sich die einschlägigen Bestimmungen des Thüringer Schulgesetzes anschaut, könnte man ohne Weiteres zu der Fehleinschätzung gelangen, dass es an unseren Schulen eigentlich keinerlei Probleme im Umgang mit non-normativen sexuellen Orientierungen geben dürfte. Der in § 2 formulierte gemeinsame Bildungs- und Erziehungsauftrag aller Thüringer Schulen stellt nämlich ganz explizit auf den Werte
kanon des Grundgesetzes und der Landesverfassung ab, das heißt auf das Diskriminierungsverbot einerseits und das allgemeine Toleranzgebot andererseits. „Die Schüler lernen, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten.“, heißt es zudem ausdrücklich im Gesetzestext. An anderer Stelle des § 2 ist festgehalten: „Die Schule fördert den Entwicklungsprozess der Schüler zur Ausbildung ihrer Individualität, zu Selbstvertrauen und eigenverantwortlichem Handeln.“ Ebenso wird in § 47 des Schulgesetzes die Sexualerziehung als Teil der von den Schulen zu leistenden Gesamterziehung festgeschrieben. Dabei „sollen die Schüler sich altersgemäß mit den biologischen, ethischen, religiösen, kulturellen und sozialen Tatsachen und Bezügen der Geschlechtlichkeit der Menschen vertraut machen“. Zudem wird den Pädagogen im Gesetzestext mitgegeben, bei Sexualerziehung Zurückhaltung zu wahren, Offenheit und Toleranz gegenüber den verschiedenen Wertvorstellungen in diesem Bereich zu beachten sowie jede einseitige Beeinflussung zu vermeiden. Die vom Staat gesetzlich-rechtlichen Normen sind also eindeutig. Dennoch sollten wir es uns nicht zu leicht machen und einfach nur auf die alles prägende Kraft von Gesetzesbestimmungen vertrauen.
Meine Damen und Herren, die Realität an den Schulen ist, und das wissen wir alle, weit komplexer. Schule ist auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Allgemeine Mentalitäten, milieuspezifische Vorurteile und individuelle Ablehnungshaltung finden sich daher im Schulalltag leider ebenso, wie wir sie an anderer Stelle und in anderen gesellschaftlichen Bereichen konstatieren müssen. Mir persönlich sind beispielsweise mehrere Kollegen bekannt, die nicht bereit sind, offen mit ihrer Homosexualität umzugehen, weil die Zurückweisung käme und sie Anfeindungen seitens ihrer Schüler, der Eltern und sogar anderen Pädagogen an ihren Schulen fürchten. Ich will das weiß Gott nicht verallgemeinern, was für eine Stadt X gilt, muss nicht zwangsläufig für die Gemeinde Y gelten und umgekehrt. Ich will diese Beispiele aber auch nicht einfach unter den Teppich kehren, sondern Ihnen verdeutlichen, dass wir im Schulalltag teilweise leider noch nicht dort angekommen sind, wo wir im Hinblick auf eine unhinterfragte Akzeptanz non-normativer sexueller Orientierung gerne wären.
Gesellschaftlich verankerte Abwehrhaltungen und Ausgrenzungstendenzen machen um den Sozialraum Schule leider keinen Bogen. Auch ein Blick auf die aktuelle Jugendsprache sollte uns eigentlich zu denken geben. Ich meine damit den inflationären und vor allem
abwertend gemeinten Gebrauch von Vokabeln wie „schwul“, „Schwuchtel“ oder „Lesbe“. Wenn ein Schüler seine Hausaufgaben doof findet, dann sind sie für ihn heutzutage oftmals „schwul“. Der Lehrer, der ihm zu streng erscheint, ist für ihn eine „Schwuchtel“, da sind ebenso strenge Kolleginnen eine „Kampflesbe“. Natürlich werden diese Begriffe in der Jugendsprache weitgehend sinnfrei verwendet; sind also ihrem eigentlichen sexuellen konnotierten Sinnzusammenhang entrissen. Dennoch sind sie eindeutig negativ besetzt und basieren auf einer stillschweigenden Grundannahme von Heterosexualität als Normfall und von Homosexualität als illegitimer Abweichung von der Norm.
Meine Damen und Herren, auch in dieser Hinsicht muss an der Schule also mehr passieren als bisher. Lehrerinnen und Lehrer dürfen sich nicht einfach wegducken, wenn ihre Schülerinnen und Schüler unreflektiert mit einem derartigen homophoben Vokabular hantieren.
Hier braucht es verstärkte Aufklärung und Sensibilisierung sowie eine aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Schülerschaft. Toleranz darf man nicht nur abstrakt lehren, es gilt sie auch im Schulalltag ganz konkret zu leben.
Meine Damen und Herren, auch Positives möchte ich natürlich nicht unterschlagen. So sind wir bei den Thüringer Lehrplänen im Hinblick auf eine Vermittlung von Akzeptanz und Toleranz gegenüber der Vielfalt sexueller Orientierung und geschlechtlicher Selbstverortung in den letzten Jahren deutlich vorangekommen. So heißt es im aktuellen Lehrplan Biologie in den Klassenstufen 7 und 8 der weiterführenden Schulen unter dem Stichwort Sach- und Methodenkompetenz, der Schüler kann Bi-, Hetero, Homo-, Inter- und Transsexualität als sexuelle Ausrichtungen beschreiben. Und im Hinblick auf die zu erlangenden Selbst- und Sozialkompetenzen ist als Zielsetzung festgeschrieben, dass die Schüler Bi-, Hetero-, Homo-, Inter- und Transsexualität als gleichwertige sexuelle Ausrichtung kennzeichnen. Ähnliche Formulierungen zum Thema finden Sie auch im neuen Lehrplan Ethik für die Klassenstufen 7 und 8 der weiterführenden Schulen.
Für mich ist das ein erheblicher Fortschritt. Ich erinnere mich nur allzu gut an eine denkwürdige Sitzung im Bildungsausschuss zu Beginn der Legislaturperiode. Seinerzeit haben wir uns ebenfalls auf Antrag der Grünen, Frau Rothe-Beinlich hat es vorhin gesagt, mit dem Thema Homosexualität im Schulalltag und Unterricht beschäftigt. Dabei mussten wir Ausschussmitglieder konsterniert feststellen, dass Homosexualität zwar in den Lehrplänen der weiterführenden Schulen durchaus eine Rolle spiele, das allerdings fast durchweg im fragwürdigem Zusammenhang mit den Themen Geschlechtskrankheiten und Aids. Im Grunde wurde Homose
xualität so auf ein gesundheitlich risikobehaftetes und damit letztlich fragwürdiges Sexualverhalten reduziert. Dass derartige Simplifizierungen hart am Rande wirklich homophoben Klischees liegen und in modernen Lehrplänen nichts zu suchen haben, leuchtet sicherlich jedem hier ein. Eine ganze Reihe von Ausschussmitgliedern hat das damals zu Recht auch so benannt.
Meine Damen und Herren, positiv ist für mich auch, dass es inzwischen in Abstimmung mit dem ThILLM regelmäßige Multiplikatorenschulungen der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. zu Fragen der Sexualpädagogik gibt. Dabei wird selbstverständlich auch das Thema sexuelle Vielfalt behandelt. Teilnehmer dieser Fortbildung sind nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Gesundheitsämter sowie der Schwangerschaftsberatungsstellen. Das ist deshalb wichtig, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der genannten Einrichtungen als außerschulische Partner ebenfalls im schulischen Kontext arbeiten und die Schulen bei der Umsetzung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags fachlich unterstützen.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist bei den von mir gewählten Beispielen deutlich geworden, dass es eine einerseits durchaus positive Entwicklung beim Umgang mit non-normativen sexuellen Orientierungen im Schulbereich gibt, dass wir andererseits aber auch noch nicht dort angekommen sind, wohin wir im Hinblick auf eine unhinterfragte Akzeptanz und Toleranz letztendlich gelangen wollen.
Daher sollten wir im Bildungsausschuss gemeinsam mit dem Ministerium darüber beraten, wo noch konkreter Verbesserungsbedarf besteht und welche Lösungsansätze es umzusetzen gilt. Dass es dabei und dafür tatsächlich eines eigenen Landesprogramms bedarf, wie von den Grünen gefordert, erschließt sich mir derzeit noch nicht. Aber auch über diesen Punkt sollten wir uns in Ruhe an anderer Stelle weiter austauschen. Deshalb beantrage ich im Namen meiner Fraktion die Überweisung des Antrags an den Bildungsausschuss. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Bär war noch gar nicht erlegt und manch einer wollte schon sein Fell versaufen. Und dass sich die Ministerpräsidentin und der Ministerpräsident, die 2014 vor einer Landtagswahl stehen, besonders hervorgetan haben, war natürlich reiner Zufall. Es gab geradezu einen Wettbewerb um eine mögliche Senkung des Rundfunkbeitrages, 50 Cent, 70 Cent, 1 Euro, wer möchte mehr. Auf welcher Grundlage diese Zahlen in den Ring geworfen wurden, blieb allerdings rätselhaft. Belastbare Zahlen liegen erst seit heute Mittag 12.00 Uhr vor, wir haben das gehört.
Belastbare, nicht konkret, aber belastbar. Die sind schon belastbar. Nach Berechnung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten werden die Rundfunkanstalten bis zum Ende der aktuellen Finanzierungsperiode 2016 rund 1,15 Mrd. € mehr einnehmen als ursprünglich erwartet. Insofern ist schon gesagt worden, das Fragezeichen im Titel der Aktuellen Stunde kann getrost gestrichen werden. Die Mehreinnahmen sind Realität, meine Damen und Herren. Das will ich auch noch einmal deutlich sagen: Auch wenn sich die Ertragslage sehr positiv entwickelt hat, eines bleibt klar, die Rundfunkanstalten dürfen keinen Cent mehr ausgeben, als dies dem von der KEF anerkannten Aufwand entspricht. Das ist Gesetzeslage.
Die KEF allein stellt fest, Kollege Barth, wie viel die Sender zur Erfüllung Ihres Auftrages aufwenden dürfen. Das ist die Wirklichkeit. Deshalb hat die KEF heute Mittag auch einen Vorschlag gemacht, wie mit den Mehreinnahmen umgegangen werden könnte. Sie empfiehlt, die Hälfte der Mehreinnahmen für eine Senkung des Rundfunkbeitrags ab 1. Januar 2015 um monatlich 73 Cent zu verwenden. Das ist, denke ich, eine gute Nachricht, weil damit der Rundfunkbeitrag auch in den kommenden Jahren stabil gehalten werden könnte.
Meine Damen und Herren, die KEF empfiehlt außerdem dringend, die andere Hälfte der Mehreinnahmen nicht in die Absenkung mit einzurechnen, sondern dieses Geld vorzuhalten. Das ist meines
Erachtens auch notwendig, denn so bietet sich die Chance, mit diesem Teil der Mehreinnahmen die Mängel im System des Rundfunkbeitrags zu beheben. Im Staatsvertrag ist festgeschrieben und wir haben es noch einmal durch einen Antrag bekräftigt, dass die Länder bis Ende 2014 prüfen wollen, wo sich der Rundfunkbeitrag in der Praxis bewährt, um auch eventuellen Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken. So ist für mich schwer nachvollziehbar, dass Gartenlauben beitragsfrei bleiben, während feststehende Caravans mit dem Beitrag belegt werden. Die Leute, die zu einem kommen, denen kann man das nicht erklären. Da gibt es keine Erklärung. Das ist einfach nur ungerecht.
Auch über eine 100-prozentige Befreiung von schwer Hör- und Sehbehinderten aus sozialen Gründen sollte man, denke ich, unter diesem neuen Aspekt noch einmal nachdenken.
Jetzt komme ich zu Herrn Barth: Natürlich nicht zuletzt gibt es auch Überlastung bei mittelständischen Unternehmen mit vielen Filialen, auch das sollte man noch einmal diskutieren.
Wir sollten also, wie im Staatsvertrag festgeschrieben, die Gelegenheit nutzen, um mögliche Unwuchten zu beseitigen, so dass sich bestehende Ungerechtigkeiten nicht weiter verfestigen.
Meine Damen und Herren, mit der heutigen Empfehlung der KEF, die noch mit den Rundfunkanstalten zu diskutieren sein wird, liegt eine gute Grundlage sowohl für eine allgemeine Beitragssenkung als auch für maßvolle Änderungen bei der Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags vor. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich mal eine gute Botschaft. Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, im Sofortbericht hat der Staatssekretär an vielfältigen Beispielen deutlich gemacht, wie es in Thüringen gelingt, für Kinder und Jugendliche Teilhabeoptionen an Kunst, Kultur und kultureller Bildung zu eröffnen und zu erschließen. Ich muss das hier nicht alles wiederholen. Hervorheben möchte ich allerdings noch einmal die gute Arbeit der Kulturagenten an den Schulen und das Wirken der Projektmitarbeiter im jugendkulturellen Bereich. Ich habe die Tätigkeit des Lesezeichen e. V. intensiv begleitet. Hier, meine Damen und Herren, wird wirklich eine hervorragende kulturelle Arbeit für Kinder und Jugendliche geleistet.
Meine Damen und Herren, der Staatssekretär hat auch deutlich gemacht, wie er den Stundenausfall in den musischen Fächern minimieren will. Er hat die Probleme, die es dabei zu lösen gilt, benannt und wie sich die Kooperation zwischen allgemeinbildenden Schulen sowie den Kunst- und Musikschulen entwickelt und welche Möglichkeiten sich durch das Modell „Geld statt Stellen“ für die Schulen eröffnen.
Wenn ich vor diesem Hintergrund Ihren Antrag, meine Damen und Herren von den Linken, auf den rationalen Kern reduziere, bleibt eine Grundforderung übrig: Das Land stellt mehr Geld zur Verfügung und dann wird automatisch alles gut.
Meine Damen und Herren, aber so einfach dürfen wir es uns nicht machen und so einfach, liebe Frau
Kollegin Klaubert, funktioniert das auch nicht. Wenn wir die Qualität der kulturellen Bildung weiterentwickeln wollen, müssen wir folgende Fragen beantworten: Wie können wir kulturelle Bildung noch breiter vernetzen und tiefer verankern und noch mehr in die Fläche bringen? Das ist eine entscheidende Frage. Wie können wir die systematische Zusammenarbeit des Landes mit den Gemeinden in der täglichen Praxis verbessern? Wie können wir auf regionaler Ebene erreichen, dass verbindlich eine gemeinsame Planung von Kulturförderung, Schulverwaltung und Jugendhilfe erfolgt? Da sind die Probleme und da müssen wir uns intensiv einbringen. Wir haben mit dem Landeskulturkonzept hier ein wirksames Instrument. Auf der Grundlage dieses Konzeptes können wir einen landesweiten Rahmen entwickeln - und das ist notwendig -, der die Handlungsziele aus den Bereichen Kultur und Bildung noch stärker zusammenführt und auch die Teilhabe in der Fläche stärker in den Fokus nimmt. Ein wichtiger Ansatz dabei sind die überörtlichen Kulturentwicklungspläne. Ziel ist ja hier die Entwicklung von überregionalen Verbünden und kooperativen Partnerschaften, in die sowohl kommunale Einrichtungen als auch freie Träger einbezogen werden. Mit den Modellregionen ist der Weg hier vorgezeichnet. Wir müssen diesen Weg konsequent weitergehen und die kulturelle Bildung dabei intensiv einbeziehen. Auch die Anregung des Kulturkonvents Sachsen-Anhalts, einen Kooperations- und Innovationsfonds zu schaffen und die Bildung von Netzwerken und Kooperationen noch stärker zu fördern, ist für mich überlegenswert und diskussionswürdig.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Punkt 4 Ihres Antrags. Die Landesförderung für Theater und Orchester ist daran gebunden, dass die Einrichtungen konkrete Angebote zur kulturellen Bildung vorhalten. Dem kommen die Institutionen auch nach, allerdings in unterschiedlicher Qualität und Breite und hier sollten wir sehr wohl über Möglichkeiten zur Qualitätsentwicklung und -sicherung nachdenken.
Meine Damen und Herren, dass es noch Reserven im Miteinander von Kulturinstitutionen und Schulen in Thüringen gibt, will ich am Beispiel der Klassik Stiftung aufzeigen. Die Klassik Stiftung hat umfassende Angebote zur kulturellen Bildung von Schülerinnen und Schülern entwickelt, und zwar mit konkreten Planungs- und Durchführungskonzepten. Diese Konzepte werden auch angenommen, allerdings von Schulen aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Die Beteiligung der Thüringer Schulen ist dagegen marginal. Hier, meine Damen und Herren, gibt es wirklich noch erhebliches unerschlossenes Potenzial.
Kulturelle Bildung eröffnet Zugänge, fördert soziale Kompetenz, Intelligenz und kritisches Denken und ist auch eine Voraussetzung für Demokratie und ei
ne tolerante Gesellschaft, so Wolfgang Thierse. Wir haben, meine Damen und Herren, die richtigen Weichen für die Weiterentwicklung der kulturellen Bildung gestellt, um ganzheitliche kulturelle Bildungsprozesse noch besser gestalten zu können und die Synergien von Netzwerke-Kooperationen kultureller Institutionen mit Schulen sowie außerschulischen Kinder- und Jugendeinrichtungen noch besser zu nutzen. Da sage ich eindeutig, in diese Richtung müssen die Überlegungen gehen, hier brauchen wir Konzepte. Ihr Antrag ist mir zu einfach, den lehnen wir ab. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 19. Juni 2013 wurde der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat den Gesetzentwurf in seiner 47. Sitzung am 4. Juli 2013, in seiner 48. Sitzung am 12. Juli 2013 und seiner 49. Sitzung am 12. September 2013 beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird angenommen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Zielsetzung der heute in zweiter Lesung beratenen Novellierung ist sehr überschaubar. Es geht im Wesentlichen darum, die konsekutiven Lehramtsstudiengänge für die Grundschule und für die Regelschule auf ein Studienvolumen von jeweils 300 Leistungspunkten zu bringen. Damit folgt die Regierungskoalition den gemeinsamen Strukturvorgaben der KMK.
In ihrem Quedlinburger Beschluss hat die Kultusministerkonferenz im Juni 2005 festgelegt, dass gestufte Lehramtsabschlüsse nur dann gegenseitig anerkannt werden können, wenn sie auf einem einheitlichen Studienvolumen basieren. Dieses einheitliche Studienvolumen entspricht exakt den schon genannten 300 ECTS-Punkten.
Meine Damen und Herren, mit der Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes nimmt Thüringen die Quedlinburger KMK-Vorgaben auf und verankert sie im Landesrecht, nicht mehr und nicht weniger. Die Dauer der Lehramtsstudiengänge für die Grundschule und für die Regelschule wird künftig zehn Semester anstatt wie bisher übliche neun betragen. Das zusätzliche halbe Studienjahr soll als Praxissemester fungieren, zugleich wird die Referendariatszeit um 6 Monate gekürzt, so dass sich die Gesamtausbildungsdauer der Nachwuchspädagogen trotzdem nicht verlängert.
Meine Damen und Herren, so viel in aller Kürze zu den wesentlichen Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfs. Mehr möchte ich zu dessen Inhalt nicht sagen. Über die Detailregelungen der Novellierung haben wir ja bereits in der ersten Lesung ausführlich diskutiert.
Wichtiger ist mir daher etwas anderes. Natürlich wird es beim Lehrerbildungsgesetz in dieser Legislaturperiode nur begrenzte Änderungen geben, dazu stehe ich auch ohne Weiteres. Heute eine limitierte Novellierung anzugehen, meine lieben Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, bedeutet aber nicht, dass die SPD ihre weitergehenden Ziele einer umfassenden Reform der Lehrerbildung aufgegeben hat. Wir stehen nach wie vor dazu, dass schulartbezogene Lehramtsstudium durch ein schulstufenorientiertes Studienmodell abzulösen und langfristig auch die Gleichwertigkeit der unterschiedlichen Lehramtsstudiengänge festzuschreiben. Hier hat sich unsere Position überhaupt nicht verändert und wir werden die entsprechenden Reformschritte auch angehen.
Aber, meine Damen und Herren, das lässt sich nicht mit einem Entschließungsantrag so nebenbei regeln.
Ich habe doch deutlich gemacht, dass wir natürlich dieses Thema angehen, aber das bedarf intensiver Beratung, das bedarf auch wirklich genauer Kommunikation. Man kann nicht einfach sagen, liebe Universität Jena, was du bisher gemacht hast ist Blödsinn, ab morgen ist das anders. Das funktioniert so nicht. Das geht nur mit den Betroffenen.
Da muss man intensiv diskutieren und muss abwägen, wie es bisher gelaufen ist, wie sich sozusagen die Reformen entwickelt haben, und dann muss man gemeinsam zu einem Ergebnis kommen, aber nicht, indem man einfach einen Entschließungsantrag macht und sagt „Morgen ist die Welt schön“. Das geht nicht.
Was Sie hier aber verlangen, ist ja auch nicht Thema der aktuellen Novelle.
Jetzt geht es darum, KMK-Vorgaben umzusetzen und den Thüringer Hochschulen Rechtssicherheit zu verschaffen. Das ist die Aufgabe dieser Novellierung.
Das wurde auch gesagt, das gilt nämlich besonders für die Universität Erfurt, die ja mit ihrem neu struk
turierten Lehramtsstudium bereits in den Startlöchern steht.
Meine Damen und Herren, schon im Wintersemester soll in Erfurt der neue Lehramtstudiengang für die Grundschulen starten und wir wollen dem hier keine Steine in den Weg legen.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit noch etwas zum Vorwurf der Opposition sagen, wir würden die Verabschiedung ohne sachliche Notwendigkeit durch den Landtag peitschen. Das wollen wir nicht und wer so etwas behauptet, der negiert nicht nur die legitimen Interessen der Universität Erfurt, einen neuen Studiengang wie geplant auf den Weg bringen zu können, er zeigt auch, dass er die KMKVorgaben nicht wirklich im Detail zur Kenntnis genommen hat.
Die Amtschefkonferenz hat nämlich eindeutig festgelegt, zu welchem Zeitpunkt die Anpassung konsekutiver Lehramtsstudiengänge in allen Bundesländern vollzogen sein muss. Dieser Zeitpunkt ist nun einmal das in Kürze beginnende Wintersemester 2013/2014. Wir müssen also jetzt eine Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes vornehmen, daran führt kein Weg vorbei.
Der Landtag hat sich in zwei Lesungen mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung beschäftigt. Es hat eine schriftliche Anhörung gegeben und alle Fraktionen hatten auch Gelegenheit, die Stellungnahmen dort auszuwerten und natürlich haben wir die Stellungnahmen intensiv ausgewertet. Ich sage eindeutig, für uns hat sich dort kein Änderungsbedarf ergeben. Hier mag die Opposition natürlich zu einem anderen Ergebnis gekommen sein - das ist völlig legitim - aber so wenig wie ich Ihnen eine ernsthafte Beschäftigung mit der Novellierung und den Anhörungsunterlagen abspreche, sollten Sie dies auch bei uns tun.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass die SPD-Fraktion den von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf ohne Abstriche begrüßt. Wir sehen keinen Änderungsbedarf. Von daher werden wir der Novellierung ohne Weiteres zustimmen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie müssen sich nur an Ihre eigene Berufswahl erinnern und schon werden Sie mir zustimmen, die Entscheidung über den zukünftigen Berufsweg ist eine der wichtigsten im Leben, denn sie stellt ja die Basis dar für die weitere Berufs- und Lebensplanung. Und sie ist auch entscheidend für den späteren beruflichen Erfolg. Natürlich sollten junge Menschen die Möglichkeit haben, unabhängig von ihren sozialen und wirtschaftlichen Situationen eine Ausbildung zu absolvieren, die ihren Potenzialen und ihren Interessen entspricht. Dass sich berufliche Tätigkeiten immer weiter ausdifferenzieren - es gibt heute rund 30.000 Berufsbezeichnungen, immerhin über 360 Ausbildungsberufe -, macht den Weg zum passenden Beruf nicht unbedingt leichter. Dazu steigen die fachlichen Kompetenzen in vielen Be
rufsfeldern und gleichzeitig werden gerade im Hinblick auf soziale und kommunikative Kompetenzen zusätzliche Fähigkeiten gefordert. In diesem Kontext individuelle Berufsvorstellungen, Erwartungen und Interessen der Jugendlichen mit den realistischen Anforderungen der einzelnen Ausbildungsberufe und Berufsfelder in Einklang zu bringen, ist und bleibt eine große Herausforderung. Und auch, wenn Berufsorientierung ein komplexer Prozess ist und daher natürlich nur gelingen kann als gemeinsame Aufgabe von Schule, Elternhaus, Berufsberatung und Wirtschaft, ist die Schule mit ihren Angeboten, denke ich, der zentrale Faktor.
Meine Damen und Herren, gerade in der jüngsten Zeit ist die Berufsorientierung an den Thüringer Schulen deutlich gestärkt und systematisiert worden. Auf der Grundlage des Berufswahlkompetenzmodells ist an allen allgemeinbildenden Schulen in Thüringen die Berufsorientierung als verbindlicher Inhalt von Unterricht und Schulentwicklung eingerichtet. Sie erfolgt einerseits ja durch die Umsetzung der aktuellen Fachlehrpläne und andererseits über spezifische Projekte in Zusammenarbeit von Schulen und externen Partnern. Für Aktivitäten einer praxisnahen Berufsorientierung existieren, glaube ich, in Thüringen aktuell über hundert Berufsorientierungsprojekte. Dabei ist „BERUFSSTART plus“ das zentrale Modellvorhaben.
Meine Damen und Herren, das Alleinstellungsmerkmal liegt in der institutionalisierten Begleitung der Schüler von Beginn bis zum Abschluss. Das Projekt soll die Schüler fortlaufend während ihrer schulischen Ausbildung begleiten und nicht nur aus vereinzelten thematischen Aktivitäten bestehen. Die Bildungsbegleiter bilden den Schnittpunkt zwischen allen schulischen Maßnahmen und Projektbausteinen. Soweit, so gut. Allerdings gibt es hier noch erhebliche Reibungsverluste. Die aktuelle Evaluation von „BERUFSSTART plus“ zeigt uns: Die Kompetenzfeststellung wird nur ungenügend mit den Orientierungsbausteinen verknüpft. Die Orientierungsbausteine werden in der Praxis häufig eingeschränkt und spiegeln damit die Berufszweige nur unvollständig wider. In den Nachbereitungen gibt es noch erhebliche Reserven, die Bildungsbegleiter müssen erheblich mehr Freiräume für individuelle Beratung haben. Nicht zuletzt muss die Berufswahlvorbereitung noch stärker in den Unterricht integriert werden. Wir brauchen also hier schulinterne Curricula. Die Berufsorientierung in ihren spezifischen Lehrinhalten muss methodisch und didaktisch noch besser mit dem Unterricht verknüpft werden.
Meine Damen und Herren, nur wenn die Projektphasen aufeinander aufbauen, wenn es wirklich zu einer effektiven Verknüpfung zwischen den Projektelementen und den Schulen kommt, die Projekte also in den Schulalltag integriert werden und die individuelle Betreuung dabei ausreichend gewährleistet
ist, nur dann kann der Mehrwert der Individualisierung der Berufsorientierung, wie sie das Modell „BERUFSSTART plus“ bietet, effektiv genutzt werden. Unser Antrag zielt genau in diese Richtung.
Das Bildungsministerium erarbeitet in enger Absprache mit weiteren Akteuren wie den Kammern, den Hochschulen, dem Wirtschaftsministerium, auch der Landeselternvertretung eine „Landesstrategie zur praxisnahen Berufsorientierung“. Sie soll beginnend mit dem Schuljahr 2013/2014 auch umgesetzt werden. Wesentlicher Punkt ist die Qualifizierung der Akteure der Berufsorientierung auf der Basis dieser wissenschaftlichen Grundlage. Dabei werden fachlich geeignete Projekte, Elemente des Projekts „BERUFSSTART plus“, natürlich integriert.
Meine Damen und Herren, allerdings wollen wir nicht wie die LINKEN eine uniforme Standardleistung, sondern uns geht es darum Qualitätsstandards zu definieren, an denen sich dann die Projekte messen lassen müssen. Wir brauchen also keine starren, sondern flexible Lösungen, um die unterschiedlichen regionalen Aspekte wirklich berücksichtigen zu können. Deshalb lehnen wir den Alternativantrag ab.
Meine Damen und Herren, Schule und Unternehmen haben gleichermaßen eine hohe Verantwortung bei der Nachwuchsgewinnung. Die Landesregierung ist dabei, eine systematisierte, praxisnahe Berufsausbildung zu etablieren. Wir wollen und wir werden sie dabei unterstützen, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wettbewerb der Unternehmen um künftige Fachkräfte hat längst begonnen. Herzlichen Dank.
Aber gern.
Natürlich ist das mit beschrieben.
Bildungsbegleiter sind doch jetzt schon im „BERUFSSTART plus“ festgeschrieben, das ist doch gar keine Frage.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: „Ist es so, dass morgen der 17. Juni ausbricht?“, fragte Stasi-Minister Erich Mielke, als ihm über die brisante Lage in der DDR am 31. August 1989 berichtet wurde. Der 17. Juni 1953 war, Kollege Blechschmidt, das Trauma der SED.
In über 500 Orten der DDR und zahlreichen Orten Thüringens erhoben sich die Menschen im selbsternannten Arbeiter-und-Bauern-Staat, der Deutschen Demokratischen Republik. Es kam zu Streiks, Kundgebungen, Protesten oder Gewalttätigkeiten gegen offizielle Personen und Einrichtungen. Allein in der Universitätsstadt Jena demonstrierten 20.000 Menschen, am Jenaer Holzmarkt wurde das Gebäude der SED-Kreisleitung erstürmt, eine Arbeitervertretung trug dem SED-Kreissekretär die sozialen und politischen Forderungen nach freien Wahlen, der Einheit Deutschlands und der Verbesserung der sozialen Lage vor.
Etwa zeitgleich drangen 1.500 Menschen gewaltsam in das Gefängnis am Steiger ein und befreiten 61 Häftlinge. Am Ende rollten sowjetische Panzer, der Ausnahmezustand wurde verhängt, das Ergebnis ist bekannt. Es gab zig Tote, Tausende von Verhaftungen, Schauprozesse und in deren Gefolge drakonische Strafen.
Meine Damen und Herren, diesen 17. Juni sollten wir nie vergessen, denn er zeigt uns ungeschminkt und drastisch, was die DDR in ihrem Wesenskern war: eine unerbittliche Diktatur, deren Systemträger auch nicht davor zurückschreckten, mit brutaler Gewalt gegen das eigene Volk vorzugehen.
Deshalb ist es für uns klar und eindeutig, einen Schlussstrich ziehen oder ein „Schwamm drüber“ kann und darf es hier meines Erachtens nicht geben.
Und um einem all zu bereiten Vergessenwollen und einem all zu schnellen Vergessenwerden entgegenzuwirken, brauchen wir in Thüringen neben den bestehenden Erinnerungsorten, den Forschungsund Dokumentationsprojekten und den Bildungsangeboten eben auch einen Landesbeauftragen zur Aufarbeitung der Diktatur.
Ob man diese Diktatur nun als „DDR-Diktatur“ oder als „SED-Diktatur“ bezeichnet, ist für mich dabei nicht so von primärer Bedeutung. Die Koalitionsfraktionen haben deshalb auch den in der Anhörung zum Gesetzentwurf benannten sachlich fundierten Vorschlag, bei der Novellierung den fachwissenschaftlich präzisen Terminus „SED-Diktatur“ zu benutzen, ohne Weiteres aufgegriffen.
Allerdings, meine Damen und Herren, der Begriff „DDR-Diktatur“ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es natürlich neben den Verursachern der diktatorischen Verhältnisse in der DDR auch Musterschüler und Mitläufer gab. Und wenn ich mich an die oberpeinliche Grußadresse der CDU Worbis zum 40. Jahrestag erinnere, dann
werde ich schon sehr nachdenklich. Ich denke, auch das gehört zur Wahrhaftigkeit.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich für die SPD-Fraktion zu den weiteren Änderungen, die die Koalitionsfraktionen im Justiz- und Verfassungsausschuss als Ergebnis der schriftlichen Anhörung und den Beiträgen im Diskussionsforum eingebracht haben, einige Ausführungen machen.
Der SPD-Fraktion ist bewusst, dass wir mit den vorgenommenen Änderungen nicht alle Kritiker des Gesetzentwurfs zufriedenstellen können. Ich denke aber, dass die wesentlichen Kritikpunkte ausgeräumt wurden und es außerdem deutliche Verbesserungen zum Ursprungsentwurf gibt. So haben wir den Zweck des Gesetzes in § 1 entsprechend verändert. Der Schwerpunkt ist klar und eindeutig formuliert. Er liegt auf der Unterstützung und Beratung von Menschen, die von der Verfolgung in der SEDZeit unmittelbar betroffen sind. Bei 8.000 ehemaligen politischen Häftlingen, die heute in Thüringen leben, ist ein Beratungsbedarf sehr wohl gegeben. Er sollte weiter ausgebaut und strukturiert werden.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang kann ich uns allerdings eine schmerzhafte Feststellung nicht ersparen: Egal in welcher politischen Konstellation, unser Staat hat sich in Bezug auf Hilfen für ehemalige politische Häftlinge der SED-Diktatur in den letzten Jahren eindeutig zu kleinkariert und zu geizig gezeigt.
Meine Damen und Herren, auch wenn die Beratung von Opfern der SED-Diktatur weiterhin im Mittelpunkt steht, muss es verstärktes Ziel der oder des Beauftragten sein, das Erinnern an die SED-Diktatur und für die folgenden Generationen wachzuhalten. Es muss die Frage beantwortet werden, inwieweit individuelle Schicksale und die Erkenntnisse der historisch-wissenschaftlichen Aufarbeitung, vermittelt durch innovative Methoden politischer Bildungsarbeit, das demokratische Rechtsbewusstsein stärken. Dazu gehört auch, wie die brandenburgische Landesbeauftragte Ulrike Koppe in ihrer Zuschrift feststellt, Motive, Ausdrucksformen und
Aktionen des Widerstandes gegen die Diktatur zu thematisieren und zu würdigen.
Meine Damen und Herren, ein Blick in den Tätigkeitsbericht 2012 der Thüringer Landesbeauftragten macht deutlich, dass dies hier bereits in erheblichem Maß geschieht. Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren von der LINKEN, Sie haben noch niemals reingeschaut,
denn ansonsten könnten Sie nicht zu Ihren Äußerungen kommen. Über 60 Einzelveranstaltungen mit diversen Partnern, Workshops, Publikationen und Ausstellungen, und nicht zuletzt die QuellenZeitzeugen-Projekte, die Dr. Matthias Wanitschke seit Jahren in hoher Qualität durchführt, sind dafür beredter Beweis; im letzten Jahr 29.
Deshalb eindeutig, lieber Kollege Blechschmidt, wir wollen hier keine dubiosen Doppelstrukturen. Das ist nicht angelegt, das steht auch nicht im Gesetzentwurf, sondern wir wollen Bewährtes fortführen, weiterentwickeln und rechtlich verankern.
Und, lieber Kollege Blechschmidt, gerade - und das müssen Sie sich auch gefallen lassen - unter dem Aspekt der eigenen Biographie, der eigenen Verantwortlichkeit, ist Ihre Aussage, eine Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte durch den Landesbeauftragten sei falsch und überflüssig, schon bemerkenswert.
Sie haben sich in Ihrer Rede auf den alten Gesetzentwurf bezogen. Sie haben nur beschrieben die Erklärungen der Anzuhörenden zum alten Gesetzentwurf,
nichts anderes. Es liegt aber eine Änderung vor. Wir haben diese Änderung aufgenommen.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie diese Änderungen vielleicht zur Kenntnis genommen haben.
Meine Damen und Herren, es liegt ein Entwurf vor, der genau das, was wir in der Anhörung aufgenommen haben, umgesetzt hat.
Es ist nicht scheinbar, wir wollen nicht scheinbar unterstützen, das ist eine Unterstellung. Die Aufgabe ist klar beschrieben. Der Landesbeauftragte unterstützt die Arbeit - und Sie sagen „scheinbar“, das kann ich nicht verstehen.
Es geht, wenn Sie mal den Text gelesen haben, um politisch-historische Bildung in diesem Rahmen, der Rahmen ist vorgegeben und nichts anderes, da müssen Sie auch mal Gesetzestexte wirklich lesen lernen.
Ich hätte mir eine Evaluierung gewünscht, gebe ich ehrlich zu, die CDU war nicht dazu bereit, muss man in einer Koalition zur Kenntnis nehmen. Aber der Koalition parteiliche Geschichtspolitik vorzuwerfen, das ist aus Ihrem Mund ein starker Hammer, meine Damen und Herren.