Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist ein Fachbegriff. Vielleicht solltest du mal lesen.)

Ich kann lesen, Herr Barth.

Zum Punkt 3 - zur nächsten Haushaltsaufstellung, einen Thüringer Spardialog zu eröffnen: Ob das nun „Spardialog“ genannt wird - hier möchte ich an der Stelle der Landtagspräsidentin Frau Diezel recht herzlich danken, die ja in dieser Woche dieses Online-Diskussionsforum eröffnet hat. Das heißt, hier werden künftig die Bürger die Möglichkeit haben, auch zu Gesetzentwürfen mitzudiskutieren, sich einzubringen.

(Beifall SPD)

Was mir bei der ganzen Diskussion oder Beratung dieses Antrags bis jetzt zu kurz kommt: Es wird ja immer nur darauf reflektiert, was soll die Regierung besser machen, aber ich sage, auch wir als Abgeordnete haben eine Verpflichtung. Auch wir gehen ja in unseren Wahlkreisen zu Foren, auch wir sorgen dafür, dass unser Haushalt und die Inhalte des Haushalts transparent werden, dass wir mit den Bürgern offen ins Gespräch kommen. Die CDUFraktion sieht keinen Grund, diesen Antrag zu überweisen, und wird ihn im Punkt II auch ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Groß, Sie hätten sich bei Ihrem Vortrag vielleicht mal mit dem Minister absprechen sollen, der hat den eindeutig besseren Vortrag gehalten.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das steht Ih- nen nicht zu, das zu bewerten, Herr Bergner.)

Aber bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich da auch ein paar Dinge aufgreifen. Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, dass von 2011 auf 2012 der Haushalt um 400 Mio. € abge

(Abg. Baumann)

senkt worden ist. Der zweite Teilsatz hat gefehlt, von 2009 auf 2010 - vor Ihrer Zeit - ist er erst einmal um 500 Mio. € aufgeblasen worden und, wir sagen, ohne Not.

Es ist auf jeden Fall richtig, was Sie sagen mit ca. 400 Presseartikeln, und auch notwendig und auch gut, aber das, was wir erreichen wollen, ist eben, die Informationen zusammenzuführen und modernerweise auch im Netz zusammenführen zu können. Das ist der Unterschied in der Herangehensweise.

Zu dem Initiativrecht beim Haushalt und auch dem Beitrag von Herrn Kollegen Baumann ist mir ein Zitat eingefallen vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, das da lautet: „Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“ Meine Damen und Herren, das ist eben genau nicht unser Ansatz, sondern wir wollen die Menschen mit auf den Weg nehmen, mit in die Diskussion hineinnehmen. Deshalb, glaube ich, ist der Antrag genau richtig.

Und auch noch zum Kollegen Baumann: Ich empfehle Ihnen die Internetseite bund.offenerhaushalt.de. Da können Sie sehen, wie man so etwas machen kann, das ist eine ganz interessante Geschichte. Ich sage Ihnen, da wir es so nicht haben, ist der Antrag eben doch genau richtig, um solche Dinge anzustoßen und auf den Weg zu bringen.

Frau Kollegin Groß, „zurück zum Rechenschieber“ funktioniert eben nicht. Die Liberalen sehen hier in einer solchen Bürgerbeteiligung eine Chance und keine Bedrohung.

(Beifall FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie ich bereits in der Einbringung erläutert habe, leben wir in einer spannenden Zeit. Digitalisierung und Vernetzung bringen neue technische Möglichkeiten hervor. Sie ermöglichen und verstärken damit auch gesellschaftliche Veränderungen, zum Beispiel das Bestreben, Politik und Verwaltung offener zu gestalten. Genau dies ist das Thema des vorliegenden Antrags. Wie können wir die neuen technischen Möglichkeiten nutzen, um politische Prozesse, ja um Politik sinnvoll zu ergänzen, sinnvoll zu verbessern. Zur konkreten Aufforderung im Punkt II.3 des Antrags, einen Thüringer Spardialog im Vorfeld der nächsten Haushaltsaufstellung einzurichten, habe ich bereits in der Einbringung kurz Stellung genommen. Ich möchte hier noch einmal daran erinnern, dass es um einen Test der neuen Möglichkeiten geht, meine Damen und Herren,

(Beifall FDP)

einen Test, der auf einem gerade sehr aktuellen Themenfeld stattfinden würde. Ich kann mir zum Beispiel gut vorstellen, dass sich viele Bürgermeis

ter im Vorfeld der nächsten Haushaltsaufstellung sehr rege an der Erarbeitung von Einsparvorschlägen auf Landesseite beteiligen würden.

(Beifall FDP)

Die notwendige Technik, die hierzu entwickelt und eingerichtet werden müsste, würde dann aber im Anschluss auch für andere Diskussionsprozesse zur Verfügung stehen. Insofern wäre dies eine lohnenswerte Investition in die Zukunft. Vorbilder und Beispiele für die Gestaltung eines solchen Dialogprozesses gibt es mittlerweile viele. Aus Zeitgründen möchte ich an dieser Stelle nur ein Beispiel herausgreifen. Die Stadt Solingen hat im Jahr 2010 ein Verfahren zur bürgerbeteiligten Haushaltskonsolidierung durchgeführt, mit dem die Stadt ihre Ausgaben um 43,7 Mio. €, also rund 10 Prozent der Gesamtausgaben, gekürzt hat. Der Entwurf des Konzeptes wurde nach Vorlage durch die Verwaltung nicht nur durch den Stadtrat, sondern auch durch die Bürger intensiv diskutiert. Dabei, meine Damen und Herren, fanden manche Sparvorschläge eine deutliche Mehrheit der Bürger, andere wurden abgelehnt und es wurden auch ganz neue Vorschläge vorgebracht. Entschieden wurde über das Sparpaket am Ende natürlich im demokratisch gewählten Stadtrat. Damit ist aber dieses Verfahren ein Beispiel dafür, dass die Bürger bereit sind, sich an ernsthaften Dialogangeboten zu beteiligen, auch wenn es um das sicher schwierige Thema der Haushaltskonsolidierung geht.

(Beifall FDP)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, möchte ich daran erinnern, dass auch der Thüringer Landtag diese Woche mit Unterstützung aller Fraktionen ein Diskussionsforum eingerichtet hat. Ich gehe deswegen davon aus, dass auch Punkt 3 unseres Antrags auf breite Zustimmung treffen müsste, wenn Sie sich damit auch befassen würden.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, ich möchte deswegen die Zeit nutzen, noch einmal auf die Forderungen in Punkt 1 und 2 näher einzugehen. In Punkt 1 wird die Landesregierung aufgefordert, ihre bisherigen Bemühungen zur Information der Thüringer Bürger zu intensivieren und dem Landtag hierüber bis Ende 2013 Bericht zu erstatten. Es gibt bereits einige Aktivitäten der Landesregierung auf diesem Gebiet, zum Beispiel die Ausstellung „Weniger Geist, mehr Geld“. Diese sollten angesichts der zentralen Bedeutung des Themas verstärkt werden, ob online oder offline. Dies würde gleichzeitig auch zur Vorbereitung des interaktiven Thüringer Spardialogs dienen, der nur auf der Basis gut aufbereiteter Informationen funktionieren kann. Punkt 2 komplettiert die Forderungen, indem die Landesregierung aufgefordert wird, die Daten der Landeshaushaltspläne auch in maschinenlesbarer Form zur

Verfügung zu stellen. Herr Kollege Baumann, die existieren ja maschinenlesbar. Es ist überhaupt kein technisches Problem, es ist auch kein Problem, was mit großen Kosten verbunden wäre. Hier geht es zunächst um die Daten, die eben - wie ich gesagt habe - zurzeit öffentlich sind. Auf der Homepage des Thüringer Finanzministeriums ist schon jetzt nicht nur der aktuelle Entwurf für den Doppelhaushalt 2013/14 verfügbar, es stehen zudem die Pläne aller Haushalte seit 2000 bereit, allerdings eben nur als PDF-Dokumente und die sind nicht maschinenlesbar, das heißt, sie können von Software nicht automatisch gelesen und weiterverarbeitet werden. Aber sie sind nicht im PDF-Format erstellt, damit ist die effektive Nutzung von Haushaltsdaten nicht möglich, zum Beispiel für Visualisierungen. Ich empfehle hier als anschauliches Beispiel die Seite „offener Haushalt“, ich habe das vorhin schon mit der Adresse gesagt.

Damit solche Anwendungen in Zukunft auch mit dem Thüringer Landeshaushalt umgesetzt werden können, sollten die Daten, meine Damen und Herren, eben in ein maschinenlesbares Format umgestellt werden. Ohne hier die genaue technische Umsetzung vorwegnehmen zu wollen, könnte das beispielsweise auf der Basis von XML unkompliziert passieren. Damit, meine Damen und Herren, würden wir das bürgerschaftliche Engagement und die Möglichkeiten der Informationen über die Haushaltslage fördern.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Möglichkeiten ausprobieren, die sich durch Digitalisierung und Vernetzung bieten, anstatt uns vor der Entwicklung zu verstecken. Ich bitte Sie deshalb um die Zustimmung zu allen drei Punkten des vorliegenden Antrags und beantrage Einzelabstimmung. Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Ich habe nun keine weiteren Redeanmeldungen. Doch, Herr Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, irgendwie haben ja alle witzig angefangen hier. Mit dem maschinenlesbaren Thema fragen Sie mal im Bundesgesundheitsministerium nach, die wissen, wie es geht, Herr Bergner. Die kriegen sogar geheime Sachen, und nicht nur maschinenlesbar, sondern einfach so aus dem Haus heraus. Haben wir ja gerade mitbekommen. Das kann die FDP schon, keine Sorge. Aber ganz im Ernst, ich finde, für uns laufen so ein bisschen der Inhalt, um den es geht,

und der Antrag auseinander, was schade ist, weil wir dem Inhalt sehr stark zuneigen, dem Antrag aber leider nicht.

Der Antrag bietet eine ganze Menge Anknüpfungspunkte und deshalb freue ich mich, dass ich hier vorn nicht nur als Haushaltspolitiker, sondern auch als Medienpolitiker, und wenn Sie so wollen, sogar als justizpolitischer Sprecher stehen kann und jedes Mal zu diesem Antrag sprechen müsste. Er bietet nämlich Anknüpfungspunkte zum Informationsfreiheitsgesetz und ich bin mal gespannt, ob die Landesregierung nicht ganz schnell erkennen wird, dass vieles von dem, was Sie hier fordern, eine Selbstverständlichkeit schon deshalb ist, weil es Arbeit erspart, auch wenn es erst mal kostet. Da bin ich zum Beispiel ganz bei Ihnen, weil diese Informationen sowieso gegeben werden müssen, und es ist viel einfacher, das einmal für alle zu tun, als beispielsweise 50-mal für Einzelanfragen, die dann aber zu Recht kommen werden. Das ist das Zweite in Bezug zu der Debatte von gestern von thueringen.de. Natürlich wäre diese Einbindung dieses Themas, über den Haushalt zu sprechen auf thueringen.de auf eine andere Art und Weise, vernünftig und richtig, und auch insofern ist die Absicht dieses Antrags, so wie ich ihn verstehe, zu begrüßen. Leider muss man auch darauf hinweisen, das haben auch meine Vorrednerinnen und Vorredner schon getan, dass man diesen Antrag nur dann in sinnvoller Weise aufrechterhalten könnte, wenn man auch Mittel in den Haushalt einstellen würde dafür. Da sind wir auf Ihre Änderungsanträge gespannt vonseiten der FDP und Sie werden uns ja sicherlich nicht verwehren, wenn es darum geht, dafür zu sorgen, dass Informationen über den Haushalt im Haushalt auch finanziell verankert sind. Allerdings sind wir dann wieder dabei, dass es wieder zu kurz gesprungen ist, heute nur über dieses Thema zu sprechen, sondern ich mir eigentlich erwartet hätte, dass das längst vonseiten der Landesregierung gekommen wäre im Rahmen der Strukturdebatte.

Natürlich müssen wir mehr Informationen an Bürgerinnen und Bürger geben, aber nicht nur über die Frage, wie man mit dem Haushalt umgeht, und schon gar nicht nur über die Frage, wie man mit dem Sparen im Haushalt umgeht. Da bin ich ganz bei Herrn Huster. Natürlich muss es auch darum gehen, Umschichtungen im Haushalt hinzubekommen, und manchmal muss es sogar darum gehen, mehr Geld auszugeben für Aufgaben, die neu auf uns zukommen.

Insofern ist das alles viel, viel, viel zu kleines Karo, meiner Ansicht nach. Ich finde es auch ein bisschen schade, wenn dann unter Punkt II.3 Ihres Antrags davon geredet wird, dass bei der nächsten Haushaltsaufstellung ein Spardialog anzubieten ist. Der nächste Haushalt wird der Haushalt 2015 sein. Herr Bergner, ich kündige hiermit an für meine

(Abg. Bergner)

Fraktion, die dann hoffentlich mitregieren kann, wir machen das dann, keine Sorge.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden das Problem dann nicht mehr haben, hoffe ich. Aber wir machen das dann mit. Das ist keine Frage, aber ich will damit zum Ausdruck bringen, einer Regierung etwas aufzugeben, die gar nicht mehr im Amt sein wird, wenn es darauf ankommt, das finde ich einfach zu kurz gesprungen.

(Unruhe FDP)

Sie müssen das ja nicht glauben, dass wir mitmachen werden, das werden Sie schon noch sehen. Jedenfalls ist es etwas komisch, sich vorzustellen, dass drei Monate vor der nächsten Landtagswahl Herr Voß oder wer immer dann hier ganz wild Bürgerbeteiligung spielen darf, die natürlich völlig neutral abzuhandeln ist, was eine geradezu widernatürliche Vorstellung in einem politischen Raum ist, und dann nach der nächsten Landtagswahl die nächste Landesregierung sagt, genauso machen wir das weiter. Es wäre das erste Mal.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Jetzt haben Sie was verwechselt, das ist nicht Ihre Be- werbungsrede auf dem Parteitag der GRÜ- NEN.)

Aber auch da können wir ja mal schauen. Nein, das glaube ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die Regie- rung wählt immer noch das Volk, nicht die GRÜNEN.)

Das ist mir auch schon aufgefallen, Herr Barth, und da komme ich dann noch in meiner Rede dazu, unter anderem, wenn man mal zu dem Thema Volk kommt. Danke für das Stichwort, ich bin Ihnen regelmäßig dankbar für Stichworte. Beteiligung braucht die Möglichkeit zur Änderung. Herr Bergner hat einige Minuten darauf verwendet, darauf hinzuweisen, dass Bürgerhaushalte schon in Kommunen große Probleme haben, nämlich dann, wenn Bürger zwar so tun dürfen, als wenn sie mitreden, aber nicht mitbestimmen dürfen. Da muss man meiner Ansicht nach leider auch eine sehr gemischte Bilanz der Bürgerhaushalte in den Kommunen in Thüringen ziehen. Wenn sie nicht mit Geld hinterlegt sind, das heißt, mit Möglichkeiten auch Einfluss zu üben - und Einfluss ist regelmäßig in diesem Land mit Geld verbunden -, verpuffen diese Initiativen, was ich sehr bedauerlich finde. Sie wissen, dass wir uns als Bürgerrechtspartei für Bürgerhaushalte stark machen und das auch leben, im Gegensatz zu manchen anderen Fraktionen, die das hier im Mund führen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Davon ist aber in Ihrem Antrag nicht die Rede, deshalb ist dieser Antrag auch meiner Ansicht nach so,

wie er ist, weiterhin nicht ausreichend. Wir werden ihm, um das gleich jetzt mal in der Mitte meiner Rede zu sagen, nicht zustimmen, aber ihn auch nicht ablehnen. Wir hätten ihn gern überwiesen, aber für Überweisungen scheint es hier auch keinen Antrag mehr zu geben. Wir werden uns dazu der Stimme enthalten.