Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Mit Artikel 12 des Haushaltsbegleitgesetzes wird die verkehrliche Zweckbindung der Mittel aus dem Entflechtungsgesetz festgeschrieben, damit kommunale Investitionen in die Infrastruktur gewährleistet und Planungssicherheit für die Aufgabenträger und Unternehmen bestehen, damit auch in Zukunft die Oma, wenn sie zum Arzt muss, Frau Scheringer-Wright, auch noch hin und her kommt. In der letzten Woche lagen im Eichsfeld die Fahrpläne von EW Bus im Postkasten, da haben Sie ja gesehen, wie vorbildlich gerade in den kleinen Dörfern der Landkreis Eichsfeld den Rufbus mit großem Erfolg einsetzt, und da kommt noch jede Oma auch zum Arzt ohne den Enkel. Aber wenn der Enkel natürlich fährt, ist das auch nicht schlecht.

Mit der Erweiterung des Verbundgebiets VMT werden zudem Zugangshemmnisse abgebaut und die Attraktivität des ÖPNV gesteigert. Meines Erachtens hat auch an diesem Punkt die Landesregierung die Herausforderung der Zukunft bereits erkannt und reagiert mit ihren Investitionsentscheidungen auf die sich abzeichnende älter und weniger werdende Bevölkerung gerade im ländlichen Raum und in den Regionen, welche von privatwirtschaftlichen Investitionen in der Vergangenheit weniger profitieren.

Als drittes Beispiel möchte ich die Kommunalstrukturen ansprechen. Auch auf diesem Gebiet hat die Landesregierung eine Expertenkommission eingesetzt, deren Ziel es ist, die Möglichkeiten für Qualitätssteigerung

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt wird es ganz spannend.)

und Einsparung bei der Aufgabenerfüllung zu identifizieren. Parallel dazu haben wir als CDU-Fraktion ein Online-Forum für eine Verwaltungsreform erstellt, welches als Diskussionsvorlage für die zukünftigen Thüringer Verwaltungsstrukturen dienen soll. Auch dies ist ein vorausschauender Beitrag, einerseits den sinkenden Einnahmen und anderseits auch dem demografischen Wandel in Thüringen zu begegnen.

Teil 3 des Demografieberichts, welcher als Spezialteil konzipiert ist, beschäftigt sich mit dem Thema „Entwicklung und Tendenzen der Sozial- und Ge

sundheitswirtschaft“. Auch hier wird der Forderung in Punkt II des FDP-Antrags bereits auf über 80 Seiten Rechnung getragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich könnte hier noch vieles benennen, das möchte ich jetzt nicht tun. Denn wir möchten gerne diesen Antrag an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr überweisen und ihn dort weiter besprechen. Für uns sind die demografische Entwicklung und all die Dinge, die damit einhergehen, ein laufender Prozess, der nicht heute mit diesem Bericht abgeschlossen sein kann, sondern es wird immer wieder andere Antworten auf diese Fragen geben müssen. Was ich glaube, nur wer Mut hat, Veränderungen auch anzunehmen, der wird auch die Zukunft gestalten können. Und das kann die CDU-Fraktion, das haben wir lange bewiesen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke, Frau Abgeordnete. Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, noch eine Bemerkung dazu, wie wir in der Tagesordnung weiter verfahren. Wir werden jetzt diesen Tagesordnungspunkt abschließen. Dann gehen wir in die halbstündige Mittagspause. Danach werde ich die Fragestunde aufrufen. Nach der Fragestunde werden wir die Wahlen durchführen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Machen wir alle Fragen?)

Die Fragestunde? Das klären wir noch. Danke schön. Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen. Ein Gutes hat der FDP-Antrag, nämlich dass die Landesregierung diesen Bericht endlich vorgelegt hat, weil ich glaube, das war schon eine Weile überfällig - zweiter und dritter Teil, Herr Carius. Ich wollte Sie eigentlich dafür geißeln, dass wir keine Strategie haben, weil dieser Demografiebericht ja an vielen Stellen suggeriert - ich rede gerade zum Minister, Herr Barth - mit der Aufteilung: Analyse, also Herausforderung, und Handlungsanweisung. Er suggeriert zumindest eine Strategie. Da haben Sie mir natürlich ein bisschen den Wind aus den Segeln genommen, weil Sie eine angekündigt haben. Insofern sind wir gespannt, wie schnell die kommt. Allerdings muss man sich dann schon fragen, wieso man diesen Bericht so aufbläht und nicht gleich konkret wird. Ich werde an einigen wenigen Stellen nur - das wäre sonst zu viel - Ihnen zeigen, wo wir erwarten, dass Sie dann auch konkret werden bei

einer Strategie, nämlich zu sagen, wer was bis wann genau umsetzen soll.

Und da fange ich mal an, Frau Tasch hat ja gerade auch noch mal auf den Wohnungsmarktbericht hingewiesen. Als Herausforderung beschreiben Sie die Konzentration der Siedlungsentwicklung und schreiben als Handlungsansatz unter anderem: Fokussierung auf die Innen- vor Außenentwicklung. Ich weiß nicht, wie oft wir diesen Satz schon in diesem und in anderen Berichten gelesen haben, aber die Statistik der Zunahme an Siedlungs- und Verkehrsfläche zeigt, dass diese Maßnahmen bis jetzt absolut nicht ausreichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich verweise darauf, dass auch das Thüringer Wohnraumfördergesetz an diesen Stellen Lücken hat. Auf die hat Empirica hingewiesen. Wir erwarten dann auch, dass Sie ernst machen mit der Priorität Innen- vor Außenentwicklung. Zum Flächenverbrauch haben wir gestern schon diskutiert. Das LEP ist noch im Entwurf. Bitte nehmen Sie das ernst und schreiben Sie das verbindliche NettoNull-Ziel hinein und setzen Sie es dann auch um, sonst bleibt es phrasenhaft, was hier steht, Konzentration Innen- vor Außenentwicklung.

Dann komme ich zum Bereich Verkehr. Da steht als Herausforderung, die Angebote im SPNV (Straßen- personennahverkehr) sind intelligent zu verknüpfen. Die Attraktivitätssteigerung im ÖPNV durch Verbünde, neue Medien oder Verbesserung der Barrierefreiheit sind durch politische Steuerungsmaßnahmen zu unterstützen. Da passt nicht so richtig rein, dass Sie die Förderrichtlinie so geändert haben, dass auch Hochflurbusse wieder zum Einsatz kommen. Und da passt auch nicht hinein, Frau Tasch: Wo entsteht denn die Erweiterung des Verkehrsverbundes? Ich sehe im Moment keine. Wo unterstützt die Landesregierung das? Sie steuern das doch nicht, sie setzen auf Freiwilligkeit. Damit kommen wir aber an dieser Stelle nicht voran. Als Handlungsempfehlung steht darin:

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: An welcher Stelle kommen wir denn mit Freiwilligkeit wei- ter?)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie können doch keinen zwingen.)

Ich schlage mal vor, wir machen das, wie das in der Geschäftsordnung steht, vorne der Redner und Zwischenfragen nehme ich gerne entgegen.

(Abg. Tasch)

Bedarf an attraktiven, intelligent vernetzten öffentlichen Linienangeboten, die sich in das Gesamtsystem einer durchgehenden Mobilitätskette einfügen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Zugangshemmnisse im ÖPNV sind weiter abzubauen, z.B. durch übergreifende Fahrplangestaltung und Tarife.

Übergreifende Fahrplangestaltung, Frau Tasch, ich habe nicht das Wort „Zwang“ benutzt, aber es gibt nicht einmal Anreize, sich abzusprechen. Darum geht es doch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das wirklich als Ziel wollen, dann tun Sie auch was dafür. Oder Sie verabschieden sich von dem Ziel, das wäre dann ehrlich. Und das ist genau mein Punkt.

Ich komme zum nächsten Beispiel - Radverkehr. Hier steht als Herausforderung: Der Radverkehr ist bei Verkehrsplanungen stärker als bisher als gleichberechtigtes Verkehrsmittel neben dem MIV zu berücksichtigen. Übrigens interessant, dieser Satz, der in dem Abschnitt „Herausforderungen“ steht, steht wortgleich noch mal bei der Handlungsempfehlung. Und wie viel Geld ist eingestellt? 1 Mio. € für straßenbegleitende Radwege. Damit kann man, wenn es hoch kommt, 10 km Radweg bauen, aber nicht mehr.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein rein symbolischer Beitrag, Herr Carius. Modal Split, eine Zielstellung, den Modal Split im Radverkehr bis 2020 z.B. auf 15 oder 20 Prozent anzuheben - Baden-Württemberg hat es vorgemacht -, Fehlanzeige. Auch beim Iron Curtain Trail gibt es kein Engagement Ihrerseits, sondern nur der Verweis, da muss der Bund erst mal diesen Radweg aufnehmen. Aber man kann auch ohne den Bund hier was machen, wenn man wirklich will.

Zum Straßenverkehr beschreiben Sie die Herausforderung, dass zu prüfen ist, welches Straßennetz wir zukünftig noch brauchen und welchen Anforderungen es genügen muss. Das LEP wird entsprechende Maßgaben enthalten, also da nehme ich mit Freude zur Kenntnis, dass Sie das LEP in dieser Hinsicht noch überarbeiten werden. Wir warten ja bis heute auf den Landesstraßenbedarfsplan und ich frage mich: Wie lange wollen Sie noch brauchen, bevor es einfach zu teuer wird? Es ist jetzt schon zu teuer.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich verweise darauf, dass wir in Thüringen das dichteste Straßennetz pro Kopf in Deutschland haben. Unser Antrag, der genau hier einen Punkt ge

setzt hätte, nämlich Prioritäten zu setzen im Bundesverkehrswegeplan, die Maßnahmen zu machen, die wirklich was bringen, wo klar ist, hier wird eine relevante Anzahl von Menschen durch eine Ortsumgehung entlastet, das tun Sie nicht, das haben Sie abgelehnt. Das ist auch, um zu zeigen, dass wir, was demografischen Wandel angeht, an verschiedenen Stellen Anträge hatten, die eine Antwort darauf bieten. Die haben Sie abgelehnt. Die haben Sie auch zum Teil nicht mal überwiesen.

Letzter Punkt - unrealistische Prognosen beim Thema Straßenverkehr: Ich kann mich noch erinnern, dass die Staatssekretärin hier stand, da ging es um die Ortsumgebung Worbis-Wintzingerode, Sie kennen das Beispiel, ich habe es hier schon öfter gebracht, und hat gesagt, 2015 18.000 Fahrzeuge. Das wäre in drei Jahren, ich bin gespannt, ob das eintreten wird. Da werden wir uns ja vielleicht wiedersehen an der Stelle. Aber klar ist auch, Sie müssen aufhören, Prognosen zur Grundlage von Planungen zu machen, die sich jetzt schon überholt haben. Das ist nicht seriös und das ist eine finanzielle Überforderung von uns und auch des Bundes.

Ein paar Worte zur FDP: Die Punkte, die ich gerade genannt habe, so sehr ich auch dafür bin, Ihren Antrag zu überweisen, aber da lassen Sie einfach das Engagement vermissen. Sie hätten sich ja auch dazu bereit erklären können, an diesen Punkten uns zuzustimmen bzw. genau diese Themen zu diskutieren. Insofern ist das, was Sie machen, ein Fragenkatalog.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wohlverhal- ten ist Voraussetzung.)

Aber wo sind Ihre Ansätze dafür, wie man so etwas konkret macht? Die vermisse ich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da hilft auch nicht - Herr Untermann, Sie haben es in der Begründung wieder drin -, der demografische Wandel würde vor allem im ländlichen Raum stattfinden. Das ist eine Herangehensweise, die ist schematisch, die ist einfach nicht mehr tauglich. Es ist ein Unterschied, ob es um ein Dorf in der Nähe von Erfurt geht oder eine Kleinstadt im Vogtland. Insofern sind Raumstrukturtypen der Landesregierung die richtige Antwort. Es wäre schön, wenn Sie das bei Ihren Anträgen zum demografischen Wandel in Zukunft berücksichtigen würden, dann kommen wir vielleicht auch insgesamt fachlich weiter als Plenum.

Noch ein paar Bemerkungen zur Demografiestrategie der Bundesregierung. Ich habe mir das heute mal angeschaut. Das ist schon sehr beeindruckend, dass der erste Teil vor allem darauf abzielt, als Motto den Kampf gegen den Kindermangel auszurufen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Demografiestrategie - das ist eine Demografiestrategie - steht drin, dass man sich für Paare einsetzen will, die ungewollt kinderlos sind. Das mag für sich richtig sein als sozialpolitische Maßnahme, wenn man das fördern will, aber als Demografiestrategie - Frau Tasch, Sie haben in die ähnliche Richtung argumentiert -, glaube ich, kommen wir damit nicht mehr weiter.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist immer noch so das Gefühl, wenn man richtig dafür wirbt, dass wir viele Kinder in die Welt setzen, können wir dem demografischen Wandel etwas entgegensetzen. Darum geht es nicht. Wir haben Schrumpfung und damit muss man sich auseinandersetzen. Bitte?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Nur damit, nur mit Kindern.)

Na ja, das ist ja Ihre Bundesregierung, die diesen Bericht gemacht hat. Schauen Sie doch rein.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Tasch, die Mütter sind schon nicht geboren, das ist das Problem.)

Die Mütter sind nicht geboren, das ist richtig. Diese Schrumpfung haben wir und die wird sich auch nicht umkehren, zumindest nicht in den nächsten 30 Jahren. Damit muss man umgehen. Wir können nicht gegen den demografischen Wandel ansubventionieren. Wir können auch nicht gegen den demografischen Wandel mehr Kinder in die Welt setzen. Als das zum ersten Mal so aufkam mit einer größeren Debatte, kann ich mich noch erinnern, dass es viel darum ging, wie kann man - Frau von der Leyen - mit Geldleistungen, Rahmenbedingungen etc. den Anreiz verstärken, Kinder in die Welt zu setzen. Das hat alles nichts genützt. Ich habe damals eine interessante Analyse in der „ZEIT“ gelesen, was eigentlich alles für Faktoren oder Bedingungen eintreten müssen, damit sich Leute für Kinder entscheiden. Die Frage Geldleistung und familienfreundlicher Arbeitsplatz usw. sind alles nur wenige Faktoren. Die reichen nicht, es ist viel mehr, das ist ein ganzer Batzen. Das fängt damit an, dass man Großeltern in der Nähe wissen will, was nicht immer geht, und hört da auf, dass es offensichtlich in die Entscheidung mit einfließt, ob man Kinder vor die Tür lassen kann und die dort Möglichkeiten haben zu spielen, ohne dass man immer mitgehen muss.