Einige Fragen, die sich jetzt vor allem mit den letzten 20 Jahren beschäftigen, die möchte ich hier in den Raum stellen. Was veranlasst junge Thüringerinnen und Thüringer, ihre Heimat zu verlassen? Und kann man ihnen verübeln, dass sie anderswo den Job annehmen, wo sie für den gleichen Job beträchtlich mehr verdienen? Warum haben die Niedriglöhne, immerhin Regierungsmotto in Thüringen über viele Jahre, nicht für einen Boom gesorgt? Warum musste manche gut aufgestellte Firma auf Veranlassung der Treuhand dennoch ihre Pforten schließen und ließ den Ortsansässigen keine andere Chance, als anderswo ihre Brötchen zu verdienen und entleerte Dörfer zu hinterlassen?
Die Treuhand war aber keine Erfindung der DDR, Herr Barth. Die Treuhand war keine Erfindung der DDR.
Die Treuhand war keine Erfindung der DDR, Frau Tasch, vielleicht haben Sie damals schon an dem Konzept gestrickt, aber das war keine Erfindung der DDR.
Warum wurden in einigen Regionen Thüringens Wasser- und Abwasserzweckanlagen in völlig überdimensionierter Form geschaffen, die heute ein Fass ohne Boden sind?
Warum wundert man sich über zu viele Autos auf der Straße, wenn Bus- und Bahnlinien für ganze Regionen fast gänzlich eingestellt werden?
Warum wundert man sich über die schlechte Infrastruktur, Versorgung, wenige Ärzte und so weiter, wenn wir alles, auch das normale menschliche Leben, nur noch über rein betriebswirtschaftliche Kennziffern definieren? Das sind nur ein paar kritische Fragen. Und, Herr Barth, wenn es vorher gar nichts gab, dann ist es auch nicht toll, wenn man dann das Falsche macht.
Was ich damit sagen will: Gerade die Demografie musste bisher herhalten, um manche neoliberale Strategie durchzusetzen. Am klassischsten kann man das an der Frage der Renten ablesen. Der vorgegaukelte, angeblich nicht bezahlbare Sozialstaat wurde an die Wand gemalt, um privaten Versicherungen ein riesiges Geschäft zu sichern.
Dass es jedoch an Geld in diesem Staate nicht mangelt, zeigen die vielen Rettungsschirme für die Banken. Mit diesen Summen könnte man vergleichsweise tolle Gegenstrategien gegen den demografischen Wandel finanzieren. Und die Produktivität und das Bruttoinlandsprodukt ist in den letzten 50 Jahren in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Dennoch sind die öffentlichen Kassen leer. Das ist eben eine falsche Politik. Und da ist sie wieder, die Schimäre Demografie. Die Aufgabe lautet doch, die Belange der öffentlichen Daseinsvorsorge müssen in Zukunft völlig neu sortiert werden und können auch finanziert werden. Dazu benötigen wir auch einen differenzierten Blick. Bei einigen größeren Städten in Thüringen ist nicht das Schrumpfen, sondern Wachstum Programm. Das heißt, die Lösung in X ist vielleicht in Y untauglich. Aber auch das ist keine neue Erkenntnis. Aber natürlich müssen wir uns auch über die Zukunft mancher unserer Dörfer Gedanken machen. Hier ist Kreativität gefordert. Dazu liest man in dem Antrag der FDP und in der Begründung des aufgeführten Antrags Demografiestrategie „Jedes Alter zählt“ der Bundesregierung wenig oder gar nichts. Einer Ausschussüber
weisung des Themas und des Antrags stimmen wir zu. Sollte die nicht durchgehen, werden wir den Antrag ablehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich meine Gedanken und die Gedanken der CDU-Fraktion zum Antrag äußere, muss ich doch noch einmal an Sie, Frau Scheringer-Wright, einige Worte richten. Ich habe mich - wo sind Sie denn, ach da hinten - wirklich gefragt, wo Sie leben.
Sie haben hier eine Rede gehalten, der Staat kann alles regeln, soll alles regeln, Sie nicht. Ich habe 30 Jahre in einem Staat gelebt, der alles regeln wollte und nur das Gute für die Menschen regeln wollte, wo das 1989 hingeführt hat, das wissen wir. Wenn jemand glaubt, dass ein Staat alles regeln kann bis ins Kleinste, ich glaube, der liegt hier wirklich verkehrt. Da kann nichts Gutes rauskommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden mit dem Antrag hier, den die FDP eingebracht hat, über ein Thema, das schon seit vielen Jahren in der Diskussion ist und natürlich auch zukünftig eine noch größere Bedeutung bekommen wird. Der Minister hat gerade ausgeführt, seit wann es schon nicht mehr genügend Kinder in Deutschland gibt und seit wann schleichend hier, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa Einwohnerverluste zu verzeichnen sind. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber wir brauchen auch wieder Mut dazu, Familien zu gründen und Kinder zu bekommen, denn nur, wenn wir Kinder bekommen, gibt es auch genug Einwohner und dann fahren auch wieder Busse, das ist nur einmal am Rande bemerkt.
An wem liegt es? An jedem Einzelnen liegt es. Das kann nun auch der Staat nicht bestimmen, wie viele Kinder jeder bekommen soll, aber es können Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und es gehört auch Mut dazu, Mut, Ja zum Leben zu sagen und Kinder zu bekommen, denn vor 150 Jahren, als noch genug Kinder auf der Welt waren, da ging es den Leuten bedeutend schlechter als heute und sie haben trotzdem Ja zu Kindern gesagt.
Die FDP hat die Landesregierung aufgefordert zu berichten, wie sie die Kommunen und Landkreise bei der Bewältigung des demografischen Wandels unterstützt und mit welchen Maßnahmen sie die Demografiestrategie des Bundes „Jedes Alter zählt“ umsetzt. Zudem wird die Landesregierung aufgefordert, bis Ende 2013 eine Demografiestrategie für Thüringen zu erarbeiten, die konkrete Ziele, Handlungsfelder und ein Maßnahmepaket enthält. Wir als CDU-Fraktion begrüßen diese Initiative und Sie stoßen da bei uns auf offene Ohren.
Im Sofortbericht des Ministers waren ja bereits zahlreiche Informationen, auf welchen Feldern die Landesregierung seit fast zehn Jahren aktiv ist, aufgeführt. Die Koalitionsfraktionen haben mit Beginn dieser Legislaturperiode auch die Serviceagentur Demografischer Wandel ins Leben gerufen. Die zielt darauf ab, die Kommunen und Landkreise zu beraten und zu sensibilisieren. Das halten wir für wichtig und gut, denn - das muss man ja auch sagen und das haben Sie auch gesagt, Herr Minister es gibt ja große Unterschiede in den einzelnen Regionen in Thüringen, die einen sind mehr, die anderen sind weniger betroffen. Es gibt auch nicht den Königsweg, nicht die eine Maßnahme, sondern es muss viele Maßnahmen und viele unterschiedliche Lösungen, auch Lösungsansätze geben, weil eben auch jede Gemeinde anders aufgestellt ist. Was ich aber für wichtig halte, mit der Serviceagentur können wir erst einmal die Gemeinden und die Bürgermeister, die Landräte sensibilisieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, und da gibt es, wie gesagt, große Unterschiede. Dafür ist das ja auch gedacht, weil es nicht die Lösung für jeden geben wird.
Ich möchte noch einmal hervorheben die gemeinsame Initiative zwischen dem Ministerium und der Stiftung Schloss Ettersburg, die im März 2011 ihre Arbeit aufgenommen hat. Sie informiert Entscheidungsträger, Unternehmen, Verbände und gesellschaftliche Akteure aus allen Bereichen über den demografischen Wandel und seine Auswirkungen. Diese Agentur - das haben wir auch gehört - sucht bundesweit ihresgleichen und da waren wir wieder einmal Vorreiter.
Die Internetseite sowie das Angebot dürften allen Interessierten hier im Haus bekannt sein, weshalb ich auch nicht näher darauf eingehen möchte. Die
wichtigsten Grundlagen für die Entwicklung einer Strategie für Thüringen werden jedoch die Analysen des Demografieberichts sein. Auf einige möchte ich hier näher eingehen.
Diesen Bericht erarbeiteten neben dem Ministerium insgesamt 38 Institutionen, Hochschulen, Kammern und Verbände aus dem Freistaat. Der erste Teil wurde vor gut einem Jahr veröffentlicht. Er umfasst alle relevanten Statistiken und dokumentiert die Bevölkerungsentwicklung im Freistaat unter verschiedenen Gesichtspunkten. Betrachtet wird die Entwicklung seit der Wende. Zudem wird es eine Prognose bis 2030 geben. Länger geht das auch schlecht, weil man die Entwicklung in der Zukunft noch nicht genau vorhersagen kann. Er stellt eine sehr gute Grundlage dar, um den demografischen Wandel zahlenmäßig einzuordnen, und schafft Verständnis für diese Bedeutung. Das habe ich ja eben schon mal gesagt. Es ist ja gerade wichtig, um vor Ort für das Thema zu sensibilisieren und jetzt schon zu überlegen, wie ich als Gemeinde wo entgegenwirken kann, um damit auch für die Zukunft meine Gemeinde und den Landkreis - je nachdem, wo ich Verantwortung trage - fit zu machen.
Die Teile 2 und 3 des Demografieberichts wurden nun im Kabinett vorgestellt. Die beiden Teile sind seit einer Woche auf der Internetseite der Serviceagentur abrufbar. Der Demografiebericht der Landesregierung beinhaltet all die Handlungsfelder, die im vorliegenden Antrag thematisiert werden. Die detaillierten Analysen des Demografieberichts sind der feste Grund, auf dem die Demografiestrategie für Thüringen aufbauen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch auf ein paar Aspekte unter Nummer II Ihres Antrags eingehen. Diese zeigen, dass die Landesregierung auf vielen Feldern bereits tätig ist. Teil 2 des Demografieberichts gliedert sich in die Bereiche Staat und Verwaltung, Landes-, regionale und kommunale Entwicklung, Arbeitsmarkt und Deckung des Fachkräftebedarfs, Soziales, Familie und Gesundheit, bürgerschaftliches Engagement, Infrastruktur, Wasserver- und Abwasserentsorgung, also all die Themen, die in Rede stehen und wichtig sind. Dabei sind die einzelnen Themenfelder in Ausgangslage, Herausforderungen und Handlungsfelder gegliedert. Wenn Sie die von mir genannten Schwerpunkte jetzt mit den unter Nummer II genannten Themen vergleichen, werden Sie feststellen, dass viele Bereiche bereits im Fokus der Arbeit der Landesregierung liegen.
Ich möchte noch etwas konkreter werden. Zum Beispiel im Bereich der Wohnraumentwicklung wurde der demografische Wandel bereits in die Untersuchung im Rahmen des Thüringer Wohnungsmarktberichts integriert. Die Handlungsempfehlung, welche durch das beauftragte Institut gegeben wurde, haben wir im vergangenen Plenum debattiert und
haben uns das auch im Ausschuss ausreichend angesehen und debattiert. Das Thüringer Wohnraumfördergesetz, welches gegenwärtig Gegenstand einer schriftlichen Anhörung in unserem Ausschuss ist, trägt dem demografischen Wandel ebenfalls Rechnung.
Es ist beabsichtigt, die Höhe der Ausgleichszahlungen an die Verkehrsunternehmen und die kommunalen Aufgabenträger mittelfristig beizubehalten. Dies ist ein klares Signal an die zukünftige flächendeckende Erschließung des ländlichen Raums im Rahmen der Daseinsvorsorge.