Ich sage aber auch, Familienpolitik ist nicht der Generalschlüssel für alle Probleme der Gesellschaft. Familienpolitik ist weder Wirtschaftspolitik noch Sozialpolitik. Interessant ist für mich, dass Sie den Antrag mit zwei Fragezeichen versehen haben, wahrscheinlich zweifeln Sie selbst diese Thesen an, ich sage, zu Recht.
Fakt ist, schauen wir genau hin, fällt das Märchen von den angeblich wirkungslos verpufften Milliardenbeträgen in der Familienförderung in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Das Gleiche gilt für die Kommentare zahlreicher Propheten, die das Gutachten bewerten, obwohl es noch gar nicht vorliegt. Der Kern aller Bewertungen ist für mich die Frage, woran messen wir eigentlich den Erfolg einer guten Familienpolitik. Ist es die Geburtenrate, ist es das Arbeitskräftepotenzial, ist es die Frage nach Armut? Für mich jedenfalls misst sich eine gute Familienpolitik an den Wünschen der Familien selbst.
Kinder und Familien als Teil einer Kosten-NutzenAnalyse, wie es manche machen, zu benutzen, ich denke, das ist der falsche Weg. Wir sehen das anders und auch das Grundgesetz und die Thüringer Verfassung sehen das anders. Denn in beiden findet sich der Satz: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Diese Verpflichtung nehmen wir ernst. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gumprecht. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Bärwolff für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Gumprecht, auch wenn Sie sagen, dass Sie die Familienpolitik nicht für ungerecht halten, sondern im Gegenteil für gerecht und ausgewogen, heißt das nicht, dass die Familienpolitik nicht tatsächlich ungerecht sei. Ich will versuchen, Ihnen das an ein paar Punkten zu erläutern, zu demonstrieren. Der Kollege Kemmerich ist ohnehin nicht da, gut.
Es ist ja so, dass wir einige Probleme haben in der Familienpolitik, zum einen die 200 Mrd. €, die wir für die Familienpolitik ausgeben, werden nicht nach irgendwelchen Schlüsseln ausgegeben, dass jeder pro Kopf irgendwelches Geld bekommt, sondern die Mittel aus dieser Familienpolitik werden im größten Teil über die Finanzämter über die Steuererklärung ausgegeben. Darin liegt doch schon sozusagen eine der großen Ungerechtigkeiten, dass die Kinder von Eltern, die mehr verdienen, mehr bekommen und die Kinder von Eltern, die weniger oder gar nichts verdienen, die bekommen eben auch gar nichts.
Eine solche Familienpolitik ist nicht gerecht und kann auch nicht gerecht sein. Sie können das gern nachvollziehen, es ist ganz einfach, wenn Sie Normalverdiener sind, bekommen Sie Kindergeld, das können Sie hochrechnen, was Sie da im Jahr bekommen. Wenn Sie die Steuererklärung machen und Kinderfreibeträge anrechnen und sich beim Finanzamt holen, bekommen Sie dort wesentlich mehr. Wenn Sie im Niedriglohnbereich arbeiten, wenn Sie Aufstocken und Hartz IV-Leistung bekommen, dann bekommen Sie nicht mal das Kindergeld. Das ist der Punkt, wo jedoch die Ungerechtigkeit sehr, sehr deutlich zutage tritt, denn die Kinder können doch nichts dafür. Die Kinder sind doch alle nach der Geburt gleichermaßen leistungsfähig und leisten gleichermaßen das für die Gesellschaft. Aber wir als Gesellschaft vermitteln den Kindern permanent den Eindruck, dass uns einige mehr wert sind und andere weniger. Und dann versuchen wir, das über eine Sozialpolitik wieder zu korrigieren, indem wir Kinderarmut bekämpfen und indem wir Programme auflegen wie TIZIAN und andere Dinge, die alle gut und richtig sind.
Aber das Kernproblem, das ist in der Tat auf Bundesebene. Daher haben die GRÜNEN mit der Frage, die sie in der Aktuellen Stunde gestellt haben, durchaus recht. Ja, die Kinderpolitik, die Familienpolitik in Deutschland ist sozial ungerecht.
Ich will dort noch ein paar Punkte benennen, beispielsweise die Frage Elterngeld: Elterngeld bekommen nur diejenigen, die ordentlich verdienen. Diejenigen, die kein Geld bekommen, die nicht arbeiten, die bekommen auch kein Elterngeld. Das Gleiche ist beim Kindergeld. Das Gleiche ist auch beim Betreuungsgeld. Die Sozialverbände, beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtsverband hat schon vor Jahren Konzepte erstellt zum Thema Kindergrundsicherung. Jedes Kind bekommt 500 €, unabhängig davon, ob es ein Kind von einem Landtagsabgeordneten, von einem Elektriker oder von einem Bankvorstand ist, weil das Kind einfach Kind ist. Wir haben dafür die UN-Kinderrechtskonvention, damit könnte man sich auch mal beschäftigen. Diese Modelle, diese Ansätze sprechen doch für mehr soziale Gerechtigkeit. Das restliche Geld von diesen 200 Mrd. €, was nicht für die Kindergrundsicherung aufgewendet werden soll, das muss natürlich in institutionelle Bildungseinrichtungen gehen, in den Ausbau der Kindergartenstruktur, in den Ausbau der Betreuungsund Bildungseinrichtungen, so dass diese Angebote eben auch für alle vorhanden sind.
Jetzt aber noch einmal ein kleiner Rückblick auf das Land. Wir haben natürlich auch einige familienpolitische Baustellen, die wir angehen müssen. Da
Man kann es nicht oft genug sagen, man muss es nur einmal machen. Das ist die große Schwierigkeit. Aber auch wenn wir einmal in die Kommunen schauen, was haben wir denn da jetzt für ein Problem, beispielsweise Familienförderpläne, § 16 SGB VIII. In welchen Landkreisen gibt es Familienförderpläne und in welchen Landkreisen sind diese Familienförderpläne so ausgestaltet, dass da wirklich eine familienpolitische Arbeit stattfinden kann, dass dort wirklich Familienhilfe stattfinden kann? In Erfurt haben wir gerade einmal drei Familienzentren, die sich alle mehr oder minder mit einem bisschen Personal über Wasser halten. Die können keine gute, ausreichende Arbeit machen, so wie wir es eigentlich bräuchten. Hier wäre beispielsweise der kommunale Finanzrahmen besser auszuweiten, so dass man diese Arbeiten auch erfüllen kann.
Des Weiteren, Frau Taubert, die Frage, Ausbau der Kitas zu Eltern-Kind-Zentren: Im Landeshaushalt stehen da immer nur noch die 50.000 € für das Modellprogramm. Damit kommen Sie im Landesmaßstab nicht weit. Wenn Sie Familienpolitik ganzheitlich denken wollen, brauchen wir hier mehr Geld, so dass wir die Kitas auch wirklich ausbauen können zu Familien- und Eltern-Kind-Zentren.
Noch einmal in Richtung von Herrn Recknagel: Sie sind ja dummerweise jetzt der einzige Vertreter von der FDP, da bekommen Sie es ab. Das, was uns fehlt für die Familienpolitik, das ist zum Beispiel auch eine familienfreundliche Wirtschaft. Das ist doch ein ganz wichtiger Punkt. Dass wir in Thüringen darüber diskutieren müssen, dass wir Kindertagesstätten haben, die bis 22.00 Uhr aufhaben, das ist eigentlich absurd. Wir haben Kitas, die bis um 22.00 Uhr aufhaben, weil es Eltern gibt, die bis um 22.00 Uhr arbeiten müssen. Ich muss nicht abends um 22.00 Uhr noch in die Kaufhalle gehen, um einzukaufen. Das müsste man eigentlich konsequent kappen. Da wäre zum Beispiel ein sehr restriktives Ladenöffnungsgesetz ein sehr guter Weg gewesen,
um die Familienfreundlichkeit in der Wirtschaft, im Gesellschaftsleben stärker nach vorn zu stemmen.
Ich bin auch nicht dafür, dass wir alle hier 40 Stunden arbeiten müssen. Das kann man generell nach unten schrauben bei vollem Lohnausgleich.
Das wäre eine ordentliche Familienpolitik. Davon sind Ihre Fraktion und Ihre Partei immerhin weit entfernt. In diesem Sinne hat die Aktuelle Stunde durchaus eine Berechtigung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, das von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Thema zur Aktuellen Stunde suggeriert, dass die Familienpolitik im Freistaat und sicher auch im Bund, wie es hier steht, ungerecht, armutsfördernd und ziellos sei. Zunächst einmal verwundert die Fragestellung von einer Fraktion, die vor gar nicht so langer Zeit mittels Großer Anfrage, und zwar die Anfrage 5/4217, soziale Mobilität und Chancengerechtigkeit umfassend zum Thema gemacht hatte. Alles, was dort zu Familie, Armutsprävention, TIZIAN, berufliche Qualifizierungsmöglichkeiten, Bildung, sozialem Aufstieg und so weiter gesagt wurde, möchten wir heute hier nicht wiederholen. Insofern bedaure ich, dass wir gerade für so ein Thema eine Aktuelle Stunde machen, weil alle auch zum Ausdruck gebracht haben, Familienpolitik ist viel mehr, als nur einmal ein Pausenfüller hier im Thüringer Landtag zu sein. Familienpolitik hat viele Facetten. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Chancen fördern und Chancengleichheit herbeiführen soll. Familienpolitik ist natürlich auch in unserer Thüringer Verfassung verankert. Sie kennen den Zweiten Abschnitt „Ehe und Familie“ und den Dritten Abschnitt „Bildung und Kultur“. Da gibt es klare Vorgaben. Entsprechende Ziele finden sich dementsprechend natürlich auch in der Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislatur. Leistungen wie Elterngeld, Kindergeld, Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschlag wirken natürlich auch Armut entgegen. Wie sie insgesamt zu bewerten sind und ob es eine bessere Möglichkeit dafür gibt, denke ich, ist heute gar nicht Platz zu diskutieren. Aber in jedem Fall fördern Sie zumindest partiell die Chancengleichheit. Wir sagen aber trotz alledem auch, ein gerechter Lohn aus Erwerbsarbeit ist das wirksamste Mittel für die Armutsbekämpfung. Die Thüringer Politik steht dafür, dass Familie und Beruf gut vereinbar sind. Familien sollen stark und selbstbestimmt sein.
Erwerbsarbeit und Familienleben dürfen sich nicht ausschließen. Diese Bedingungen müssen wir fortwährend verbessern.
In dieser Legislaturperiode von allen offensichtlich schon mit einem großen Haken dran versehen, dennoch nicht ganz unbedeutsam ist, dass wir den Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz auf das vollendete erste Lebensjahr abgesenkt haben. Ich will noch mal erinnern: Es sind 150 Mio. € mehr, die wir im Haushalt dafür zur Verfügung stellen. Ich denke, es reicht dann nicht nur ein großer Haken dran, sondern wir müssen auch weiter darauf hinwirken. Sie wissen ja auch, was es noch für Aufregung dazu gegeben hat, dass wir Standards erhöht haben, dass wir eine Verbesserung von Bildung dort haben wollen. Ich denke, jeder ist mit einem Bürgermeister oder einer Bürgermeisterin konfrontiert worden, die dieses gute Ansinnen und diese wirklich wichtige Aufgabe ausschließlich damit verbunden haben, zu sagen, dafür haben wir kein Geld. Ich denke, da hat die Landesregierung durchaus etwas gestemmt, was man auf die positive Habenseite stellen kann.
Was die Entlohnung betrifft, auch da ist Ihnen ja bekannt, dass wir einen Antrag im Bundesrat eingebracht haben. Es geht tatsächlich um den Mindestlohn, also um die Frage, ob man aus Erwerbsarbeit wirklich ein auskömmliches Leben führen kann. Arbeit muss Menschen, Familien, Familiengründung und Familienleben eine solide Grundlage geben. Es ist erklärtes Ziel der Landesregierung, dass Familienfreundlichkeit ein Markenzeichen Thüringens ist. Ressortübergreifend ist Familienfreundlichkeit integrativer Bestandteil der Politikplanung des Freistaats. Ich erwähne beispielhaft den Landesentwicklungsplan oder die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie. Mein Haus erarbeitet gegenwärtig ein Leitbild „Familienfreundliches Thüringen“. Im Herbst letzten Jahres habe ich persönlich einen breiten Beteiligungsprozess hierzu durchgeführt und u.a. auch alle Fraktionen um ihre Meinung zu diesem Thema gebeten. Dieses Leitbild wird vom Kabinett selbstverständlich zur Kenntnis genommen werden. Daneben wird in meinem Haus gegenwärtig der 2. Thüringer Familienbericht erarbeitet. Dieser wird auch die zukünftigen Zielvorstellungen Thüringer Familienpolitik beinhalten.
Da ich der Auffassung bin, dass Familienpolitik nicht für, sondern mit Familien gestaltet werden muss, habe ich in diesem Zusammenhang eine breit angelegte repräsentative empirische Studie zur Familienfreundlichkeit in Auftrag gegeben.
Ein weiterer Punkt: Wir haben über die Stiftung FamilienSinn angeregt, Kommunen zu begleiten, Familienfreundlichkeit zunächst einmal abzuklopfen, was machen sie alles schon dabei, das aufzuschreiben und auch zu schauen, wo es noch Defizite gibt. Familie findet nun mal regional vor Ort statt,
findet im Ort, in der Kommune, in der Region statt und deswegen halten wir es für wichtig, dass wir auch den Kommunen dabei helfen.
Was die Bundespolitik angeht, bitte, meine Damen und Herren, Sie fragen bitte beim Bund nach. Dazu möchte ich jetzt keine Stellung nehmen. Es ist eine Evaluierungsstudie in Auftrag, vielleicht kann auch die dann dem Bund weiterhelfen. Sie hatten alle Gelegenheit, einen Teil davon zumindest auch der Presse schon zu entnehmen. Ich halte es tatsächlich für wichtig, dass wir darüber streiten, was die richtigste Form der Unterstützung für Familien ist. Sie wissen, dass auch ich sehr persönlich dafür stehe, dass wir viele Angebote zur Verfügung stellen müssen, weil das das Beste, das Einfachste und am Ende auch das Zielgerichtetste ist. Ich bin aber auch der Meinung, dass man Familien natürlich auch Geld zur Verfügung stellen muss. Nur Angebote reichen meines Erachtens nicht, sondern es muss auch ein bestimmter Geldbetrag zur Verfügung gestellt werden solidarisch von der Gesellschaft, damit die, die sagen, wir wollen Familie, wir wollen Kinder haben, auch dieses Vorhaben gut umsetzen können. Herzlichen Dank.
d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Schuldenbremse in die Thüringer Verfassung - Parteiübergreifender Konsens in Sachsen sollte für den Thüringer Landtag Vorbild sein“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/5741
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wie auch zuletzt wieder bei der Debatte zum Doppelhaushalt werden wir, die CDUFraktion, in unserem Werben für die Verankerung einer Schuldenbremse in der Thüringer Verfassung nicht nachlassen. Angesichts der aktuellen Verständigung von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie DIE LINKE dazu in unserem Nachbarland Sachsen am 1. Februar ist dies wiederum für uns ein Anlass, alle hier auch zu diesem Schritt aufzufordern. Die Aktuelle Stunde gibt eine gute
Gelegenheit, ohne langatmige Umschweifungen kurz und bündig den Bürgern Ihre politische Auffassung dazu darzulegen. Die Bürger, von denen sich in den letzten Jahren seit der Finanz- und Wirtschaftskrise immer wieder eine große Mehrheit gegen neue Staatsschulden in den Umfragen ausgesprochen haben, können sich so über die Standpunkte der jeweiligen Fraktion bzw. Partei hier in Thüringen ihre Meinung bilden. Diese Standpunkte konnten wir teilweise heute schon in der Tageszeitung nachlesen. So sind wir wohl wiederum heute hier die Einzigen, die diese Schuldenbremse ohne Wenn und Aber fordern und umsetzen wollen.
Frau Kollegin Siegesmund, Sie hatten sich auch geäußert, ich finde es inzwischen unerträglich, wie Sie uns immer wieder schulmeisterlich zurechtweisen wollen und meinen, alles besser zu wissen.