Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin noch mal nach vorn gekommen, weil ich das, was Herr Kemmerich mir in seiner Rede an den Kopf geworfen hat, so nicht stehen lassen will, von wegen Demokratiefeindlichkeit und nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehend. Das weise ich an der Stelle ganz energisch zurück.
Ich will auch noch mal einen Blick in das Grundgesetz werfen, in Artikel 3 - den haben Sie vielleicht nur als große Überschrift gelesen und nicht zu Ende - des Grundgesetzes in Absatz 2 steht: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Die „Beseitigung bestehender Nachteile“ ist das Wort, was alle Frauen, die hier vorhin gesprochen haben, mit Inhalten belegt haben, dass Frauen in der Gesellschaft noch weitgehend benachteiligt sind.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ich möchte noch mal zu zwei Punkten etwas sagen, aber vorher will ich noch kurz auf das, was Frau Rothe-Beinlich gesagt hat, eingehen. Ich kann akzeptieren, dass es Dinge gibt, die Frauen lieber mit Frauen besprechen. Es gibt auch Dinge, die Männer lieber mit Frauen besprechen. Es gibt auch Dinge, die Männer lieber mit Männern besprechen und deswegen kann ich offen gesprochen die Aufregung nach wie vor nicht verstehen, die nur daraus entsteht, dass es möglich ist, dass man einen Mann wählen kann, nicht muss.
Nicht mehr und nicht weniger ist an der Stelle vorgesehen. Ganz abenteuerlich wird es aber, wenn dann die Diskussion um die richtigen Frauen losgeht, wenn die Frau an der Spitze der Regierung der Bundesrepublik offenbar eben nicht ausreicht, um Gleichstellungspolitik zu machen. Es reicht also nicht mehr Frau zu sein, es muss auch die richtige Frau sein.
Das ist die Logik dahinter. Das ist an Abenteuerlichkeit meiner Meinung nach nicht mehr zu überbieten.
Ich habe aber zwei andere Punkte, auf die ich eigentlich eingehen wollte. Punkt 1 ist die Diskussion um die sogenannte Quote. In dem Gesetz heißt es „Unterrepräsentanz“ und der Gedanke, der dahintersteht, ist, Unterrepräsentanz ist gleich Benachteiligung. Dass es vielleicht auch historische, vielleicht auch physiologisch bedingte Unterschiede gibt, die zu verschiedenen Berufsbildern, zu verschiedenen Berufsentscheidungen führen, wird dabei völlig negiert. Aber was noch viel schlimmer ist, ist die Frage, wie schaffen wir es dann, die Quoten zu erfüllen. Gehen wir mal in die Schulen. Ich weiß nicht genau, wie viel Prozent der Grundschullehrer Frauen sind. Es sind aber bestimmt mehr als 60 Prozent. Was machen wir jetzt, wenn wir keine Männer finden, die Grundschullehrer werden wollen, und so ganz schnell geht das ja auch nicht. Das Gesetz gilt ja ab demnächst.
Wir entlassen Lehrerinnen, bis die Quote erfüllt ist, oder was soll das werden, was in dem Gesetz drin steht?
Wir entlassen Kindergärtnerinnen so lange, bis die Quote erfüllt ist, wenn wir keine Männer finden, die Kindergärtner werden sollen? Was soll das denn werden? Was ist mit der Quote eigentlich gewollt? Und deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir das Gesetz unter anderem ablehnen, weil wir diese Form, dieses Missverständnis, aus Unterrepräsentanz Benachteiligung zu schlussfolgern oder es gleichzusetzen, für einen groben Fehler halten und deswegen diese Quote strikt ablehnen.
Ein zweiter Punkt, der mit unserem Änderungsantrag zu tun hat. Der eine oder andere von Ihnen hat heute Morgen noch einmal elektronische Post von der IHK bekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Industrie- und Handelskammern sind Körperschaften öffentlichen Rechts, weil sie eine Hand voll hoheitliche Aufgaben haben. Im Kern sind sie aber Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft und in diese Selbstverwaltung der Wirtschaft greifen Sie mit diesem Gesetz ein und das ist eine Geschichte, die so nicht laufen kann. Peter Höhne, der Geschäftsführer der IHK in Gera, hat das erklärt. Es ist auch nachzulesen in den Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammer, deswegen verstehe ich auch nicht, dass wir da jetzt so überrascht sind, dass das kommt. Kollege Kemmerich hat das im September bei seiner Einführungsrede, als es bei der ersten Lesung um diese Debatte ging, auch schon mal gesagt und darauf hingewiesen und deswegen bitte ich ganz dringend, dass Sie diesem Änderungsantrag zustimmen, und wir werden Ihnen insbesondere Gelegenheit dazu geben, indem wir beantragen, das in einer namentlichen Abstimmung zu tun. Vielen Dank.
Ich habe jetzt erst einmal keine weiteren Redemeldungen aus den Fraktionen. Für die Landesregierung Frau Ministerin Taubert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Barth, ich will Ihre letzte Bemerkung zum Thema Kanzlerin und die richtige Frau für mich beantworten. Es geht nicht um die richtige Frau, es geht
aber das ist in der Vergangenheit halt nicht so passiert, dass man das hätte erkennen können. Da, denke ich mal, müssen Sie noch lernen.
Ja, die Frau ist gewählt, das ist richtig und es ist gut, dass wir eine Bundeskanzlerin haben, aber sie muss eben auch die Politik für Frauen machen, die wir brauchen, um tatsächlich die Gleichstellung in allen Bereichen zu erreichen.
Und da reicht auch nicht dieses Thüringer Gleichstellungsgesetz für die Ebene Thüringen. Das ist nur ein Bereich, der am Ende mit dem Gesetz geregelt wird.
Wir haben noch viele andere Bereiche, an denen Gleichstellung nicht funktioniert, und ich denke, das brauchen wir heute gar nicht auszuweiten, will ich auch nicht, weil wir über das Thüringer Gleichstellungsgesetz sprechen.
Meine Damen und Herren, der Zweite Bericht der Thüringer Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes - Drucksache 4/5185 - macht in Teilen deutlich, dass es aufgrund erkennbarer deutlicher Benachteiligungen von Frauen, teilweise auch von Männern, nach wie vor erforderlich ist, die Beschäftigungs- und Beteiligungsverhältnisse von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst differenziert und kritisch zu betrachten. Ein wesentlicher Knackpunkt ist die immer noch bestehende ungleiche Verteilung von Männern und Frauen in der Besetzung von Führungspositionen. Je höher die Funktionsebene, umso geringer ist der Frauenanteil in Thüringer Verwaltungen des Landes und der Kommunen. Es ist nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand, was zitiert wurde. Wir haben mittlerweile auch im Wirtschaftsministerium eine Abteilungsleiterin, das ist sehr positiv, ich denke, auch eine sehr fähige und kompetente Person für ihre Aufgabe und ich hoffe natürlich, dass es noch weitergeht. Ich kann für unser Ministerium sagen, es sind nur die Abteilungsleiterinnen und die Referatsleiterinnen benannt worden, wir haben natürlich auch drei von fünf stellvertretende Abteilungsleiterinnen. Klar und es ist auch gut
möglich, ich bin immer dafür, Frauen so zu fordern und zu fördern, dass sie auch in der Lage sind, diese Führungspositionen einzunehmen, und das wird uns auch mit dem neuen Gesetz in relativ kurzer Zeit gelingen. Da bin ich ganz sicher.
Aber diese ungleiche Verteilung hat auch Auswirkungen auf den Anteil von Frauen bei der Gremienbesetzung, da die Auswahl für eine Mitgliedschaft in Gremien im Zusammenhang mit der Ausübung von Führungspositionen steht. Vor diesem Hintergrund verständigten sich die Regierungsparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung vom Oktober 2009, nämlich das Thüringer Gleichstellungsgesetz zu novellieren und insbesondere verbindliche und sanktionsbewehrte Regelungen mit dem Ziel einer deutlichen Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen aufzunehmen; die Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben soll vorangetrieben werden. Deswegen sage ich entgegen aller Kritik, die heute geäußert wurde und die ich zum Teil gut verstehe, aber ich sage trotz alledem, es ist ein guter Tag für die Gleichstellung der Frauen in Thüringen. Wir haben nicht nur Gleichstellung vorangetrieben, sondern wir fixieren sie jetzt mittlerweile auch mit diesem Gesetzentwurf. Es ist auch nicht so, ich finde, wir sollten auch als Frauen, die mitgearbeitet haben - wie gesagt, trotz der berechtigten Kritik in einzelnen Teilen -, unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Momentan wird in der Öffentlichkeit wahrgenommen, es ist nichts umgesetzt worden von dem, was Frauen gefordert haben. Das ist einfach nicht wahr. Wir haben viel umgesetzt und viel aufgenommen von dem, was in den Vorlagen auch des Landesfrauenrates und auch der Gleichstellungsbeauftragten enthalten war. Wir haben vor allen Dingen entscheidende Punkte aufgenommen. Deswegen sage ich voller Überzeugung und weil gefragt wurde von Frau Rothe-Beinlich, was die SPD-Fraktion davon hält, ich bin ja auch Mitglied der SPD-Fraktion, ich kann Ihnen sagen, die sehen das auch so.
Sie wissen, wir hatten eine lange und intensive Diskussion und natürlich hat sich Verwaltung - das sage ich ganz allgemein - auch gegen bestimmte Dinge gesträubt, weil sie immer wieder vorgebracht haben, dass damit natürlich auch viel Verwaltungskraft gebunden wird in einer Zeit, in der Verwaltungskraft rar wird. Aber was wir durchgesetzt haben, das, finde ich, ist schon wichtig. Das zeigt sehr deutlich, dass wir es ernst meinen mit der Gleichstellung.