Karola Stange

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Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Siegesmund, zum Schluss haben wir noch Glück, dass heute Ihr Antrag hier behandelt wird. So eine Schwangerschaft dauert neun Monate. Stellen Sie sich einmal vor, es hätte noch mehr Gründe gegeben, den Antrag zu schieben, dann hätten wir im Herbst gesessen. Aber ich denke und das ist das Tragische daran -, erst im Herbst oder zu Beginn des kommenden Jahres werden wirklich inhaltliche Lösungen hier in dem Landtag mit Ernsthaftigkeit beredet, sonst hätten die Koalitionsfraktionen dem Wunsch, diesen Antrag gleich, nachdem er eingereicht worden ist, zu behandeln, entsprochen und ihn nicht immer vor sich hergeschoben.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Kinder sollen sicher und mit Freude geboren werden. Dies schrieb die Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes, Elke Pirrhs, am 26.11.2009 in einem Brief an die Frau Ministerin Taubert, in dem Sie zur Ernennung als Ministerin gratulierte und sich auf eine gute Zusammenarbeit freute. Dieser Satz ist ein zentrales Anliegen des Hebammenverbandes. Das emotionale und gesundheitliche Wohlergehen von Mutter und Kind hat einen entscheidenden Einfluss auf das Gelingen von Anfang an als neue oder als erweiterte Familie.
Wie die Gesellschaft mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett umgeht, geht jeden etwas an, egal ob Frau oder Mann. Jede Frau sollte möglichst eine normale Geburt erleben können - ohne technische Intervention, aber dafür mit sehr, sehr viel menschlicher Zuwendung, denn - wie bereits erwähnt: Auf den Anfang kommt es an.
Dieser Anfang, werte Damen und Herren, ist in den zurückliegenden fünf Jahren für Thüringerinnen und Thüringer - die Väter erleben es mit - und somit auch für die Hebammen und Geburtshelfer immer
schwerer geworden. Dies zeigt die aktuelle Entwicklung im Gesundheitswesen.
Frau Kollegin Siegesmund ging darauf ein, das Thema der Haftpflichtprämien bei den freiberuflichen Hebammen. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, um eine Recherche vorzulegen, womit und wie oft wir uns in dieser 5. Legislatur zu diesem Thema befasst haben. Es sind zwei DIN-A4-Seiten voll, wo es Anträge gab in den Ausschüssen, wo es Anträge hier in dem Landtag gab, aber auch begonnen mit einer Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE gleich zu Beginn der Legislatur, wo wir sozusagen versucht haben, statistisches Material von der Landesregierung zu erhalten, um zu wissen, wie denn die genaue, die konkrete Situation der Hebammen ist. Wenn ich noch einmal in den Unterlagen blättere, so mussten wir dazumal feststellen und natürlich auch heute noch, die Aussagen, die uns die Landesregierung zu diesen weit über 100 Fragen geben konnte, waren sehr dünn und dürftig. Da will ich nicht der Landesregierung die Schuld dafür geben, sondern es ist einfach der Datenlage geschuldet. Darum ist es gut und wichtig, dass endlich an diesem Punkt angesetzt wird und dass an diesem Punkt eine verlässliche, strapazierbare statistische Erhebung erfolgt. Das macht das Agieren für uns alle, für uns als Politikerinnen und Politiker, aber auch für den Landesverband der Hebammen wesentlich einfacher.
Wie gesagt, es war ein weites, breites Feld, was wir in den zurückliegenden fast fünf Jahren beredet haben. Aber, wie gesagt, es kamen von einem Monat auf den anderen neue Botschaften aus Berlin, vom Bundesverband, und die Hauptbotschaft war leider, dass ab 2015 keine Haftpflichtversicherer mehr zur Verfügung stehen. Das hat nicht nur hier in Thüringen die Hebammen auf den Protestweg geführt, sondern deutschlandweit sind sie unterwegs. Zu Beginn dieser Woche und - wenn ich es richtig weiß - heute tagten Gremien auf der Bundesebene. Einmal tagte am Dienstag der Bundespetitionsausschuss und hat sich mit einer großen Massenpetition zum Thema „Zukunftssicherung der Hebammen“ befasst und heute tagt die Gesundheitsministerkonferenz. Die Ergebnisse, die wir da leider vernehmen mussten, sind mehr als deprimierend. Trotz mitfühlender Worte und Ankündigung, das Problem der Hebammen einer Lösung zuzuführen, hat sich der Gesundheitsminister Gröhe nicht erweichen lassen, wirklich konkrete Aussagen zu treffen. Er hat mitgeteilt, es ist ein Problem der Selbstverwaltung, wenn die Versicherungen im Moment nicht weiter ab 2015 gezahlt werden. Es ist also gescheitert, der Versuch, hier eine gemeinsame Lösung auf den Weg zu bekommen.
Ich habe mir die Mühe gemacht, einmal in die Protokolle des Bundespetitionsausschusses zu schauen. Da bin ich schon entsetzt, wenn ein Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, also des Spit
zenverbandes, Freiherr von Stackelberg, dort zum Ausdruck brachte, am Dienstag, die Hebammen seien selbst schuld, wenn die Versicherungsprämien so hoch sind. Man müsse sich damit abfinden, dass, wenn zu geringe Geburten im Jahr nur begleitet werden, die Hebammen dann eben „Gelegenheitshebammen“ sind. Ich glaube, das ist ein Punkt, der zurückzuweisen ist. Wenn Hebammen einfach nicht mehr als 30 Geburten schaffen können, weil sie an der Grenze ihrer Kräfte sind, dann darf man das nicht hinnehmen, dass sie einfach degradiert werden in ihrem Berufsstand, werte Kolleginnen und Kollegen.
Aber das Thema „Hebammen und Haftpflichtprämie“ ist nur ein Thema und dieses muss, und da sind wir uns, glaube ich, alle sicher, auf Bundesebene geklärt werden. Es gibt unterschiedliche Ansätze, wie wir dieses Thema so sichern könnten, dass eine Zukunft dieser Berufsgruppe wirklich langfristig gesichert ist. Der Landesverband der Hebammen hat uns als Politikerinnen und Politiker vor einigen Wochen ihr Positionspapier genau zu dieser Thematik vorgelegt. Unter anderem zum Thema Haftpflicht sagen sie eindeutig, ich zitiere aus dem Papier des Landesverbandes: „Lösungsansätze könnten sein [die] Einführung einer Haftungsobergrenze, die Einrichtung eines Fonds“ für besondere Haftungssituationen, die „Einschränkung der Regressmöglichkeit der Sozialversicherungsträger, Kontrahierungszwang für Versicherungsgesellschaften [oder die] Verkürzung der Haftungsdauer von derzeit 30 Jahren auf 10 Jahre.“ All das sind Dinge, die der Bundesgesetzgeber zu klären hat.
Aber wir hier in Thüringen haben natürlich auch das Thema, was Thüringer Hebammen und die Zukunft dieser Berufsgruppe in Thüringen anbelangt noch einmal genauer hinzusehen. Am vergangenen Freitag fand eine Podiumsdiskussion hier in Erfurt statt, wo uns noch mal, den anwesenden Politikerinnen, auf den Weg gegeben worden ist, dass wir auch in Thüringen ein Problem haben. Das Durchschnittsalter der Thüringer Hebammen ist zwischen 45 und 55 Jahre. Also es ist absehbar, wann der Großteil der Frauen - und es gibt ja wohl zwei, drei Entbindungshelfer - in den wohlverdienten Ruhestand geht. Wir haben maximal noch zehn Jahre, 15 Jahre vor uns und wir müssen alles dafür tun, dass an Nachwuchs, sprich an Berufsnachwuchs, gearbeitet wird. Wir haben also ein Problem hier in Thüringen, Frau Ministerin, was hier im Lande geklärt werden muss, und das ist das Thema: ein Mehr an Ausbildung, ein Mehr an Zugang von jungen Frauen oder Männern, die diesen Berufsstand erlernen wollen und möchten. Es reicht nicht, wenn alle drei Jahre eine Berufsgruppe, eine Schulklasse entweder in Erfurt oder in Jena auf den Weg gebracht wird, diesen Berufsstand zu lernen. Ich glaube, hier braucht es einer zwei- oder dreijährigen
hintereinander folgenden Ausbildung, um die Defizite, die sich abzeichnen, zu beseitigen. Auch dazu hat uns der Landesverband der Hebammen ein ausreichendes Material zur Verfügung gestellt. Er hat gesagt, wir brauchen also dazu - und da war ich vorhin schon in meinen Ausführungen - eine ganz konkrete Datenerhebung, wie die Versorgungssituation im Moment aussieht. Wir brauchen konkrete Bedarfsermittlungen und wir brauchen eine neue bedarfsgerechte Ausbildung für Thüringen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe bereits erwähnt, das Thema Hebammen und deren Sicherung und deren weitere Existenz hat uns hier in dem Landtag mehrfach beschäftigt. Ich bin von Beruf aus zwar Optimistin, aber trotzdem gehe ich davon aus, dass wir in der Legislatur leider keine Lösungen mehr auf den Weg bringen, so dass wir es wirklich leider in eine neue, 6. Legislatur verschieben müssen.
Wir als Linke sagen noch mal eindeutig: Wir brauchen eine neue Lösung der Haftpflichtprobleme. Dazu hat meine Bundestagsfraktion auch einen inhaltlich sehr weitreichenden Antrag eingebracht. Wir brauchen eine Neuordnung der Berufshaftpflicht, wir brauchen auch eine neue Definition, was die Leistungen der Hebammen anbelangt, und geknüpft an diese neue Definition ist auch eine neue Vergütungsregelung. Wir brauchen eine gesetzliche Regelung für die immer wieder und richtige eingeforderte Eins-zu-eins-Betreuung der Schwangeren und der gewordenen Mütter von Beginn der Schwangerschaft bis Ende der Stillzeit. Das sollte gesetzlich verankert sein. Wir brauchen also die wohnortnahe Versorgung der Hebammen. Ich sage auch - da wiederhole ich mich in meinen Ausführungen zum letzten Freitag -, wir brauchen dringend hier in Thüringen - und der könnte sehr, sehr schnell eingeführt werden - einen runden Tisch, wo alle Betroffenen sich endlich hinsetzen, diese Thüringer Problematiken bereden. Dieser runde Tisch könnte, wenn es gewollt wird - ich habe vorhin noch mal mit der Vorsitzenden des Landesfrauenrats gesprochen -, unter der Federführung des Landesfrauenrats initiiert werden. Da müssen die Beteiligten an einen Tisch, das Ministerium, die Vertreter der Politik, der Landesverband der Hebammen, aber natürlich auch die Kassen, um dort die Probleme anzusprechen und natürlich sehr, sehr zeitnah Lösungen zu diskutieren und dann auch hier in dem Landtag auf den Weg zu bringen. Danke schön.
Danke, Frau Präsidentin.
Projektförderung „EX-IN Ausbildung“
Der Freistaat Thüringen hat mittels einer Projektförderung das Kontakt- und Beratungsbüro des EX-IN Landesverbandes Thüringen e.V. unterstützt. Nach Angaben des Landesverbandes endet die finanzielle Unterstützung am 31. Juli 2014. Der EX-IN Landesverband Thüringen e.V. hat sich mit Schreiben vom 26. Mai 2014 an das Thüringer Ministerium für
Soziales, Familie und Gesundheit gewandt mit der Bitte, das Kontakt- und Beratungsbüro auch ab dem 1. August 2014 bis Ende 2014 weiter zu fördern. Eine Antwort des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit steht bisher aus.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie ist der aktuelle Stand bezüglich der weiteren Förderung der Kontakt- und Beratungsstelle des EX-IN Landesverbandes Thüringen e.V. bis Ende 2014?
2. Welche Möglichkeiten (aus welchen Haushaltsti- teln) gibt es aus Sicht der Landesregierung zur weiteren Förderung des Landesverbandes bis Ende 2014?
3. Inwieweit hat die Landesregierung die Förderung von Maßnahmen für psychisch Kranke und seelisch Behinderte im Rahmen der Aufstellung des Haushalts für die Jahre 2015/2016 angemeldet?
Frau Ministerin, Sie haben auf meine Frage 2 geantwortet, dass der Vorgang im Moment in der Antragsprüfung Ihrerseits sei. Können Sie sagen, wie lange die andauert und ab wann der Verein mit einer Antwort rechnen kann?
Danke, Herr Präsident.
Neubesetzung der Stelle der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt
Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt soll im Sommer 2014 die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten frei werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist der Landesregierung bekannt, warum die Gleichstellungsbeauftragte von ihrer Stelle abberufen wird und wenn ja, wird sie nach § 16 Abs. 2 Thüringer Gleichstellungsgesetz auf eigenen Antrag ihrer Pflichten entbunden, liegt der Grund in einer groben Vernachlässigung oder Verletzung ihrer Pflichten, werden die vier Jahre, für die sie gewählt wurde, zu diesem Zeitraum abgelaufen sein oder welchen anderen Grund gibt es?
2. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, wie die Wahl für die Neubesetzung der Stelle gemäß § 15 Abs. 1 Thüringer Gleichstellungsgesetz vorbereitet wird und wenn ja, wie stellt sich die Vorbereitung der Wahl (bzw. das Stellenbesetzungsverfah- ren) gegenwärtig dar?
3. Muss die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten ausgeschrieben werden und mit welcher Frist muss dies geschehen?
Danke, Herr Präsident.
Erhöhung des Blindengeldes in Thüringen
Die Thüringer Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit, Heike Taubert, hat öffentlich angekündigt (vgl. Pressemitteilung des Thüringer Ministeri- ums für Soziales, Familie und Gesundheit vom 22. März 2014), das Landesblindengeld von 270 € auf etwa 410 € monatlich ab dem Jahr 2015 zu erhöhen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen will die Landesregierung das Landesblindengeld erst ab dem Jahr 2015 erhöhen, obwohl sie bereits im Jahr 2010 (Erhöhung auf 270 €) und im Jahr 2013 (im Rahmen der parla- mentarischen Behandlung der Drucksache 5/5954) die Möglichkeit dazu hatte?
2. Hält die Landesregierung die Erhöhung des Landesblindengeldes auf 410 € monatlich in Bezug auf die Forderung des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Thüringen (Erhöhung auf 440 €) für angemessen?
3. Inwieweit findet bei der Erhöhung des Landesblindengeldes die Einführung eines angemessenen Nachteilsausgleiches für taubblinde Menschen Berücksichtigung?
4. Wie hat die Landesregierung sichergestellt, dass die finanziellen Mittel für die Erhöhung des Landesblindengeldes für den kommenden Haushalt bereits eingestellt sind?
Sie haben zu Frage 3, also der Nachteilsausgleich für taubblinde Menschen, gesagt, dass ein angemessener Nachteilsausgleich möglich und auch notwendig sei. Was ist in Ihrem Sinne angemessen? Die erste Frage.
Die zweite Frage: Sie haben gerade zu Frage 4 gesagt, Sie haben für die Haushaltsberatungen 2015/16 die Erhöhung des Landesblindengeldes angemeldet und dass es noch nicht abschließend im Rahmen der Beratungen durch ist, ob das so getragen wird. Wann ist damit zu rechnen, ob innerhalb der jetzigen Landesregierung dies so getragen wird, die Erhöhung um 140 € auf 410 €?
Danke schön.
Zuweisung von Personen an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) zur Erbringung von Arbeitsleistungen als Auflagen nach § 15 JGG Teil 1
In Thüringen sind unter den Einrichtungen und Organisationen, denen jugendliche Straftäter zur Erbringung von Arbeitsleistungen als Auflagen nach § 15 Jugendgerichtsgesetz (JGG) zugewiesen werden, auch Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zu finden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und wie gegebenenfalls im Rahmen der Zuweisung die Eignung der betreffenden Personen für die Tätigkeit in einer solchen Einrichtung geprüft wird. Das ist auch von Bedeutung mit Blick auf die von der Arbeitsleistung betroffenen Menschen in den Einrichtungen. Des Weiteren ist zu klären, welche Stellen und Gremien (z.B. der Werkstattrat) im Rahmen solcher Zuweisungen beteiligt sind.
Aus Berichten vor Ort ergeben sich auch Anhaltspunkte dafür, dass in manchen Werkstätten die zu
gewiesenen Jugendlichen zwar als Arbeitskräfte eingesetzt werden, aber ansonsten keine weitere Begleitung und Unterstützung - vor allem im Sinne der erzieherischen Resozialisierungsmaßnahmen erhalten. Diese Funktion sollen aber die Auflagen nach § 15 JGG erfüllen - gerade auch die Auflage zur Erbringung von Arbeitsleistungen (umgangs- sprachlich auch als „Sozialstunden“ bezeichnet). So sollen nach allgemein geltender Definition die Auflagen nach § 15 JGG folgende Funktion haben: den Jugendlichen durch Auferlegung einer Leistungspflicht das begangene Unrecht und die daraus erwachsenen Folgen bewusst zu machen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Nach welchen Kriterien bzw. Beurteilungsmaßstäben legen Richter fest, in welcher Weise bzw. in welchen Einrichtungen Auflagen zur Erbringung von Arbeitsleistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 JGG erfüllt werden sollen - insbesondere hinsichtlich der Eignung der jeweiligen Person für die konkreten Tätigkeiten und Einrichtungen?
2. Welche Gesichtspunkte sind nach Ansicht der Landesregierung bei der Frage der Eignung von straffälligen Jugendlichen mit bekannter rechtsextremer Einstellung für die Arbeitsleistung nach § 15 JGG in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen?
3. Durch welche rechtlichen und gerichtlichen Vorgaben bzw. Maßnahmen der betreffenden Organisationen und Einrichtungen - hier den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen - wird sichergestellt, dass die erzieherische Resozialisierungsarbeit im oben genannten Sinne der Bewusstmachung der Tatfolgen im Rahmen der Arbeitsstunden stattfindet?
4. Inwiefern bzw. in welchen Formen werden in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen Stellen und Gremien, zum Beispiel der Werkstattrat, in die Vorgänge, vor allem die Auswahl der zugewiesenen Personen - gegebenenfalls auch mit der Möglichkeit einer Ablehnung der Person - einbezogen?
Danke schön.
Zuweisung von Personen an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zur Erbringung von Arbeitsleistungen als Auflagen nach § 15 JGG - Teil 2
In Thüringen sind unter den Einrichtungen und Organisationen, denen jugendliche Straftäter zur Erbringung von Arbeitsleistungen als Auflagen nach § 15 Jugendgerichtsgesetz zugewiesen werden, auch Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zu finden. In Ergänzung des Teils 1 dieser thematischen Anfrage, die sich in ihrem Schwerpunkt auf die rechtlichen und fachlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen bezieht, ist auch zu klären, in welchem Umfang das Instrument der Auflagenerteilung bezüglich Ableistung von Arbeitsstunden in gemeinnützigen Einrichtungen im Allgemeinen und insbesondere in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen tatsächlich in Thüringen genutzt wird,
welche Probleme bei der praktischen Umsetzung gegebenenfalls aufgetreten sind und wie mit diesen Problemen umgegangen wurde bzw. wird.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele straffällige Jugendliche wurden in den Jahren 2009 bis 2013 - nach Jahresscheiben aufgeteilt - von Gerichten an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Thüringen zu Arbeitsleistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 JGG zugewiesen?
2. In wie vielen Fällen ist es nach Kenntnis der Landesregierung seit 2009 in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Thüringen bei der Erfüllung von Arbeitsauflagen nach dem Jugendgerichtsgesetz zu welcher Art von Problemen mit welchen Konsequenzen, zum Beispiel nachträgliche Abänderung der Auflage durch den Richter, gekommen?
3. An welche Stellen können sich die betroffenen Einrichtungen, insbesondere Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und darin beschäftigte Personen, wenden und welche Unterstützungs- und Lösungsmöglichkeiten bei auftretenden Problemen hinsichtlich der Durchführung von Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz sieht die Landesregierung?
4. Inwiefern sollte nach Ansicht der Landesregierung die praktische Durchführung von Auflagen nach § 15 JGG, insbesondere die Erfüllung der Arbeitsauflagen, evaluiert werden bzw. inwieweit hat in der Vergangenheit in diesem Bereich schon eine Evaluation stattgefunden?
Danke schön.
Herr Präsident, danke.
Selbstbestimmte Verhütung
Die schleswig-holsteinischen Verbände von Pro Familia, der Hebammenverband und die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten haben mit bundesweiter Unterstützung zahlreicher Prominenter am 3. Dezember 2013 die „Kieler Erklärung“ verab
schiedet. Die Überschrift lautet: „Familienplanung ein Menschenrecht für alle!“ und ihr Ziel ist die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen und Männer mit geringem Einkommen.
Ebenfalls in der Diskussion ist, ob die „Pille danach“ in Deutschland rezeptfrei erhältlich sein soll. Nach dpa-Angaben vom 14. Januar 2014 habe ein Fachausschuss beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfohlen, das Mittel freizugeben. Dieser Ansicht schlössen sich auch die Bundesapothekerkammer und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach an. Es wird darauf verwiesen, dass dies in vielen europäischen Ländern schon gemacht würde, ohne dass sich das Verhütungsverhalten der Frauen geändert habe.
Ich frage die Landesregierung:
1. Beabsichtigt die Landesregierung, sich im Sinne der „Kieler Erklärung“ für eine Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen und Männer mit geringem Einkommen einzusetzen und wenn ja, wie?
2. Welche Position hat die Landesregierung zur Freigabe der „Pille danach“ und bestehen diesbezüglich Unterschiede in der Auffassung einzelner Fachressorts?
3. Gibt es seitens der Landesregierung Bemühungen, sich für die Freigabe der „Pille danach“ einzusetzen und wenn ja, welche?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, die zweite Lesung des Gesetzentwurfs meiner Fraktion DIE LINKE, Thüringer Gesetz für barrierefreies Wählen, steht an. Ich bin heute geneigt, meine kurze Rede mit einem Zitat aus dem Urfaust von Goethe zu beginnen, welches da lautet: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen.“
An der Stelle sage ich ausdrücklich noch einmal, in den Beratungen im Dezember hier im Hohen Hause, aber auch bei unserem Antrag vom Mai 2013, wo es um die Vorbereitung der Bundestagswahlen ging, haben wir Argumente aus den Reihen der Koalitionsfraktionen, aber auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP gehört, die auf der einen Seite sagen, ja, es braucht mehr barrierefreie Wahllokale, aber auf der anderen Seite wurden immer wieder Themen bemüht und Argumente bemüht, die da heißen, es ist erstens finanziell nicht stemmbar, zweitens könnte der Denkmalschutz dagegen sprechen, drittens, es gibt reichlich Argumente, die im Moment angebracht werden, wo barrierefreies Wählen möglich ist, entweder die Schablone oder die Briefwahl. Also wir haben unsere Argumente zum Thema barrierefreies Wählen ausgetauscht und wir als Fraktion DIE LINKE bleiben dabei, es braucht ein Mehr an barrierefreien Wahllokalen, auch im Vorfeld der vor uns stehenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen.
Die Bemerkung, wir seien ja im Jahr 2013 mittlerweile bei 51 Prozent der insgesamt barrierefreien Wahllokale in Thüringen, das wäre ein guter Weg ja, es ist ein guter Weg, es ist ein guter Stand, aber der Umkehrschluss heißt natürlich auch, 49 Prozent der Thüringer Wahllokale sind nicht barrierefrei. Wenn wir als Politik nicht auch Maßstäbe setzen, Forderungen setzen, dass hier Kommunen und Städte sich noch mehr bemühen müssen, wird der Weg zu einer hundertprozentigen Barrierefreiheit bei Wahllokalen noch sehr, sehr lange dauern. Das möchte ich nicht, das möchte meine Fraktion nicht, denn für uns ist auch die UN-Behindertenrechtskonvention ein wichtiger Punkt, der umgesetzt werden muss. Darum bitte ich noch einmal, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen, um die Weichen zu stellen für 100 Prozent barrierefreie Wahllokale.
Wenn Sie es ernst gemeint hätten, die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, mit Ihren Argumenten, dann hätten Sie im Dezember einer Überweisung an die zuständigen Ausschüsse zugestimmt und hätten sich auch noch einmal die Argumente der Betroffenen angehört. Das wäre eine demokratische Einbeziehung von Betroffenenverbänden in die Landtagsarbeit. Das wäre gut und richtig gewesen. Sie haben es nicht gewollt, das ist sozusagen Ihr gutes Recht. Wir werden es für kurze Zeit akzeptieren. Ich denke, in einer neuen Landtagsperiode gibt es neue Möglichkeiten, auch hier noch mal Akzente zu setzen. Danke schön und ich werbe an der Stelle noch mal ausdrücklich für die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich schicke es zu Beginn meiner Ausführungen voran, meine Fraktion wird den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mittragen und wird natürlich auch einer Überweisung zustimmen.
Warum wir das tun, werde ich gern noch einmal begründen und muss hierbei etwas in die Historie gehen, denn meine Fraktion hat bereits im Jahr 2010 schon einmal einen umfassenden Artikelgesetzentwurf zu dieser Thematik in den Landtag eingereicht. Es ging darum, dass wir die Forderung gestellt hatten, in 49 Artikeln das Thüringer Landesrecht an das Lebenspartnerschaftsrecht anzupassen. In unserem damaligen Gesetzentwurf waren Vorstellungen enthalten, auch die Rückwirkung für die Anpassung dieser Gesetzlichkeiten in Angriff zu nehmen, also Rückwirkung auf das Jahr 2003. Die Linke versuchte, in einem Konzept, in einem Gesamtkonzept das Thema Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften gesetzlich zu regeln. Leider ist dieses missglückt, denn vor allem die CDU hat hier exakt gebremst und wollte nicht die gesetzlichen Bestimmungen, die es seit vielen Jahren gab, umgesetzt wissen. Ich berufe mich hier vor allen Dingen auf die Thüringer Verfassung, die seit 1994 in Kraft ist und in der ausdrücklich ein Diskriminierungsverbot für unterschiedlich sexuell orientierte Bürgerinnen und Bürger formuliert worden ist. Also wir haben es parlamentarisch versucht und haben es nicht erreicht. Demzufolge ist es nur gut und richtig, wenn jetzt die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in ihrem Artikelgesetz einige Punkte aufgreift.
Wir sagen aber auch als Linke, es reicht uns nicht. Meiner Meinung nach fehlt eine Vielzahl von weiteren Gesetzen und Verordnungen, die bezüglich auf die noch diskriminierenden Tatbestände untersucht werden müssen. Ich erinnere hier an eine Übergabe durch die Vertreterinnen und Vertreter des LSVD vor ca. anderthalb Jahren, wo sie uns und auch den Ministerien noch mal eine Aufzählung übergeben haben, welche Thüringer Gesetze bis heute nicht angeglichen worden sind und auch welche Verordnungen noch nicht angefasst wurden. Darum sage ich, die Überweisung an den zuständigen Ausschuss ist gut und richtig, um da noch einmal nachzuarbeiten.
Ich sage auch an der Stelle, das Thüringer Erziehungsgeld, so wie es in Ihrem Artikel steht, haben wir in unserem damaligen 50-Artikel-Gesetzentwurf auch nicht mit aufgenommen, das war eine ganz bewusste politische Entscheidung. Diese haben wir eben auch noch mal diskutiert, weil wir davon ausgehen, dass wir kein Erziehungsgeld, Landeserziehungsgeld wollten. Das hat eine doch nicht kleine Mehrheit hier auch in dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt dargelegt. Darum finde ich es auch etwas schwierig, dass Sie diesen Punkt hier in den Gesetzentwurf aufgenommen haben.
Frau Rothe-Beinlich, ich hätte es an der Stelle besser gefunden, genau hier noch mal zu warten bis zum Oktober 2014, weil dann - sind wir uns einig schaffen wir das Landeserziehungsgeld ab. Darum brauchen wir auch diesen Paragrafen nicht. Aber lassen Sie uns darüber reden.
Ich will auf noch einen Punkt eingehen, den ich in Ihrem Gesetzentwurf als nicht so sehr geglückt finde. Dabei geht es um die Rückwirkung und die Rückwirkungsbestimmungen, die Sie formuliert haben. Die sind meiner Auffassung nach etwas sehr vage formuliert. Ich würde da lieber davon ausgehen, dass wir sie genau detailliert formulieren und auf das Jahr 2001 abstellen. Damit wissen die betroffenen Personen, dass sie ab dem Jahr 2001 also da, wo das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft getreten ist - die Möglichkeit haben, die rückwirkenden finanziellen Möglichkeiten auch in Anspruch zu nehmen.
An der Stelle will ich noch einen Halbsatz zu dem Tagesordnungspunkt 8 sagen, den wir heute auch noch erleben werden. An der Stelle ist es gut und richtig, dass nun auch die Landesregierung endlich zu der Einsicht kommt, die Beamtenbesoldung anzugleichen; es hat viele, viele Jahre gedauert. Ich denke, es ist ein weiterer kleiner Schritt in Richtung Gleichstellung, den die Landesregierung gepackt hat heute mit dem Gesetzentwurf, aber wir haben noch viele Tippelschritte zu tun, um die wirkliche Gleichstellung hier zu erreichen. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kollegen Vorredner, sicher hätten wir die Protokolle aus der Sitzung vom Juli nehmen und genau die Argumente noch einmal abwägen können.
Denn, was Sie gesagt haben, Herr Gumprecht, was Sie gesagt haben, Herr Hey, das haben Sie im Prinzip im Juli hier schon erörtert.
Aber an der Stelle sage ich jetzt auch noch mal ganz deutlich: Wir werden diese Anträge immer und immer wieder bringen.
Denn so lange darüber diskutiert wird, ob Barrierefreiheit etwa eine Last oder zu teuer ist, so lange müssen wir also das Thema „Barrierefrei“ diskutieren,
bis es zur „Lust“ wird und zu einer „Herausforderung“ für die Gesellschaft, wirklich Barrierefreiheit zu gestalten. Das ist unser Anspruch.
Werte Kolleginnen und Kollegen, es tut mir herzlichst leid, dass Barrierefreiheit und die UN-Behindertenrechtskonvention Geld kosten. Das haben wir als Fraktion DIE LINKE
hier seit viereinhalb Jahren immer und immer wieder diskutiert und argumentiert. Wir haben es auch nie abgestritten.
Wir haben vor wenigen Monaten hier an der Stelle einen Antrag eingebracht, als wir
über den Thüringer Maßnahmeplan einfach mal in den Ausschüssen reden wollten. Die Kolleginnen und Kollegen der Koalition haben es nicht einmal zugelassen, dass dieser Maßnahmeplan, in dem auch Maßnahmen zur Barrierefreiheit formuliert worden sind, in die Ausschüsse geht, damit man dort noch einmal Argumente austauscht, das Für und Wider beredet. Das habt ihr einfach ignoriert.
Darum werden wir solche Anträge, die Bürgerrechte, Menschenrechte beinhalten, auch wieder in den Landtag einbringen. Das ist unser Recht. Menschen, die behindert sind - und da ist es egal, welche Behinderung sie haben -, oder ältere Bürger mit Gebrechen haben das Recht, ein barrierefreies Wahllokal aufzufinden, wo sie ihr demokratisches Recht zur Wahl umsetzen können.
Ich finde es schon sehr anmaßend, Kollege Bergner, wenn Sie davon gesprochen haben, dass wir den Menschen etwas vorgaukeln, dass wir die „Bedürftigkeit“ ausnutzen.
Damit implizieren Sie doch, dass ein Mensch mit Behinderung automatisch bedürftig ist. Das finde ich doch die Höhe, werte Kolleginnen und Kollegen.
Das ist nicht die Frechheit, das ist so.
Menschen mit Behinderung dürfen nicht einfach als bedürftig in Ihrem Sinne abgestempelt werden. Dagegen verwahre ich mich hier ausdrücklich.
Ja, wir hätten die Argumente austauschen können. Der Unterschied zwischen dem Antrag vom Juli und unserem Gesetzentwurf heute ist:
Im Juli haben wir uns auf die Bundestagswahl verständigt und heute ist es ein Gesetzentwurf, der die Kommunalwahlen und die Landtagswahlen 2014 im Blick hat. Das ist schon mal der entscheidende Unterschied.
Beim letzten Mal haben Sie uns erklärt, zu den Bundestagswahlen hätten wir gar kein Recht, einen Antrag zu machen und die Forderungen zu barrierefreien Wahllokalen aufzunehmen. Also haben wir das jetzt noch einmal zum Anlass genommen, für die Kommunalwahlen und die Landtagswahlen im Jahr 2014 einen Gesetzentwurf einzureichen.
Das ist schon mal ein sehr weitreichender und großer Unterschied. Das olle Argument, Kollege Gumprecht, der Plattenbauschule…
Entschuldigung, das hat vielleicht was damit zu tun, dass Ihre Argumente einfach einheitlich waren, weil Sie es ablehnen. Damit wird es wohl etwas zu tun haben.
Also das dumme Argument, dass eine Plattenbauschule nicht barrierefrei hätte hergestellt werden können, ist einfach absurd. Gehen Sie doch einfach
mal in die Stadtteile in Erfurt und andere Städte oder Landkreise, da ist in den vergangenen Jahren Barrierefreiheit hergestellt worden. Da wurden Rampen eingebaut, da sind Aufzüge angebaut worden.
Mit einem nächsten Argument sage ich Ihnen, warum die Forderung nach barrierefreien Wahllokalen gut und richtig ist: Die Vergangenheit hat es bewiesen, wer vor Ort kreativ ist, kann mit Vereinen und Verbänden, mit Wohnungsgenossenschaften auch Möglichkeiten finden, um barrierefreie Wahllokale anzumieten für dieses hohe demokratische Recht, wählen zu gehen.
Das funktioniert. Da können Sie weiter rumbrüllen, wie Sie wollen, wir sind der Auffassung, dieses Recht sollte jeder Bürger in Thüringen, der betroffen ist, auch zu 100 Prozent für sich in Anspruch nehmen können.
Ich will auch noch einmal auf die Bemerkungen eingehen, die der Herr Innenminister im Juli zu unserem Antrag gemacht hat - ich gehe mal davon aus, er wird sich dann wieder zu Wort melden -, als er im Prinzip gesagt hat, in unserer Begründung sei die Verpflichtung des Nachteilsausgleichsgebots in Artikel 2 der Thüringer Verfassung und des UN-Abkommens über die Rechte der behinderten Menschen zur Herstellung der umfassenden Barrierefreiheit nicht vereinbar. Das haben wir uns noch einmal genau angeschaut, denn Hinweise eines Ministers nehmen wir schon ernst. Ich kann an der Stelle nur entgegnen, dass beide Regelungen, sowohl die Thüringer Verfassung in Artikel 2 als auch die UN-Behindertenrechtskonvention, individuelle, also letztendlich einklagbare Rechte für jeden einzelnen Menschen mit Behinderungen beinhalten. Diese Regelungen der UN-Konvention wurden in der Erkenntnis getroffen, wie wichtig diese individuelle Autonomie und Unabhängigkeit, Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen ist, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen. Es steht in Artikel 1 der UN-Behindertenrechtskonvention - noch einmal zum Nachlesen, Sie haben es vorhin ja auch noch einmal zitiert -, dass der Zweck dieser Übereinkunft ist, die volle gleichberechtigte Teilhabe, also den vollen Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für Menschen mit Behinderungen zu fördern und zu gewährleisten. Es ist formuliert und es ist einklagbar.
Werter Kollege Gumprecht, Sie haben vorhin auch Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention angerissen,
denn den ganzen Artikel 29 haben Sie nicht vorgelesen, das würde ich gerne jetzt einmal ergänzen,
Die Argumente sind ausgetauscht. Ich würde gern mein Kollege Nothnagel hat es bereits angekündigt - in dem zuständigen Ausschuss auch noch einmal mit Betroffenenvertreterinnen und -vertretern argumentieren und mich auseinandersetzen. Darum noch einmal von meiner Stelle die Bekräftigung, unseren Gesetzentwurf an die Ausschüsse zu überweisen, dann kann vielleicht die Fragestellung Ihrerseits, ob es denn sinnvoll ist oder nicht, durch die Betroffenenverbände noch einmal begründet werden. Das wäre gelebte Demokratie auch im Vorfeld der Kommunalwahlen, Europawahlen und natürlich auch der Landtagswahlen. Danke schön.
Herr Bergner, können Sie mir sagen, bis zu welchem Zeitpunkt die Kollegin, von der Sie gerade gesprochen haben, Bürgermeisterin in Ihrer Gemeinde war, und können Sie mir auch beantworten, seit welchem Jahr die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten ist? Können Sie mir drittens noch beantworten, ob sich damit gesetzliche Änderungen ergeben haben, die zwingend neue Möglichkeiten eröffnen, um unter anderem auch barrierefreies Wählen zu gewährleisten?
Danke, Herr Präsident.
Verordnungsentwurf des Landes zur Verteilung der Mittel des Bildungs- und Teilhabepakets?
Im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage, die ich am 13. November 2013 an die Stadtverwaltung Erfurt richtete, wurde mir unter anderem mitgeteilt, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt derzeit eine Verordnung erstellt, die für eine bedarfsorientierte Weitergabe an einzelne Kommunen im Rahmen der dem Land zugewiesenen Mittel des Bildungsund Teilhabepakets sorgen soll. Nach Kenntnis der Stadt Erfurt - Stand: 20. November
2013 - soll die Verordnung noch 2013 erlassen werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hat sich nach Kenntnis der Landesregierung die Quote des Mittelabrufs im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets seit Bestehen entwickelt - bitte nach Kreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln?
2. Welche genaue Ausgestaltung und Zielstellung soll die beschriebene Verordnung haben?
3. Welche Verbände, Träger und weiteren Organisationen sind gegebenenfalls in die diesbezüglichen Planungen einbezogen worden?
4. Ab wann soll die Verordnung greifen?
Danke.
Danke, Herr Präsident.
Nachgefragt: Novelle des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen
In der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage in Drucksache 5/5716 vom 7. Februar 2013 wurde mitgeteilt, dass die Kabinettsbefassung mit der Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes für Oktober 2013 vorgesehen sei. Danach erfolge zeitnah die Zuleitung an den Landtag.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand der Novellierung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen?
2. Wann und mit welchem Ergebnis hat sich das Kabinett im Oktober 2013 mit dem Gesetzentwurf befasst?
3. Welchen konkreten Zeitplan (Kabinettsberatun- gen, Einbringen in den Landtag usw.) verfolgt die Landesregierung (auch in Bezug auf die Aussage im Koalitionsvertrag zwischen den Regierungspar- teien) bei der Novelle des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Datum vom 13.03.2013 in der Drucksache 5/5838 brachte BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag „Generellen Ausschluss homosexueller Männer von der Möglichkeit zur Blutspende aufheben sowie Abbau sonstiger gruppenbezogener Diskriminierung in Bezug auf die Blutspende-Regelungen“ in den Thüringer Landtag ein. Dieser Beschluss wurde im April 2013 hier im Landtag diskutiert und mit Beschluss vom 26. April dieses Jahres wurde die Nummer II des oben erwähnten Antrags an den Gleichstellungsausschuss überwiesen. Der Gleichstellungsausschuss hat die Nummer II des Antrags in seiner 36. Sitzung am 15. Mai 2013, in seiner 37. Sitzung am 12. Juni 2013 sowie in der 38. Sitzung am 11. September 2013 sowie in der 39. Sitzung am 9. Oktober 2013 und der 40. Sitzung am 13. November 2013 beraten. In der 36. Sitzung des Ausschusses am 15. Mai 2013 wurde von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Antrag gestellt, eine mündliche Anhörung
durchzuführen. Dem wurde gefolgt. Gleichzeitig wurde durch den Abgeordneten Augsten der Antrag gestellt, dass zu der Anhörung eine Mitberatung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu erfolgen habe. Diesem Antrag und diesem Anliegen ist der Ausschuss nicht gefolgt. In der 37. Sitzung am 12. Juni dieses Jahres wurde die Liste der Anzuhörenden beschlossen. Es wurden 11 Anzuhörende eingeladen, es war der DRK-Landesverband Thüringen e.V., die AIDS-Hilfe Thüringen, der Lesben- und Schwulenverband Thüringen e.V., die Landesärztekammer Thüringen, die Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e.V., das Institut für Transfusionsmedizin Suhl, das Institut für Transfusionsmedizin an der Uni Jena, die Haema AG, die Deutsche Hämophiliegesellschaft, das Robert-Koch-Institut sowie das Paul-Ehrlich-Institut. Abgelehnt wurde die Anhörung der AIDS-Hilfe Weimar und Ostthüringen e.V. auf Vorschlag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Vereins „Vielfalt Leben - QueerWeg“ auf Vorschlag der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP-Fraktion. Wie bereits erwähnt, hat der Ausschuss in seiner Sitzung am 11. September 2013 eine der größten Anhörungen, die der Ausschuss in seiner jetzigen Tätigkeit in den zurückliegenden vier Jahren durchgeführt hat, erlebt. Das war gut bei diesem Thema. In der Sitzung des Ausschusses vom 13. November 2013 haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgrund der Änderungen, die durch die Anhörung aufgenommen worden sind, einen Ergänzungsantrag gestellt. Die Diskussion im Ausschuss wurde noch einmal durchgeführt. Der Beschluss und die Beschlussempfehlung des Ausschusses heißt, die Nummer II des Antrags abzulehnen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich als glühende Verfechterin der Gleichstellungspolitik, die seit vier Jahren im Gleichstellungsausschuss sitzt, hätte mir wirklich in den zu
rückliegenden Jahren solche intensiven Diskussionen gewünscht,
wie wir sie heute hier zum Thema Blut oder - anders formuliert - „Generellen Ausschluss homosexueller Männer von der Möglichkeit zur Blutspende aufheben sowie Abbau sonstiger gruppenbezogener Diskriminierung in Bezug auf die BlutspendeRegelungen“ noch mal zusammenfassen. Also wirklich, das war eine sehr gute Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen im Gleichstellungsausschuss. Bekanntlich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, stirbt die Hoffnung ja zum Schluss. Somit habe ich Hoffnung, dass wir uns in den verbleibenden neun Monaten auch noch intensiv über andere Themen der Gleichstellung im Ausschuss unterhalten können, dass wir weitere Anhörungen durchführen können, die uns zu guten Erkenntnissen führen.
Dr. Hartung, lassen Sie mich eine Anmerkung machen. Ich fand es nicht gut - und das will ich auch an der Stelle sehr, sehr deutlich sagen -, dass Sie gemeint haben, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben diesen Antrag nur gestellt, um die Erwartung eines bestimmten Klientels zu erfüllen.
Nein, ich glaube und ich weiß, es geht in dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN um den Abbau von Diskriminierung auf der einen Seite,
aber auf der anderen Seite auch um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.
Und das, werte Kolleginnen und Kollegen, muss an der Stelle auch noch mal deutlich formuliert werden.
Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es bereits erwähnt, wir als Ausschuss haben uns sehr intensiv mit der Thematik der Blutspende von Homosexuellen auseinandergesetzt. Wir haben es uns auch nicht leicht gemacht, ob denn nun die Abschaffung auf der einen Seite die Abschaffung eines Diskriminierungstatbestandes darstellt oder ob die Sicherheit der Patientinnen und Patienten das Wichtigere ist. Ich denke - und das ist auch in meiner Fraktion ganz deutlich zum Ausdruck gekommen -, dass es wichtig ist, dass es keine Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger geben darf. Das haben auch alle hier noch einmal in ihren Reden verdeutlicht.
Aber von dieser gemeinsamen Grundüberzeugung ausgehend, stellt sich doch die Frage, wann die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit aufhören und wo die Diskriminierung anfängt und ob es immer darum geht, wer zu welchem Zeitpunkt Blut spenden darf und wie gewährleistet werden kann, dass mit diesem gespendeten Blut, mit dem die Gesundheit von Menschen wiederhergestellt oder sogar ihr Leben gerettet werden soll, oder dass keine Krankheiten übertragen werden, schon gar nicht durch die HIV-Infektion. Bislang wurde aus dem erhöhten Risiko homosexueller Männer, die an Aids erkrankten, der Schluss gezogen, dass sie zwar zu einer Gruppe gehören, die grundsätzlich auszuschließen ist, aber gleichzeitig ist immer davon ausgegangen worden, dass sie eine erhöhte Ansteckungsgefahr in sich bergen würden. Deswegen wurden sie also von der Blutspende ausgeschlossen. Im Umkehrschluss heißt das natürlich, ihnen wird unterstellt, jeder schwule Mann hat regelmäßig ungeschützten Sex, mit welchem Partner auch immer. Diese Annahme, werte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur diskriminierend, sie ist meiner Meinung nach haltlos.
Es gibt zahlreiche Schwule, die seit Jahren und Jahrzehnten in einer festen Partnerschaft leben, Schwule, die kein aktives Sexleben haben, oder solche, die sich mit ihrem Partner bei jedem sexuellen Kontakt gemeinsam schützen. All diese Männer sind kein größerer Risikoträger als heterosexuelle Frauen oder Männer, die sich in ähnlichen Lebenslagen bei gleichem Sexualverhalten auch anstecken können. Über diese Personen, werte Kolleginnen und Kollegen, haben wir in den zurückliegenden Diskussionsmonaten nicht so sehr intensiv gesprochen. Also sind wir doch schon bei dem Kern des Problems. Nicht entscheidend ist unserer Meinung nach, welche sexuelle Orientierung jemand hat, sondern wie er sich verhält. Deswegen fordert der Lesben- und Schwulenverband, dass überprüft werden soll, ob der bisher unterschiedlich formulierte Ausschluss von Hetero- und Homosexuellen durch einen generellen Ausschluss aller Personen ersetzt werden kann, die einen ungeschützten Sexualverkehr mit wechselnden Personen haben. Das wäre doch noch einmal ein richtiger Ansatz. Um dennoch sicher zu sein, dass das gespendete Blut keine Krankheitserreger enthält, gilt es, das diagnostische Fenster auszunutzen, also die Zeitspanne, in der mit einer modernen Untersuchungsmethode die entscheidenden Krankheiten wie HIV, Hepatitis oder der West-Nil-Virus nachgewiesen werden können. Hierfür müssen die Personen, die Blut spenden wollen, mitteilen, wann sie das letzte Mal ungeschützten Sex hatten. Das gilt also nicht nur für homo- oder bisexuelle Männer, sondern für alle, die zur Blutspende kommen. Hier
stellt sich nun die Frage, ob es dafür einen umfangreichen Fragekatalog braucht und ob es dem Blutspendeinstitut oder dem Blutspendedienst oder auch den Spendern gewissermaßen zumutbar ist, dass sie bis ins kleinste Detail ihr Sexualleben durchleuchten lassen müssen. Ich denke, an der Stelle nein, es ist nicht zumutbar. Meines Erachtens ist das nicht notwendig. Wenn die Zeitspanne des diagnostischen Fensters zum Beispiel bei vier Monaten läge, wie im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formuliert, müsste also doch nur die Frage gestellt werden, ob der letzte ungeschützte Sexualkontakt innerhalb der letzten vier Monate gelegen hat. Wird das mit Ja angekreuzt, wird die Person also gebeten, erst nach Ablauf der vier Monate wiederzukommen. Bei einem Nein wäre das Problem unserer Meinung nach gelöst. Werte Kolleginnen und Kollegen, jetzt könnte natürlich eingewandt werden - und das ist auch im Ausschuss immer angedeutet worden -, dass die Befragten möglicherweise nicht die Wahrheit sagen würden. Aber das trifft alle Menschen. Wer im Bordell war, einen Urlaub in einem Land mit dem West-Nil-Virus gemacht hat oder als Heterosexueller zu den Risikogruppen gehört, kann ebenso die Unwahrheit sagen wie ein homosexueller Mann, das wissen wir doch alle. Dieses Restrisiko gibt es also immer. Aber da in diesem Land nicht wirklich unzählige Menschen durch Blutkonserven mit lebensgefährlichen Krankheiten angesteckt worden sind, sollten wir doch nach Aussage auch von Prof. Groll, der es im Ausschuss noch einmal bestätigt hat, dass ganz viele der Spenderinnen und Spender, die kommen, sehr verantwortungsbewusst sind, wir sollten uns also auf diese Aussagen beziehen und diese VierMonate-Regelung auf den Weg bringen. Wir wissen, hier im Landtag können wir es nicht gemeinsam, aber wir können die Landesregierung bitten, das zu tun und sich in den entsprechenden Gremien einzusetzen, wie das bereits erwähnt worden ist. Die Anzuhörenden haben auch erwähnt, das will ich an der Stelle noch einmal sagen, dass auf die Nachfragen: „Haben Sie in den letzten Monaten etwa einen Auslandsbesuch in Ländern gehabt, wo eine Blutspende danach nicht in Frage kam? Oder haben Sie eine Tätowierung vornehmen lassen?“, die Betroffenen immer, so wurde uns mitgeteilt, ausführlich geantwortet haben, wenn das passiert ist. Also gehen wir doch mal davon aus, dass die Mehrzahl der Spenderinnen und Spender ganz bewusst damit umgeht und natürlich nicht beabsichtigt, aufgrund der Blutspende andere Menschen anzustecken.
Darum bin ich ganz, ganz fest der Auffassung, dass der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - den würde ich jetzt auch gern noch vorlesen, damit auch jeder weiß, was in dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht - der richtige Antrag ist, den wir heute hier auch beantragen können. An der Stelle, werte Kolleginnen und Kollegen von der Ko
alition, hätte ich mir auch gewünscht, dass Ihr Angebot in dem vorletzten Gleichstellungsausschuss, einen Änderungsantrag in den Ausschuss zu bringen, Wirklichkeit geworden wäre. Dann hätten wir als Ausschussmitglieder die Möglichkeit gehabt, um einen gemeinsamen Antrag zu ringen, damit das Diskriminierungsverbot wirklich umgesetzt wird.
In dem Sinne stimmt meine Fraktion dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu und wird den Antrag von der SPD- und der CDU-Fraktion mit Enthaltung würdigen. Danke schön.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, Arbeitsverweigerung Nummer 2 ist das in meinen Augen, was die
Koalition gerade hier vorbringt, ich habe das gerade schon im Ausschuss erlebt. Sich mit Fragen der Oppositionsfraktionen inhaltlich auseinanderzusetzen, indem wir einen Antrag vorlegen, wo es um das „Budget für Arbeit“ geht, ist nicht ihre Sache.
Herr Grob, ich habe eigentlich von Ihnen kein Argument gehört, warum unser Antrag nicht geht,
außer, Sie haben keine Lust, keine Intention, sich weiterbilden zu lassen, auch nicht in einer Ausschussberatung, wo man genau diese Inhalte hätte noch einmal bereden können, wenn Sie gewollt hätten. Und, Frau Künast, warten auf das, was in Berlin passiert, das haben uns die letzten zehn Jahre gezeigt, bringt uns nicht wirklich weiter. Denn die Novelle zur Eingliederungshilfe ist seit zehn Jahren in der Diskussion. Ich sehe im Moment noch nicht wirklich ein neues Gesetz, auch wenn es dringend notwendig wäre.
Meine Kolleginnen und Kollegen, was unterscheidet die Länder Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Baden-Württemberg oder den Stadtstaat Hamburg von Thüringen? Nicht nur die Farben der Regierung, sondern auch, wie diese Länder sich zu dem „Budget für Arbeit“ verhalten. Es ist nicht nur Rheinland-Pfalz, das seit 2006 das „Budget für Arbeit“ auf den Weg gebracht hat, sondern es sind auch Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hamburg. Das „Budget für Arbeit“ ist keine Erfindung von meiner Fraktion, der Fraktion DIE LINKE, sondern es ist eine Erfindung von Akteuren auf dem Arbeitsmarkt, die für Menschen mit Behinderungen, die richtig fit sind, eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt suchen, um sie zu integrieren.
Hier hätten wir die Möglichkeit, auch in Thüringen endlich dieses Modellprojekt auf den Weg zu bringen, wenn eine Landesregierung dieses ernst nehmen würde.
Wir haben in der 4. Legislatur - Frau Künast hat es bereits angedeutet - einen Antrag von Ihnen gehabt, von der SPD-Fraktion, da ist uns erklärt worden, die rechtliche Lage funktioniert nicht. Das hat sich aber mittlerweile geändert, die Thematiken zur Rentenproblematik. Das zeigen uns auch die anderen Bundesländer. Heute erzählen Sie uns, wir müssen warten, warten auf das, was in Berlin passiert. Ich glaube, da stehen wir in fünf Jahren immer noch hier und sagen, es ist nichts passiert durch eine große Koalition von CDU und SPD. Also müssen wir als Landespolitikerinnen und -politiker Antworten geben und endlich mutig sein, auch neue Wege zu gehen. Und die Zahlen, Herr Grob, sprechen schon für sich. Es geht hier nicht um die allgemeine Arbeitsmarktpolitik und die Zahlen der Arbeitsuchenden, sondern es geht hier in unserem Antrag vor allem um die Personen, die behindert sind. So ist es für uns nicht verständlich, wenn die allgemeine Arbeitslosigkeit zwar zurückgeht, aber das bei Menschen mit Behinderungen nicht wirklich nachvollziehbar ist. Denn Menschen mit Behinderungen haben in den letzten Jahren immer einen hohen Stand an Arbeitslosigkeit gehabt. 6.472 Personen waren und sind arbeitslos im Moment, und das in den unterschiedlichsten Rechtskreisen, entweder im SGB II oder III, da sind es im SGB III 2.525 Personen und im SGB II 3.994. Also eine hohe Anzahl der arbeitsuchenden Menschen mit Behinderungen auf der einen Seite und auf der anderen Seite steigt die Anzahl der Menschen mit Behinderungen, die in den Werkstätten arbeiten. Sie hat sich in den letzten 12 Jahren kontinuierlich nach oben entwickelt. Waren es 2007 noch 9.289, waren es im Jahr 2012 über 10.091 Plätze, die zur Verfügung gestanden haben. Das sagt doch auch was aus. In den Werkstätten gibt es eine große Anzahl von Personen, die die Möglichkeit haben und hätten, hinauszugehen auf den ersten Arbeitsmarkt, wenn es eine Unterstützung durch ein „Budget für Arbeit“ gäbe. Hier will ich nur noch einmal an ein kurzes Gespräch erinnern, das viele Kolleginnen und Kollegen miterleben durften. Vor der Sommerpause machte der Landesverband der Lebenshilfe ein parlamentarisches Frühstück hier im Haus. Sie bestätigen es als Vorsitzende, Frau Diezel. Zu dem Zeitpunkt war ich sehr überrascht, dass von Betroffenen, die bei der Lebenshilfe arbeiten, die dort eine Chance bekommen, sich auch weiterzuentwickeln, in den Diskussionen angemahnt worden ist, ein „Budget für Arbeit“ einzuführen.
Das hat mich ermutigt, auch in meiner Fraktion noch mal dafür zu plädieren, diesen Antrag heute auf den Weg zu bringen. Wenn schon Betroffene
sagen, wir brauchen das „Budget für Arbeit“, um die Möglichkeit zu haben, aus den Werkstätten herauszugehen, die Möglichkeit zu haben, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Betrieben aufzunehmen, dann sollten wir es hier in Thüringen auch mit viel Vehemenz und mit viel Kreativität auf den Weg bringen und nicht auf Sankt Nimmerlein verschieben
und darauf warten, dass in Berlin irgendeine, nur irgendeine Änderung eintritt. Darum also auch der Antrag. An der Stelle danke ich der Lebenshilfe ausdrücklich dafür, dass sie uns, mich und meine Fraktion, ermuntert hat, diesen Antrag heute noch einmal zu formulieren. Ich bin gespannt auf die Argumente, die uns eine Ministerin heute vorzeigen wird, warum es alles nicht funktioniert. Ich sage, Frau Taubert, ich habe den Eindruck, dass beim Thema Behindertenarbeit, Behindertenhilfe, Umsetzung der UN-Konvention Ihrerseits, seitens Ihres Ministeriums ein wenig auf die Bremse getreten wird, weil ich - wir kommen zu einem späteren Zeitpunkt noch mal darauf zu sprechen - im Moment keine neuen Akzente, keine neuen Ideen aus Ihrem Haus erlebe. Aber Sie werden sich sicher dazu noch einmal verhalten.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe vorhin von den anderen Bundesländern gesprochen, die diesen Schritt zum „Budget für Arbeit“ bereits gegangen sind. Ich will ein kleines Zitat von dem Senator für Arbeit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg bringen, der sagte: „Wir bitten die Hamburger Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber um aktive Unterstützung für unser Modellprogramm ‚Hamburger Budget für Arbeit’, das im Interesse der Menschen mit Behinderungen im Jahr 2012 bis 2014 erstmalig aufgelegt wird.“ Solche Worte, solche konkreten Worte würde ich mir auch von unserer Sozialministerin Frau Taubert wünschen.
Ich will noch ein Beispiel aus Niedersachsen bringen, da sagte die damalige Sozialministerin, die ein wunderbares Faltblatt auf den Weg gebracht hat, wo das „Budget für Arbeit“ auch noch einmal erklärt wurde: „Wir wollen in Niedersachsen mit dem ‚Budget für Arbeit’ gemeinsam die Chance für Menschen mit Behinderungen auf die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern. Das ‚Budget für Arbeit’ ist eine Chance.“ Auch der Behindertenbeauftragte aus Niedersachsen, Karl Finke, sagte: „Es geht uns um Teilhabe am Erwerbsleben, es geht darum, Unterhalt selbst zu erarbeiten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.“ Ein letztes Zitat aus diesem Bundesland will ich gern hinzufügen, das da lautet: „Das ‚Budget für Arbeit’ ist wie das persönliche Budget, also eine Abkehr vom alten Denken hin zu neuem Denken zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.“ Diesen Worten kann man eigentlich nichts mehr hinzu
setzen. Ich will noch einmal darum werben, unseren Antrag an den Ausschuss zu überweisen, damit wir dort gemeinsam noch einmal über Umsetzungsideen reden können und damit wir auch Herrn Grob vielleicht noch einmal ein paar neue Informationen mitgeben können, warum es in anderen Bundesländern funktioniert und man nicht auf Gesetzgebung vom Bund warten muss, sondern auch in Thüringen die Möglichkeit hätte. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, werte Kolleginnen und Kollegen, auch von meiner Seite zuerst Dank an Frau Ministerin für den Bericht und zweitens Genesungswünsche an Dr. Brockhausen
und dass er in den nächsten Tagen und Wochen uns und den Interessen der Menschen mit Behinderungen wieder mit voller Kraft zur Verfügung steht.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Bericht - das hat meine Kollegin in der Einbringung bereits erwähnt - hat viele bunte Bilder und hat natürlich auch eine Vielzahl von Hinweisen, Kritiken, Forderungen, die - und jetzt bin ich bei dem Punkt 1, den wir heute Morgen hatten - durch Politik nicht aufgenommen werden. Wer sich den Bericht beim Thema Ausblicke angeschaut hätte, hätte heute Morgen anders entscheiden müssen. Auf Seite 77 steht geschrieben: „Das Budget für Arbeit muss auch in Thüringen schnellstens kommen, damit Betroffene mehr Optionen der beruflichen Entwicklung haben.“ Aber ich gehe mal davon aus, meine Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und SPD, bis zu Seite 77 im Bericht des Behindertenbeauftragten sind Sie nicht gekommen, sonst hätten Sie heute Morgen eine andere Entscheidung getroffen.
Ich habe einen politischen Anspruch und an der Stelle auch eine politische Vision, dass spätestens zur nächsten Legislatur hier vor diesem Pult oder hinter diesem Pult der oder die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen steht und den Bericht uns, den Abgeordneten des Landtags, vorstellen kann und auch agieren kann. An der Stelle ist meine Fraktion seit vielen, vielen Jahren ganz stringent.
Denn wir fordern, und das können Sie in Dokumenten nachlesen, bereits seit vielen Jahren eine Novelle des Gleichstellungsgesetzes, wo vor allem die Rechte des Behindertenbeauftragten dahin gehend gestärkt werden, dass er unabhängig ist, dass er Zugriff auf die einzelnen Ministerien hat, dass er hier ein Rederecht hat und dass er natürlich auch ein besseres Durchsetzungsvermögen hat. Und, Frau Taubert, hier möchte ich auf Sie eingehen, wir brauchen nicht nur einen Lobbyisten als Behindertenbeauftragten, sondern ich bin der Auffassung, wir brauchen einen Behindertenbeauftragten, der wirklich gute, sehr gute Befugnisse hat, um
die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Behinderungen umzusetzen.
Natürlich.
Also Stundenzettel soll ein Behindertenbeauftragter nicht verlesen. Er soll hier stehen können, soll uns als Abgeordneten mit auf den Weg geben, wo es klemmt, wo wir uns politisch noch weiter engagieren müssen,
wo die Landesregierung einfach Hilfe und Unterstützung braucht, wenn es nicht so richtig klappt in einer Koalition, das soll ein Behindertenbeauftragter hier von der Stelle machen und nicht Stundenzettel vorlesen. So habe ich auch meine Kollegin nicht verstanden.
Darum sage ich, wir brauchen nicht nur einen Lobbyisten, sondern wir brauchen einen Menschen, der hier steht, der sich engagiert für Menschen mit Behinderungen und der vor allen Dingen gute Befugnisse hat. Und das ist im Moment meiner Meinung nach nicht gegeben. Er ist im Sozialministerium angesiedelt, er kann sich mühen - und das tut er redlich -, aber er kommt auch an seine Grenzen, wenn unterschiedliche Ministerien nicht in der Lage oder nicht willens sind, seine Vorschläge aufzunehmen. Die Kollegin Schubert von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ein Beispiel gesagt, das Thema der Nieder- bzw. der Hochflurbusse, was uns gleich zu Beginn der Legislatur sehr beschäftigt hat und was bis heute ungeklärt ist. Wir können in dem Bericht weitere Hinweise lesen, wo der Behindertenbeauftrag
te die Ministerien gebeten hat, Änderungen vorzunehmen, was einfach ignoriert wird. Ich glaube, das geht nicht. Da sind wir auch an dem Punkt, dass unser Gleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2005 ist. Es ist am 23. Dezember 2005 in Kraft getreten und meiner Meinung nach ist das nicht mehr auf der Höhe der gesetzlichen Ansprüche.
Darum braucht es unbedingt eine Novellierung. Zwischenzeitlich, das haben wir hier heute auch schon ganz oft gehört, ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten und die spielt in diesem Gleichstellungsgesetz keine Rolle. Darum haben wir als Fraktion in diesem Jahr bereits einen Gleichstellungsgesetzentwurf vorgelegt, wo genau berücksichtigt wurde, dass die neuen gesetzlichen Vorgaben auch eingehalten werden und eingetragen worden sind. Darum kommen wir nicht weiter in der Diskussion um unseren Antrag, weil ein Gleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2005 heute nicht mehr modern ist, Frau Taubert. In einer Kleinen Anfrage haben Sie mir einmal bestätigt, dass im Oktober dieses Jahres das Gleichstellungsgesetz den ersten Kabinettsdurchgang machen soll - im Oktober. Wir haben noch zwei Wochen im Oktober, aber ich sehe keinen Kabinettsdurchgang des Gleichstellungsgesetzes im Oktober. Das ist doch die Crux, das ist auch noch einmal meine Kritik im Moment an Ihrem Ministerium, dass an der Stelle nicht mehr konstruktiv und intensiv gearbeitet wird. Ich würde da einfach ein bisschen mehr Schwung reinbringen.
Lassen Sie mich auch noch einmal eine Kritik mit aufgreifen, das ist die Kritik des Maßnahmeplans. Der Maßnahmeplan ist im Mai 2012 verabschiedet worden. Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, dass Sie erst die Kraft auf den Maßnahmeplan gelegt haben und sich dann an das Gleichstellungsgesetz machen wollten. Aber da sind auch anderthalb Jahre ins Land gegangen und wir sehen keine Ergebnisse. Also lassen Sie sich nicht vielleicht von Kolleginnen und Kollegen in Ihrem Hause oder in anderen Häusern bremsen, sondern legen Sie eine Schippe zu, eine Kohle auf, damit wir in dieser Legislatur noch ein gutes Gleichstellungsgesetz mit guten Forderungen verabschieden können. Das Thema Maßnahmeplan will ich wirklich noch mal von einer anderen Seite beleuchten. Der Behindertenbeauftragte hat uns in das Stammbuch geschrieben, dass es zwar über 280 einzelne Aufgaben gibt, aber sie werden zeitlich nicht ganz konkret untersetzt.
Das ist das Erste. Das Zweite ist, die finanzielle Untersetzung der Maßnahmen fehlt auch. Da hat die Landesregierung in den zurückliegenden Jahren bei der Haushaltsberatung auch immer zwei Augen zugedrückt und dachte, vielleicht geht es ohne
Geld, aber an der Stelle ist auch zu sagen, ohne Geld werden wir eine wirkliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im Lande Thüringen nicht umsetzen können und da muss auch nachgesteuert werden.
Werte Kolleginnen und Kollegen, Ihre Kritik an unserem Antrag kann man dahin gehend beenden oder heilen, indem man unseren Antrag erstens an den Ausschuss überweist, weil man dann einfach noch mal Vorstellungen Ihrerseits artikulieren und Änderungsanträge einbringen kann. Aber zweitens kann man natürlich auch in einer Ausschussberatung die Inhalte, die in dem Bericht des Landesbeauftragten formuliert worden sind, noch mal ausführlich diskutieren. An der Stelle bin ich mir eigentlich sehr sicher, dass unser Antrag mit dem Bericht an den Ausschuss überwiesen wird, denn anlässlich der öffentlichen Übergabe des Berichts zu der Pressekonferenz am 28. August dieses Jahres haben sowohl die Ministerpräsidentin als auch die Sozialministerin sowie auch Frau Diezel als Präsidentin des Thüringer Landtags ausdrücklich immer wieder betont, dass dieser Bericht in den Ausschüssen beredet werden soll und darum bin ich ganz optimistisch, dass die Worte der drei Frauen vom 28. August dieses Jahres heute immer noch gelten und dass somit der Bericht an den Ausschuss überwiesen wird. Danke schön.
Danke, Frau Präsidentin.
Auswirkungen von Frauenquoten in Unternehmensführungen auf die Baupreise in Thüringen
In einem Interview mit der Thüringischen Landeszeitung, welches am 7. August 2013 erschien,
sprach der Vorsitzende der die Regierung tragenden Fraktion der CDU unter anderem über Gründe für Baukostensteigerungen im Staatlichen Hochbau. Herr Mohring wird dort wie folgt zitiert: "Je mehr Standards festgelegt werden, je mehr ich von den Unternehmern abverlange - vom Lohnniveau über Umweltvoraussetzungen bis hin zu Frauenquoten in Unternehmensführungen - desto unwahrscheinlicher ist es, dass der Bau preiswert wird."
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Frauenquoten in Unternehmensführungen ein Grund dafür sein können, dass nicht preiswert gebaut werden kann?
2. Falls Frage 1 bejaht wurde: Welche Gründe führen nach Auffassung der Landesregierung dazu, dass Baumaßnahmen von Unternehmen, in deren Führung keine Frauenquote gilt, preiswerter sein können?
3. Falls Frage 1 verneint wurde: Beabsichtigt die Landesregierung, die genannten Äußerungen des Vorsitzenden der Fraktion der CDU im Thüringer Landtag zum Anlass zu nehmen, um die Auswirkungen von Frauenquoten in Unternehmensführungen auf die Kosten von Baumaßnahmen wissenschaftlich zu untersuchen? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
Danke.
In der Antwort 1, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie geäußert, dass es Erhöhungen geben kann. Würden Sie mir jetzt noch mal eine Begründung geben, wie und an welchen Maßstäben Sie die Erhöhungen messen, wenn es eine Frauenquote gibt?
Sie gehen davon aus, dass da, wo Frauen vorhanden sind, die Frauen besser bezahlt würden und darum die Preise teurer werden?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, von solchen üppigen Bezügen, von denen wir gerade hörten, können Hartz IV-Empfänger leider nur träumen, will ich an der Stelle wirklich gesagt haben.
Im Jahr 2008 hat die Große Koalition von SPD, CDU und CSU im Bundestag den § 12 a im SGB II verankert, der uns heute beschäftigt. Eine der Kernaussagen dieser Paragrafen beschreibt die Möglichkeit der Jobcenter, mit Vollendung des 63. Le
bensjahrs für einen Erwerbslosen Rentenleistungen zu beantragen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Betroffenen in Rente gehen wollen, selbst ihr ausdrücklicher Widerspruch spielt keine Rolle. Allein das Jobcenter entscheidet, ob der Rentenantrag zu stellen ist oder nicht. Deshalb hat sich in der Praxis schnell der Begriff „Zwangsverrentung“ eingeschlichen. Es ist ein Begriff, der auf der einen Seite etwas ängstlich erscheint, aber auf der anderen Seite seine Berechtigung hat. Denn es kann nicht angehen, dass Menschen, die es nicht wollen, mit dem 63. Lebensjahr in Rente geschickt werden und auf der anderen Seite hören wir von der Landesregierung immer wieder das Thema Fachkräftemangel und wir hören auch, wie viel angeblich getan wurde, um Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Betroffene müssen also ein Leben lang mit Rentenabschlägen von teils über 10 Prozent leben. Sie werden meist direkt zum Sozialamt geschickt oder sie müssen Grundsicherung beantragen. Das ist entwürdigend und das ist nicht das, was wir unter Anerkennung der Lebensleistung in der Rente verstehen.
Es ist ein unhaltbarer Zustand, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass immer mehr Menschen auch in Thüringen diese Grundsicherung dauerhaft in Anspruch nehmen müssen. Das ist Altersarmut pur und dies ist per Gesetz verordnet.
Sehr geehrte Damen und Herren, heute haben sich ein paar Betroffene hier auf der Tribüne mit uns versammelt, um dieses Thema zu verfolgen. Ich sage Ihnen Danke und Sie bekommen auch meinerseits und unsererseits von der Fraktion die Solidarität, damit Sie Widerspruch und Klagen einreichen können. In Thüringen wurden 2011 46 Menschen zwangsverrentet, 2012 waren es schon 91 und im ersten Halbjahr 2013 bereits 102. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, dann können wir sagen, seit 2011 hat sich diese Zwangsverrentung verdoppelt. Das ist ein Unding und wir als LINKE sagen an der Stelle sehr deutlich, es muss eine Gesetzesänderung weg von Hartz IV und natürlich auch weg von § 12 a durchgeführt werden. Das ist mehr als notwendig.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann nicht verstehen, warum Sie mir auf eine Anfrage, werte Landesregierung, im Sommer keine Zahlen vorlegen konnten, aber der MDR wusste welche zu berichten, sie wussten also von der Arbeitsagentur, wie sich die Zahlen in Thüringen entwickelt haben. Hier ist auch meine Kritik an die Landesregierung: Es sollte Ihnen wichtig sein, wenn wir als Abgeordnete Fragen an Sie stellen, dass die auch von Ihnen beantwortet werden und Sie nicht mit lapidaren Sätzen kommen, wir können nicht, weil keine Statistik da ist. Ich glaube, hier hat eine Landesregierung eine andere Aufgabe und mein Frage- und In
formationsrecht habe ich hier schon sehr beschnitten und nicht wirklich gewürdigt gesehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie es mich noch einmal zusammenfassen. Auch wenn es den Minister Machnig im Moment nicht so sehr interessiert,
Zwangsverrentung ist und war ein Geschenk der Großen Koalition. Es bedeutet für die meisten Betroffenen den direkten Weg in die Altersarmut. Da wird der eigentliche Sinn der Sozialgesetzgebung, ein Leben in Würde sicherzustellen, konterkariert. Es wird Zeit, diese Praxis zu beenden und im Rahmen einer wirklichen Reform das gesamte Hartz-IVSystem abzuschaffen. Wir als LINKE stehen hier im Parlament sowie im Deutschen Bundestag ausschließlich dafür, dass dieses abgeschafft wird. Wir fordern eindringlich noch mal auf, dass wir für sanktionsfreie Mindestsicherung kämpfen, für eine Alterssicherung, die den Namen verdient. Wir sagen als LINKE, wir brauchen eine Mindestrente von 1.050 € und wir brauchen eine Betreuung der Betroffenen in den Jobcentern, die die Würde der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt, wo aber auch die Wünsche der Betroffenen im Mittelpunkt stehen, nicht die Drangsalierung. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, so wie meine zwei Vorredner, glaube ich, können wir das Thema barrierefreie Wahllokale nicht zukünftig thematisieren, denn
Inklusion hat nicht nur etwas mit Bildung zu tun, wie wir am Mittwoch in einer sehr ausgedehnten Aktuellen Stunde erleben durften, sondern Inklusion hat auch etwas mit barrierefreien Wahllokalen zu tun.
Herr Gumprecht, Formalitäten, wie Sie sie hier gerade dargelegt haben, bringen uns in diesem Punkt
nicht weiter, indem Sie den Bezug auf das Bundeswahlgesetz herstellen und dann im Prinzip erläutern, warum alles hier im Lande nicht gehen sollte.
Beschwerden, die vielleicht nicht geführt worden sind, aus welchen Gründen auch immer, warum Leute sich nicht beschwert haben im Jahr 2009, im Vorfeld oder im Nachgang der Bundestagswahl, sind doch kein Grund zu formulieren, weil es keine gab, machen wir nichts.
Herr Bergner, die Kosten - natürlich kosten barrierefreie Wahllokale ein paar Pfennige, natürlich, aber Demokratie kostet Geld und darum braucht man auch barrierefreie Wahllokale, damit Menschen mit Behinderungen diese Demokratie
auch wahrnehmen können. Der Verweis auf eine DDR-Plattenbauschule, das ist so was von absurd und so weit hergeholt, da sage ich: Nach 23 Jahren,
Herr Bergner, hätte man eine Plattenbauschule aus DDR-Zeiten bereits barrierefrei umgestalten können. Da, wo ein Wille ist, wäre das auch möglich
gewesen, und an vielen Stellen ist dies bereits umgesetzt worden. Und - unser Antrag ist bereits drei Monate alt. Dass der heute erst aufgerufen wurde, hat vielleicht auch was damit zu tun, dass eine FDP-Fraktion in den zurückliegenden Monaten eine Vielzahl von parlamentarischen Anträgen hier eingebracht hat, wo ich denke, das war vielleicht Populismus.
Aber so weit, so gut.