Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

(Beifall FDP)

und wie man auch vielleicht Privatwirtschaft entsprechend fördert. Aber Herr Kuschel, die DDR hatte 12 Mrd. € Schulden. Ich weiß gar nicht, ob das allein ausgereicht hat, um die Mauer zu finanzieren. Das ist eines der Großprojekte, in das damals das Geld gesteckt wurde.

(Beifall FDP)

Und weil es eben genau dorthin gesteckt wurde, sah das restliche Land so aus, wie es aussah. Weil der DDR auch niemand Kredit gegeben hat, aus gutem Grund, deswegen musste die DDR ihr Geld unter anderem mit Menschenhandel verdienen.

(Beifall FDP)

Sie haben Gefangene, politische Gefangene in die Bundesrepublik verkauft.

(Beifall CDU)

Sie haben sich von Franz Josef Strauß Regelungen wie den kleinen Grenzverkehr für teures Geld abkaufen lassen. Nichts anderes als Menschenhandel ist das gewesen. Sie haben ein Land hinterlassen, welches man in vielerlei Hinsicht nur als verrottet bezeichnen kann.

(Beifall FDP)

Ich habe jahrelang Altlastensanierung gemacht. Allein nur die Sanierung der Wismut hat inzwischen etwa 7 Mrd. € gekostet. Das hat der Bund bezahlt. Das hat mit den Schulden des Landes nichts zu tun, aber es ist Geld, welches aus dem Gesamtvermögen, aus dem gesellschaftlichen Gesamtvermögen der Bundesrepublik aufgebracht worden ist. Da ist die Wismut nur ein kleiner Punkt. Wer sich vielleicht noch einmal erinnert, wie unsere Straßen ausgesehen haben, wer sich erinnert, wie unsere Städte ausgesehen haben. Ich habe da eine Geschichte, ein kleines Erlebnis in Erinnerung. In Jena war vor zwei Jahren oder so eine Ausstellung „Bilder von 1989“ und die gleichen Ansichten von 2010. Man steht dann davor und unterhält sich, kommt ins Gespräch mit anderen Leuten. Da stand eine ältere Frau und die sagte: Na, ja - das sieht vielleicht von damals alles deshalb zu trübe aus,

weil das alles Schwarz-Weiß-Fotografien sind. Da habe ich einen Moment darüber nachgedacht, weil das ja erst einmal ganz plausibel klingt und dann habe ich gedacht und zu ihr gesagt: Wissen Sie, ich glaube, das würde noch dramatischer aussehen, wenn die Bilder aus den 80er-Jahren auch in Farbe wären.

So war es auch. Ich habe dann kurz danach hier in Erfurt zufällig einen Film gesehen über die Innenstadt, in Farbe aufgenommen. Dass das ein Farbfilm war, hat man eigentlich nur an zwei Dingen erkannt, an dem blauen Himmel und an den roten Flecken an den Häusern, das waren die Stellen, wo der Putz gefehlt hat. Ansonsten war das alles grau in grau, das hätten genauso gut Schwarz-WeißAufnahmen sein können. So hat das Land ausgesehen, dass Sie hinterlassen haben.

(Beifall CDU, FDP)

Sie haben keinen Kredit bekommen, aber Sie haben eben Schulden übergeben in Form von Sanierungsstau, sagen Sie. Sanierungsstau, das klingt so

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Kredit heißt Vertrauen.)

genau, Kredit heißt Vertrauen und das hatte in das Land einfach niemand -, als ob man mal zwei, drei Jahre nichts gemacht hat. Sie haben ein Land hinterlassen, in dem vieles noch auf dem Stand war, der vielleicht wirklich kurz nach der Schlacht im Teutoburger Wald aktuell gewesen ist.

(Beifall FDP)

Dann, Herr Kuschel, die Mär davon, dass Steuersenkungen die öffentlichen Haushalte ruinieren. Ich habe das in meiner Rede vorhin gesagt. Der Freistaat Thüringen hatte 2010 265 Mio. € Steuermehreinnahmen als er geplant hatte. Dass damals vorsichtig geplant worden ist, kann man wirklich nicht sagen mit Blick auf das, was ausgegeben werden sollte. Nicht die Frage des Steuersatzes ist entscheidend, sondern die Frage der tatsächlichen Steuereinnahmen.

Das Land, das Sie hinterlassen haben, Herr Kuschel, in dem war der Spitzensteuersatz bei 90 Prozent. Wenn Ihre Theorie ansatzweise stimmen würde, dann hätten Sie blühende Landschaften hinterlassen. Dann hätte es für Dinge wie friedliche Revolution überhaupt keinen Anlass gegeben.

(Beifall FDP)

Die Folge solcher Steuerpolitik ist, dass am Ende einfach niemand mehr da ist, der überhaupt noch Steuern bezahlt, weil sie die Wirtschaft und die Privathaushalte mit solcher Steuerpolitik ruinieren.

Wir wollen eine Steuerpolitik machen, die zum einen die kleinen und mittleren Einkommen in diesem Land entlastet, die dafür sorgt, dass Men

schen, die jeden Tag arbeiten gehen, nicht den Großteil ihres Einkommens an den Staat abgeben müssen. Der Kanzlerkandidat der SPD wird mit dem bemerkenswerten Satz zitiert: „Dem Land gehe es gut, aber den Menschen in ihm nicht“. Vor dem Hintergrund solcher Diskussionen muss man sich einmal den Schwachsinn überlegen, der da geredet wird. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lukin zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich wollte mich an sich nicht weiter zu Wort melden. Jede Fraktion hat gesprochen, aber das Wahlkampfgetöse von Herrn Barth hat mich doch jetzt ein wenig

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das hat Herr Kuschel eingeführt.)

verwundert. Erstens sprechen wir jetzt zum Thema Haushalt des Jahres 2010, über die Entlastung durch die Landesregierung und ich weiß nicht, ob wir die Geschichtsbetrachtung hier aufrollen sollten in dieser Form.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ach du lie- ber Himmel, haben Sie sich Ihren Kollegen angehört?)

Herr Kuschel hat sich zu Fragen der Schuldenbremse, hat sich zu Fragen der Gebietsreform geäußert und ich denke, der Beitrag war wesentlich sachlicher als das, was jetzt von Ihnen geboten wurde.

Ich möchte aber jetzt keine weiteren Bewertungen geben, das steht mir eigentlich nicht zu. Ich wollte nur auf einen Punkt noch weisen, den Frau Lehmann angesprochen hatte, und zwar, dass es klar ist, dass die Opposition dem Haushalt nicht zustimmen würde. Ich will nur sagen, für Sie war es von vornherein klar, dass keiner unserer Vorschläge weder in den Haushalt 2010 noch in den Haushalt,

(Beifall DIE LINKE)

den wir jetzt verabschiedeten, aufgenommen wurde. Ich meine, mit einer kleinen Ausnahme. Es sind zwei Haushaltsvorschläge der FDP berücksichtigt worden durch die Koalition, eine Leerstelle wurde beseitigt und Windows 07 wurde in Windows 08 benannt. An diese beiden Anträge, denen zugestimmt wurde, kann ich mich noch erinnern, aber weder die Vorschläge, die wir hatten, auch zur Unterstützung der im Koalitionsvertrag damals festgelegten Frage der Jugendpauschale, zur Entwicklung eines einheitlichen Verkehrsverbundes, zur ÖPNV-Entwick

lung, alle diese Fragen haben eine Berücksichtigung gefunden.

Wir haben doch heute versucht, sehr sachlich über die Ausführungen des Rechnungshofberichts und über die Ausführungen der Landesregierung zu diskutieren. Lassen Sie uns in diesem Geiste fortfahren, so wie wir begonnen haben. Ich denke, wir sollten uns jetzt wieder in das Thema hineinversetzen und keine Geschichtsdiskussion betreiben.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Hey zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, normalerweise wird zu diesem Thema immer unser Kollege Werner Pidde mit Redenzeiten betraut und es steht mir eigentlich auch gar nicht zu, zu diesem Thema zu sprechen, aber eines hat mich doch noch mal vor ans Pult getrieben, nun sitzt er leider hinter mir, ich müsste mich also, um ihn ansehen zu können, vor das Pult stellen, weiß aber nicht wie die Mikrofontechnik dann funktioniert.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Die funktioniert.)

Es geht um Herrn Meyer, der eine unrichtige Behauptung hier in diesem Raum noch mal zu Protokoll gegeben hat. Genau deswegen stehe ich vorn. Die steht auch im Rechnungshofbericht zumindest mit einem Fragezeichen, es geht um diese PerthesSammlung, und ehe der eine oder andere denkt, ich stehe hier nur vorn, weil ich aus dieser Stadt komme, in der Justus Perthes diesen weltbekannten renommierten Verlag gegründet hat, nämlich in Gotha, kann ich Ihnen sagen, es hätte mich auch hier nach vorn getrieben, wenn ich Hildburghäuser oder Meininger oder Eisenacher wäre, weil diese Behauptung, die auch im Rechnungshofbericht damals aufgestellt wurde, hinreichend widerlegt wurde und Herr Meyer, Sie wissen es, weil wir auch im Ausschuss dezidiert über dieses Thema gesprochen hatten. Es geht einfach darum, dass Sie hier vorn stehen und sagen, jawohl die war zu teuer mit der in Rede stehenden Summe, die auch im Rechnungshofbericht immer wieder angegeben wurde. Ich habe damals schon im Ausschuss gesagt und ich will es hier auch - damals der Ausschuss ist okay, ist eine andere Öffentlichkeit als hier, wenn wir Besucher auf der Tribüne haben, wenn ich in die geöffneten Stenoblöcke der Presse hinein spreche und in die Mikrofone, das Ganze ist ja auch im Live-Stream zu sehen, deswegen muss ich es vorsichtig formulieren -, ich habe Kontakt gehabt zur damaligen Zeit, als dieser Ankauf vonstatten ging,

(Abg. Barth)

als ich kommunalpolitisch noch in Gotha unterwegs war, mit der Familie Perthes, die jetzt in Darmstadt lebt. Es ist nun einfach unbestritten und das habe ich auch versucht, im Ausschuss noch einmal darzulegen, dass ein englisches Auktionshaus, ein sehr renommiertes, Herr Meyer, das habe ich deutlich gesagt, ein wesentlich höheres Angebot für diese einzigartige Kartensammlung abgegeben hat. Das belief sich auf einen Betrag, der fast das Doppelte von dem oder mehr als das Doppelte von dem war, was das Land Thüringen letzten Endes berappen musste, um diese Sammlung anzukaufen. Jetzt frage ich: Herr Meyer, warum hat dieses englische Auktionshaus, das ja nach wirtschaftlichem Kalkül handelt, das gemacht, warum haben die so einen Preis geboten? Ganz einfach, weil diese Sammlung Perthes für Thüringen und eigentlich auch für Gesamtdeutschland und Europa eine ganz einzigartige und fabelhafte Sache ist.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Ja- wohl.)

Dieser Justus Perthes hat sich einfach zur damaligen Zeit die Frage gestellt, weshalb sind eigentlich sämtliche Welt-, Land- und Schiffskarten, die wir besitzen, immer in diesem Braunton gehalten oder so schwarz-weiß und hässlich und grau. Warum, hat er gesagt, machen wir nicht ein Verfahren, in dem wir die Ebenen und die Wälder in verschiedenen Grüntönen darstellen, die Flüsse und die Meere in blau, die Gebirge in braun und je höher ein Berg ist, umso brauner wird er. Diese eindeutige Kartensprache, die damals Herr Stieler in Gotha zum ersten Mal mit diesem berühmten Atlas eingeführt hat, diese Kartensprache hat heute noch Gültigkeit, egal ob Sie einen Atlas in Alaska oder in Windhoek aufschlagen, das ist die Gothaer Kartensprache, die mittlerweile weltweit Anwendung findet. Das heißt also, das Gesicht der Welt hat Farbe bekommen in dieser Stadt und in diesem Verlag. Genau deswegen ist diese Kartensammlung, die mittlerweile in Gotha liegt, so einzigartig.

Dann haben Sie gesagt, die sei ja unbrauchbar gewesen. Diese Behauptung hat der Rechnungshof auch aufgestellt. Da muss ich mal fragen, Herr Meyer, wenn wir immer so ein bisschen, wir machen das manchmal sehr mokant und manchmal auch spaßhaft, diesen Wettlauf, diesen Kulturwettlauf in Thüringen zwischen der Ortschaft östlich von uns gelegen, in der Goethe und Schiller mal eine zeitlang lebten, ich komme manchmal nicht auf den Namen, und zwischen Gotha machen, da muss ich Ihnen ganz deutlich sagen, Herr Meyer, wenn etwas unbrauchbar ist, dann muss man schon genau in irgendeiner Form auch einmal feststellen und für uns auch definieren, was das bedeutet. Heißt das, wenn diese einzigartigen Weltkarten verschmutzt sind - und das waren sie und genau deswegen mussten sie auch in einem zugegebenermaßen teuren Verfahren gereinigt werden -, sind sie un

brauchbar? Das muss man kulturhistorisch doch einfach einmal fragen und dann gebe ich diesen Ball gern mal zurück nach Weimar. Jetzt fällt es mir wieder ein, Weimar hieß der Ort. Da gebe ich gern mal den Ball zurück. Als es damals gebrannt hat bei Anna Amalia, hätten wir uns hinstellen können und sagen können, jetzt ist ja die Mehrheit der dortigen Sammlung unbrauchbar, da pumpen wir kein Geld mehr rein. Na, da hätte ich mal erleben sollen, was hier in Thüringen für ein Aufschrei los gewesen wäre. Unbrauchbar war diese Sammlung nicht, niemals, zu keiner Zeit, sie musste nur in irgendeiner Form auch aufbereitet werden. Und wir haben uns und mein Kollege Pidde hat dankenswerterweise heute noch einmal dargestellt - auch gegen diese reißerische Überschrift „Teures Weihnachtsgeschenk“ - es war, glaube ich, noch ein Fragezeichen dahinter - auch gewandt, weil mir auch in dieser Ausschuss-Sitzung, meine sehr geehrten Damen und Herren niemand als Vertreter des Rechnungshofs genau sagen konnte, wer ist denn hier überhaupt zu teuer beschenkt worden, wer mit wem und wieso zu Weihnachten? Das kann mir bis heute auch keiner erklären, Sie auch nicht, Herr Meyer. Sie haben es hier heute einfach noch einmal so dargestellt. Ich weiß, dass im Moment Herr Perthes in Darmstadt dieser Debatte sehr, sehr interessiert folgt, ich grüße ihn auch auf diesem Wege, den ich hier habe, und kann nur sagen, das war kein zu teures Weihnachtsgeschenk, ein Geschenk schon gar nicht. Ich kann es noch einmal wiederholen, was ich im Ausschuss gesagt habe und damit will ich auch schließen. In Gotha, Herr Meyer, da können wir uns drehen und wenden wie wir wollen, da wurden Entdeckungen gemacht, die der gesamten Menschheit letzten Endes immer wieder zum Nutzen gereicht haben, während andere selbsternannte Dichterfürsten sich in anderen Ortschaften krampfhaft versucht haben, Verse über Spaziergänge zu Ostern zu schmieden. Das ist nämlich die Wahrheit. Vielen Dank.

(Beifall und Heiterkeit CDU, SPD)

Jetzt muss ich mich erst einmal ein bisschen mit mir versammeln. Ich habe jetzt keine weiteren Redemeldungen aus den Fraktionen. Das ist im Moment so. Demzufolge für die Landesregierung Minister Dr. Voß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich hatte ich nicht mehr vor, in die finanzpolitische Debatte einzugreifen. Ich hatte auch gar nicht erwartet, dass man hier so hitzig die Finanzpolitik noch mal Revue passieren lässt, aber das haben Sie getan und insofern möchte ich doch zu einigen Aussagen Stellung nehmen und auch einiges gera

(Abg. Hey)

derücken. Ich habe den Eindruck in der Debatte gewonnen, dass viele, insbesondere von der Opposition, der Zeit irgendwie hinterherhinken.