Protokoll der Sitzung vom 22.05.2013

Bereits in der Bundestagsanhörung im Juni vergangenen Jahres haben Anzuhörende wie der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein und der seit Jahrzehnten in der Straffälligen- und Bewährungshilfe tätige Sachverständige Peter Asprion in ausführlichen und fundierten Stellungnahmen für die Abschaffung der Sicherungsverwahrung plädiert. Beide genannten Anzuhörenden waren auch für die Landtagsanhörung hier im Haus benannt worden. Peter Asprion war es wegen der sehr kurzen Anhörungsfrist nicht möglich, eine fundierte Stellungnahme zum Landesgesetz abzugeben. Das, diese Anhörungsfrist - die ist auch von Frau Meißner gerade erwähnt worden -, wirft nochmals ein Licht auf ein Grundsatzproblem der Gesetzesberatung hier im Landtag.

Der Bundesgesetzgeber hat von der ca. zweijährigen Frist, die das Bundesverfassungsgericht in sei

(Präsidentin Diezel)

nem Urteil zur Umsetzung gesetzt hatte, etwa drei Viertel der Zeit selbst ausgeschöpft. Die Frage wäre gewesen, ob der Bundestag hier nicht etwas zügiger und dennoch fundiert hätte beraten können. Aber spätestens seit dem Problem bei der Umsetzung des vom Bundesverfassungsgericht verlangten neuen Wahlrechts ist einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass der Bundestag ab und zu mit Umsetzungsfristen auf Kriegsfuß steht. Das hatte das Bundesverfassungsgericht selbst sogar bei einer anderen Entscheidung, nämlich der zum Asylbewerberleistungsgesetz, im Juni vorigen Jahres veranlasst, Übergangsregelungen vorzuschreiben, und das zu Recht: Die Entscheidung jährt sich in wenigen Wochen, ohne dass das Gesetz inzwischen geändert ist.

Von dem für Thüringen für das Landesgesetz zur Sicherungsverwahrung verbleibenden guten halben Jahr hat die Landesregierung selbst noch etwa drei Monate auf die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs verwendet, wobei der nur sehr bedingt ein eigener ist. Der ist stark an den hessischen Gesetzentwurf angelehnt. Der Thüringer Landtag ist daher bei den Landesgesetzen zur Sicherungsverwahrung ein Stück weit in die Rolle eines Vollzugshelfers gedrängt worden. Wir mussten nun als Ende der Umsetzungskette in Zeitnot agieren, um uns nicht den Vorwurf einzuhandeln, wir seien mit Schuld daran, dass die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist 1. Juni 2013 nicht eingehalten wird.

Aus diesem Grund wurde die im Ausschuss beschlossene Anhörung aufgrund des Zeitdrucks mit verkürzter Frist durchgeführt. Dieser verkürzten Frist haben auch wir zugestimmt, wohl wissend, dass es kein sonderlich gutes Licht auf die Gesetzesberatung werfen wird. Von den 13 zu Stellungnahmen eingeladenen Expertengremien gaben nur sechs eine Stellungnahme ab. Dazu bemerkt der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein in seiner Vorbemerkung: „Vor dem Hintergrund, dass der Thüringer Gesetzgeber im Mai 2013 im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens ein Anhörungsverfahren zu einem Gesetz durchführt, welches am 1. Juni 2013 in Kraft treten soll, bestehen Zweifel an der Möglichkeit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen der Angehörten. Da Änderungen wohl auch von der Regierungsmehrheit rein praktisch schon nicht mehr durchgesetzt werden könnten, wenn man am Termin zum Inkrafttreten festhalten will, stellt sich die Frage, ob diese Anhörung mehr als ein Feigenblatt ist.“ Das schreibt der Republikanische Anwältinnenverein in seiner Vorbemerkung. Dass diese Zweifel angebracht sind, meine Damen und Herren, war schon in der ersten Lesung zum Gesetzentwurf zu bemerken. Ich erinnere nur an die - um es vorsichtig auszudrücken - äußerst geteilte Aufmerksamkeit und auch an die wenig inhaltlichen Redebeiträge von CDU, SPD und der FDP am 21. März. Trotz

dem bleibt die Fraktion DIE LINKE dabei, auch auf Ebene der Landtage muss die Grundsatzkritik am Instrument der Sicherungsverwahrung ihren Platz haben. Aus grund- und menschenrechtlicher Sicht steht dem Staat nicht die Befugnis zu, einen Menschen lebenslang der Freiheit zu berauben, und schon gar nicht aufgrund einer unsicheren Prognose, meine Damen und Herren. Der Zweck modernen Strafrechts ist nicht staatlich organisierte Rache und Vergeltung oder Wegsperren, sondern Resozialisierung und eigenverantwortliches, selbstbestimmtes, straffreies Leben. Nur in Ausnahmefällen, wobei dieser Begriff der Ausnahme rechtlich auch umstritten ist, darf hiervon abgewichen werden. Das sehen auch die Anzuhörenden oder einige Anzuhörende so. Deshalb an dieser Stelle beispielhaft ein Zitat aus der Stellungnahme des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins zur Anhörung hier im Justiz- und Verfassungsausschuss, und diesem Berufs- und Fachverband kann man sicherlich nicht unterstellen, so ja die Befürchtung, die Herr Scherer in der ersten Lesung angedeutet hat, dass das Thema der schwierigen bzw. nicht vorhandenen Therapierbarkeit übersehen würde. Der Rechtsanwältinnen- und Rechtsanwälteverein schreibt - ich zitiere: „Eine Gruppe von Gefangenen auszuwählen, diese anhand von unsicheren sowie belegt übertrieben negativen Prognosen für gefährlicher einzustufen als den Rest und deswegen unbefristet wegzusperren, hat eine populäre Alibifunktion gegenüber der Bevölkerung, ist jedoch kriminalpolitisch im Hinblick auf die Rückfallvermeidung eher kontraproduktiv. Bei gleichzeitiger Abschaffung der Sicherungsverwahrung und Ausbau der Behandlungs-, Resozialisierungsund Nachsorgeangebote für alle Gefangenen wäre eine wesentlich effektivere Rückfallvermeidung zu erreichen als durch das oft populistisch genutzte Instrument der Sicherungsverwahrung.“ Nachlesen können Sie dieses Zitat auf Seite 3 der Stellungnahme des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins.

Für Personen, die eine langwierigere Therapie bzw. Behandlung brauchen, gibt es auch den Aufenthalt in geschlossenen psychiatrischen bzw. therapeutischen Einrichtungen, aber nicht nur in geschlossenen Einrichtungen ist Behandlung und Therapie möglich, die im Übrigen bereits in der Strafhaft beginnen muss.

Allerdings fällt auch auf, meine Damen und Herren, dass die Zahlen der Sicherungsverwahrung zu einem Zeitpunkt merklich zugenommen haben, in dem immer mehr ursprünglich staatliche Behandlungseinrichtungen, z.B. psychiatrische Landesfachkrankenhäuser, an private Träger abgegeben wurden. Und dass Private auf möglichst risiko- und aufwandsarme Profiterzielung ausgerichtete Klinikkonzerne auch in Thüringen nicht sehr begeistert sind, wenn sie solche aufwendigen Alternativaufgaben hinzubekommen, das ist doch stark zu vermu

ten, meine Damen und Herren. Dann sollte man sich aber diesen Bereich im Zusammenhang mit der Debatte zur Sicherungsverwahrung ebenfalls kritisch anschauen.

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein bleibt aber nicht bei der Grundsatzkritik stehen, meine Damen und Herren, er weist auf mehren Seiten seiner Stellungnahme detailliert nach, dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils und dem vorausgegangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte übereinstimmt.

Der vorliegende Entwurf bedürfte daher nicht nur einer punktuellen, sondern einer grundsätzlichen Überarbeitung. So führt der RAV beispielsweise aus - Zitat: „Die Sicherungsverwahrung als rein präventive Freiheitsentziehung muss in räumlich getrennten, nach innen weitestgehend offenen Einrichtungen vollzogen werden. Die Unterbringung in einer gesonderten Abteilung einer JVA genügt dafür nicht, da der Charakter des Strafvollzugs erhalten bliebe.“

Ähnlich argumentierte am 21. März auch der Abgeordnete Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dessen Ausführungen in puncto Alltagstauglichkeit und z.B. auch in dem bereits in der Wortwahl einzuhaltenden Abstandsgebot ich nur unterstützen kann, ohne sie wiederholen zu müssen. Wenn aber das Abstandsgebot eingehalten werden soll, wie es auch Prof. Dr. Herz in der Einführung zum Gesetzentwurf betont hat, wenn der Charakter des Strafvollzugs vermieden werden soll, dann stellen sich nicht nur mit Blick auf die zukünftige Funktion der SothA, der Sozialtherapeutischen Abteilung in der JVA Tonna, im Rahmen des Vollzugs der Sicherungsverwahrung sehr kritische Fragen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch Prof. Dessecker von der Kriminologischen Zentralstelle in seiner Stellungnahme im Abschnitt „Logistische Aspekte“ in diesem Zusammenhang Mängel bei der Einhaltung des vom Europäischen Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht festgelegten Abstandsgebots feststellt.

Die kritischen Fragen sind dann mit Blick auf die Unterbringung in Weiterstadt, übergangsweise, und in Schwalmstadt genauso berechtigt, denn es handelt sich beide Male um hessische Justizvollzugseinrichtungen. Die Unterbringung dort soll auf dem Gelände der JVAen erfolgen, wenn auch in etwas netter eingerichteten Unterkünften. Das reicht aber eben nicht aus.

Selbst Anzuhörende, die keine so weitgehende Grundsatzkritik an der Sicherungsverwahrung geübt haben wie der RAV, geben nach Meinung meiner Fraktion wichtige Hinweise und Vorschläge, die bei der Landesumsetzung berücksichtigt werden sollten. Dr. Giebel zum Beispiel, der Leiter des Kriminologischen Dienstes für den Justizvollzug im

Freistaat Thüringen, verweist noch einmal auf das Problem der Prognoseunsicherheit bei der Sicherungsverwahrung und verlangt eine möglichst fundierte Analyse- und Untersuchungsbasis und er betont, dass die Betroffenen einen umfassenden Behandlungs- und Therapieanspruch haben. Dem wird das Gesetz meines Erachtens nicht gerecht. Herr Dr. Giebel verlangt, dass die sozialtherapeutische Abteilung in Tonna auch mit Blick auf die weitgehende Vermeidung von Sicherungsverwahrung das Stichwort Sicherungsverwahrung als Ultima Ratio hat Herr Scherer beim letzten Mal angesprochen - dementsprechend mit qualifiziertem Fachpersonal im notwendigen Umfang ausgestattet werden muss. Und wir wissen ja bereits jetzt, dass der Personalbestand in der SothA nicht gerade rosig ist, um es mal vorsichtig auszudrücken. Er verlangt es auch, um zu verhindern, dass Gefangene mit anderen Therapie- und Behandlungsbedarfen wegen Arbeitsüberlastung des vorhandenen Personals ins Hintertreffen geraten. Der Republikanische Anwältinnenverein spricht in diesem Zusammenhang vom Status „Resozialisierung light“ bzw. Verwahrvollzug für Strafgefangene und von „Resozialisierung deluxe“ für Sicherungsverwahrte.

Dr. Giebel verlangt auch die umfassende und wirksame Umsetzung der nachsorgenden Betreuung, um die Gefahr von Rückfällen zu minimieren. Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE auch wichtig ist die Forderung Dr. Giebels, die Landesregelungen zur Sicherungsverwahrung bzw. deren Umsetzung umfassend und in kurzen Abständen immer wieder zu evaluieren. Auf den konkreten Einzelfall bezogen fordert er den Sechs-Monats-Turnus. Diese umfassende Evaluierung ist nicht nur mit Blick auf die grundsätzliche Kritik an der SV notwendig, sondern auch mit Blick auf die kritischen Hinweise und Einschätzungen gegenüber dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf und seiner praktischen Umsetzung, die sogar von Anzuhörenden gekommen sind, die keine grundsätzliche Kritik an der Sicherungsverwahrung äußern.

Ich möchte aber am Ende noch etwas Grundsätzliches anmerken, das bisher, wenn ich es nicht überhört habe, noch nicht angesprochen wurde. Streng genommen argumentieren nämlich die Befürworterinnen der Sicherungsverwahrung mit Rechtfertigungen aus dem Bereich der präventiven polizeilichen Gefahrenabwehr. So auch im Thüringer Gesetzentwurf. Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein bemerkt: „In § 6 Abs. 1 Satz 2 Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz ist eine Generalklausel versteckt, mit der ähnlich zum Polizeirecht Grundrechtseingriffe aus Gründen der Sicherheit und Ordnung ermöglicht werden.“

Meine Damen und Herren, was aber für das Instrument der Strafhaft gilt, muss mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erst recht für die Sicherungsverwahrung gelten, die wegen eines mehr

oder weniger abstrakten Sicherheitsbedürfnisses der Allgemeinheit vollzogen wird und, obwohl keine Strafhaft, durch den Vollzug in JVAen faktisch den Charakter einer Strafhaft annimmt.

Die Fraktion DIE LINKE kann dem Entwurf aus den angesprochenen grundsätzlichen Erwägungen, aber auch wegen der benannten Schwächen des Landesgesetzes nicht zustimmen.

Schließen möchte ich mit einem Zitat aus einer ARD-Dokumentation, die mit dem Titel „Ewig im Knast?“ am 18. März gesendet wurde und die ich Ihnen allen, besonders den Befürworterinnen der Sicherungsverwahrung, ans Herz legen möchte. Dort wurde gesagt: „Sicherungsverwahrung bedeutet, dass Menschen, die ihre Strafe abgesessen haben, weiterhin hinter Gittern bleiben. Das heißt, wir nehmen die Einschränkung ihrer bürgerlichen Grundrechte in Kauf, um uns ein wenig sicherer zu fühlen. Das ist auch für unsere Demokratie eine Herausforderung.“

Meine Damen und Herren, die Herausforderung, die hier angesprochen ist, hat die Mehrheit der hier im Landtag Vertretenen nicht wirklich angenommen, das bedauere ich.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Manfred Scherer von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Justizausschuss hat die Annahme des durch die Landesregierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Vollzugsgesetzes wegen der Sicherungsverwahrung empfohlen, und das mit gutem Grund. Wir haben im Justizausschuss die zugesandten Stellungnahmen diskutiert, bis hin zu der eben schon sehr ausführlich erwähnten Zuschrift des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins - ich muss aufpassen, dass ich da keinen Fehler mache - und dessen Argument, die Sicherungsverwahrung als Wegsperre habe nur eine populistische Alibifunktion und sie sei als Resozialisierung kontraproduktiv und deshalb abzuschaffen. Argumente, die mit der Fragestellung nichts zu tun haben, weil dies Argumente sind, die mit dem Bundesgesetz etwas zu tun haben und nicht mit der Frage, wie die Sicherungsverwahrung im Einzelnen geregelt wird. Im Übrigen will ich ausdrücklich hier betonen, dass ich diese Auffassung des Vereins nicht teile. Das habe ich in der letzten Sitzung, als es in der ersten Lesung darum ging, schon ausführlich begründet. Das erspare ich mir deshalb, hier noch mal darauf einzugehen.

Es geht um die Frage: Ist die Sicherungsverwahrung mit dem vorliegenden Gesetz so ausgestaltet, dass sie den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und dem Sinn und Zweck der Sicherungsverwahrung gerecht wird? Im Übrigen, wenn es tatsächlich eine Notwendigkeit gegeben hätte, wichtige Änderungen vorzunehmen, hätte sich, glaube ich, der Landtag auch nicht davon abhalten lassen, auch nicht durch eine Frist, die im Raume schwebt, wenn es wichtige Änderungen gegeben hätte, hätten wir sie auch vorangebracht.

Aber um diese Frage noch einmal aufzugreifen: Erfüllt dieses Gesetz die Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts? Alle anderen Zuschriften haben diese Frage bejaht - alle anderen Zuschriften, die ansonsten eingegangen sind - und das gilt für die Zuschrift aus der Praxis durch den Anstaltsleiter der JVA Goldlauter, Herrn Olfen, der das Gesetz als in der Praxis umsetzbar und gut handhabbar bezeichnet hat. Auch der Leiter des Kriminologischen Dienstes des Justizvollzugs Thüringen, Dr. Giebel, sieht die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung als erfüllt an. Zu der von ihm angesprochenen Feststellung der Gefährlichkeit haben wir uns im Ausschuss mit diesem Problem des unbestimmten Rechtsbegriffs auseinandergesetzt, der aber letztlich - aus meiner Sicht jedenfalls - nicht das Problem ist, das darin gesehen wird, weil es durch das Gericht oder durch den Richter, wenn auch mithilfe oft eines Sachverständigen, ausgefüllt wird. Die Kriminologische Zentralstelle in Hessen hat das Abstandsgebot für gewahrt angesehen und den gesetzlichen Regelungen einen freiheitsorientierten und therapiegerechten Vollzugsansatz bescheinigt. Auch dass im Gegensatz zum Strafvollzug keine Arbeitspflicht vorgesehen ist, sondern nur die Verpflichtung, eine Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten, ist diskutiert und darin begründet, dass keine Strafe mehr vollzogen wird, sondern eine ich halte es aus den vorgenannten Gründen für richtig - Freiheitsbeschränkung zum Schutz der Allgemeinheit.

Letztlich orientiert sich das Gesetz an der Regelung der Sicherungsverwahrung in Hessen. Dabei ist zu sehen, dass zukünftig Hessen für Thüringen die Sicherungsverwahrung übernehmen wird. Lediglich in Ausnahmefällen und freiwillig wird sich ein Sicherungsverwahrter in Thüringer Vollzugseinrichtungen befinden. Nur für diese Fälle wird die Thüringer Regelung überhaupt greifen. Das heißt aber auch, sie sollte nicht in wesentlichen Fragen von der Regelung in Hessen abweichen, um Unzuträglichkeiten zu vermeiden. Derart wesentliche Abweichungen sind im vorliegenden Gesetz auch nicht vorhanden, sie sind aber auch auf der anderen Seite nicht notwendig. Auch nach der Anhörung und Diskussion steht aus unserer Sicht dem Gesetzentwurf nichts

(Abg. Berninger)

entgegen, so dass die CDU-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter. Für die FDPFraktion hat Abgeordneter Dirk Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir besprechen heute in der zweiten Beratung das Gesetz zur Schaffung und Änderung der für Thüringen geltenden Vollzugsgesetze. Es wird des Öfteren kritisiert, dass Gesetzesverfahren langwierig sind. Das, meine Damen und Herren, kann man bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nun wahrlich nicht behaupten. Die erste Beratung war Ende März und jetzt im Mai ist der Gesetzentwurf bereits wieder aus dem Ausschuss zurück und soll nun heute beschlossen werden.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass es diesmal so schnell ging, kann zum einen daran liegen, dass wir im Justizausschuss besonders effizient arbeiten oder auch daran, dass uns überhaupt keine Zeit geblieben ist, über die doch schwierige Materie der Sicherungsverwahrung intensiv zu beraten.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, ich will die Arbeit im Justizausschuss nicht diskreditieren, aber es lag diesmal leider nicht an der Effizienz des Justizausschusses. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 4. Mai 2011 sind die bisherigen Regelungen der Sicherungsverwahrung längstens bis zum 31. Mai 2013 anzuwenden. Das heißt, wenn wir anwendbare Regelungen zur Sicherungsverwahrung haben wollen, dann sollte der vorliegende Entwurf bis zum 31. Mai 2013 in Kraft getreten sein. Die Landesregierung, meine Damen und Herren, hatte somit 22 Monate Zeit, dem Landtag eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende gesetzliche Regelung vorzulegen und der Landtag muss innerhalb von acht Wochen entscheiden, wissend, dass am 31.05. auch die für verfassungswidrig erklärten Normen außer Kraft treten.

Meine Damen und Herren, ich vertrete die Auffassung, so sollte man mit dem Parlament nicht umgehen.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung will nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch in Thüringen umsetzen. Die Stellungnahmen, die wir im Ausschuss in aller Kür

ze eingeholt haben, sind überwiegend positiv und erklären den Entwurf auch für umsetzbar und praxistauglich. Es gab aber durchaus auch kritische Anmerkungen und ein paar Punkte, die wir innerhalb der FDP-Fraktion für überlegenswert erachten.

In § 28 des Gesetzentwurfs soll die Arbeitspflicht für Sicherungsverwahrte herausgenommen werden. Meines Erachtens haben weder das Bundesverfassungsgericht noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Abschaffung der Arbeitspflicht gefordert. Deswegen, meine Damen und Herren, finde ich den vorauseilenden Gehorsam an dieser Stelle fehl am Platze.

(Beifall FDP)

Begründet wird die Abschaffung der Arbeitspflicht mit dem Abstandsgebot zum Strafvollzug. Für Strafgefangene sieht § 41 des Strafvollzugsgesetzes eine solche Arbeitspflicht meines Erachtens zu Recht vor. Aber auch da gab es schon einen Entwurf der Länder, nach dem die Arbeitspflicht gestrichen werden sollte. Für mich stellt sich dann natürlich die Frage, wie man das Abstandsgebot wahren will, wenn auch bei Strafgefangenen auf eine solche Pflicht verzichtet werden soll. Die Arbeitspflicht stellt für mich einen Bestandteil von Resozialisierungsmaßnahmen dar und das nicht nur bei Strafgefangenen.

(Beifall FDP)

Nach meiner Auffassung besteht auch innerhalb der Sicherungsverwahrung der Grundsatz, dass Defizite im Bereich der Arbeitsorientierung ausgeglichen werden sollten, um den Sicherungsverwahrten dadurch zu ermöglichen, sich später auch eine Existenzgrundlage zu schaffen und zu erhalten.

Auch im täglichen Leben, meine Damen und Herren, gilt der Grundsatz, dass derjenige, der in der Lage ist, einer Arbeit nachzugehen, auch dazu verpflichtet werden kann.

(Beifall FDP)

Es geht auch darum, die Menschen auf das Leben außerhalb der Sicherungsverwahrung vorzubereiten, die genau dazu in der Lage sind. Ein Verzicht auf eine solche Arbeitspflicht, meine Damen und Herren, geht an der Lebenswirklichkeit vorbei und hat meines Erachtens auch nichts mit dem Abstandsgebot zu tun.

(Beifall FDP)

Aber es gibt auch noch ein paar andere Punkte, wie eine stärkere Ausformulierung des Motivierungsgebotes, die aufgrund der Zeitschiene nicht abschließend diskutiert werden konnten.