Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

(Beifall DIE LINKE)

Ein Haushalt, bei dem schon von vornherein feststeht, dass die Zahlen nicht stimmen, auch wenn heute Morgen andere Aussagen getroffen wurden, das ist so nicht hinnehmbar.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein nächstes Thema: Die Einstellung von Mitteln für das sich noch in der Erarbeitung befindliche Landesprogramm für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Thüringen in Höhe von insgesamt 480.000 € ist zunächst zu begrüßen. Wenn sich aber im Herbst dieses Jahres nach den hoffentlich intensiven Beratungen und bei Vorlage eines fundierten und ganzheitlichen Landesprogramms herausstellt, dass die Mittel nicht ausreichen, dann stehen wir in der Pflicht, diese aufzustocken. Allerdings gehört für uns dazu, dass ein zivilgesellschaftliches Programm zur Bekämpfung des Rechtsextremismus auch so benannt wird.

(Beifall DIE LINKE)

Ich hoffe, dass sich diese Position im Landtag zumindest mehrheitlich durchsetzt.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir haben das Programm doch gemeinsam verabschiedet. Einstimmig.)

(Unruhe DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, die LINKE will, dass aktive Arbeitsmarktpolitik nicht nur zur Abfederung der Krisenfolgen eingesetzt wird. Wir wollen, dass Menschen in unserem Land eine existenzsichernde, tarifliche Beschäftigung erhalten können, auch außerhalb der klassischen Betrachtung von Realwirtschaft.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, Sie haben alle noch die Gelegenheit, Herr Ramelow und Herr Mohring, zu sprechen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Genau, dann kann der Kollege Mohring es ja auch über das Programm schreiben lassen.)

Die Potenziale der Kulturwirtschaft, des Tourismus, des Denkmal- und Umweltschutzes, der sozialen Dienstleistungen und der kommunalen Daseinsvorsorge haben wir dabei im Auge. Ansätze, die in diese Richtung gehen, unterstützen wir und fordern deren Verstetigung.

Im vorgelegten Haushaltsentwurf fällt auf, dass die Ausgaben für die Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung des Freistaats im Planansatz 2010 steigen, obwohl seit Jahren wegen der Übernahme der GFAW durch die Thüringer Aufbaubank Synergieeffekte und Kostensenkungen propagiert wurden. Wo sind hier die Synergieeffekte, fragen wir? Wir wollen die Aufgaben, die Struktur und die Finanzierung der Landesgesellschaften und Beteiligungen kritisch beleuchten. Das Problem der fehlenden Mitsprache des Parlaments haben wir bereits des Öfteren diskutiert. Beim Haushalt greifen wir dieses Thema wieder auf und erwarten, dass die Landesregierung in den Dialog über die Zukunft der Landesgesellschaften, wie zum Beispiel LEG und GFAW, mit uns eintritt. In diesem Sinne ist auch unsere Kritik an der im Entwurf des Haushaltsgesetzes verankerten Erweiterung des Bürgschaftsrahmens auf 500 Mio. € zu betrachten. Dies ist angesichts der wirtschaftlichen Lage natürlich geboten. Allerdings muss die Frage gestellt werden, warum der Bürgschaftsrahmen für die soziale Infrastruktur - also die Förderung der Gesundheit, der Sozial- und Jugendhilfe, des Sports, der Wissenschaft sowie von Kunst und Kultur - in gemeinnütziger Trägerschaft nur 10 Mio. € betragen soll. Ergäbe sich hier nicht angesichts der aktuellen Entwicklungen die Notwendigkeit einer anderen, einer sozialeren Akzentuierung?

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, im Etat des Wirtschaftsministers finden sich viele, viele Ankündigungen. Die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit des Ministers werden drastisch erhöht. Allerdings nützt die beste Öffentlichkeitsarbeit nichts, wenn nicht Inhalte dahinterstehen.

(Beifall DIE LINKE)

Ansonsten gehen Gelder vor allem wiederum an Landesgesellschaften, besonders die LEG, ohne dass der Landtag konkret mitbestimmen kann, was damit geschieht. Es ist sozusagen die Fortsetzung des Zustands unter Amtsvorgänger Reinholz. Obwohl dieser gerade von der SPD in der vorherigen Legislatur auf das heftigste kritisiert wurde, setzen die Sozialdemokraten nun diesen intransparenten Zustand nahtlos fort. Es werden zu allem und jedem neue Studien angefertigt, bei denen Aufwand und Nutzen

noch nie ernsthaft gegeneinander aufgerechnet wurden.

(Beifall DIE LINKE)

Leider ist auch beim Thema Energie der große Wurf nicht gelungen. Wir alle haben sicher noch im Ohr, wie wichtig die Energiefragen seien und wie Thüringen zu einem Fortschrittsmotor entwickelt werden solle. Betrachtet man diese Schwerpunktsetzung im Haushalt, stellt man fest, das Thema ist auf dürren vier Seiten von 138 Seiten abgehandelt und auch da zielt man mit den Mitteln auf Studien ab. Zwei in Aussicht gestellte Förderungen gibt es aber auch; einmal für eine Energieagentur, die allerdings noch nicht existiert und die zumindest nach dem Papier des Wirtschaftsministers - was tun soll? - beraten und Studien vermitteln soll. Das zweite Programm aber ist ein Tausend-Dächer-Photovoltaik-Programm, das ist im Ansatz gut. Wir würden es allerdings begrüßen, wenn schnell klar wird, wie dieses Programm konkret aussieht.

(Beifall DIE LINKE)

Ebenso im Forschungsbereich: Wir können nicht verstehen, dass hier die Mittel im Vergleich zum Vorjahr sogar sinken, obwohl auch hier Herr Minister Machnig große Innovationen versprochen hat. Im Haushalt aber findet sich das nicht wieder, sondern nur die Erstellung von Studien. So wird ein Zukunftsfeld unbedeutend. Das ist umso bedauerlicher, da in den letzten zwei Jahren aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise auch die Unternehmen bei der Industrieforschung gespart haben. Ein Fakt, der langfristig negativ zu Buche schlagen wird. Unlängst hat sich Minister Matschie bei mehreren Gelegenheiten, wie zum Beispiel dem Hochschulgipfel, in der Öffentlichkeit selbst gelobt wegen der angeblichen Schwerpunktsetzung zugunsten der Wissenschaft. Nach seinen Aussagen seien 40 Mio. € mehr vorhanden. Nun, Herr Minister, da müssen Sie wohl einem Denkfehler erlegen sein. Die 40 Mio. €, die Sie offenbar meinen, sind allein die Mehrausgaben der Hochschulen bei den Personalkosten nach den Tariferhöhungen im TV-L und der Ost-West-Angleichung. Mehr Geld ist dadurch an den Schulen noch nicht verfügbar. Die Realität sieht folgendermaßen aus: Mit dem Haushaltsansatz für die Hochschulen für das Jahr 2010 haben wir gerade mal die Höhe der Zuschüsse im Jahr 2008 erreicht, und das ohne Berücksichtigung der Ost-West-Angleichung bei den Gehältern. Hier einfach nur mit den Planzahlen des Jahres 2009 zu vergleichen und von einer Schwerpunktsetzung bei den Hochschulen zu reden, das muss man Ihnen übel nehmen.

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bil- dung, Wissenschaft und Kultur: Da müs- sen Sie mal mit den Rektoren reden.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Wort zum Wohnungs- und Städtebau: Ein Hauptproblem im Bereich Wohnungs- und Städtebau sind die sogenannten Altschulden der Wohnungswirtschaft. Die Altschuldenfrage ist, obwohl die Fakten schon lange auf dem Tisch liegen durch unsere Fraktion, noch immer völlig offen. In Thüringen sind das rund 800 Mio. €. 100 Mio. € der Altschulden entfallen auf dauerhaft leerstehende Wohnungen. Die Altschulden schränken die Leistungs- und Investitionsmöglichkeiten der betroffenen Unternehmen stark ein und können unter Umständen die Unternehmen auch in eine existenzbedrohende Situation bringen, wie es das Beispiel Suhl, wo das kommunale Wohnungsunternehmen nur durch eine Schuldenübernahme durch die Stadt gerettet werden konnte, praktisch belegt. DIE LINKE hat hier jüngst ein Landessondervermögen für die Altschulden der Wohnungswirtschaft zumindest für die leerstehenden Wohnungen vorgeschlagen und zur Diskussion gestellt. Dies würde beim Land jährliche Kosten von ca. 6 Mio. € verursachen, andererseits aber die Wohnungsunternehmen wieder investitions- und damit handlungsfähig machen.

(Beifall DIE LINKE)

Zusätzlich würden Impulse für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt entstehen. Eine endgültige Lösung der Altschuldenproblematik muss auf Bundesebene erfolgen. Wir wissen das. Hier muss das Land über den Bundesrat aktiv werden.

(Beifall DIE LINKE)

Wir begrüßen ausdrücklich die positiven Ansätze im Haushaltsentwurf wie die Aufstockung der Mittel für den Stadtumbau Ost, Bereich Aufwertung, die Förderung der energetischen Sanierung von 12 Mio. € oder die Förderung von Stadtteil- und Ortsteilzentren. Problematisch sehen wir die Kürzungen beim Bund-Länder-Programm Städtebau in Höhe von 6 Mio. € auf 22,6 Mio. €. Gerade hier sehen wir noch erhebliche Investitionsbedarfe, die auch arbeitsmarktpolitisch von Bedeutung sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, es fällt in diesem Haushalt auf, dass es in der Landesregierung recht viele Anhänger des Stiftungsunwesens gibt. Früher gab es einen Spruch: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bilde ich einen Arbeitskreis. Heute könnte man schlussfolgern bzw. heißt das: Ist die Politik am Ende, gibt die Stiftung eine Wende.

(Beifall DIE LINKE)

Aber nicht jede Stiftung ist wirklich sinnvoll. Die Stiftung FamilienSinn belegt das. Wir finden es äußerst bedauerlich, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, nicht den Mut haben, das, was Sie als Opposition gefordert haben, nun in der Regierung auch durchzusetzen. Wir fordern nach wie vor die Auflösung dieser Stiftung.

(Beifall DIE LINKE)

Im Gegensatz dazu begrüßen wir ausdrücklich, dass für die Stiftung Mittelalterliche jüdische Kunst und Kultur in Erfurt Zuschüsse gewährt werden sollen. Aber die Neugründung einer Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Thüringen stelle ich hier infrage. Ist die Sicherung der ärztlichen ambulanten Versorgung in Thüringen nicht eine Aufgabe der Landesregierung und hier der Sozialministerin?

(Beifall DIE LINKE)

Die Frage nach der Besetzung des Postens des Kurators möchte ich an dieser Stelle nicht aufwerfen, dafür aber die Frage, wer denn der neue Landesbeauftragte für das Zusammenleben der Generationen werden soll. Ich sage ja nicht mal, dass das Zusammenleben der Generationen keine Bedeutung für unsere Gesellschaft hätte, aber Sie schaffen hier ein eigenes Haushaltskapitel mit einem Posten für einen gut bezahlten Beauftragten und eigenem Personal. Falls es Ihnen nicht um die Schaffung eines Postens für eine bestimmte Person gehen sollte, dann bliebe zumindest, dass sich die Landesregierung einer Aufgabe entledigt, indem sie einen weiteren Beauftragten ernennt.

Sehr geehrte Damen und Herren, meine Fraktion wird sich auch gegen Privatisierung von Landesaufgaben stellen. Ebenso lehnen wir die Ausweitung von PPP-Projekten ab. Wir bleiben auch hier dabei: Der wirtschaftliche Vorteil solcher Projekte ist lediglich vor der Entscheidung für ein solches Projekt darstellbar, später nicht mehr nachweisbar. Zudem sind die finanziellen und juristischen Verpflichtungen für die Zukunft vielfältig unklar. Statt PPP und anderen Privatisierungen wollen wir eine Finanzierung aus der öffentlichen Hand. Auch deshalb kämpfen wir für eine bessere Einnahmebasis des Staates, nur eben anders.

In Thüringen gibt es übrigens gute Beispiele, die gegen Privatisierungen sprechen, wie zum Beispiel der Maßregelvollzug, der Winterdienst und das Katasterwesen. Wenn sich Ihre Beauftragten-, Stiftungs- und Privatisierungsideologie weiter fortsetzt, meine Damen und Herren, brauchen wir bald keine Regierung und keinen Landtag mehr.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn alle Landesaufgaben privatisiert sind, die Verteilung des Geldes von Stiftungen organisiert wird und sich Hunderte Beauftragte um die Belange der Bevölkerung kümmern, dann ist die Politik in der Tat überflüssig. Meine Fraktion will ein solches Szenario verhindern und deshalb sehr genau hinschauen, was Sie mit diesem und den folgenden Haushalten tun. Die Fraktion DIE LINKE kritisiert ausdrücklich, dass wieder fünf Jahre vergehen werden, ohne dass wir in Thüringen in eine grundlegende, in eine umfassende Funktional-, Gebiets- und Verwaltungsreform einsteigen.

(Beifall DIE LINKE)

Dies ist mit Blick auf die Kriterien von Bürgerfreundlichkeit und finanziell nachhaltigen Verwaltungsstrukturen ein falsches Signal und zeugt von der Reformunfähigkeit der CDU an dieser Stelle in dieser für das Land Thüringen wichtigen Frage.

(Beifall DIE LINKE)

Dies wird durch die demographische Entwicklung nur noch nachdrücklicher und müsste die Regierung eigentlich zum Handeln zwingen.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE wird sich in den nächsten Wochen intensiv in die Haushaltsberatungen einbringen und entsprechende Änderungsanträge stellen. Wir nehmen den Ansatz der Landesregierung bei der Neuverschuldung an. Wir machen keine Finanzierungsvorschläge mit unseren Änderungsanträgen, die diesen Ansatz erhöhen würden. Die SPD hat in ihrer Oppositionszeit, sehr geehrte Damen und Herren, und das ist ein Appell, immer beklagt, dass all ihre Vorschläge weggebügelt werden. Ich möchte Sie auffordern, sich bei den Haushaltsberatungen daran zu erinnern, dass bei dem, was die Opposition vorschlägt, vielleicht auch etwas Sinnvolles dabei ist. Dann könnte man auch von einer wirklich neuen Kultur in diesem Hohen Hause sprechen. Wir freuen uns auf eine konstruktive Arbeit. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Keller. Als Nächster spricht zu uns von der CDU-Fraktion Mike Mohring.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Abgeordnete Keller, das will ich Ihnen sehr gerne versprechen für unsere Fraktion, wenn Sie sinnvolle Anträge liefern, dann denken wir natürlich darüber nach, aber auch das wäre eine neue Qualität, wenn Ihre Anträge sinnvoll wären. Wir werden schauen, was sich daraus entwickelt. Lassen Sie uns gemeinsam zu diesem Haushalt beraten, der für das Haushaltsjahr 2010 vorgelegt wurde und der insbesondere die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise auch ein Stück widerspiegelt mit seinem Ausgabenvolumen in der Frage, was das Investitionsverhalten betrifft, aber am Ende auch, was die Frage der vorgelegten Neuverschuldung betrifft.

Die Krise, von der wir hier auch im Haus schon mehrmals gesprochen haben, ist an keinem Land vorbeigegangen, weder in Europa noch weltweit. Manche Länder, insbesondere in Europa - wir sehen das am Beispiel Griechenlands derzeit - stehen am Rande des Erträglichen, am Rande des Staatsbankrotts. In vielen Ländern ist Massenarbeitslosigkeit Thema Nr. 1. Deswegen sind wir nicht frei davon, weder in Deutschland noch in Thüringen, mit den Auswirkungen aus der Krise auch zurechtzukommen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Fragen Sie mal, wer dafür verantwortlich ist.)

Aber ich denke, dass im Gegensatz insbesondere, ich will das Extrembeispiel Griechenland auch gern nehmen, Deutschland, aber auch Thüringen relativ verschont geblieben sind von den Auswirkungen der Krise auf den globalen Wirtschafts- und Finanzmarkt. Es liegt zuletzt nicht daran, dass Deutschland und insbesondere die deutsche Volkswirtschaft eine hervorragende Substanz hat und hier in Thüringen, das hat die Finanzministerin zu Recht ausgeführt, auch die richtigen Weichenstellungen in den vergangenen Jahren für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik gelegt wurden, was wir nicht zuletzt unseren kleinen Handwerks- und Mittelstandsbetrieben in Thüringen zu verdanken haben, die ja, man muss es immer wieder sagen, 95 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts erarbeiten. Dass wir so robust durch die Krise durchkommen, liegt vor allen Dingen an diesen Menschen, die oft auch mit ihrem Privatvermögen ganz persönlich einstehen und dafür haften, dass sie Arbeitsplätze sichern und dass sie an der Produktivität in der Gesellschaft teilhaben.