Gerade bei der Vergabe des Demokratiepreises sollten diese Grenzen aber überschritten werden. Mit Ihrer Skandalisierung der Kritik an der Preisverleihung vereinnahmen Sie von den LINKEN und den GRÜNEN im Übrigen auch viele engagierte Bürger gegen deren Willen.
Bei weitem nicht alle - der letzte Satz, Frau Präsidentin -, die sich in Jena und in Thüringen gegen Rechts engagieren, sehen das, was von der Jungen Gemeinde Stadtmitte in Jena ausgeht, immer mit so kritikloser Bewunderung, wie Sie das hier glauben machen möchten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mal gleich am Anfang meines Beitrags eines klarstellen: Ich nehme nicht dazu Stellung, ob Herr König den Thüringer Demokratiepreis des Sozialministeriums zu Recht erhalten hat. Dazu gab es offenbar eine Jury, die, so gehe ich mal davon aus, aufgrund einer fundierten Darlegung dessen, was Herr König in den vergangenen Jahren im Sinne der Auswahlkriterien getan hat, sich ein Urteil gebildet hat
und - nur damit alle das noch einmal gehört haben was da solche Kriterien waren, zum Beispiel die Umsetzung kreativer Ideen in der Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit - nur mal zum Nachdenken - oder besondere Erfolge in der Arbeit für eine offene Alltagskultur - auch mal zum Nachdenken. Ich gebe es mal in diese Richtung weiter.
Also wenn sonst nichts wäre oder die Preisverleihung durch irgendeinen Verein erfolgt wäre, gäbe es sicher keinen Anlass, hier über die Preisverleihung zu debattieren, aber es ist eben nicht so, dass sonst nichts wäre. Es gibt da ein Strafverfahren vor dem Amtsgericht Dresden, bei dem Herr König wegen Landfriedensbruch angeklagt ist, und hier war zwar schon öfter von Landfriedensbruch die Rede, aber ich will mal kurz vorlesen, was das heißt: „Wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit … aus einer Menschenmenge“ heraus beteiligt „oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit“ irgendwas „bestraft“. Das sollte man sich auch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Dieser Vorwurf ist Gegenstand des Strafverfahrens in Dresden.
Das heißt, es geht nicht darum, ob Herr König streitbar ist. Mit Verlaub gesagt, es geht darum, der Vorwurf - das ist ein zutiefst undemokratisches Verhalten. Das ist der Vorwurf.
Ja, ich komme noch drauf, natürlich. Was hat es bis jetzt mit der Unschuldsvermutung zu tun? Und wir haben es hier nicht nur mit einem Ermittlungsverfahren zu tun, was Sie mit Unschuldsvermutung ja meinen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben und ein Gericht hat die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen - gehört alles noch zur Unschuldsvermutung. Das Gericht hat einen hinreichenden Tatverdacht gesehen, sonst hätte es nicht die Hauptverhandlung eröffnet und jetzt wird dieser Sachverhalt im Gerichtsverfahren ganz ordentlich geklärt
und entweder wird er hinterher freigesprochen oder er wird verurteilt. Das ist die eigentliche Aufgabe der Judikative in unserem Rechtsstaat, den Sie doch manchmal auch so gerne hervorheben, wenn es gerade passt.
Und das hat mit Vorverurteilung doch überhaupt nichts zu tun. Das ist ein ganz normales Strafverfahren. Was ist denn das für eine Vorverurteilung?
So und nun haben wir im Rechtsstaat Gewaltenteilung. Das heißt, neben der Judikative gibt es noch die Exekutive als weiteren Teil des Rechtsstaats, genauer, das Sozialministerium oder noch genauer die Sozialministerin, die gleichzeitig demjenigen einen Preis für besondere Demokratieleistungen im Rahmen des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit verleiht,
bei dem die Judikative gerade klärt, ob er bei einer Demonstration zu Gewalttätigkeiten gegen Polizisten aufgerufen hat und diese Preisverleihung, die kann man nicht auf einen Beirat oder die Jury schieben. Die Laudatio haben die nicht gehalten.
In einer Zeitung stand, dass die Preisverleihung eine mutige Entscheidung sei. Wir halten die Preisverleihung während des laufenden Verfahrens in keiner Weise für mutig, sondern für unerträglich, respektlos der Justiz gegenüber,
ich will nicht so weit gehen, zu sagen, für einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz, so weit nicht. Aber genauso unerträglich ist auch die Aussage in der Laudatio, dass die Staatsanwaltschaft Dresden den Eindruck vermittle, dass Demonstrationen gegen Rechtsextremismus nicht gewollt seien. Wo wird das hergenommen?
Wo wird denn das hergenommen? Das ist eine Unterstellung! Wo wird das hergenommen, auch wenn Sie es unterstreichen wollen?
Bei jedem einfachen Polizisten wird eine Beförderung aufgeschoben, wenn nur das kleinste Disziplinarverfahren läuft.
Und hier wird, ohne dass es einen zeitlichen Druck gegeben hätte, vom Thüringer Sozialministerium ein Preis für besondere Demokratieleistungen vergeben, während der Preisträger sich gleichzeitig
wegen des Vorwurfs demokratiefeindlichen Verhaltens vor Gericht befindet, und zum Schluss noch hier mit einer Preisverleihung zu warten, das hätte den Beteiligten gut angestanden.
So, wie es gehandhabt wurde, ist dem Demokratieund Rechtsstaatsgedanken ein schlechter Dienst erwiesen worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was war das noch für eine FDP, als ein Burkhard Hirsch und ein Gerhart Baum die Anklagevertretung für Menschen übernommen haben, die einfach unter Generalverdacht gestellt worden sind,