Werte Präsidentin, sehr geehrte Kollegen, ich will mich noch einmal entschuldigen, es tut mir schrecklich leid. Ich werde mir überlegen, dass ich mir für meine Ausschusskollegen im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur irgendetwas Gutes einfallen lasse, damit das wieder gutgemacht wird.
Ich wollte gerade sagen, ich muss natürlich mit dem Ausschusstermin aufpassen, nicht, dass alle dann im selben Saal sitzen. Gut.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu dem Antrag der Fraktion der FDP „Schulprojekt ‚Lernen unter einem Dach’ fortführen“. Durch den Beschluss des Landtags vom 21. Juni 2013 wurde der Antrag an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat den Antrag in seiner 47. Sitzung am 4. Juli 2013 und seiner 49. Sitzung am 12. September 2013 intensiv beraten. Die Beschlussempfehlung lautet, den Antrag abzulehnen. Recht herzlichen Dank.
Vielen Dank für die Berichterstattung. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst Frau Abgeordneter Kanis für die SPD-Fraktion das Wort. Meine Frage in Richtung CDU-Fraktion ist nun: Sie haben Ihren Redner gestrichen, bleibt das so?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag wurde am 21.06.2013 ausführlich hier im Plenum und anschließend zweimal intensiv im Bildungsausschuss beraten. Es ist diesen Diskussionen aus unserer Sicht eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Das Projekt hatte bei seinem Start eine Vorreiterrolle und ermöglichte Schülern mit einer geistigen Behinderung eine gemeinsame Beschulung mit Schülern ohne Handicaps an Grund- und Regelschulen, als sich dies viele noch nicht einmal vorstellen konnten. Seit dieser Zeit ist viel passiert. Durch das damalige Kultusministerium - ich erinnere mich insbesondere an Gespräche mit dem seinerzeitigen Minister Prof. Goebel -, wurde
die Integration stark vorangetrieben. In meinem Schulamtsbereich Stadtroda und später JenaStadtroda gab es unter anderem das Modellprojekt „Schule ohne Schüler“, welches durch das Ministerium und das Schulamt mit seinem Schulamtsleiter Herrn Fügmann neue Wege zur Inklusion einschlug. Wer in den Entwicklungsplan sieht, kann diese Entwicklung wie auch die Entwicklung im Landkreis Sömmerda in Zahlen dargestellt nachlesen. Wir sind also inzwischen bildungspolitisch wesentlich weiter als zu Beginn des Projekts, denn wichtige Entwicklungen wurden bereits durch die vorherige Landesregierung angestoßen. Dies möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich festhalten.
Nun noch einmal zur rechtlichen Seite der Problematik: Der Kooperationsvertrag der Finneck-Stiftung mit dem Landkreis Sömmerda sah ein Ende des Projektes für das Schuljahr 2012/2013 vor, daran hielt sich die Finneck-Stiftung nicht. Auch das möchte ich hier ausdrücklich betonen. Wir haben es also mit einem klaren Rechtsbruch eines Kooperationspartners zu tun, nicht mit einem angeblich bloß unwilligen Bildungsminister. Ganz im Gegenteil, das Bildungsministerium hat sich von Anfang an um eine rasche Klärung bemüht. Oberste Maxime ist es dabei immer gewesen, den durch die FinneckStiftung ausgelösten Rechtskonflikt nicht auf dem Rücken der Eltern und insbesondere auf dem Rücken der Kinder auszutragen. Allen Eltern wurden daher drei Wahlmöglichkeiten in persönlichen Gesprächen vorgeschlagen und sie haben sich alle für eine der drei Varianten entschieden. Wer sein Kind im Modellprojekt belassen will oder belassen wollte, hat zudem die Sicherheit, dass diese Variante der Beschulung auch bis zum Ende der jeweiligen schulischen Laufbahn trägt. Damit ist inzwischen das thematisierte Problem im Sinne der Eltern und ihrer Kinder gelöst. Zugleich hat sich also der Antrag der FDP erledigt und wird dadurch abgelehnt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Rund und die noch Interessierten draußen an den Bildschirmen! Herzlich willkommen!
Ja, das ist das Übertragungsmedium zwischen hier, Internet und dem Schreibtisch zu Hause für die Fragesteller. Vielen Dank für die Möglichkeit der Erläuterung.
Zurück zu dem Antrag „Schulprojekt ‚Lernen unter einem Dach’ fortführen“. Die Daten der Behandlung sind bereits genannt worden. Auch wir als Fraktion DIE LINKE haben bereits in der letzten Plenardebatte unseren Standpunkt klar dargestellt, den wir heute deshalb nicht noch einmal ausführlich darlegen möchten. Stattdessen möchte ich die Gelegenheit nutzen, um einfach unsere Gedanken zu äußern für den weiteren Umgang mit dem Projekt „Lernen unter einem Dach“.
Es ist bereits genannt worden, dieses Projekt hat seit knapp 15 Jahren Bestand in Thüringen. Vor 15 Jahren war es ein sehr fortschrittliches Projekt, welches das heikle Thema des gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung vorangebracht hatte. Doch seitdem ist zum Glück mehr Bewegung in dieses Thema gekommen. Der gemeinsame Unterricht ist dem der Förderschule vorzuziehen. Der gemeinsame Unterricht als solcher hat sich weiterentwickelt. Unter diesen Umständen muss selbstverständlich auch über ein Projekt wie „Lernen unter einem Dach“ nachgedacht werden.
Der Antrag der FDP sieht im Punkt II eine wissenschaftliche Evaluation des Projekts vor - eine Idee, die wir begrüßen. Schließlich sollten die Erkenntnisse der Finneck-Stiftung und ihrer Arbeit nicht einfach für „null und nichtig“ erklärt werden, nur weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen sich geändert haben. Wir sehen hier die Möglichkeit, Erkenntnisse aus dem Projekt auch für den gemeinsamen Unterricht nutzbar machen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir möchten hiermit nicht einen Freibrief für sämtliche Projekte erteilen, die in „irgendeiner Form mit Inklusion zu tun haben“. Da möchte ich nicht falsch verstanden werden. Wir möchten vielmehr die Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulwesen weiter forcieren. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass man Erkenntnisse, die in 15 Jahren Bildungsarbeit angehäuft worden sind, durchaus zurate ziehen sollte und sich entsprechend einer Evaluation nicht verschließen sollte. Eine solche Evaluation gibt uns die Möglichkeit festzustellen, was für spezifische Vor- und Nachteile das Projekt „Lernen unter einem Dach“ genau besitzt, um das Thüringer Förderschulwesen weiter voranzubringen. Deswegen beantragen wir eine Einzelabstimmung über die Punkte I bzw. II. Dem Punkt II werden wir bei einer möglichen Einzelabstimmung zustimmen.
Zu Punkt I werden wir uns enthalten, da wir der Überzeugung sind, dass ein Projekt, welches evaluiert wird, nicht bereits im Vorfeld als erfolgreich erklärt werden kann, wenn man noch gar nicht weiß, wie die Ergebnisse aussehen. Das ist reine Logik, die sich aus der Situation ergibt, und keine Diffamierung der pädagogischen Arbeit vor Ort. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich spiele jetzt einmal unsere Franka, die heute nicht da ist. Ich sehe zwar nicht so gut aus, aber ich versuche es mal hinzubekommen.
(Zwischenruf Matschie, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Sie hätten vorhin für Herrn Voigt auch übernehmen können.)
„Lernen unter einem Dach“ ist eine Kooperation der Finneck-Stiftung mit den staatlichen Grundschulen Rastenberg und Sömmerda und der staatlichen Regelschule Christian-Gotthilf Salzmann in Sömmerda. Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf gehen in dieselbe Schule, ja, sogar in dasselbe Klassenzimmer. Das soll nun angeblich mit einem inklusiven Schulsystem unvereinbar sein. Als Grund dafür wird genannt, dass die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf verwaltungstechnisch Schüler der Finneck-Schule sind, obwohl sie die noch nie von innen gesehen haben. Aber wenn ein Sonderpädagoge im gemeinsamen Unterricht ein paar Stunden in der Woche zur Verfügung steht und Lehrer und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf sich allein gestellt sind, dann ist der Inklusion Genüge getan. Das versteht kein Mensch.
Nach Auskunft der Familien wie auch der Lehrer ist „Lernen unter einem Dach“ erfolgreich, das sollte für uns die Richtschnur sein, ob ein solches Projekt fortgesetzt werden kann oder nicht. Rechtliche Probleme, die es geben mag - und das gestehen wir als FDP-Fraktion der Landesregierung zu -, müssen deshalb nicht hinten angestellt werden, wohl aber sollte man ernsthaft versuchen sie auszuräumen.
Dass das geht, zeigen die von Ihnen kurzfristig ergriffenen Maßnahmen, mit denen der größte Elternzorn abgebogen werden sollte. Niemand konnte erklären, warum das für ein besonderes Projekt nicht auch noch ein paar Jahre hätte länger gehen können.
Auch für die Problematik, dass die Finneck-Stiftung bei „Lernen unter einem Dach“ Räume der staatlichen Schulen nutzt, sollte es möglich sein, einen fairen Ausgleich zu finden. Wir als Fraktion können
verstehen, dass das Ministerium wenig erfreut ist, wenn die Finneck-Stiftung neue Schüler in das Projekt aufnimmt. Auch wenn man vonseiten des Landes klargemacht hat, dass das nicht passieren sollte. Wo uns bis heute allerdings das Verständnis fehlt, ist, warum das Ministerium das Projekt unbedingt auslaufen lassen wollte. Die rechtlichen Gründe erscheinen da eher vorgeschoben.
Denn das heißt ja mit anderen Worten, dass das Ministerium wissentlich jahrelang eine rechtswidrige Praxis geduldet hat. Im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat Staatssekretär Prof. Merten eine ganze Reihe von Studien zum Thema Inklusion zitiert. Man kann die Qualität und die Aussagekraft dieser Studien positiv bewerten oder infrage stellen, aber keine Studie kann ernsthaft behaupten, dass inklusive Beschulung für jedes Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf ausnahmslos die beste Art der Beschulung ist.
Dafür sind Menschen einfach zu unterschiedlich. Deswegen vertrauen wir letztlich auf das Urteil der Eltern und deswegen brauchen wir auch in Zukunft Förderschulen. Förderschulen, Förderzentren gehören für die FDP zu einem inklusiven Schulsystem dazu.
Keine dieser Studien hat sich mit „Lernen unter einem Dach“ beschäftigt und deshalb finden wir es schade, wenn Sie heute unseren Antrag ablehnen. Das Projekt einige Jahre lang wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren, sollte doch möglich sein,
denn wenn die beteiligten Schüler, ihre Eltern und Lehrer mit dem Projekt zufrieden sind, hätte man „Lernen unter einen Dach“ untersuchen können, unter welchen Bedingungen Schüler mit teilweise recht intensivem sonderpädagogischen Förderbedarf erfolgreich und zufrieden zusammen mit Schülern ohne solchen Förderbedarf lernen können. Diese Chance wird nun vertan, aber vielleicht besteht daran auch überhaupt kein Interesse, weil das möglicherweise zeigen würde, dass Inklusion sehr viel aufwendiger ist, als man das im Ministerium gerne hätte.
Grundsatz hierbei sollte immer sein, dass es den eigentlichen Akteuren, den Kindern und den Eltern, den größtmöglichen Nutzen bringt. Was ist wichtiger? Bürokratie oder das Wohl der Kinder? Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Tat, das ist hier auch schon ausgeführt worden, liegt uns dieser Antrag bereits ein gutes halbes Jahr vor. Wir haben ihn auch häufiger und wirklich intensiv, was man nicht immer von jedem Thema sagen kann, im Ausschuss beraten. Nicht zuletzt gab es einen sehr umfangreichen Bericht vonseiten des Staatssekretärs, der uns noch einmal umfassend die Forschung zum Thema Inklusion referiert hat.
Nun aber zunächst zu diesem ganz konkreten Projekt. Ich glaube, alle haben immer wieder deutlich gemacht, dass dies ein sehr wichtiges Projekt insbesondere in den Anfangsjahren des Gemeinsamen Unterrichts hier in Thüringen gewesen ist und dass es in der Tat in dem einen oder anderen Bereich auch wegweisend war. Es ist bereits angesprochen worden, vor 15 Jahren hat dieses Projekt in der Tat einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung des integrativen Unterrichtes, so hieß es damals, geleistet.
Uns war besonders wichtig, das habe ich auch hier von diesem Platz aus immer wieder deutlich gemacht, dass es natürlich einen - ich nenne es mal Vertrauensschutz für die Eltern und für die Kinder geben muss, die sich für dieses Projekt entscheiden, die diese Schule für sich ausgewählt haben. Dieser Vertrauensschutz ist aus unserer Sicht jedenfalls gewährleistet worden, obwohl, das muss man ganz deutlich sagen, die Schule entgegen den vertraglichen Festlegungen noch Schülerinnen und Schüler aufgenommen hat. Das hat zum Schuljahresbeginn zu einigen Verwerfungen und Diskussionen geführt und Frau Kanis, da bin ich nicht ganz so euphemistisch wie Sie, ich glaube, das mit den Gesprächen hat nicht alles sofort so gut funktioniert, etliche Eltern waren sehr verunsichert, es hat länger gebraucht, bis wirklich mit allen geredet wurde. Aber unterm Strich müssen wir feststellen - und das ist ja eigentlich ein gutes Signal -, dass für jedes Kind, das dort eingeschult wurde, auch ein guter, so hoffe ich jedenfalls, Weg gefunden wurde. Insofern, glauben wir jedenfalls, hat sich jetzt bestätigt, dass alle Kinder, die das Projekt besuchen, das auch bis zum Ende tun können, so jedenfalls gab und gibt es die Zusicherung durch das Ministerium. Allerdings ist auch vonseiten des Ministeriums immer klargestellt worden, dass es eine solche Ausnahmereglung nicht noch einmal geben kann und wird. Nach unserer Kenntnis hat die Stiftung inzwischen zugesagt, dass sie selbstverständlich nicht