Liebe Frau Lieberknecht, die Fakten: 122 Gemeinden in Thüringen haben keinen beschlossenen Haushalt im November 2013. Wenn das nur zehn Gemeindevertreter sind, sind das 1.220 Bürgerinnen und Bürger, die vom Volk gewählt worden sind, die seit elf Monaten nicht in der Lage sind, ihre Aufgabe wahrzunehmen, als gewählte Volksvertreter das umzusetzen, was die Bürger dort erwarten. Diese Haushaltssituation hat eine Ursache und diese Ursache ist von diesem Parlament beschlossen worden. Das hieß „Kommunaler Finanzausgleich“. Beim Kommunalen Finanzausgleich war eines der Anliegen, die Transparenz zu erhöhen. Die ist eingetreten. Aber die Finanzmittel sind weniger geworden, nicht mehr geworden. An den Steuermehreinnahmen, um die es gestern auch ging, wollte man die Kommunen nicht teilhaben lassen. Es ist selten, dass ich einmal erlebe, dass Herr Kuschel sprachlos ist. Heute Nacht war er sprachlos, als er mich anrief und sagte: „Stell dir einmal vor...“
Sie können darüber lachen; die Kommunalabgeordneten können nicht darüber lachen, wie erbärmlich Sie sich gegenüber den vom Volk gewählten Gemeindevertretern verhalten.
Herr Kuschel sagte: Den ganzen Tag debattiert das Parlament über diese Fragen und es gibt keine Antwort, wie es weitergehen soll. DIE LINKE stellt sich hin und sagt, aus den Steuermehreinnahmen könnten 55 Mio. € genommen werden. Die SPD sagt, 100 Mio. € sollte man nehmen. Gestern Abend verkündet die CDU-Zentrale, 136 Mio. € sind es, und der Finanzminister stellt sich hin und sagt, das Geld halten wir zusammen.
Wenn es um das Wunderhorn geht, das man ausschüttet, dann sind Sie so erbärmlich, dass Sie sich hinstellen und dieses Parlament entwerten, mit Füßen treten.
Dann twittert Herr Mohring heute Morgen, die CDU gibt 136 Mio. €. Na, wenn Sie das in der Kasse haben, bitte schön. Wenn Sie das in Ihren Rücklagen haben, bitte schön. Der CDU-Landesvorsitzenden sei es gestattet, 136 Mio. € aus Ihrem Vermögen der Partei zu nehmen und es den Kommunen zu geben.
Aber wenn es um die Grundlagen des Parlamentarismus geht, wenn Sie den Parlamentarismus noch ernst nehmen wollen, dann sorgen Sie dafür, dass sich zuerst der Haushaltsausschuss damit beschäf
Ja, liebe Frau Lieberknecht, an der Stelle, muss ich sagen, trennt uns heute viel. Den Antrag haben wir gestellt, als die Skandale losgingen. Da haben Spötter in Erfurt gesagt: Mühlhausen ist die Wirtschafts-Schwerpunktstaatsanwaltschaft, Gera ist die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität und Erfurt sei jetzt die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Regierungskriminalität geworden. Die höchste Ermittlungsdichte Deutschlands gegen eine Landesregierung ist in Thüringen - in anderen Teilen der Welt lacht die Sonne über die Länder, über Thüringen lacht ganz Deutschland -,
wenn man die Anzahl der staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren nimmt, die gegen die Regierungsmitglieder aktuell laufen. Und in der Phase stellen Sie noch jemanden ein, der das Land selber verklagt. In der Angelegenheit gibt es ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt. Das haben wir damals vor sechs Wochen zum Anlass genommen, die Dringlichkeit aufzusetzen.
Jetzt geht die Serie aber weiter. Wir haben debattiert, ob jetzt die Dringlichkeit erledigt sei, und gestern haben Sie mich sprachlos erlebt. Da, liebe Frau Lieberknecht, verstehe ich die Welt überhaupt nicht mehr. Sie sind Abgeordnete des Thüringer Parlaments, Sie waren Parlamentspräsidentin, Sie wissen, wie die Regeln sind, die in diesem Parlament angewandt werden. Jeder von uns, der hier sitzt, muss einen Bogen ausfüllen, ob er Nebeneinkünfte, ob er Versorgungseinkünfte, ob er Ruhestandsbezüge und Ähnliches hat. Ich habe gestern die Mündliche Anfrage hier gestellt, wer in der Regierung die gleichen Fragen erhebt. Die Antwort des Finanzministeriums gestern war: keiner. Es gibt so einen Bogen nicht. Sie unterschreiben selber als Abgeordnete und vier weitere Ihrer Kabinettskollegen unterschreiben, sobald sie hier sitzen, denselben Bogen. Und sobald sie hier Minister sind, gibt es keine Stelle in der Regierung, die die gleichen Daten erhebt. Da kann ich nur sagen, das ist organisierter Rechtsbruch, das ist die Organisation von rechtsfreiem Raum. Das war der Anlass, mit dem wir begonnen haben, diesen Antrag zu stellen, und gesagt haben, machen Sie den Weg frei.
Jetzt kommen 122 Gemeinden ohne beschlossenen Haushalt. 454 Gemeinden haben einen ausgeglichenen Haushalt, nur indem sie auf ihre letzten
Rücklagen zugegriffen haben. 326 Gemeinden konnten die erforderlichen Pflichtzuführungen an den Vermögenshaushalt nicht mehr veranschlagen. 186 Kommunen haben nicht mal mehr die Mindestrücklage. 230 Kommunen, ein Viertel aller Gemeinden, haben mittlerweile Haushaltssicherungspflicht, 11 Gemeinden droht die Zwangsvollstreckung. Das ist der Demokratiezustand im November 2013, organisiert von der Landesregierung. Die CDU stellt sich hin und sagt, das interessiert uns alles gar nicht, wir lösen die Probleme einen Tag vor unserem Parteitag, bevor unsere wahlkämpfende Spitzenkandidatin in Amt und Würden kommt für die CDU, und wir missbrauchen dazu den Thüringer Haushalt sowie die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das Parlament wird abgemeldet, wir werden einfach nur noch weggeschoben, wir sind in Geiselhaft einer einzigen Partei genommen worden. Sie wirtschaften so, als wenn das Ihr persönliches Geld wäre. Da sage ich Ihnen, Frau Lieberknecht und Herr Mohring und Herr Voigt und wie Sie alle heißen mögen, und Herr Gruner und seien Sie, wer Sie wollen: Wir sind alle vom Volk gewählt und Sie stehen nicht über uns.
Sie sind nicht diejenigen, die allein entscheiden, welches Geld wohin genommen wird. Wir sind als Parlamentarier hier für die Vertreterinnen und Vertreter, die vom Volk gewählt worden sind, und das sind nicht nur wir, sondern das sind die Tausenden von Gemeindevertretern, von denen ich gerade gesprochen habe.
Deswegen, Herr Adams, wir haben den Antrag wirklich ernst gemeint und wir meinen ihn heute noch ernster. Heute ist er noch ernster, weil jetzt klar wird, wir sind nicht die Schuldigen, die wir hier sitzen in der Mehrheit, hier gibt es eine gestalterische Mehrheit links von einer Partei, die sich als Staatsmachtpartei aufspielt und uns alle in Geiselhaft genommen hat.
Diese gestalterische Mehrheit könnte Alternativen aufzeigen, wenn man sie aufzeigen wollte. Deswegen ist es nicht die Aufgabe des Parlaments, sich selbst aufzulösen. Die CDU hätte gar nicht die Kraft dazu. Die CDU versucht es nur dauerhaft. Deswegen hat Herr Voß gestern diese Scharade gemacht und hat sich hingestellt und hat gesagt, wir werden den Haushalt 2015/2016 einbringen - „wir“. Wahlen gibt es da schon gar nicht mehr. „Wir“ heißt, wir sind diejenigen, die dauerhaft hier an diesem Rednerpult Regierungsverantwortung vertreten, und die Wählerinnen und Wähler spielen überhaupt keine Rolle.
Sie können sich doch aufregen, wie Sie wollen. Sie treten unsere Rechte doch mit Füßen. Herr Mohring, Sie treten uns mit Füßen!
Dagegen haben Sie gestern protestiert. Ich sage, meine Damen und Herren, das Verhalten dieser Landesregierung ist parlamentsunwürdig
und fünf Abgeordnete wissen es besser, wie es gehen müsste. Die CDU hat gestern Abend die Maske fallen lassen, sie ist die Staatsmachtpartei, die allein über das Steuergeld entscheidet nach Gutsherrenart.
Haben Sie die Kraft, in diesem Hohen Haus deutlich zu sagen, die Landesregierung soll aufgefordert werden, zurückzutreten und darüber den Weg frei zu machen für Neuwahlen. Nicht 11 Monate Dauerwahlkampf mit dieser CDU, sondern vor die Wähler treten und ein neues Votum einholen. Das wäre eine mutige Entscheidung und darum bitte ich Sie. Mit Herrn Mohring brauchen Sie darüber nicht reden, der twittert, die CDU bezahlt es. Hinterher sollen wir als Steuerzahler alle bezahlen.
Er ist derjenige, der das Parlament am Nasenring durch die Öffentlichkeit zerrt. Machen Sie diesem unwürdigen Treiben ein Ende!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin, ich will wieder ein bisschen Ruhe reinbringen und Luft rauslassen und bei der Sache bleiben.
Wir haben gestern Gespräche gehabt in unserer Koalition zu dem Thema der Kommunalfinanzen, weil sich abgezeichnet hat in den letzten Wochen und Monaten, dass es hier eine Entwicklung gibt, bei der wir helfen müssen.
Der Koalitionsausschuss, und in dem sitzen die Vertreter der Regierung von CDU und SPD und in dem sitzen die Vertreter der Fraktionen von CDU und SPD, also die Abgeordneten, wir haben uns auf Grundsätze verständigt, wie wir den Kommunen helfen wollen.