Protokoll der Sitzung vom 19.12.2013

1. Die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen sollte sich ausschließlich auf die tatsächlich vorhandenen Qualifikationen stützen und sollte vollkommen unabhängig davon sein, ob jemand tatsächlich eine der Qualifikation entsprechende Erwerbsarbeit ausüben möchte. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches auf den Personenkreis, der versichert, eine entsprechende Erwerbstätigkeit in Thüringen ausüben zu wollen, ist unseres Erachtens absolut sachfremd und gehört aus diesem Gesetzentwurf gestrichen.

2. Die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die durch im Ausland berufspraktisch erworbene Berufserfahrungen nachgewiesen werden, wird im Gesetzentwurf von vornherein ausgeschlossen. Sogar die Antragstellung wird ausgeschlossen. Damit, meine Damen und Herren, ignorieren Sie schlicht die Lebensrealität vieler Migrantinnen und Migran

ten. Das ist dringend zu ändern, weil, wie wir meinen, nur so sichergestellt werden kann, dass bei vorliegenden gleichwertigen Kompetenzen auch der Anspruch auf die gleiche Vergütung für gleiche Arbeit besteht.

3. Das Gesetz sieht keinerlei Möglichkeiten für Anpassungs- und Qualifizierungslehrgänge, das habe ich schon angesprochen, im Bereich der nichtreglementierten Berufe vor, die gerade aber in diesem Bereich als Voraussetzung für die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation und damit als Voraussetzung für einen Zugang zu adäquaten und existenzsichernden Arbeitsplätzen darstellen.

4. Anders als die Landesregierung in öffentlichen Dokumenten schreibt, kennt der Gesetzentwurf geradezu keinen Rechtsanspruch auf Anerkennung der Gleichwertigkeit bei Vorliegen der Voraussetzungen im Bereich der reglementierten Berufe.

5. Meinen wir, dass durch diesen Gesetzentwurf das Behördenwirrwarr der Zuständigkeiten fortgesetzt würde. Die in der Folge dann notwendigen Lotsenstellen sollen geschaffen werden, damit brüstet sich wiederum die Landesregierung. Wir meinen, es sollte in Thüringen, auch das habe ich schon angesprochen, eine Stelle verantwortlich gemacht werden, die die Aufgabe der Verfahrensbearbeitung und der Beratung übernimmt. Und diese hat dann notwendigerweise zu beteiligende Stellen, zum Beispiel die Kammern, in die Verfahrensbearbeitung einzubeziehen.

Der Gesetzentwurf enthält 6. einen Informationsanspruch über die Grundlagen der Verwaltungskostenentscheidung. Sinnigerweise, meine Damen und Herren, wäre eine Informationspflicht über die zu erwartende Höhe der zu entrichtenden Verwaltungskosten im Gesetz zu verankern. Außerdem, sagen wir, müssen die Verwaltungskosten auf ein sozial verträgliches Maß gedeckelt und eine Billigkeitsregelung eingeführt werden, da regelmäßig Antragstellerinnen und Antragsteller das Verfahren zur Anerkennung ihrer Berufsqualifikation erst als Grundlage eines Zugangs zu existenzsichernder Erwerbsarbeit betreiben.

Meine Damen und Herren, wir finden es ziemlich dreist, so eindeutig zu formulieren, wir machen das, weil es uns nutzt, und die müssen es auch noch bezahlen, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, unstrittig existieren derzeit erhebliche Nachteile bei der Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse und noch viel mehr der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, aber dieser Gesetzentwurf ist ebenso wenig wie das Bundesgesetz dazu geeignet, an diesem Zustand wirklich wirksam etwas zu verändern. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Frau Berninger. Als Nächste hat jetzt das Wort Abgeordnete Regine Kanis für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist gar nicht so einfach als Letzte und vor allen Dingen ist es nicht einfach nach der Rede von Frau Berninger. Auf der einen Seite lässt sie uns deutlich die Kritik an der Dauer des Verfahrens spüren und auf der anderen Seite sagt sie, eigentlich ist das Gesetz in ihren Augen überhaupt nichts wert. Doch was haben wir gewonnen, wenn wir kein Gesetz haben? Ich verstehe es in dem Sinne nicht ganz. In Deutschland, in Thüringen, ja, in jedem einzelnen Ort soll die Willkommenskultur für Menschen - wir haben es gehört -, die bei uns leben wollen, verbessert werden. Menschen werden sich bei uns nur wohlfühlen, wenn sie sich anerkannt und angenommen fühlen. Das beziehe ich nicht nur auf den Wirtschaftlichkeitsfaktor. Dazu zählt auch die Anerkennung von bereits erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten im persönlichen, aber auch im beruflichen Leben. Damit dies besser gelingt, hat der Bund das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen beschlossen. Wir haben es gehört, am 1. April 2012 ist es in Kraft getreten. Dieses Gesetz umfasst nicht alle Berufe, sondern nur die bundesrechtlich geregelten und damit sind die Länder gefordert, für die landesrechtlich geregelten Berufe eigene Gesetze zu beschließen. Nun kann man die Arbeitsweise und die Dauer kritisieren, aber das Gesetz ist nicht gerade von geringem Umfang und es enthält sehr spezifische Regelungen für die einzelnen Berufe.

Leider ist es nicht gelungen, ich hatte es bei der letzten Plenardebatte, als das Thema auf der Tagesordnung stand, schon gesagt, eine zentrale Stelle für die Anerkennung aller im Ausland erworbenen Abschlüsse zu erreichen. Das hätte in meinen Augen mehr Transparenz und mehr Klarheit gebracht und insbesondere zu einer einheitlichen Zuständigkeit geführt. Da dies nicht möglich war, haben sich die Länder in Arbeitsgruppen zusammengefunden und einen Mustergesetzentwurf erarbeitet. Durch dieses abgestimmte Verfahren, denke ich, ist eine annähernd gleiche und damit transparente Verfahrensweise für die Berufsgruppen erreicht. Wozu erreicht? Wir wissen noch nicht ganz genau, wie es wirkt, aber wir hoffen es. Damit soll ein erleichterter Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt über die Grenzen der Bundesländer hinweg ermöglicht werden und das sehe ich als großen Vorteil von dieser abgestimmten Vorgehensweise.

In diesem Gesetz, wir haben es gehört, besteht ein Rechtsanspruch auf Überprüfung der Gleichwertigkeit, soweit dies landesrechtlich geregelt und fest

geschrieben ist, ein Rechtsanspruch auf die Bewertung binnen drei Monaten nach Einreichen der vollständigen Unterlagen und auch die Möglichkeit, bei nicht gleichwertigen Abschlüssen die fehlenden Qualifikationsbestandteile nachzuholen durch Eignungsprüfungen oder Anpassungslehrgänge. Eine Erstanlaufstelle für Fachkräfte wurde im September hier in Erfurt eröffnet, das „Welcome Center Thuringia“ in Erfurt. Ich war im Oktober selbst dort und habe mit dem Leiter des Welcome Centers ein längeres Gespräch geführt und konnte mich persönlich überzeugen, dass es dort zuging wie in einem Bienenkorb. Die erste Bewährungsprobe mit der Vermittlung der 120 spanischen Jugendlichen, die plötzlich hier in Erfurt waren und sich ohne Perspektiven plötzlich mit der rauen Wirklichkeit konfrontiert sahen, denke ich, haben sie bestanden.

Die Kritik, dass das Gesetz so lange gedauert hat, mag sicher berechtigt sein, aber ich habe mir sagen lassen, dass es eine sehr umfangreiche Anhörung war und auch die Verhandlungen im Bund nicht so einfach waren.

Ich möchte es bei diesen allgemeinen Ausführungen heute lassen. Die Details des Gesetzes sollten im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur besprochen werden, womit ich auch gleichzeitig die Überweisung beantrage.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Kanis. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall, dann ist diese Ausschussüberweisung einstimmig beschlossen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

(Beifall CDU)

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung vor Ende der Sitzung, dass sich 10 Minuten nach Ende selbiger die Strafvollzugskommission trifft, und zwar im Raum F 004.

Dann schließe ich jetzt die Sitzung, wünsche allen einen guten Nachhauseweg und wir treffen uns morgen um 9.00 Uhr hier wieder.

Ende: 19.17 Uhr