Protokoll der Sitzung vom 20.12.2013

(Beifall FDP)

Wir beraten heute über den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Abschiebestopp von Roma, Ashkali und Ägyptern und Ägypterinnen in die Staaten der Balkanhalbinsel“ sowie über den Alternativantrag der FDP-Fraktion „Wintererlass für besonders schutzbedürftige Menschen“. Letztes Jahr gab es schon einen ähnlichen Antrag von den Linken und den Grünen und auch einen identischen Alternativantrag von der FDPFraktion, das ist heute schon angesprochen worden. Wenn Frau Kanis heute davon spricht, unser Antrag sei nicht geeignet, dann diskreditiert sie eigentlich das Handeln des Innenministers im vergangenen Jahr.

(Beifall FDP)

Im letzten Jahr hat nämlich der Innenminister einen Wintererlass für besonders schutzbedürftige Angehörige der ethnischen Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter erlassen und wer sich den Wintererlass vom letzten Jahr genau durchliest, wird feststellen, dass er die Forderungen exakt umsetzt, wie sie damals und auch jetzt im Antrag der FDP-Fraktion enthalten sind.

(Beifall FDP)

Der Innenminister hat nun leider schon am 06.12. in der „Thüringer Allgemeine“ erklärt, dass es dieses Mal keinen Wintererlass geben wird, da sich ansonsten die Belastung der Erstaufnahmestelle in Eisenberg weiter verschärfen würde. Auch sollte Thüringen in einer solchen Angelegenheit nicht mit dem Finger auf andere Bundesländer zeigen, sondern seinen eigenen humanitären Weg beschreiten, so der Innenminister.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz der Pressemitteilung habe ich Hoffnung, dass der Innenminister auch dieses Jahr die Forderungen der FDP-Fraktion für sinnvoll erachtet und wieder umsetzt. In welcher Form, ist mir ziemlich egal, wichtig ist, dass den schutzbedürftigen Menschen geholfen wird.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist sehr vernünftig, was Sie da sagen.)

Und ja, liberale Politik kennt nicht nur schwarz und weiß,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern sie setzt sich für die Rechte aller Menschen in Deutschland und natürlich für die Rechte der Menschen in Thüringen ein.

(Beifall FDP)

Aber auch wir nehmen zur Kenntnis, und die Fraktionen der Linken und der Grünen sollten es auch zur Kenntnis nehmen, dass Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen, auch wenn es eine bedrückende und missliche Angelegenheit ist, gleichwohl eine Aufgabe ist, die ein Land erfüllen muss.

(Beifall FDP)

Nach dem geltenden bundesgesetzlichen - ich komme dazu, Herr Kollege -, nach dem geltenden bundesgesetzlichen Aufenthaltsrecht müssen solche Entscheidungen aber leider immer wieder objektiv nach Recht und Gesetz getroffen und vollzogen werden, auch wenn der eine oder andere die Entscheidung in bestimmten Fällen subjektiv mit Sicherheit bedauern und abweichend beurteilen mag. In welche Regionen Abschiebungen erfolgen dürfen, bestimmen nicht wir in Thüringen, sondern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Berücksichtigung umfassender Berichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in den jeweiligen Gebieten. So soll sichergestellt werden, dass die Abschiebungen nicht in lebensbedrohende Krisenregionen erfolgen. Ich glaube, wir sollten auch die Debatte durchaus ehrlich führen und uns auch mal anschauen, wie das anderswo läuft. Wenn ich zum Beispiel sehe, dass Baden-Württemberg auch nicht gerade ein Musterbeispiel

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist wahr.)

für einen Abschiebestopp ist, im Sinne Ihres Antrags beispielsweise, denn der Abschiebestopp in Baden-Württemberg unter einem grünen Ministerpräsidenten sieht vor, dass nur Leute in den Genuss kommen, die vor dem 01.09.2013 eingereist sind, und

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das macht es nicht bes- ser.)

- ja, ich führe es nur an, ich sage, eine gewisse Ehrlichkeit gehört zu der Debatte auch dazu - gilt auch nur für den Zeitraum vom 20.12. bis zum 07.01. Ich glaube, das ist auch keine Lösung im Sinne der Betroffenen. Auch in Niedersachsen haben wir gesucht und keinen Abschiebestopp gefunden. Insofern ist es sicherlich richtig, nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen, sondern zu schauen, wie wir es vielleicht besser hinbekommen können. So will ich hier auch klarstellen, dass ich der Auffassung bin, dass Thüringen weit davon entfernt ist, sogenannte Massenabschiebungen vorzunehmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass keine willkür

lichen Abschiebungen in Thüringen erfolgen. Jede Abschiebung setzt eine Einzelfallprüfung voraus. Unser Alternativantrag baut genau darauf auf und will für die Wintermonate eine Klarstellung herbeiführen und somit Personen, die nach unserer Auffassung einen besonderen Schutz benötigen, nicht Gefahren aussetzen, die für uns nicht absehbar sind und die sicherlich nicht als humanitär anzusehen wären.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu dem Alternativantrag der FDP-Fraktion. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Berninger für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Redemeldung ist im Großen und Ganzen entstanden, weil auf das, was Frau Holbe hier von sich gegeben hat, in irgendeiner Art und Weise reagiert werden muss. Ich werde fast nur Bemerkungen machen, die sich auf Frau Holbe beziehen.

Sie beklagen, Frau Holbe, alle Jahre wieder würden wir diesen Antrag stellen. Wir machen das nicht aus Jux und Tollerei, Frau Holbe, oder weil wir irgendwen ärgern wollen, auch Sie nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir machen das, weil Menschen die Situation droht, dass sie in elendige Lebensumstände zwangsweise zurückgeschickt werden, und das wollen wir nicht. Wir beantragen mit unserem Antrag nicht die Asylanerkennung, wir beantragen nicht die Integration, sondern lediglich den Schutz für eine gewisse Zeit, und das geht auch nach Bundesrecht, Herr Bergner, § 60 a Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes. Der sieht vor, dass die oberste Landesbehörde für Menschen aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen für eine gewisse Zeit die Abschiebung aussetzen kann. Wir wollen nur den Schutz vor Abschiebung in diese widrigen Lebensumstände und diskriminierenden Umstände, eine Diskriminierungssituation für eine bestimmte Gruppe von Menschen, nämlich die Angehörigen der Minderheitengruppen Roma, Ashkali und Ägypterinnen.

Ich muss Sie zitieren, Frau Holbe, mit dem Satz, es habe oft den Anschein, dass etwas, was der Wahrheit entspricht, gar nicht stimmt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das stimmt, Sie machen das nämlich auch. Sie sagen, die besonders schutzbedürftigen Menschen würden überhaupt nicht abgeschoben, wo noch 10 Minuten vorher Frau Rothe-Beinlich von der Familie in Gera gesprochen hat, eine siebenköpfige Familie in Gera, die abgeschoben werden sollte.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die gehören zu den besonders schutzbedürftigen Menschen, weil es eine Familie mit Kindern ist. Sie ignorieren, dass es im letzten Jahr - und das habe ich gesagt - Ausländerbehörden gab, die besonders schutzbedürftige Menschen genötigt haben, ein Papier zu unterschreiben, wo drinstand, dass sie freiwillig ausreisen werden, was noch nicht mal in deren Sprache vorlag, sondern nur in deutsch, wo die Leute nicht mal wussten, was sie da unterschreiben, Frau Holbe.

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Unterstel- lungen.)

Nur weil Sie sagen, es seien Unterstellungen, ist es nicht weniger wahr, meine Damen und Herren.

(Unruhe CDU)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Holbe, wie Asylgründe in Gesetzen bestimmt werden und definiert werden, liegt daran, wer die Gesetze macht. Wenn Leute wie Sie solche Gesetze machen, dann müssen wir uns nicht wundern, dass nur eine ganz enge Asylgrunddefinition in den Gesetzen steht.

Den Vogel abgeschossen haben Sie mit Ihrer rassistischen Aussage, die Angehörigen dieser Gruppen wären nicht konform mit unserer Lebensweise.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da muss ich sehr an mich halten, um hier nicht unflätig anzufangen, Sie zu beschimpfen.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Abgeordnete Berninger, ich bitte Sie, sich in Ihrer Ausdrucksweise zu mäßigen. Sie können der Frau Abgeordneten nicht Rassismus vorwerfen.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Sie lassen hier rassistische Äußerungen zu und …)

Frau Holbe begründet die Ablehnung damit, dass es sehr wohl Berichte gäbe, nämlich die des Aus

(Abg. Bergner)

wärtigen Amtes, die sagen, die Situation der Leute habe sich in den Ländern in den letzten Jahren gebessert. Ich muss sehr stark die Objektivität des Auswärtigen Amtes anzweifeln, das beispielsweise auch sagt: Kurdinnen und Kurden könnte man in die Türkei abschieben, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie sagen: Der Winterabschiebestopp sei eine teure Packung Beruhigungspillen. Da hätte ich mir gewünscht, dass eine mäßigende Ausdrucksweise angemahnt worden wäre, Frau Präsidentin, mit Verlaub.