Protokoll der Sitzung vom 20.12.2013

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: …gibt es Winter.)

gibt es aus den Reihen der Opposition den Antrag auf Wintererlass und eine Entscheidung zum Abschiebestopp. Sie fordern wie in den vergangenen Jahren diesen Abschiebestopp für Roma, Ashkali und Ägypter.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist richtig.)

Die FDP flankiert dies und hebt noch einmal den Personenkreis der besonders schutzbedürftigen Menschen hervor. Lassen Sie mich auf die benannten Schwerpunkte eingehen. In der Begründung verweisen Sie auf den Aspekt rassistische Diskriminierung, die Sie als Menschenrechtsverletzung darstellen. Doch kommen wir zur Kernfrage des deutschen Asylrechts, die an der Stelle keine Frage offenlässt. Ein Blick ins Grundgesetz zeigt, dass weder die Zureise über sichere Drittländer noch die Einreise aus wirtschaftlichen Gründen oder das Gefühl, diskriminiert zu sein oder sich zu fühlen, zur Asylanerkennung führt. Die Meinung des Flüchtlingshilfswerkes, dass Diskriminierung ein Fluchtgrund sei, findet sich weder in der deutschen Gesetzgebung noch in der europäischen Rechtspflege in irgendeiner Weise wieder.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das sagt doch keiner.)

Im Übrigen ist vom Flüchtlingskommissariat UNHCR mit Diskriminierung nur jene staatlicherseits gemeint. Eine solche gibt es aber im vorliegenden Fall nicht. Die Verhältnisse in anderen Staaten mögen aus unserer Sicht unhaltbar sein, aber diese Zustände ändern sich überhaupt nicht,

(Abg. Rothe-Beinlich)

wenn wir hier die Überwinterung von Menschen aus dem benannten Personenkreis

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Für Leute wie Sie vielleicht). für einen begrenzten Zeitraum zulassen. An dieser Stelle sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir auf die EU verweisen müssen. Eine für die Malteser tätige Ärztin, die Migranten ohne Aufenthaltsstatus betreut, hat in einer der ersten Veranstaltungen der Ausländerbeauftragten des Landes Thüringen, Frau Petra Hess, dargestellt, dass Berlin mit verschiedensten Konzepten die Integration der in Ihrem Antrag genannten Personen erreichen wollte. All diese Konzepte sind - so führt sie aus - kläglich gescheitert. Wir haben für diese Personen also keine Aussicht auf Asylanerkennung, aber wir haben auch keine Aussicht auf Integration, die vielleicht in Einzelfällen gelingt, aber ansonsten nicht. Die Einzelfälle will ich hier gar nicht in Abrede stellen. Sie wissen, werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, dass der Antrag auf Asylrecht bzw. die Ablehnung der Abschiebung stets am Einzelfall entschieden wird. Sollten zwingende Gründe einer Abschiebung zu einem bestimmten Zeitpunkt entgegenstehen, so wird dem entsprochen. Doch Sie sind in Ihrem Antrag darauf eingegangen, nicht Einzelschicksale zu entscheiden, sondern für alle Roma, Ashkali und Ägypter die Erwirkung eines Abschiebestopps in die Staaten der Balkaninsel zu erreichen. Wie wir in der letzten Innenausschuss-Sitzung von unserem Innenminister hören konnten, werden die schon jetzt von der FDP benannten schutzbedürftigen Personen nicht abgeschoben, soweit das möglich ist. (Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Was ist mit den sieben Leuten aus Gera? Grundbedürfnisse?)

Sie wissen es selbst nur zu gut. Wir haben es hier auch mit einer Personengruppe zu tun, die seit vielen Jahrhunderten nach festen Regeln in familiären bzw. in Klanhierarchien lebt. Diese besonderen Lebensumstände werden von diesen Menschen sehr genau beachtet, sind aber häufig nicht konform mit der Art und Weise zu leben, wie wir es uns vorstellen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Was machen Sie hier vorn?)

Aus diesen Gründen sind alle bisher gut gemeinten Konzepte gescheitert.

(Unruhe DIE LINKE)

Diese Konzepte richteten sich gegen Zwangsehen, sie richteten sich gegen Ausbeutung durch den eigenen Klanchef auf verschiedene Art und Weise.

Auch hier gelingen Einzelfälle, die Lebensumstände von Menschen dieser Gruppe zu verändern.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Ja, na und?)

Aber ich will damit eines sagen: Sie sind sehr stark in ihrer Tradition verwurzelt und sicherlich, das traue ich mir auch nicht zu, hier intensiv in diese Tradition einzusteigen, weil ich glaube, wir kommen aus einem anderen Lebensraum und können das nicht in dem Maße verstehen.

Doch zurück zur Aktualität des Antrags. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gibt bis auf wenige Ausnahmen wegen Gesundheitsproblemen eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet an.

Frau Abgeordnete Holbe, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage. Lassen Sie die zu?

Lasse ich nicht zu. Danke.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Dann würde ich Ihren Redeauszug an Roma- ni Rose schicken, den Sie jetzt hier gehalten haben!)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das steht Ihnen sicher frei. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gibt bis auf wenige Ausnahmen - ach, das hatte ich schon gesagt, Entschuldigung. Sehen Sie, so kommt man durcheinander.

Man muss auch erklären, ob sich ein jährlich wiederkehrender Winterabschiebestopp, der stets erhebliche Folgekosten nach sich zieht, die Lösung des Problems der Balkaninsel ist.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist nicht die Lösung. Wir brauchen eine dauerhafte Lösung.)

Vielmehr sollte die EU mithelfen, die Verhältnisse für die Minderheiten in den Herkunftsländern zu verbessern, und Sie haben auch schon die Länder erwähnt, Kosovo, Mazedonien und Serbien. Da teile ich Ihren Standpunkt nicht, Frau Berninger. Ich denke, hier liegen auch entsprechende Berichte aus dem Auswärtigen Amt vor und Informationen, die sagen, dass sich gerade hier in den letzten Monaten/Jahren für diese Minderheiten einiges bewegt hat.

Sie müssen zudem dem Thüringer Landtag auch erläutern, wie denn die Lösung aussehen soll. Es ist jedoch eine Aufgabe, an der sich schon sehr viele weise, sehr sozial denkende und handelnde Frauen und Männer versucht haben, und das leider nicht mit Erfolg.

(Beifall CDU)

Ein Winterabschiebestopp hilft in der Gesamtsituation überhaupt nicht. Ich will es noch mal wiederholen: Es ist wichtig, in den Herkunftsländern Ansatzpunkte vor Ort zu finden und hier entsprechend die Hilfe zielgerichtet zu bringen. Diesen Winterabschiebestopp betrachte ich als eine teure Packung Beruhigungspillen und ich glaube, damit tun wir dieser Frage nicht Genüge.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Das ist doch wohl die Höhe.)

Wir sollten uns auch ruhig mal fragen, ob die Gebietskörperschaften und das Land diese Aufgabe ohne Schwierigkeit erfüllen können. Wir können hier als Legislative so tun, als ob die Auswirkungen für die Exekutive nicht eintreten. Aber hier ist festzustellen, dass die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Thüringen in Eisenberg bereits mit Containern

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Frau Präsidentin, können wir den Beitrag stoppen, bitte?)

die Anzahl der Unterbringungsplätze erhöht hat und wiederum an die Kapazitätsgrenze gestoßen ist. Mittlerweile erleben wir in unserem Land, dass hier wöchentlich ungefähr 80 bis 100 Personen eintreffen. Wir waren mit unserem CDU-Arbeitskreis in Eisenberg und konnten uns dort einen Überblick über die Situation verschaffen. Wir haben auch gesehen, wie schnell man hier vor Ort reagieren muss und wie angespannt diese Lage ist. Wir haben mit Beschäftigten gesprochen, mit Betroffenen und wir haben auch gesehen, wie die Situation unter Leitung von Herrn Zamboni gut gemeistert wird. Wir haben einen umfassenden Überblick bekommen und auch Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen. Denn dass die Arbeit durch diese hohe Belegung nicht einfach ist, das war an vielen Stellen zu sehen und trotzdem gibt es eine vorbildliche Versorgung.

(Beifall CDU)

Hier sprechen auch die Zahlen für sich. Wir haben im Jahr 2012 1.764 Personen in Eisenberg aufgenommen und bis Ende November waren es bereits 2.449 Personen. Dabei wurden 525 Menschen aus Serbien, 421 aus Mazedonien und 138 aus Bosnien-Herzegowina aufgenommen. Ich erwähne diese Gruppe der Balkanländer deshalb, weil deren Anerkennung auf Asyl in unserem Land gegen null tendiert und durch die bestehende Visa-Freiheit in den betreffenden Ländern, die zurzeit noch besteht, dieser Aspekt begünstigt wird, nach Deutschland einzureisen. Man sieht es auch daran, dass es 974 Anträge, Folgeanträge auf Asyl gibt. Auch hier lässt sich ein gewisser Drehtüreffekt erkennen. Dieser enorme Anstieg konnte, das ist oftmals angeklungen, Anfang des Jahres nicht abgeschätzt werden. Wir unterliegen bei der Aufnahme saisonal be

dingten Schwankungen. Sie sind im Jahr 2013 schlichtweg ausgeblieben. Zudem wirken auch noch die Aufnahmen der syrischen Flüchtlinge, zu denen sich unser Land auch bereit erklärt hat, und hier in Thüringen sind das immerhin 148 Flüchtlinge, die auch in zusätzlichen Wohnungen unterzubringen sind. Dann sieht man, dass bei der Verteilung der Flüchtlinge auf die Landkreise und die kreisfreien Städte die Schwierigkeiten entstehen, die Gemeinschaftsunterkünfte sind ausgelastet und das Beschaffen von neuen Wohnungen wird auch immer komplizierter.

An dieser Stelle appelliere ich vor allem an Sie, werte Abgeordneten der Linken, auch auf Ihre Mandatsträger, Ihre Bürgermeister, Landrätinnen Einfluss zu nehmen, um diese Aufgabenerfüllung zu meistern.

(Beifall CDU)

Das ist etwas Konkretes, was Sie leisten können. Auf eines sollten wir achten, dass wir mit der Vorlage des Abschiebestopps nicht die Rechten aufmunitionieren, die das mit großer Sicherheit propagandistisch ausschlachten.

Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass der Winterabschiebestopp uns leider keiner Lösung näherbringt, auch wenn viele Stellen hier helfen, um den enormen Ansturm der Flüchtlinge hier in unserem Land zu lösen.

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Das ist so widerlich.)

Deshalb möchte ich hier im Namen meiner Fraktion vorschlagen, die Anträge der Linken, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP abzulehnen. Vielleicht noch eines: Es hat immer so den Anschein, als ob etwas komplett Offensichtliches, was der Wahrheit entspricht, gar nicht stimmt

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, DIE LINKE: Das haben Sie eben bewiesen.)

und dass Sie versuchen, uns in eine Ecke zu stellen, um diese Wahrheit, die wir hier benennen. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Holbe. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Bergner für die FDPFraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Holbe, ich glaube, dass das kein sehr guter Weg ist,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Abg. Holbe)

das Thema Asyl mit anderen Lebensweisen zu vermengen und diese auch noch abfällig zu beurteilen.

(Beifall FDP)