Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese beiden Punkte zusammengenommen haben wir den wesentlichen Ausgang formuliert, um jetzt eine Strategie und nicht weitere Gutachten in Auftrag zu geben. Wir brauchen eine Strategie, wie wir damit umgehen wollen, dass Thüringen schmaler besiedelt sein wird und dass wir in den letzten fünf Jahren die Bevölkerung eines ganzen Landkreises verloren haben, weniger geworden sind. Das können wir nicht unbeachtet lassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Strategie zu entwickeln ist sehr wichtig. Ich glaube, die letzte Legislaturperiode in diesem Thüringer Landtag war eine verlorene Legislaturperiode,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nicht nur, weil wir noch nicht mit dabei waren,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern weil man sich damit aufgehalten hat, eine Enquetekommission damit zu befassen, die dann hinterher genau das, was die Mehrheitsfraktion wollte, beschlossen hat, nämlich dass man überhaupt keinen Sinn darin sieht, eine Strukturreform, eine Gebietsreform vorzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der falsch verstandene Opportunismus der CDU und das wird uns auf die Füße fallen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist außerordentlich wichtig, dass wir jetzt aktiv werden und hier nicht mehr weiter schieben, um dann hinterher zu schreien: Mehr Tempo! Das ist nämlich ein bisschen so wie beim Haushalt. Erst haben Sie jede Menge Schulden angehäuft und jetzt schreien Sie: Wer kommt mal auf die Idee, ein wenig zu sparen? Das ist der falsche Weg und das wird mit uns nicht zu machen sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche kommt bei der Gebietsreform auf uns zu. Deshalb ganz klar: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wir sind bereit, hier auch unattraktive Beschlüsse zu fassen, wenn sie denn nachhaltig unser Land voranbringen. Nachhaltigkeit heißt, wir wollen auch in Zukunft sichern, dass der Staat für die Bürger da sein kann, dass er den Bürgern nahe ist. Und das werden wir nicht dadurch realisieren, dass wir die Strukturen des letzten Jahrtausends beibehalten. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht der Abgeordnete Wolfgang Fiedler für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben nun zum wiederholten Mal das Thema: Wie gehen wir um mit Gebietsreform bzw. in dem Punkt mit Kreisgebietsreform?

Ich will als Erstes vielleicht mal die GRÜNEN ermuntern, sich ihre 25 Prozent Oppositionszuschlag zu verdienen. Das habe ich früher immer der SPD gesagt. Legen Sie doch etwas vor, schwadronieren Sie doch hier nicht so herum, was denn alles besser werden könnte und sollte.

(Beifall CDU)

Legen Sie doch etwas vor, wenn Sie meinen, dass wir eine Kreisgebietsreform machen sollten. Sie können dann im Wettbewerb der vier Kreise mitlaufen oder acht oder zehn oder was weiß ich oder Bezirke oder auch nicht. Bitte legen Sie was vor und rufen Sie nicht einfach so in das Land hinein.

Da Sie die Schulden mit hineingemischt haben, will ich die Mär gleich mal aufklären. Wir haben die letzten drei Jahre, die wir am Ruder waren, keine Schulden aufgenommen. Ja, das können Sie nachlesen. Da sollen Sie wenigstens mal nachlesen und nicht einfach nur solch dummes Zeug hier erzählen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ihr habt sie aber gemacht.)

Also wenn, dann sind es nicht nur unsere Schulden, dann sind es die Schulden des Landes,

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die müssen wir alle gemeinsam mit den Nachfolgenden tragen. Und da können Sie nicht solches Zeug hier verbreiten. Aber Sie bringen mich nicht aus dem Takt, ich muss noch ein paar wichtige Dinge sagen.

Meine Damen und Herren, ich stimme der FDP ganz ausdrücklich zu, was sie hier als Antrag eingebracht haben.

(Beifall FDP)

Wir werden uns nicht davon wegbewegen. Der Standpunkt der Landesregierung, jedenfalls meiner Fraktion, ist ganz klar: Wir sind der Meinung, dass die bestehenden effizienten, wirtschaftlichen und bürgernahen Landkreisstrukturen in Thüringen erhalten bleiben, das ist ganz eindeutig.

(Beifall CDU, FDP)

Wir als CDU-Fraktion haben dieses auch zum heutigen Tage noch mal in unserer Fraktion ausdrücklich bestätigt. Einstimmig haben wir dort noch mal beschlossen, das wird es von oben her nicht geben. Wenn sich von unten her welche zusammenfinden, bitte schön, dann wird das sicher konstruktiv begleitet werden. Es gibt ja Städte, die hoch verschuldet sind, zwei sind genannt worden. Ich kann auch nicht erkennen, dass die Landesregierung oder der Innenminister hier in irgendeiner Form irgend etwas von oben unternommen haben, sondern der Innenminister hat nur gesagt, dass er moderierend begleiten will. Ich denke mal, das ist aller Ehren wert. An seiner Stelle hätte ich es nicht gemacht, aber er hat es gesagt, das ist aller Ehren wert, er will dort mithelfen.

Ich denke, das Entscheidende ist, dass erst alle Instrumentarien ausgeschöpft werden müssen, die wir schon haben und die die Kommunalordnung hier aufzeigt. Das Zweite ist, dass wir dann hinschauen müssen, wie das Ganze im Landesinteresse weitergeht.

Ich denke auch, dass die derzeitige Größe der Landkreise sachgerecht ist. Sie ermöglicht sowohl Verwaltungseffizienz als auch demokratische Teilhabe, meine Damen und Herren. Wir sind Thüringen, wir sind kleinteilig und das hat sich bisher in Thüringen sehr gut bewährt. Das ist unsere Identität, die wir haben.

Ja, auch die GRÜNEN sind schon immer ein bisschen weltbewegter gewesen, das sieht man an Joschka, der überall herumgereist ist. Mir geht es aber um die demokratische Teilhabe.

(Unruhe im Haus)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Und mit wem.)

Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft er verheiratet war.

Die demokratische Teilhabe, meine Damen und Herren, das sollte auch für DIE LINKEN und für die GRÜNEN ein nicht zu unterschätzender Faktor sein. Denn gerade in den etwas kleineren Einheiten, wie wir sie in Thüringen haben, zeigt sich, dass die Menschen noch mitmachen, dass sie noch wissen, wenn im Kreis zum Beispiel eine Schulreform durchgeführt wird, um welche Schule geht es denn. Oder wenn es um Ämterverlagerung geht oder Ähnliches, wissen Sie noch, um was es geht. Wir sollten das nicht unterschätzen, dass unsere Menschen hier noch mitmachen wollen. Wir sind hier nicht in Hessen, wir sind hier nicht in Sachsen-Anhalt, wir sind in Thüringen.

(Beifall CDU)

Auch diese ewige Mär, dass es dabei zu Einsparungen kommt, also, meine Damen und Herren, das möchte nun endlich mal jemand nachweisen. Wir haben nun die Nachbarn und die sich alle damit beschäftigt haben. Es gibt keinen Nachweis,

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Haben Sie doch!)

dass sich am Ende vielleicht ein großes Füllhorn über uns ergießt und wir so viel Geld haben, dass wir das ganze Land retten können, wenn wir jetzt eine Kreisgebietsreform machen, meine Damen und Herren. Das ist und bleibt eine Mär und damit wird es nicht besser, wenn sie öfter hier benannt wird.

(Beifall CDU, FDP)

Ich sage auch ganz ausdrücklich, kommunale Selbstverwaltung auf Kreisebene ist nicht weniger bedeutsam als auf der Gemeindeebene. Natürlich werden

wir auf der Gemeindeebene - dazu reden wir in einem anderen Punkt noch - einiges noch weiterentwickeln. Aber nichtsdestotrotz ist die kommunale Selbstverwaltung sehr wichtig.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit.

Ach. Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall CDU, FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fiedler. Es spricht zu uns Herr Abgeordneter Frank Kuschel von der Fraktion DIE LINKE.

Danke, Frau Präsidentin. Ich kann die Unruhe in der CDU-Fraktion verstehen, dass sie schon darauf gewartet haben, dass ich hier auf Herrn Fiedler erwidere. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in einem Punkt teilen wir die Kritik der FDP oder können den Antrag verstehen. Sie fragen nach, welches Konzept hat die Landesregierung? Die Antwort ist relativ einfach - keines.

(Beifall DIE LINKE)

Sie sind sich noch nicht einig. Die Ministerpräsidentin beruft sich auf Strukturen seit dem Mittelalter und sagt, weil wir viele Fürsten in Thüringen haben, brauchen wir jetzt viele Landkreise. Alle Achtung, eine Partei die dieses Land im 21. Jahrhundert führen will, beruft sich auf Strukturen des 17./18. Jahrhunderts. Wenn das dieses Land voranbringen soll, alle Achtung.

(Zwischenruf Abg. Zeh, CDU: Das ist auch gut so.)