Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und wenn Sie das weiter machen, muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Doch! Bitte machen Sie das! Ich verteidige unser Kabi- nett.)

Herr Abgeordneter Mohring, wegen der wiederholten Kommentierung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Ich rufe für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Abgeordneten Adams auf.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Da lege ich Einspruch ein, Frau Präsidentin! Das kön- nen Sie so zu Protokoll nehmen!)

Tun Sie das und Sie sind schon weiter am Kommentieren.

Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Lieber Kollege Weber, den Wortwitz kann ich mir jetzt nicht verkneifen, es scheint nach Ihrer Rede gar so, als ob 50 Herzen in Ihrer Brust schlagen würden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDUFraktion hat folgende Aktuelle Stunde angemeldet: „Keine zweite Stromtrasse durch Thüringen“, also „zweite“ und „Stromtrasse“, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich habe mir erlaubt, einmal in die Kartensammlung, die in meinem Büro vorliegt, zu gehen und mal nur die ganz großen, also nur 380 kV und 220 kV, einzuzeichnen. Also von „zweiter“, lieber Herr Worm, können wir gar nicht reden. Und keine zweite „Stromleitung“, lieber Herr Worm: Wissen Sie, wie viele Stromleitungen oder Stromtrassen es in Thüringen gibt? Wo leben Sie denn, wo leben Sie?

(Zwischenruf Abg. Worm, CDU: Herr Adams, Sie sind der Einzige, der es nicht begriffen hat!)

Wo leben Sie denn, wo leben Sie? Das ist der Witz an der ganzen Sache, Sie bemerken offensichtlich das erste Mal, dass es um mehr als eine Stromleitung geht,

(Abg. Hitzing)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass es um ein grundsätzliches Problem geht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Aussage in Ihrer Aktuellen Stunde ist schon einmal Quatsch, das muss hier deutlich gesagt werden. Die Position, die Sie hier vertreten, ist verlogen, auch das muss deutlich gesagt werden, oder sie ist höchst konfus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich zitiere aus der Plenardebatte vom 19.07. des Jahres 2012. Kollege Worm sagte da: „Deshalb kann man nicht auf der einen Seite eine Energiewende und den Ausstieg aus der Kernkraft wollen und sich in jedem zweiten Satz dazu in der Form äußern, dass es alles nicht schnell genug geht und sich andererseits aber hinstellen und bei der Frage des Netzausbaus Komplettverweigerung betreiben.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, da hat er vielleicht recht. Wenn man die Energiewende will, dann muss man sich klar dazu bekennen, dass es auch Infrastrukturprojekte geben muss. Aber das, was die CDU in den letzten Jahren hier geboten hat - Kollege Ramelow ist darauf eingegangen -, ist das Gegenteil.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese CDU hat gemeinsam mit der SPD versucht, die Initiativen für blöde darstellen zu lassen. Beide Kollegen, Weber und Worm, waren bei der TEN gewesen und haben nach dem Gespräch zum Erfurter Kreuz versucht, in der Öffentlichkeit den Anschein zu erwecken, dass, wenn die 380-kV-Leitung über Großbreitenbach nicht kommen würde, dieses wichtige Industriegebiet in seinem Ausbau gehemmt sein wird. Das war die Rhetorik am Anfang dieser Legislatur, alles als Seifenblase geplatzt und die CDU will davon nichts mehr wissen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das nenne ich verlogene Politik. Sie haben es für Quatsch erklärt.

Herr Abgeordneter Adams, bitte mäßigen Sie sich in Ihrer Wortwahl.

(Beifall CDU)

Nehme ich gern auf.

Auch da gilt übrigens: Kommentierungen sind nicht erlaubt.

Frau Präsidentin, ich wollte Ihnen nur bestätigen, dass ich das gern aufnehme und das auch so nicht stehen lassen will.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Feigling!)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wo bleibt denn der Ordnungsruf?)

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Benennung eines Abgeordneten durch einen Abgeordneten mit dem Wort „Feigling“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Abgeordneter Barth.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU hat leider nicht mitgewirkt, als gemeinsam die Fraktionen von Linken und Grünen nach Alternativen gesucht haben, als wir die Technologien von HGÜ, Leitermonitoring, Heißleitern und Ähnlichem hier zu diskutieren versucht haben und als Alternative für diese 380-kV-Leitung in den Diskurs mit einzubringen. Heute, kurz vor der Wahl, nachdem Sie begriffen haben, dass Sie mit Ihrer Position nicht durchkommen werden, wenn Sie die Bürger vor den Kopf stoßen, machen Sie eine Kehrtwende um 180 Grad und der Infrastrukturminister, Minister Carius, stellt sich sogar hin und verteidigt das noch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Infrastrukturminister wäre er doch aufgefordert, Problemlösungen anzubieten, Alternativen zu prüfen oder voranzubringen oder Prozesse zu begleiten oder das alles nicht zu tun und damit seine Überflüssigkeit zu dokumentieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung prahlt, so wie Kollege Worm es gerade sagte, sogar damit, dass nun ihr Protest dazu geführt habe, dass 50Hertz von dem Leitungskorridor, wo die Raumwiderstände zu groß seien, wie man jetzt feststellt, abgesehen hat. Das ist mitnichten so, dass es aufgrund des Kurses in der Landesregierung dazu gekommen ist, sondern es sind ganz vernünftige, einfache Erwägungen. Denn 50Hertz hat begriffen, da dieser Korridor genau in dem Bereich lag, wo die jetzt viel diskutierte 380-kV-Leitung liegt, dass die Raumwiderstände dort zu groß sind. Schade, dass man diese Erkenntnis noch nicht vor vielen Jahren hatte. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es gab nun für jede Fraktion die Gelegenheit, hier zu sprechen. Für die Landesregierung Frau Staatssekretärin, bitte.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, auch wenn das Thema aus verschiedenen Reihen heute angesprochen unter Wahlkampf eingeordnet wird, werde ich versuchen, mit unserem Redebeitrag aus der Regierung heraus das Thema zu versachlichen. Ich glaube, es ist den Versuch wert und ich werde den Versuch unternehmen, die einzelnen Verfahrensstände und die Wichtigkeit zu erklären, warum wir uns gerade jetzt in die Verfahren so einklinken und warum die Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt auch angesagt ist.

Im Zuge der Energiewende wurde der Bundesnetzagentur weitreichende Zuständigkeit für einen Ausbau der Hochspannungsnetze übertragen. Die Ermittlung des Ausbaubedarfs für das Übertragungsnetz beginnt mit der Erstellung eines Szenariorahmens. Daran sind die Länder mit ihren jeweiligen Ausbauzielen maßgeblich beteiligt. Darauf aufbauend wird von den Übertragungsnetzbetreibern der Netzentwicklungsplan erstellt. Dieser enthält alle wirksamen Maßnahmen, die für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind. Der Netzentwicklungsplan muss von der Bundesnetzagentur bestätigt werden. Szenariorahmen und Netzentwicklungsplan werden jährlich fortgeschrieben. Der Netzentwicklungsplan 2013 wurde am 8. Januar 2014 von der Bundesnetzagentur bestätigt. Am 23. Juli 2013 ist das Bundesbedarfsplangesetz auf der Basis des Netzentwicklungsplans 2012 in Kraft getreten. Die möglicherweise auch für Thüringen bedeutsame sogenannte HochspannungsGleichstrom-Übertragung - in Kürze HGÜ - wurde damit verbindlich festgelegt. Auf der Basis dieses Bundesbedarfsplans haben die Übertragungsnetzbetreiber Korridore vorgeschlagen, durch die die neuen Höchstspannungsleitungen zukünftig verlaufen sollen. Die abschließende Entscheidung über diese Ländergrenzen überschreitenden Korridore wird die Bundesnetzagentur treffen. Der konkrete Planungsprozess wird Bundesfachplanung genannt. Die Bundesfachplanung ersetzt die Raumordnungsverfahren der Länder. Im Rahmen der Bundesfachplanung werden Trassenkorridore bestimmt, die eine Breite von 500 bis 1.000 Meter haben sollen. Der Bestimmung der Trassenkorridore ist eine Findung von etwa 15 Kilometer breiten Grobkorridoren vorgelagert. In dieser Phase befinden wir uns jetzt gerade.

Im Rahmen der Bundesfachplanung führt die Bundesnetzagentur in den nächsten Monaten eine Antragskonferenz durch. Hieran werden Behörden, Vereinigungen und Verbände sowie die Öffentlichkeit beteiligt. Den Abschluss der Bundesfachplanung bildet die Entscheidung der Bundesnetzagentur für einen konkreten Trassenkorridor. Der so ermittelte Trassenkorridor bildet die Grundlage für das Planfeststellungsverfahren mit dem Planfeststellungsbeschluss. Verantwortlich ist auch hier die Bundesnetzagentur.

Sehr geehrte Damen und Herren, Thüringen ist bei der aktuellen Planung auf Basis des Bundesfachplans durch den HGÜ-Korridor D von Bad Lauchstädt bei Halle bis Meitingen bei Augsburg sowie potenziell durch den HGÜ-Korridor C von Wilster bei Itzehoe in Schleswig-Holstein bis Grafenrheinfeld betroffen. Während hinsichtlich des HGÜ-Korridors C eine Alternativtrasse durch Hessen in Betracht gezogen wird, ist im HGÜ-Korridor D die Prüfung einer alternativen Trassenführung außerhalb Thüringens über Sachsen bislang nicht vorgesehen. Hier werden wir auf eine Änderung drängen. Die für den HGÜ-Korridor D verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und Amprion haben am 14. Januar 2014 einen Vorzugstrassenkorridor bekannt gemacht. Dieser Vorzugstrassenkorridorvorschlag folgt in weiten Strecken der A 9. 50Hertz und Amprion haben angekündigt, in den nächsten Wochen die Eröffnung des offiziellen Verfahrens zu beantragen. Die von den Vorhabenträgern ursprünglich erwogene Querung des Thüringer Waldes in paralleler Führung zur Thüringer Strombrücke ist damit vom Tisch und es ist klar, dass die Ministerpräsidentin hier von einem wichtigen Teilerfolg spricht und das teile ich ausdrücklich. Aber ich sage auch klar,

(Beifall CDU)

die Planung der Netzbetreiber kann in dieser Form nicht Grundlage der Entscheidung der Bundesnetzagentur sein. Dafür wird die Landesregierung auch jetzt weiter kämpfen. Die für den HGÜ-Korridor C verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW haben bisher keine Vorzugstrassenkorridore vorgeschlagen. Nach gegenwärtigem Planungsstand der Grobkorridore könnten in Thüringen die Landkreise Eichsfeld, Unstrut-Hainich-Kreis, Kyffhäuserkreis, Sömmerda, Gotha, Wartburgkreis, Schmalkalden-Meiningen und Hildburghausen sowie die kreisfreie Stadt Eisenach potenziell betroffen sein, damit unter anderem der Thüringer Wald, das Werratal, die Thüringer Pforte und das Ohmgebirge. Wir stehen zu unserer Verantwortung in der Energiewende, aber Thüringen ist nicht der Lastesel der Nation. Wir brauchen eine faire Lastenverteilung. Die Energiewende ist ein bundesweites Projekt, das von vielen Schultern getragen werden muss. Fakt ist, dass Thüringen mit den sogenannten Thüringer Strombrücken durch

(Abg. Adams)

den Thüringer Wald bereits einen maßgeblichen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende in Deutschland leistet. Einen Neubau weiterer Hochspannungsleitungen durch Thüringen lehnt die Landesregierung deshalb ab. Dies gefährdet die Akzeptanz der Bürger für die Energiewende.

Niemand kann bestreiten, dass Hochspannungsleitungen für die Energiewende notwendig sind. Wir bestehen aber darauf, dass alle Länder dazu ihren Beitrag leisten sollten. Nur so gelingt es, eine solidarische Energiewende umzusetzen. Beide Vorhaben, also die HGÜ-Korridore C und D, können nicht isoliert, sondern sollten im Zusammenhang betrachtet werden. Dafür plädieren wir. Eine unverhältnismäßige Belastung einzelner Regionen sowie Landschaftsräume muss unbedingt vermieden werden. Diese Koordinierungsaufgabe durch den Bund muss auch Gegenstand der Bundesfachplanung sein. Gerade hierin liegt ein entscheidender Vorteil der Übertragung der Zuständigkeit für die Durchführung der Raumordnungsverfahren von den Ländern auf den Bund. Hier sehe ich die Bundesnetzagentur ganz eindeutig in der Pflicht. Es kommt mir deshalb darauf an, dass im Korridor D ein östlicher Grobkorridor außerhalb Thüringens in die Alternativprüfung einbezogen wird und dass die konkreten räumlichen Länderinteressen tatsächlich berücksichtigt werden. Insofern war wichtig, dass die Thüringer Landesregierung sich bereits am 26. November 2013 hierzu klar positioniert hat. In ihrem Beschluss hat die Landesregierung deutlich gemacht, dass der Neubau weiterer Hochspannungsleitungen zu einer unverhältnismäßigen Belastung Thüringens führen würde, die Thüringer Raumordnungspläne bei den weiteren Planungen zwingend zu berücksichtigen sind, eine weitere Querung des Thüringer Waldes mittels einer Hochspannungsleitung abgelehnt wird und der Korridor D in einem östlichen Grobkorridor außerhalb Thüringens in die Alternativprüfung einzubeziehen ist.

Diese Position werde ich auch weiterhin gegenüber der Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreibern vertreten. Über den Fortgang der Planung und der weiteren Entwicklung ist unser Haus gern bereit, im Plenum oder auch in den zuständigen Fachausschüssen zu gegebener Zeit weiter zu berichten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Damit kann ich auch den letzten Teil der Aktuellen Stunde schließen und damit die Aktuelle Stunde insgesamt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ist noch Zeit übrig?)

Es ist keine Zeit mehr übrig. Ich korrigiere mich, die CDU-Fraktion hat noch 30 Sekunden Redezeit. Herr Abgeordneter Fiedler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will noch mal deutlich machen, das ist ja ausgeführt worden, ich bin der Landesregierung dankbar, dass sie sich ganz klar dagegen ausgesprochen hat, dass es eine zweite Trasse in Thüringen gibt. Das ist gut so und wir unterstützen die Landesregierung. Die Ministerpräsidentin hat sich ganz klar dazu geäußert - ein Teilerfolg, dass es nicht über den Thüringer Wald geht. Eines kann ich Ihnen versichern, wir Ostthüringer, wir stehen genauso zusammen, wir haben schon die A 9, A 4 und Co. und wir lassen uns das mit solchen Trassen nicht noch in irgendeiner Form aufdrücken, das können wir genauso gut wie andere auch.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall CDU)

Damit schließe ich jetzt diesen Teil der Aktuellen Stunde und die Aktuelle Stunde als Ganzes insgesamt.