Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

(Abg. Bergner)

das Dachgeschoss und die Balkone komplett barrierefrei zugänglich sein müssen,

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Bar- rierefreiheit.)

dann haben wir hier Rechtsmaßstäbe geschaffen, die kaum ein Bauherr vernünftig umsetzen kann, wenn er tatsächlich Platzmangel hat oder nur zu extrem hohen Kosten. Wie wollen Sie Barrierefreiheit im Keller denn tatsächlich herstellen? Da müssen Sie einen Fahrstuhl einbauen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass das sinnvoll ist für jedes Gebäude. Deswegen lehnt diese Koalition solche Vorschläge ab. Deswegen habe ich es im Grunde auch richtig verstanden, dass Ihr Änderungsvorschlag hier für das Plenum diese Vorschläge auch gar nicht mehr wiederholt, weil Sie im Grunde selbst sehen, dass das, was Sie da vorgeschlagen haben, zwar diskussionswürdig ist, aber im Grunde nicht aufnahmefähig für dieses Gesetz.

Ich möchte vielleicht grundlegend zu dem Gesetz sagen, wir haben die Themen Energiewende abgearbeitet, wo wir die Verfahrensfreiheiten für erneuerbare Energien noch mal ausdehnen, wo wir auch Abgrenzungsfragen bei der nachträglichen Wärmedämmung zugunsten der nachträglichen Wärmedämmung letztlich neu regeln, indem die Dämmstoffdicke von bis zu 25 cm eben nicht in die Abstandsfläche mit hineingerechnet wird. Ich halte das für eine wirklich sinnvolle Lösung, die tatsächlich auch den Bestand von Gebäuden weiterhin sichert, ihn auch energieeffizienter zu gestalten. Sie wissen, dass das eine der ganz großen Herausforderungen ist. Wir haben 40 Prozent des Energieverbrauchs, der letztlich in den Gebäuden verbraucht wird.

Ich glaube, wir haben auch mit der neuen Bauordnung, was das Thema Barrierefreiheit anlangt, einiges erreicht, ohne dabei viel zu viele Mehrkosten entstehen zu lassen, insbesondere bei der Frage, dass bei Gebäuden, bei denen ein Teil der Wohnungen barrierefrei sein muss, diese Wohnungen auch in mehreren Geschossen errichtet werden können. Ich glaube, dass wir mit der Bauordnung, so wie sie jetzt hier durch den Ausschuss vorgelegt wurde, sowohl eine Erleichterung für die Gebäudeplanung erreichen können als auch Mehrkosten reduzieren.

Zum Thema Nachweispflicht der Barrierefreiheit, Frau Schubert, Sie hatten das angesprochen als einen Ihrer Vorschläge, will ich nur so viel sagen: Wir haben natürlich jetzt bestimmte Nachweispflichten, Brandschutzsicherheit etc. Die werden weitestgehend privatisiert erledigt. Bei der Barrierefreiheit hingegen gibt es im Grunde keinen Sachverständigenmarkt, den man dazu abfragen kann, so dass es nicht privatisierbar und auch nicht mit einem eigenen Nachweis, jedenfalls standardisiert, erledigbar ist. Deswegen halten wir es für absolut ausrei

chend, dass die Festlegung erst vor Nutzungsaufnahme geschieht. Das ist der Hintergrund der Regelungen, wie wir sie haben, das ist auch im Ausschuss, soweit ich weiß, ausführlich dargestellt worden.

Was die Standarderhöhung bei den Sprachmodulen für die Fahrstühle anlangt, glaube ich, ist das insofern sinnvoll, da völlig klar ist, dass bei dem heutigen Stand der Technik Mehrkosten nicht verursacht werden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Schubert?

Bitte schön.

Danke, Herr Minister. Diesen Einwand kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben erfreut zur Kenntnis genommen, dass an Checklisten gearbeitet wird, um die DIN-Normen zur Barrierefreiheit dann bei der Bauausführung entsprechend zu berücksichtigen. Was ist einfacher als Checklisten durchzugehen und daraus einen Nachweis zu machen?

Dass wir im Grunde zunächst mal einen Sachverständigen bräuchten, der dann ein Gutachten erstellt und sagt, diese Checkliste erfüllt dieses. Das führt zu einer Verteuerung, während die Maßnahme, wie wir sie vorschlagen, doch im Grunde dazu führt, dass die Bauaufsicht, wenn sie dann tatsächlich durch das Gebäude durchgeht, vor Nutzungsaufnahme feststellt, Barrierefreiheit ist hier gegeben oder ist hier eben nicht gegeben. Dann kann man gegebenenfalls auch nacharbeiten.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich glaube, dass dieser Weg tatsächlich sinnvoller und auch für die Beteiligten insgesamt kostengünstiger ist. Am Ende hat doch sowieso jeder auch das Interesse, barrierefrei zu bauen. Wenn jemand barrierefrei bauen möchte, hat er doch nicht das Interesse, dass das Ding am Ende nicht tatsächlich auch barrierefrei ist. Das ist doch völlig klar.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister Carius)

Was das Thema Pflegewohnen anlangt, glaube ich, ist hier viel dazu gesagt worden. Da haben wir gerade mit Blick auf dem demografischen Wandel mit der Neuregelung einen guten Kompromiss erreicht zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Betreiber auf der einen Seite und auch den Sicherheitsbedürfnissen der Bewohner auf der anderen Seite. Diese Regelung ist also eine deutliche Erleichterung im Vergleich zum Status quo. Ich will an dieser Stelle auch noch anmerken, mit Blick auf die städtebauliche Entwicklung haben wir mit der Aufnahme des Instrumentes der Beseitigung von sogenannten Schrottimmobilien durch die Gemeinden eine Regel gefunden, die es erleichtert, verfallene Gebäude in den Stadt- und Ortskernen, letztlich zu beseitigen und damit auch städtebauliche Missstände abzubauen. Ich will vielleicht an der Stelle noch mal sagen, was die Frage des Carsharing anbelangt, es ist völlig klar, dass wir die Stellplätze in der Bauordnung regeln müssen, weil es im Grunde um die Frage geht, ob die Nutzer einer bestimmten Immobilie dann tatsächlich auch einen Stellplatz haben und damit dem Missstand von fehlenden Parkplätzen in Kommunen gewissermaßen entgegengewirkt werden kann. Die Frage der Aufnahme von Carsharing in diesem Bereich ist aus unserer Sicht deswegen systemwidrig, weil Sie dann für den Stellplatz auch noch eine Nutzung, ich will ja gar nicht sagen, dass man die grundbuchrechtlich, dinglich absichern muss, aber weil Sie diese Nutzung quasi rechtlich regeln wollen und das hat dann zur Folge, dass Sie bauaufsichtlich regelmäßig kontrollieren müssen, ob der Stellplatzbetreiber auch noch ein Carsharingangebot hat oder ob er es nicht jetzt vielleicht doch umfunktioniert und da seine Schwiegermutter ihren Pkw draufstellt. Da glaube ich einfach, ist es nicht sinnvoll, diese Regelung aufzunehmen, wiewohl es tatsächlich sinnvoll ist, sich dem Thema an der Stelle zu widmen. Jetzt will ich zum Abschluss…

Einen Moment mal, Herr Untermann würde Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Gern.

Bitte, Herr Abgeordneter.

Danke, Herr Minister. Herr Minister, eine Frage: Wenn es an einem Gebäude nicht möglich ist, fünf, sechs Treppen oder zehn Treppen, ist egal, eine Rampe zu bauen, weil der Platz nicht ausreicht,

weil die Nachbarschaft dann in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn man Rampen baut und wenn es nicht möglich ist, einen Fahrstuhl einzubauen, ich sage mal, es gibt viele Beispiele, wenn wir in die Erfurter Innenstadt schauen oder manchmal noch in diese kleinen Orte im Thüringer Wald, wo die Straße schon sehr eng mit dem Bürgersteig zusammenhängt, wenn diese Möglichkeiten nicht bestehen, diese Sache so behindertengerecht begehbar zu machen, was machen wir mit diesen Gebäuden dann? Schaffen wir die ab oder was machen wir mit den Leuten, die ihre Existenz dann vielleicht verlieren dadurch? Also man muss bei solchen Dingen doch wirklich auch Ausnahmen sehen, wo es sichtlich nicht möglich ist, das zu garantieren. Ich bin für alle Barrierefreiheit, wo es geht, aber wenn es einfach nicht geht, muss man doch eine Möglichkeit im Gesetz haben, zu sagen, also das ist diese sogenannte Zumutbarkeitsklausel und das doch einfach mal einzufügen, wäre eine ganz einfache Geschichte.

Würden Sie mal die Frage stellen?

Frau Präsidentin, was machen Sie mit den Leuten, die das nicht garantieren können oder was machen Sie mit dem Rathaus? Nehmen Sie dann etwas anderes rein oder schließen Sie das Rathaus, wenn es nicht möglich ist?

Ja, also ich glaube, die Frage von Herrn Untermann zeigt im Grunde, dass wir mit dem Gesetz hier den richtigen Weg gegangen sind, indem wir eben

(Beifall CDU, SPD)

gerade solche Möglichkeiten bieten. Natürlich müssen wir bei Barrierefreiheit auch Raum haben, um Barrierefreiheit zu gewährleisten, aber ich glaube im Grundsatz auch, dass wir bei den öffentlichen Gebäuden durchaus in der Lage sind, da entsprechende Räume etc. zu schaffen.

(Beifall SPD)

Es geht eben nicht um die Frage, dass wir den Privathäuslebauern und Häuslebesitzern jetzt sagen, ihr müsst barrierefrei bauen, sonst reißen wir euch die Bude ab - das ist ja überhaupt keine Fragestellung, die ernsthaft jemand in diesem Haus stellt, sondern es geht um die Frage, wie müssen wir eigentlich bei neuen Gebäuden, die öffentlich genutzt werden, Barrierefreiheit absichern und dass das natürlich auch unter Berücksichtigung letztlich auch wirtschaftlicher Belange passieren muss, ist eine Aufgabe, die sich die Bauaufsicht mit dieser Bau

(Minister Carius)

ordnung vernünftig und verantwortungsbewusst, auch sehr sachgerecht stellen kann.

Jetzt will ich zum Thema Standardabbau vielleicht noch wenige Punkte sagen. Ich glaube, mit der Bauordnung haben wir natürlich zum einen Standards aufgebaut, das ist richtig, mit Blick auf die Rauchmelder, aber es ist auch sachgerecht und deswegen wichtig, weil es hier um Leib und Leben geht und mir ist auch sehr wichtig, dass aus den Beratungen, die die Fraktionen zur Rauchmelderpflicht durchgeführt haben, sehr deutlich geworden ist, dass unser Ziel nur sein kann, dass wir hier Leib und Leben letztlich schützen wollen und dass wir nicht eben die Einstandspflicht von Versicherern, wenn ein Brandfall ist, letztlich hier ausnehmen wollen und die Versicherer aus der Verantwortung heraus bugsieren wollen über ein Gesetz, sondern das ist, glaube ich, mit den Formulierungen auch aus dem Bauausschuss letztlich in einer guten Art und Weise geschehen, aber zeitgleich haben wir natürlich trotzdem an vielen anderen Stellen, wo es nicht um Leib und Leben geht, etliche Verfahrensfreiheiten und damit Standardabbau vorgenommen. Ich sage nur unbeheizte Wintergärten, verfahrensfreie Tiefe von Terrassenüberdachungen, die Größe verfahrensfreier Fahrradabstellanlagen, die abstandsflächenrechtlich zulässige Grenzbebauung von Nebengebäuden wird von 15 auf 18 m angehoben. Also insgesamt, ich könnte die Liste jetzt noch vervollständigen, will es Ihnen aber an dieser Stelle nicht zu schwer machen. Insgesamt ist diese Bauordnung ein guter Kompromiss auf der einen Seite, Verfahren zu vereinfachen, Standards zu überprüfen, das Verfahren etwas unbürokratischer zu gestalten. Auf der anderen Seite die wichtigen Ziele aus der Energiewende, aus der Barrierefreiheit letztlich auch umzusetzen und auch den Gemeinden Instrumente an die Hand zu geben, auf städtebauliche Missstände vernünftig zu reagieren. Insofern bedanke ich mich herzlich für die gute Beratung, die wir im Ausschuss zu der Thematik hatten, auch hier im Plenarsaal, und würde herzlich darum bitten, dass diese Bauordnung heute auch beschlossen wird. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Es gibt eine weitere Redemeldung. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Schubert.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, eines muss ich doch noch einmal klarstellen: Herr Carius, Sie sagten, Sie müssten als Land Thüringen die Frage der Stellplatzablöse regeln. Das stimmt definitiv nicht. Es gibt genügend Bundeslän

der, die haben sich bewusst entschlossen, diesen Paragrafen komplett zu streichen;

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

auch eine Forderung der Experten im Wirtschaftsministerium damals, von einem der Referenten. Wir haben uns sehr intensiv damit beschäftigt. Wir haben diese Forderung nicht aufgemacht. Aber wenn man wirklich eine moderne Bauordnung will, dann muss man sich mit dieser Frage Stellplätze, Carsharing, eine Möglichkeit, Stellplatzablöse anders und besser zu gestalten, auseinandersetzen. Eines geht nicht, diesen Paragrafen so zu lassen, wie er schon seit Jahrzehnten ist. Genau das haben Sie getan. Das zeigt, dass Sie den Kommunen an dieser wichtigen Stelle nicht helfen wollen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich sehe jetzt keine weiteren Redemeldungen und schließe die Aussprache zu den beiden Tagesordnungspunkten 2 a und 2 b.

Wir kommen zu den Abstimmungen, in der ersten Phase zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4822. Über diesen Gesetzentwurf wird direkt nach zweiter Beratung abgestimmt. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion DIE LINKE. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Und ich frage nach Stimmenthaltungen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich stelle fest, dieser Gesetzentwurf ist nach zweiter Beratung abgelehnt worden.

Nun kommen wir zur Abstimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung und da werden wir als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/7361 abstimmen. Dort ist beantragt worden, die beiden Punkte I und II getrennt abzustimmen. Die Fraktion hat im Übrigen auch beantragt, dass Punkt II dann namentlich abgestimmt wird.

Ich rufe jetzt also aus der Drucksache 5/7361 Punkt I auf. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Diese gibt es nicht. Demzufolge ist Punkt I aus dieser genannten Drucksache abgelehnt.

Nun kommen wir zur namentlichen Abstimmung zu Punkt II aus der Drucksache 5/7361. Ich bitte dar

(Minister Carius)

um, dass die Schriftführer die Stimmkarten einsammeln.

Ich kann, glaube ich, davon ausgehen, dass alle Stimmkarten eingesammelt werden konnten und bitte nun darum, dass ausgezählt wird.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/7361 zu Punkt II bekannt. Es wurden 73 Stimmkarten abgegeben: 6 stimmten mit Ja, 47 stimmten mit Nein, es gab 20 Enthaltungen. Damit ist der Punkt II abgelehnt und der ganze Antrag insgesamt.

Wir stimmen nun ab über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/7364. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Damit ist dieser Änderungsantrag auch abgelehnt worden.