Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einem letzten Bereich hat die Regierung eine Entscheidung des OVG aufgegriffen. Da geht es um die Kostenspaltung bei leitungsgebundenen Einrichtungen, sicherlich auf Straßen anwendbar, aber im konkreten Fall bei leitungsgebundenen Einrichtungen. Der konkrete Fall war der Zweckverband Bad Salzungen, der 15 Mio. € Beiträge einnehmen wollte in Gemeinden der Rhön, wo nur die Ortsnetze gemacht wurden, wo aber nicht feststand, ob diese Gemeinden jemals an eine zentrale Kläranlage angeschlossen werden, das heißt, da steht nicht fest, wann die Gesamteinrichtung fertig ist. Da hat das OVG gesagt, das geht so nicht, wenn Vorausleistungen und Teilbeiträge, dann muss zumindest absehbar sein, wann die Anlage insgesamt fertig gestellt wird,
also einschließlich überörtliche Einrichtung, einschließlich Klärwerk. Da haben die so die sechs Jahre als Orientierung, die im Gesetz für die Vorauszahlungen stehen, zum Grundsatz gemacht. Und jetzt, was macht jetzt diese Landesregierung? Die schlägt uns vor, wir entfristen einfach die Vorauszahlung und wir entfristen die Erhebung von Teilbeiträgen und ermöglichen damit den Zweckverbänden, Beiträge für Teileinrichtungen zu erheben, obwohl überhaupt noch nicht klar ist, ob die Gesamteinrichtung jemals fertig gestellt wird. Wir wissen also nicht, ob die Dörfer jemals an ein Klär
werk angeschlossen werden. Das halten wir für sehr bedenklich, deswegen lehnen wir das ab und haben auch hier Änderungsanträge eingebracht, dass wir bei der jetzigen Rechtslage bleiben. Wir wollen Vorauszahlungen, wir wollen auch die Kostenspaltung ermöglichen, aber es muss absehbar sein, dass die Gesamteinrichtung hergestellt wird.
Übrigens - was wir dort mit den Leuten machen jetzt zahlt der Zweckverband das Geld zurück durch die Entscheidung des OVG. Jetzt machen wir das Gesetz und im April erhebt der Zweckverband erneut die Beiträge von den Leuten. Das schafft weder Vertrauen und wir produzieren erneut auf der kommunalen Ebene Konfliktfelder, wofür wir verantwortlich sind. Dann erwarte ich doch einfach, dass der Innenminister da hinausgeht und das macht, aber warum sollen das dann die Bürgermeister machen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werben für unsere Änderungsanträge. Damit Sie noch mal die Zeit haben, sich damit zu beschäftigen, beantragen wir noch mal die erneute Rücküberweisung an den Innenausschuss. Danke.
Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ja, Herr Kuschel, vielleicht tut es gut, noch mal ein bisschen mehr Sachlichkeit hier hineinzubringen. Deswegen will ich noch mal zurückgehen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013, der entschieden hat, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Dies bezog sich in der Entscheidung auf Regelungen des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes. Allerdings enthält derzeit auch das Thüringer Kommunalabgabengesetz noch Regelungen, die es den Kommunen theoretisch ermöglichen, bei dauerhaft nichtigen Satzungen den Beginn der Festsetzungsfrist zeitlich unbegrenzt nach hinten zu verschieben.
Dass dieser Fall in Thüringen auch praktisch von hoher Relevanz ist, zeigt die Mündliche Anfrage meines Kollegen Wolfgang Fiedler von November letzten Jahres. Danach waren bei Thüringer Verwaltungsgerichten mit Stand zum 30. September exakt 747 Rechtsstreitigkeiten anhängig. Zumindest mittelbar war die Frage der Rechtmäßigkeit von Abgabensatzungen Gegenstand. Herr Kuschel, Sie selbst haben ja in der mündlichen Anhörung, die wir durchgeführt haben, bestätigt bekommen, dass es eben diese hohe Anzahl von Rechtsstreitigkeiten
gibt, die bei Gerichten vorliegen, und dass es oftmals Formfehler sind, die nicht nur in einem Heilungsprozess, sondern in mehreren Anläufen von den Betroffenen letztlich geheilt werden dürfen. Um diesen sowohl für die betroffenen Bürger als auch für die Kommunen unsicheren Rechtszustand zu beseitigen, hatte der Innenminister bereits im Oktober 2013 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, der nach Durchführung der mündlichen Anhörung im Innenausschuss beraten worden ist.
Meine Fraktion gelangt im Rahmen der Abwägung aller für- und widersprechender Interessen der Bürger, aber auch der Kommunen zu dem Ergebnis, dass die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen zur Verjährung bzw. zur sogenannten Festsetzungsfrist sachgerecht und praktikabel sind. Konkret heißt das:
1. Künftig - künftig, völlig richtig - beträgt die Festsetzungsfrist in der Fallkonstellation der rückwirkenden Ersetzung einer ungültigen durch eine gültige Satzung 12 Jahre.
2. Für diejenigen Fallkonstellationen der ungültigen Abgabensatzungen, die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung beschlossen wurden, soll eine Übergangsregelung und Verjährungsfrist von 30 Jahren, beginnend ab dem Jahr 1991, gelten. Das heißt, dass die betroffenen Kommunen damit die Gelegenheit haben, innerhalb der jetzt bevorstehenden sieben Jahre bis in das Jahr 2021 die Möglichkeit der Nachbesserung ihrer ungültigen Satzung nutzen zu können. Wenn man sieht, wie lange mancher Fall vor Gericht behandelt wird, dann braucht es diese Zeit. Da meinen wir, dass sieben Jahre ausreichend sind. Ich weise auch von mir, die CDU-Fraktion hätte sich hiermit nicht intensiv befasst.
Gerade über dieses Thema haben wir sehr intensiv beraten und uns letztlich auf diese 30-jährige Frist festgelegt, die zwar auf den ersten Blick unverhältnismäßig lang erscheint, aber insbesondere die konstruktiven Ausführungen des Gemeinde- und Städtebundes, der Verwaltungsrechtsexpertin Frau Kraft-Zörcher sowie Vertreter des Oberverwaltungsgerichts Weimar und des Innenministeriums Brandenburg haben in der mündlichen Anhörung deutlich gemacht, dass diese Regelungen praktikabel und somit auch verfassungsrechtlich unbedenklich sind. Wir haben auch im Gesetzentwurf der bayerischen Landesregierung, der ja nun ebenfalls in der Überarbeitung ist, eine Übergangsfrist von 20 Jahren, also auch hier eine Änderung hin zu den festgesetzten 12 Jahren.
Auch vor dem Hintergrund der eingangs von mir erwähnten aktuell anhängigen Zahl der Verwaltungsrechtsstreitigkeiten muss den betroffenen Kommunen die Möglichkeit eingeräumt werden, um vor Ge
richt gegebenenfalls diese ungültig erklärten Satzungen zu korrigieren. Hinzu kommt - der Fall sollte auch nicht unterschätzt werden -, dass sich der Freistaat im Fall einer kürzeren Verjährungsfrist etwa 25 Jahre zahlreichen Schadenersatzforderungen betroffener Kommunen aussetzt. Genau das ist ein wichtiger Punkt, den wir bedenken müssen.
Deshalb haben wir uns entschieden, die 30-jährige Verjährungsfrist, die im deutschen Recht verankert ist - mit Blick auf das BGB in § 197 sind dort die genannten zahlreichen Anwendungsfälle deutlich gemacht und diese Frist ist bis vor wenigen Jahren festgeschrieben worden, aber sie ist als sogenannte Regelungsverjährungsfrist im Bürgerlichen Recht nach wie vor händelbar.
Aus der mündlichen Anhörung haben wir auch den Hinweis des OVG Weimar zu Beginn der Festsetzungsverjährungsfrist aufgegriffen und einen Änderungsantrag in den Innenausschuss eingebracht. Diese Änderung dient allein der Konkretisierung und damit der Rechtssicherheit und fand auch infolge, wie von Herrn Gentzel vorgetragen, Einfluss in die Beschlussempfehlung des Innenausschusses.
Wir halten die Änderungen, die uns hier vorliegen, vonseiten der FDP-Fraktion und von der Fraktion DIE LINKE für nicht notwendig und auch nicht erforderlich. Deshalb wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf der Landesregierung in der Beschlussfassung des Innenausschusses vom 14.02.2014 zustimmen. Ich empfehle Ihnen ebenfalls die Annahme dieser Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/7311. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nun ist es mal wieder so weit, es wird über das Kommunalabgabengesetz gesprochen. Dieses Mal nicht, weil wir kurz vor der Wahl noch Wahlgeschenke à la Dieter Althaus verteilt bekommen,
sondern wegen eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes zum Bayerischen Abgabengesetz vom 5. März 2013.
Zumindest hat es ja getroffen. In diesem Beschluss wird eine Regelung zur Festsetzungsverjährung, die sich auch im Thüringer Kommunalabgabenge
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Durch ab- wassertechnische Zielplanung habt ihr das ganze Land versaut.)
der Rechtssicherheit erklärt, welches aus Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz abgeleitet wird. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Unruhe zeigt, dass es offensichtlich getroffen hat.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf - dazu kommen wir jetzt - soll diese verfassungswidrige Regelung beseitigt werden.
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Fragt sich nur, wer schuld ist). Es geht um die Frage, wie lange ein Aufgabenträger nach Beendigung der Maßnahme vom Bürger einen Beitrag verlangen darf, meine Damen und Herren. Das Urteil führt dazu aus, ich zitiere: „Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge.“ (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist aber sehr klar formuliert.)
Das heißt - nicht mehr und nicht weniger, als dass es eine zeitliche Grenze geben muss, bis wann ein Beitrag erhoben sein muss, meine Damen und Herren. Wie lange die zeitliche Grenze sein muss, hat das Gericht aber gerade nicht gesagt. Ich will noch einmal aus dem Beschluss zitieren: „Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.“
Wir haben also zu bestimmen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, was ein angemessener Ausgleich ist. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf, der eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021 zulässt, kann es nun sein, dass Bürger 30 Jahre nach einer Maßnahme noch zu einem Beitrag herangezogen werden können. Wenn ich nach 30 Jahren mit einer Rechnung an einen Auftraggeber herantreten würde, der würde mich auslachen und mir einen Vogel zeigen. Ich glaube, das würde er auch mit Recht tun. Und genau so, meine Damen und Herren, geht es den Bürgern. Da verstehe ich auch die Aufregung und den Unmut der betroffenen Bürger. Wir schaffen hier eine Ausnahmeregelung, für die die einzige Begründung sein kann, dass den Bürgern das Geld so lange wie möglich aus der Tasche gezogen wird. Eine andere, ehrliche Begründung
Aber es gibt noch eine weitere Schweinerei, die sich in dem Gesetzentwurf versteckt. Nach der derzeitigen Gesetzeslage kann der Beitragszahler seine Vorauszahlungen zurückverlangen, wenn die sachliche Beitragspflicht sechs Jahre nach Fertigstellung der Anlage nicht entstanden ist. Nach der Nummer 1 des Gesetzentwurfs soll diese Rückzahlungsverpflichtung von Vorauszahlungen nun entfallen, wenn eine Anschlussmöglichkeit an die Teileinrichtung besteht, völlig unabhängig von ihrer betriebsfertigen Bereitstellung. Das, meine Damen und Herren, wäre ungefähr so, als wenn ein Dachdecker ein Dach neu decken soll, der Dachdecker zwar die alten Ziegel abnimmt, aber das Dach nicht neu deckt und er trotzdem das Geld, was vielleicht als Vorauszahlung geleistet worden ist, behalten darf. Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein.
Der Beitragszahler wird also so behandelt, als ob die Teileinrichtung schon eine betriebsfertige Anlage darstellt. Eine solche Regelung ist wegen des Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip aus unserer Sicht rechtlich sehr bedenklich.
Deswegen haben wir auch eine Änderung zur Beschlussempfehlung in das Plenum eingebracht, damit diese Änderung nicht in das Gesetz aufgenommen wird, meine Damen und Herren. Ich will kurz auf die Beschlussempfehlung eingehen, wie sie durch CDU und SPD im Innenausschuss beschlossen wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob man sich dabei wirklich überlegt hat, was man unter dem Satz 2 in Absatz 12 schafft. Mit dieser Regelung verweist man auf das Kommunalabgabengesetz in der alten Fassung und auf Doppelbuchstabe cc. Aber genau dieser Doppelbuchstabe ist es, der durch den Beschluss für verfassungswidrig erklärt wurde. Ich frage mich überhaupt, wofür diese Regelung gut sein soll. Vielleicht, meine Damen und Herren, kann jemand auch einmal sagen, was passiert, wenn eine Satzung nach Satz 2 später ungültig wird. Gilt dann Satz 1 oder bleibe ich im Satz 2? Vielleicht hat man das ja gut gemeint, aber die Regelung ist im besten Fall nur missverständlich und überflüssig, im schlechtesten Fall sogar verfassungswidrig.
Ich will auch noch, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE eingehen. Wir werden uns bei dem Antrag enthalten, da nicht alle Änderungen auf Sympathie bei uns stoßen, es aber auf jeden Fall konsequenter ist als das Gemurkse, das hier die Landesregierung vorgelegt hat.
Ich sehe mindestens zwei Probleme bei dem Änderungsantrag. Sehr verehrter Herr Kollege Mohring, ich glaube, dass Sie dort in dem Fall ausgesprochen daneben liegen, nur, legen Sie doch einfach eine bessere inhaltliche Arbeit vor. Wir würden gern Ihrem Antrag zustimmen, aber da müsste er halt auch gut sein.