Protokoll der Sitzung vom 19.03.2014

Das Thema Peak Oil zeigt uns sehr genau, meine Damen und Herren, dass wir in Thüringen mit unserem eingeschlagenen Weg, über die Erneuerbaren die Energiewende zu schaffen, genau auf dem richtigen Weg sind. Es ist in der Tat eine Herausforderung, es ist aber auch eine Chance für unser Land. Wie Sie schon in Ihrer Studie festgestellt haben, ist Thüringen in der Tat kein OPEC-Land, also kein Erdöl förderndes Land, völlig richtig. Deswegen wundert es mich persönlich jedenfalls nicht, dass im Landesentwicklungsprogramm das Erdöl als nicht zu ersetzender Fossilträger nicht auftaucht, mich wundert das nicht. Wir fördern kein Erdöl, es wurde irgendwann versucht, aber wir fördern keins. Aber dennoch verbrauchen wir es, und zwar momentan zugegebenermaßen nicht zu knapp. Das ist völlig klar. Wenn man den Bundestrend betrachtet, ist er rückläufig. Wenn wir uns das anschauen, ich könnte das aus eigenem Erleben schildern, hatten wir zwischen 1990 und 1995 einen rasanten Anstieg. Der Verbrauch ist - das ist nicht verwunderlich, in DDR-Zeiten war Erdölverbrauch im privaten Sektor so gut wie ausgeschlossen oder er war ausgeschlossen, kann man sagen -, in dieser Zeit um rund 87 Prozent gestiegen, um seit 1995, zwar langsam, aber dennoch kontinuierlich, wieder zurückzugehen. Deshalb wäre im Falle einer in Ihrer Studie beschriebenen Ölkrise - das ist zwar jetzt an dieser Stelle nicht Optimismus pur - Thüringen nicht stärker, sondern eher schwächer von einer solchen Krise als andere Bundesländer betroffen. Was passiert jetzt, mal von den weitreichenden Folgen abgesehen? Unmittelbar hängen wir natürlich am sogenannten Erdölbevorratungsverband. Somit ist kurzfristig die Versorgung in einem solchen Krisenfall zunächst einmal gesichert. Es gibt auch in Thüringen Notreserven als Tanklager.

Viel wichtiger ist aber, meine Damen und Herren, dass wir uns mit dieser Frage in Thüringen eigentlich gar nicht erst beschäftigen müssen. Seit Jahren, und da komme ich zum Thema, verfolgen wir mit der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Reform in Thüringen das Ziel, die Abhängigkeit vom Erdöl und allen

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Auch im Verkehr?)

fossilen Energiereserven zu verringern - wenn weniger Verkehr ist, verbrauchen wir auch weniger fossile Energiereserven, Herr Kollege - und regionalwirtschaftliche Strukturen zu stärken. Der Begriff ist Ihnen, glaube ich, auch geläufig. Jedenfalls dürfte Ihnen geläufig sein, dass wir Thüringen als grü

nen Motor stärken wollen und dafür sorgen, dass die Energiekosten für die Verbraucher, aber auch für die Industrie, stabil bleiben und möglichst sinken, jedenfalls nicht stärker steigen.

Meine Damen und Herren, wir haben im Bereich der Stromerzeugung aus den Erneuerbaren Kennziffern. Innerhalb der letzten Jahre von 2006 bis 2012 hat sich die Stromerzeugung aus Erneuerbaren in Thüringen um mehr als die Hälfte erhöht. Ich kann Ihnen die Zahlen in etwa genau sagen: von 1.770 Gigawattstunden 2006 auf in etwa 3.770 Gigawattstunden in 2012. Dass es mittlerweile zahlreiche Initiativen vonseiten der Landesregierung, speziell auch vom Thüringer Wirtschaftsministerium, im Bereich der erneuerbaren Energien gibt, das dürfte durchaus bekannt werden. Wir fördern nicht nur den Ausbau der Erneuerbaren in Thüringen, wir fördern zum Beispiel auch mit der Thüringer Energieund GreenTech-Agentur die Forschung im Bereich der grünen Technologie. Gleichzeitig fördern wir Energie- und Wärmeeinsparung und Effizienzsteigerung. Ausweis dafür ist die Thüringer Energieeffizienzoffensive, auch unter dem Kürzel ThEO bekannt. Sie unterstützt mittelständische Unternehmen bei der Energieeinsparung und Kostensenkung. Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende ist natürlich auch der Aufbau der notwendigen Infrastrukturen bei Energieerzeugung, aber - und das merken wir immer stärker - auch bei den Speicherkapazitäten. Es ist bekannt, dass in den letzten Jahren in Thüringen auf Initiative meines Vorgängers ein Pumpspeicherkataster entstanden ist, das in der Form so ziemlich einmalig angelegt ist, mit dem potenzielle Standorte für solche Speicherkraftwerke in Thüringen zunächst einmal lokalisiert wurden. Derzeit werden drei Projekte zur Errichtung von solchen Speichern begleitet. Ich sage auch an dieser Stelle, dass wir das Thema Geothermie weiterhin im Blick haben.

In Bezug auf das Thema Peak Oil, meine Damen und Herren, ist auch ganz klar, das wurde schon von meinem Kollegen Weber angesprochen, ich will an der Stelle auch dem Kollegen Kemmerich ganz dezidiert widersprechen, wenn es darum geht - und das ist an sich der wichtigste Bereich, nämlich im Bereich des Wärmeverbrauchs, letztendlich auch des Benzinverbrauchs. Im Bereich der Wärme: Mehr als die Hälfte der verbrauchten Energie wird für Wärmeerzeugung benötigt. An dieser Stelle initiativ zu werden, liebe Kollegen von der FDP, ist, glaube ich, zunächst einmal vom Ansatz her - jedenfalls lasse ich da keine Zweifel zu - der richtige Weg. Inwieweit wir im Detail dazu kommen, diese Wärmeeffizienzziele zu erreichen - da bin ich gern zu Diskussionen bereit. Die von Ihnen angesprochenen Zwangsmaßnahmen sind in meinem Haus längst kein Thema mehr, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ist es aber sehr wohl. Wir werden es brauchen. Das haben mir in vielen Zuschrif

(Minister Höhn)

ten die verschiedensten Fachverbände und Interessengruppen auch mitgeteilt. Über den Weg werden wir nach wie vor in der Diskussion sein. Ich habe allerdings leider - da sage ich wirklich leider - nicht mehr die Hoffnung, dass das in dieser Legislatur gelingen möge. Zwangsmaßnahmen jedenfalls sind nicht der Weg, den ich persönlich für den richtigen halte. Aber, wie gesagt, das Ziel an sich bleibt.

Ich habe es gesagt, die Wärme ist an sich der Ausgabeposten für die Thüringer Privathaushalte, der am meisten in den Geldbeutel schlägt. Wir würden dieses Gesetz gern auf den Weg bringen. Wir unterstützen aber auch den Ausbau und die Forschung im Bereich der Elektromobilität. Dazu haben wir das gemeinsam mit den Kollegen vom Ministerium für Bau, Landesplanung, Verkehr initiierte Thüringer Innovationszentrum Mobilität, auch bekannt unter dem Kürzel ThIMo, ins Leben gerufen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles zeigt, dass der Freistaat mit ziemlich großen Schritten in Richtung Unabhängigkeit - ich sage jetzt mal - von fossilen Brennträgern geht. Unabhängigkeit im Bereich der Erneuerbaren haben wir noch längst nicht erreicht. Bei allen erfolgreichen Initiativen sind wir natürlich auch abhängig von Rahmenbedingungen, die der Bund, aber auch die europäische Ebene, uns vorgeben. Auch da muss ich Ihnen widersprechen, Herr Kemmerich, dass EEG ist nach wie vor, jedenfalls für mich und für uns, ein Beispiel dafür, wie ein solches Gesetz dafür sorgen kann, dass Technologien regelrechte Innovationsschübe vollzogen haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb halten wir es nach wie vor für ein gutes und vor allen Dingen für ein effektives Instrument. Es muss nicht abgeschafft werden. Es muss zukunftsfähig gemacht werden. Da sind wir, glaube ich, mit den Initiativen, die der Bundeswirtschaftsminister hier auf den Weg gebracht hat, auf dem richtigen Weg. Der Teufel steckt natürlich auch hier immer im Detail, das ist ganz klar. Ich will auch gar nicht in Abrede stellen, dass es dort an der Stelle auch Diskussionsbedarf gibt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle festhalten: Wir sind in Thüringen energiepolitisch für die nächsten Jahre gut aufgestellt.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: 23 Mrd. im Jahr.)

Wir wollen, das ist zunächst einmal für die Bundesebene ein Ziel, einen Erneuerbare-Energien-Anteil am Nettostromverbrauch bis 2025 zwischen 20 und 45 Prozent haben. Thüringen hat das ehrgeizige Ziel von 45 Prozent ausgerufen. Daraus resultierend, wenn man den Blick mal deutlich in die Zukunft fokussiert, wäre 2050 ein Erneuerbare-Energien-Anteil in Thüringen zwar nicht von 100 Prozent, wie Sie sich das wünschen, Herr Kollege

Adams, aber nach Berechnungen immerhin von mindestens 80 Prozent folgerichtig. Deshalb will ich auch den Optimismus, den Kollege Hellmann an dieser Stelle offeriert hat, an dieser Stelle ein klein wenig dämpfen. Aber ich denke, mit einem 80-prozentigen Erneuerbare-Energien-Anteil sind wir gut unterwegs. Spätestens dann wird das Thema Peak Oil, so hoffe ich jedenfalls, nicht mehr die große Rolle spielen, wie es derzeit durchaus berechtigt noch geschieht.

Darum muss es gehen, meine Damen und Herren, wir sollten keine Ängste schüren und vielleicht noch darüber philosophieren, wie verletzlich der Freistaat oder die Bundesrepublik an dieser Stelle sind. Wir brauchen konkrete Alternativen, konkrete Maßnahmen, um diese Abhängigkeit von den fossilen Brennträgern zu reduzieren. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen zu diesem Thema liegen mir nicht vor, so kann ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde schließen.

Ich rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Kürzung der Frist zur Beantragung der Entschädigung von DDR-Heimkindern - Umgang mit der DDR-Vergangenheit in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7485

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat das Wort Abgeordneter Barth von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, in unserem Grundgesetz heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Die Würde des Menschen ist auch unteilbar und sie ist insbesondere auch unbefristet. Das gilt auch und vielleicht sogar in besonderem Maße für die Menschen, die in der DDR von Repressalien der SED und Stasi betroffen waren, auch für Kinder und Jugendliche, die in DDR-Kinderheimen unter teils menschenunwürdigen Umständen aufwachsen mussten. Ich finde es deshalb richtig, dass diese Menschen heute für ihren Leidensweg entschädigt werden.

(Beifall FDP)

Kein Geld der Welt kann erlittenes Unrecht ungeschehen machen. Aber diese symbolische Geste

(Minister Höhn)

der Anerkennung, die diese Entschädigung darstellt, ist auch ein Zeichen, dass und insbesondere wie wir heute die Vorgänge und Ereignisse von damals einschätzen und bewerten. Aus dem Grunde muss ich sagen, finde ich es eine Verhöhnung der Opfer, wenn sich die Thüringer Sozialministerin Frau Taubert hinstellt und einerseits verkündet, alle Zahlungen sind gesichert, der Fonds wurde aufgestockt, die Summe wurde erhöht, weil es so viele Anträge gibt, und auf der anderen Seite im gleichen Atemzug die Antragsfrist auf den 30. September 2014 vorverlegt wird.

(Beifall FDP)

Frau Taubert braucht sich da auch gar nicht hinter ihren Ministerkollegen, die das gemeinsam beschlossen haben, zu verstecken. Sie war es, die diese Fristverkürzung gefordert hat. Das kann man bei MDR-Info nachhören. Jetzt haben wir die Situation, dass viele Opfer nach wie vor davon ausgehen, dass sie noch zwei Jahre Zeit haben, um ihre Ansprüche geltend zu machen, was aber falsch ist. In Wahrheit haben sie nur noch sechs Monate. Wer sich danach meldet, geht leer aus. Das Schlimmste ist, dass es auf der Homepage des Ministeriums noch nicht mal einen Hinweis darauf gibt, dass die Frist verkürzt worden ist.

(Zwischenruf Abg. Hitzing, FDP: Hört, hört.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass viele Opfer diese Zeit brauchen, mehr Zeit brauchen, um sich durchzuringen, einen Entschädigungsantrag zu stellen. So ein Entschädigungsantrag ist etwas anderes als ein Antrag auf Wohngeld oder so etwas. Wenn man so einen Antrag stellt, werden alte Wunden aufgerissen. Das ist für viele ein Kraftakt, sich mit den Ereignissen von damals wieder auseinanderzusetzen, sich zu öffnen, sich auch zu trauen und auch mit staatlichen Behörden letztlich über diese teils dramatischen Erfahrungen zu sprechen.

(Beifall FDP)

Ich sage ganz klar, meine Damen und Herren, diese Menschen sind ihr Leben lang traumatisiert, nicht nur bis zum 30. September dieses Jahres. Der Vorstoß von Frau Taubert - und das ist die Bewertung, die sich anschließen muss -, diese Antragsfrist zu verkürzen, ist deshalb in meinen, in unseren Augen, nichts anderes als ein Gefälligkeitsdienst gegenüber dem zukünftigen Koalitionspartner, den Linken. Frau Taubert missbraucht

(Beifall FDP)

ihr Ministeramt, um Rot-Rot in Thüringen vorzubereiten.

(Zwischenruf Dr. Schubert, Staatssekretär: So ein Unsinn.)

Auf dem Rücken der Opfer

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

wird ein roter Teppich für eine Koalition mit den Kindern und den Enkeln der Täter ausgerollt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Dass Sie darüber auch noch lachen können, zeigt, dass Sie nichts gelernt haben.

(Beifall FDP)

Im Monat der Landtagswahl, meine Damen und Herren,

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Jetzt wird es aber al- bern.)

in der Frau Taubert mit Herrn Ramelow Koalitionsverhandlungen führen will, soll die Frist für die Anträge der Heimkinder von damals enden. Das finde ich schon ein wirklich besonders starkes Stück.

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Da muss man erst- mal drauf kommen.)

Ein ganz anderer Sachverhalt, aber der passt natürlich ins Bild: Kommentarlos nehmen Frau Taubert und weitgehend kommentarlos auch Herr Matschie hin, dass Herr Kollege Ramelow sich schützend vor eine Lehrerin aus Suhl stellt, die im Unterricht als Pionierleiterin in FDJ-Bluse und mit rotem Halstuch,

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Das war nicht im Un- terricht.)

im Unterricht und in der Schule als Pionierleiterin in FDJ-Bluse und mit rotem Halstuch auf dem Schulhof zum Appell aufruft und mit FDJ-Hemd und rotem Halstuch posiert.

(Zwischenruf Prof. Dr. Merten, Staatssekre- tär: Das stimmt nicht!)