Protokoll der Sitzung vom 19.03.2014

(Zwischenruf Prof. Dr. Merten, Staatssekre- tär: Das stimmt nicht!)

In der Schule, doch das stimmt. Dass Herr Ramelow diese Frau in Schutz nimmt, kann ich verstehen. Sie kommt aus seinem Stall. Sie war jahrelang für die Linke im Suhler Stadtrat Mitglied. Der Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen hat die Verteidigungsstrategie von Kollegen Ramelow übrigens zunichte gemacht. Er hat ausdrücklich noch einmal darauf hingewiesen, dass in den letzten 15 Jahren keine Klasse aus dem Suhler HerderGymnasium oder den Vorgänger-Schulen in Hohenschönhausen zu Gast gewesen ist.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das ist gelogen, das ist gelogen.)

Stellen wir uns einen Moment vor, eine Lehrerin aus Thüringen wäre in der Kluft der Hitlerjugend oder des Bundes deutscher Mädel aufgetreten. Wie groß wäre dann der

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

berechtigte Aufschrei gewesen, gerade auch von den Linken, von denen, die das jetzt bagatellisieren und herunterspielen.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Taubert will RotRot. Das müssen Sie, Frau Taubert, als Spitzenkandidatin den Wählern der SPD erklären.

(Unruhe DIE LINKE)

Als Sozialministerin aber sind Sie Repräsentantin...

Herr Abgeordneter, die Redezeit.

... des Staates und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Sie tragen in dieser Funktion eine

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Die Redezeit ist um.)

besondere Verantwortung gegenüber den Opfern von Diktatur und Gewalt.

Herr Abgeordneter, immer noch die Redezeit.

Dem, Frau Ministerin, werden Sie in dieser Funktion nicht gerecht. Das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden. Vielen Dank für Ihr Verständnis, Herr Präsident.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Dr. Schubert, Staatssekretär: Das ist doch wirklich voll daneben. So ein Unsinn.)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Bärwolff von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, man weiß gar nicht, was man dazu sagen soll. Das war jetzt ein bunter Reigen. Man hat ein bisschen den Eindruck, Herr Barth ist noch so ganz im Kalten Krieg verhaftet. Ich glaube, das, worum es eigentlich geht, ist die Frage der Entschädigung von DDR-Heimkindern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das, worum es eigentlich geht, ist die Frage der Rehabilitierung und natürlich kann man auch kritisch hinterfragen, dass die Frist von 2016 und 2017 jetzt auf den 30. September 2014 vorgezogen wird, Herr Barth. Das kann man durchaus alles kritisch betrachten. Aber seien Sie versichert, die Sozialministerin hat weder beim Landesvorstand unserer Partei noch in der Fraktion DIE LINKE vorgesprochen. Das hat auch nicht im Rahmen von Koalitionsgesprächen stattgefunden. Selbst wenn, würde eine rot-rot-grüne Koalition mit Sicherheit nicht an der Frage der Rehabilitierung von Opfern der DDR-Regierung scheitern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, da sind wir alle schon ein bisschen weiter. Ich habe den Eindruck, dass Sie da nicht so sehr weit sind. Vielleicht werfen Sie uns jetzt gleich vor, dass ich heute ein blaues Halstuch trage?

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe ein bisschen den Eindruck, Sie suchten nur irgendetwas, wo Sie ein wenig Stunk machen konnten. Es war auch nicht sonderlich sachlich. 40 Jahre DDR mit all den Schwierigkeiten, mit 12 Jahren NS-Regime und dem Holocaust zu vergleichen, halte ich für sehr, sehr unangebracht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das hat auch mit dem Thema, worum es eigentlich geht, nämlich den Missständen, nicht nur in der ehemaligen DDR, sondern auch in Westdeutschland, in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nichts zu tun.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb versuche ich eher auf diesen Aspekt einzugehen. Zwischen 1949 und 1990 waren etwa 400.000 Kinder in Heimen und Spezialeinrichtungen der Kinder- und Jugendpflege in der DDR untergebracht. In der Tat mussten eine ganze Reihe von Menschen Dinge erleben, die unter heutigen und auch unter damaligen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen und zu tolerieren waren. Dafür gibt es die Entschädigungsleistungen und auch die entsprechenden Gesetze. Dass der Fonds, der bisher 40 Mio. umfasst hat, Thüringen hat da 3,2 Mio. € schon eingespeist, bislang schon aufgebraucht ist und man nachschießt, zeigt zum einen, dass die Betroffenen durchaus ein Interesse daran haben, zeigt aber auch, dass die Aktivitäten der Landesregierung und auch der Thüringer Landesbeauftragten für die Unterlagen der ehemaligen Staatssicherheit mit ihrem mobilen Beratungsteam durchaus fruchtend sind. Das Referat 34 in Ihrem Haus hat sowohl im Landesjugendhilfeausschuss als auch im Sozialausschuss auch relativ häufig zu diesen Themen berichtet. Sie, Herr Barth, waren da nicht da

(Abg. Barth)

bei und ich habe auch nicht wahrgenommen, dass die FDP-Fraktion im Sozialausschuss diesbezüglich agiert hätte. Der Umstand, dass wir jetzt von 40 Mio. auf 200 Mio. die Summen aufstocken, zeigt, dass Menschen das auch annehmen.

Dass die Frist nach vorn gezogen, verkürzt wird, das kann man in der Tat kritisch sehen, das kann man durchaus auch infrage stellen. Fakt ist, es gibt einen langjährigen Beratungsbedarf durch die Betroffenen. Es ist schwierig, dass sich Menschen erst mal auf die Situation einlassen, dass sie sich darauf einlassen, sich zu öffnen. Das ist völlig richtig. Wir als Linke unterstützen natürlich weiterhin die Forderung, dass Rehabilitierung und Wiedergutmachung im Vordergrund stehen und dass es niedrigschwellige Angebote für Opfer der DDR-Heimerziehung geben muss. Daran führt kein Weg vorbei. Ansonsten würde ich Sie durchaus bitten, ein wenig mehr Sachlichkeit walten zu lassen. Wenn Sie damit Wahlkampf machen wollen, machen Sie das, aber bitte nicht auf dem Rücken derjenigen, die Unrecht erlitten haben und die heute um Rehabilitierung und Anerkennung kämpfen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Gumprecht von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, für viele Kinder und Jugendliche in DDRHeimen waren Zwang, Druck, Drill, aber auch Gewalt leider eine Erfahrung, die immer wieder vorkam. Den Betroffenen wurden schulische und berufliche Bildungsmöglichkeiten beschnitten oder ganz verweigert. Entwicklungspotenziale wurden massiv beeinträchtigt und damit auch Lebenschancen genommen. Für zahlreiche dieser Menschen wirken die Erlebnisse in den Heimen bis heute traumatisch nach. Um den Betroffenen bei der Bewältigung der Folgen der DDR-Heimerziehung zu helfen, wurde vor zwei Jahren der Fonds „Heimerziehung in der DDR“ aufgelegt. Der Fonds gleicht besondere Hilfebedarfe aufgrund von Schädigungen durch die Heimerziehung aus und er leistet für geminderte Rentenansprüche, wenn diese auf den Heimaufenthalt zurückzuführen sind, Ersatz. Vor allem sorgt der Fonds dafür, dass den Betroffenen nach langen Jahren erstmals das Gefühl der gesellschaftlichen Anerkennung und Beachtung ihres Leides zukommt und diese erfahren wird.

Meine Damen und Herren, wir sind es den Opfern der Heimunterbringung schuldig, uns um ihre Folgeschäden zu kümmern. Die Botschaft ist: Wir lassen die ehemaligen Heimkinder mit ihrem Schicksal

nicht allein. Im Februar dieses Jahres haben sich der Bund und die ostdeutschen Länder auf eine Aufstockung um den fünffachen Betrag verständigt. Diese Aufstockung um 40 Mio. wurde nötig, da sich die Inanspruchnahme in einem Tempo und Ausmaß entwickelt hat, das sich vorher nicht abzeichnete. Ich denke, dass das Ausdruck dessen ist, in welchem Tempo nachgefragt wurde und auch jetzt die Nachfrage weiterhin folgen wird. Zugleich, das ist richtig, wurde auch der 30. September als Stichtag festgelegt, bis zu dem Ansprüche auf Leistung aus dem Fonds angemeldet werden müssen. Diese Frist, das muss man auch sagen, gibt den Ländern Planungssicherheit. Die Frist hat nicht das Ziel, einzelne zu benachteiligen. Trotz, denn das zeigt sich auch an den Kriterien, der unerwartet starken Inanspruchnahme des Fonds gibt es keine Einschränkungen bei den Leistungen, es gibt keine Erschwerung des Zugangs und es gibt auch keine Verschärfung der Kriterien. Damit bleibt es bei einer Gleichbehandlung zwischen den alten und den neuen Antragstellern.

Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe muss es nun sein, alle Betroffenen zu informieren, dass sie noch bis Ende September 2014 ihren Anspruch auf Anerkennungsleistung anmelden können. Dabei reicht zunächst ein förmliches Schreiben. Das ist der Internetseite des Fonds zu entnehmen. Der eigentliche Antrag kann später konkret gestellt werden. Es sind, meine Damen und Herren, wir alle gefragt, diese Botschaft ins Land zu tragen, zu den Vereinen, die denjenigen helfen, zu den Kirchen und Organisationen vor Ort. Damit, denke ich auch, kann den Betroffenen geholfen werden. Ich möchte noch eins sagen: Ich bin dem Antragsteller für den Fakt des Antrags dankbar, dass wir damit die Möglichkeit haben, auf diesen Termin hier deutlich hinzuweisen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gumprecht, den letzten Satz habe ich nicht so richtig verstanden. Auf den Fakt hinweisen, kann man auch im Ausschuss, wir haben uns damit auch auseinandergesetzt.

(Zuruf Abg. Gumprecht, CDU: Der ist aber nicht öffentlich.)

Genau, an der Öffentlichkeit von Ausschüssen hängt es bei Ihnen und nicht bei uns.

(Abg. Bärwolff)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Öffentlichkeit von Ausschüssen schon mehrmals eingefordert. Ob jetzt diese Vorführstunde hier nötig ist, weiß ich nicht. Ich will gern darauf eingehen. Wir sehen an der Stelle inhaltlich auch Bedenken. Es geht um ein dunkles, um ein weiteres dunkles Kapitel der DDR-Geschichte, wo für viele Kinder drakonische Erziehungsmaßnahmen in den 190 Heimen in Thüringen auf der Tagesordnung standen. Wir reden auch über acht Jugendwerkhöfe und wir reden über zum Teil menschenverachtende Bedingungen, die Strafanstalten gleich kamen. Das ist kein Thema,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

meine sehr geehrten Damen und Herren, was unter der Überschrift „Wahlkampf“ auf dem Rücken der Opfer ausgetragen werden darf, wie Herr Barth das gerade gemacht hat. Ich fand diese Art und Weise sehr daneben. Wenn man weiß, dass es in diesen Heimen, in diesem dunklen Kapitel der DDR-Geschichte, nicht selten Prügel, Drangsalierungen und diverse Misshandlungen gab, dass das für viele bedeutete, dass sie danach kein normales Leben führen konnten, dann ist das eine überaus sensible Debatte, die man auch sensibel führen sollte. Ehemaligen DDR-Heimkindern wird Hilfe und Unterstützung noch heute bei den Folgeschäden, die dieser ganze psychische und physische Druck verursacht hat, gegeben.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Das ist auch richtig so.)