Protokoll der Sitzung vom 20.03.2014

(Beifall SPD)

Hier haben Sie, Herr Pidde, wieder eine Rede gehalten, dass DIE LINKE alles richtig gemacht hat, aber leider können sie nicht zustimmen. Also das ist doch wohl die Höhe.

(Beifall DIE LINKE)

Wir brauchen uns nicht zu wundern, dass sich manche Bürgerinnen und Bürger dann vom Parlament abwenden und sagen, so geht es nun auch nicht. Herr Pidde, das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit, das Sie pflegen und immer sagen, der Bund soll das jetzt machen. Und der Bund sagt, die Länder sollen machen und die sagen, die Gemeinden sollen es machen. Dieses Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit führt letztlich dazu, dass Probleme für Menschen in diesem Lande nicht gelöst werden. Und da dachte ich immer, das hatte bisher nur die CDU gemacht. Aber offenbar fünf Jahre Zusammenarbeit mit der CDU hat sehr stark das SPD-Handeln mit beeinflusst. Deswegen wird es Zeit, dass Sie sich aus dieser Umklammerung der CDU befreien, einfach, damit Sie wieder zu sich selbst finden.

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Und hier steht der Befreier.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zur Vertragsfreiheit: Hier wurde gesagt, die Vertragsfreiheit ist tangiert. Nochmals, wir haben in diesem Land Vertragsfreiheit, trotzdem haben wir enge Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, die diese Vertragsfreiheit eingrenzen. Und wir machen hier nichts anderes, wir grenzen auch hier, das geben wir zu, Vertragsfreiheit ein. Wir regulieren und wir wissen aber, Regulierung ist erstmal kein Teufelswerk. Regulieren tun ganz andere auch. Wettbewerb der Sparkassen: Dazu hatte ich schon etwas gesagt. Wir wollen nicht, dass sich Sparkassen wie private Kreditinstitute am Markt frei bewegen können. Deshalb nehmen wir diesen Vorwurf hin. Und da ist

auch berechtigt, dass wir hier die Sparkassen in ein engeres gesetzliches Korsett nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Noch ein Hinweis zur FDP: Ich weiß, ich kann Sie immer nicht überzeugen, aber Sie lernen immer was, wenn ich hier vorn am Pult stehe. Also insofern zur Aufklärung, die wirtschaftliche Situation der Wartburg-Sparkasse steht in keinem Zusammenhang, nicht einmal im entfernten Zusammenhang mit der Finanzlage der Stadt Eisenach.

(Heiterkeit CDU, FDP)

Die Wartburg-Sparkasse, diese ist eine Gemeinschaftsparkasse im Wartburgkreis in Eisenach, hat noch nie an ihre Träger ausgeschüttet - weder an den Wartburgkreis noch an die Stadt Eisenach. Wir kämpfen immer dafür. Die Wartburg-Sparkasse hat entschieden, dass sie es lieber in die Stiftung tun und über die Stiftung dann zum Beispiel Kulturprojekte fördern. Insofern können Sie keinen Zusammenhang zur Finanzlage der Stadt Eisenach herstellen. Herr Meyer hatte kurz grundsätzlich angesprochen, dass Eigenkapital über die Verzinsung des Eigenkapitals mögliche Quelle auch für Ausschüttungen sein kann. Da wurde auch ein Satz gesagt, das Eigenkapital der Sparkassen wäre noch nicht ausreichend. Deshalb schütten sie nicht aus. Dem ist nicht so. Die Eigenkapitalquote aller Sparkassen, das hat mir die Landesregierung auf eine Anfrage mitgeteilt, ist schon so hoch dotiert, dass alle Sparkassen jetzt schon die Voraussetzungen von Basel III erfüllen. Jetzt schon. Das heißt, wir sind im Vergleich zu den privaten Kreditinstituten besser aufgestellt. Das hat aber auch etwas damit zu tun, dass unsere Sparkassen eben solider agieren. Das ist ein Erfolg und darauf sind wir auch stolz. Deshalb wollen wir das Konstrukt der Sparkasse auch überhaupt nicht infrage stellen. Aber es ist jetzt nicht mehr notwendig, alle Überschüsse dem Eigenkapital zuzufügen. Deswegen haben wir als Gesetzgeber auch hier die Sparkassen ermächtigt, dass nur noch 25 Prozent der Gewinne zwingend dem Eigenkapital zuzufügen sind und über die restlichen 75 Prozent kann der Verwaltungsrat entscheiden, wie weit das ausgeschüttet oder in eine Stiftung getan wird. Das ist eine Reaktion darauf, dass unsere Sparkassen sehr gut mit Eigenkapital ausgestattet sind.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Primas?

Ja, bitte.

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Danke schön, Herr Kuschel. Können Sie mir sagen, was Ihre Landräte, die amtieren und Verwaltungsratsvorsitzende bei den Sparkassen sind, von Ihren Vorschlägen halten?

Die sind begeistert.

(Heiterkeit CDU)

Das ist immer so. Aber die haben in den Sparkassenverwaltungsräten auch nur eine Stimme.

(Heiterkeit FDP)

Und insofern sind wir immer dafür, Ausschüttungen zu machen. Natürlich wissen wir, dass das Steuerrecht diese Ausschüttungen etwas erschwert, weil eben zusätzlich noch einmal Kapitalertragssteuer fällig wird. Also insofern muss man da auf der Bundesebene weiter diskutieren. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir dafür sind, dass die Sparkassen so erfolgreich sind

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das erin- nert mich ein bisschen an Zirkus.)

und dass die Trägergemeinden und die Landkreise auch von diesem wirtschaftlichen Erfolg über Ausschüttungen profitieren sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch ein Hinweis, weil Herr Meyer das gesagt hat, ich hatte es schon als Zwischenruf gesagt, wenn der Markt funktionieren würde und alle Kunden tatsächlich in ihrer Entscheidung frei wären, würde ich Ihnen zustimmen. Dann müsste man manchen sagen, wechsle mal die Bank. Aber es gibt natürlich eine große Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern, die können so einfach die Bank nicht wechseln und sind froh, dass sie bei der Sparkasse das Recht auf Girokonto überhaupt noch verwirklichen können. Es gibt Menschen wie mich, die bewusst nicht wechseln, weder von der Sparkasse, noch von den Stadtwerken. Ich wechsle auch nicht meinen Stromanbieter.

(Beifall DIE LINKE)

Weil ich will, dass die Stadtwerke, obwohl sie etwas teurer sind, aber sie sind regionaler Versorger und haben für regionale Wirtschaftskreisläufe eine Bedeutung. Und deswegen wechsle ich nicht und nehme dafür einen höheren Preis in Kauf, das ist richtig. Und so ist es bei der Sparkasse. Ich nehme bewusst in Kauf, dass für mich die Sparkasse etwas teurer ist, aber ich will, dass die Sparkassen im Finanzsystem verankert bleiben und wechsle deshalb nicht zu einer Direktbank oder zur Deutschen Bank oder Commerzbank, wie auch immer. Und deswegen müssen wir beide Seiten berücksichtigen. Es gibt Bürgerinnen und Bürger, die diese Wechselmöglichkeiten haben, andere haben sie nicht. Und

es gibt Menschen, die sich bewusst auch für ein teureres Angebot entscheiden. Das ist wie im wahren Leben, also es gibt auch Menschen, die kaufen Bioprodukte und die sind im Regelfall auch etwas teurer, aber weil sie sagen, ich will erst einmal mich gesund ernähren und will natürlich auch etwas dafür tun, dass die Wirtschaftskreisläufe im Bereich der Bioprodukte erhalten bleiben. Insofern sind das auch dann bewusste Entscheidungen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Es hat sich erneut zu Wort gemeldet der Abgeordnete Uwe Barth von der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter, 3 Minuten.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ha- be ich ihn wieder provoziert. Es lebe die freie Marktwirtschaft!)

Frau Präsidentin, Herr Kollege Kuschel, ich lasse mich nicht provozieren. Aber ich habe auch nicht die Hoffnung, dass Sie noch etwas lernen.

(Unruhe DIE LINKE)

Aber es hören einfach zu viele Leute zu, denen man das eine oder andere vielleicht noch einmal richtigstellen kann.

(Beifall FDP)

Zunächst einmal, was die Handwerker betrifft, Herr Kollege Kuschel. Die Handwerker in diesem Land leiden, wenn sie überhaupt leiden - es geht den Handwerkern im Moment zum Glück sehr gut -, aber wenn sie leiden, dann leiden die darunter, dass das Vergaberecht immer komplizierter wird, mit vergabefremden Kriterien überschüttet wird

(Beifall FDP)

und deswegen die öffentliche Hand für viele kleine Handwerker als Auftraggeber ausfällt, weil es ihnen einfach zu kompliziert ist und sie sich nicht mehr an Ausschreibungen beteiligen. Die Handwerker leiden unter steigenden Grunderwerbssteuern, unter steigenden Grundsteuern, unter steigenden Gewerbesteuern. Das ist das, worunter Handwerker leiden.

Sie tun hier so, als ob die Sparkassen so eine besondere Form der Bank wären; das sind sie nicht. Die unterliegen genauso der Finanzaufsicht, der BaFin, wie das jede andere Bank auch tut. Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dass die Kredite für Menschen gedacht sind, die noch nicht einmal einen Kredit bekommen - natürlich müssen die Sparkassen sich auch an Regeln halten und müssen sich ihre Kunden auch anschauen. Hier geht es vor allem aber um die Menschen, die vielleicht mit

einem geringen Einkommen, aber trotzdem ganz normal ein Konto bei der Sparkasse haben, denen bewusst zu machen, dass ein Überziehungskredit, dass ein Dispokredit eine Ausnahmesituation sein sollte und eben nicht der Regelfall. Denen bewusst zu machen und bewusst zu halten, dass, wenn man eine Anschaffung tut, man das nur in dem Rahmen tun sollte, wie man von einer Bank eben auch einen regulären Kredit bekommt, das halte ich für wichtig.

(Beifall FDP)

Da sind Überziehungs- und Dispozinsen schon ein geeignetes Mittel. Das blenden Sie bei Ihrer Argumentation hier völlig aus. Deswegen wollte ich das gern noch einmal klarstellen.

Der letzte Punkt: Sie sagen, Sparkassen sollen kein Geld verdienen. Ich sage, doch, Sparkassen müssen Geld verdienen, denn Sparkassen haben zum einen auch ein Kreditausfallrisiko, was sie in irgendeiner Form refinanzieren müssen, dazu müssen sie Geld verdienen. Sparkassen sind auch ein wichtiger Träger für viele öffentliche Projekte. Sparkassen machen Sponsoring im sozialen, im sportlichen Bereich. Auch, wenn die Wartburg-Sparkasse vielleicht keine Ausschüttungen an ihre Träger macht da würde ich übrigens einmal mit dem Verwaltungsrat reden, das ist aber eine andere Geschichte -, aber Ausschüttungen in Form von solchen Projekten, von Sponsoring für sportliche Veranstaltungen, für soziale Zwecke, das macht jede Sparkasse in Thüringen, auch die im Wartburgkreis und in Eisenach. Das sind die Punkte, wofür Sparkassen Geld verdienen müssen. Sie wollen es ihnen verbieten. Deswegen war Ihr Vortrag hier erhellend für Ihre Ziele, in der Sache aber trotzdem falsch. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Gibt es noch Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Herr Staatssekretär im Finanzministerium, bitte schön, Herr Diedrichs.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Schülerinnen und Schüler auf der Besuchertribüne, die Sie so zahlreich dort oben sitzen und dieser Debatte folgen, lassen Sie mich die Haltung der Landesregierung stichpunktartig wie folgt hier nochmals bekräftigen: Wir halten den Gesetzentwurf und den Antrag für ordnungspolitisch verfehlt. Die Landesregierung kann kein Marktversagen erkennen. Veröffentlichungen der Stiftung Warentest sowie Vergleichsportale im Internet zeigen, dass es eine erhebliche Spreizung der Dispozinsen gibt und ermöglichen es jedem Verbraucher, sich für ein Kre

(Abg. Kuschel)

ditinstitut zu entscheiden, welches niedrige Dispozinsen anbietet. Wir haben hier eine sehr hohe Markttransparenz. Ich möchte Zahlen nennen, wir hatten bereits einige gehört: Nach der Zeitschrift „Finanztest“ war zum 01.07.2013 eine Spreizung bei den Dispozinsen von 4,2 Prozent bis 14,75 Prozent festzustellen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch aber Theorie! Das ist doch Theorie!)

Die Thüringer Sparkassen lagen dabei im Mittelfeld. Dies zeigt meines Erachtens, dass es hier genau kein Marktversagen gibt.

Lassen Sie mich auch zu den Sparkassen noch ein Wort sagen, Herr Abgeordneter Kuschel, weil Sie so ein bisschen anklingen ließen, die Sparkassen nutzten Notlagen aus, indem sie Personen ganz bewusst in einer Überziehung hielten. Dem muss ich entgegentreten, das kann ich nicht erkennen. Nach dem, was uns auch im Rahmen der Sparkassenaufsicht an Kenntnissen vorliegt, handeln die Sparkassen hier sehr verantwortungsvoll.

Wir haben einen weiteren Aspekt, über den wir sprechen müssen, wenn wir über das Thema Dispozinsen sprechen, und das ist, dass die Bankkunden ihre Bank nicht nach einzelnen Aspekten, sondern im Hinblick auf ihre Gesamtbedürfnisse und ein Gesamtpaket auswählen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie ein billiges Restaurant suchen, wählen Sie dann die Gaststätte danach aus, was eine Tasse Kaffee kostet? Wahrscheinlich nicht, vielmehr kommt es doch auf den Gesamtpreis für das Essen an. Genauso ist es doch mit den Banken. Wer sich für eine Bank entscheidet, der hat das Gesamtpaket vor Augen und nicht nur die Höhe der Dispozinsen. Lassen Sie mich das genannte Beispiel noch einmal fortführen. Wenn Sie also eine Gaststätte für sich auswählen, schauen Sie da allein nach dem Preis oder berücksichtigen Sie nicht vielmehr auch andere Faktoren, zum Beispiel wie es dort schmeckt und ob das Ambiente gefällt? Genauso ist es doch mit den Banken. Dort schaut man vielleicht, ob einem der Service gefällt, ob sich ein Geldautomat in der Nähe befindet und ob die Geschäftsstelle gut erreichbar ist.

Weiterhin: Eingriffe in die Finanzpolitik bergen die Gefahr einer Verknappung des Angebots an Dispokrediten. Die Banken müssen ihre Kredite, und damit auch ihre Dispokredite, risikogerecht bepreisen. Wenn Sie nun hier eine Obergrenze einführen wollen, würde dies automatisch dazu führen, dass gerade die wirtschaftlich Schwächeren keinen Dispokredit mehr erhielten. Billiges Geld kann Kunden und Bürger zur Verschuldung verleiten, auch das haben wir hier bereits gehört. Es gilt zu bedenken, dass mancher durch billiges, über das Girokonto leicht verfügbares Geld sogar eher der Überschul

dung näher kommt, als wenn ihm ein hoher Zins ständig den außergewöhnlichen Charakter dieser Kreditierung in Form des Dispokredites vor Augen führt. Kunden und Bürger können sogar durch geringe Zinsen verleitet werden, in die Verschuldung hineinzulaufen. Sinnvoller als der Zwang, in außergewöhnlichen Situationen billiger Geld anzubieten, könnte diesbezüglich eher eine Beratungspflicht der Kreditinstitute sein, so auch eine Forderung im Koalitionsvertrag auf Bundesebene, die aus unserer Sicht eher zielführend ist. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.