Protokoll der Sitzung vom 21.03.2014

Vielen Dank - und notiert. Bevor wir zur nächsten Rednerin kommen - das wird Frau Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion sein -, möchte ich Sie darauf hinweisen, damit Sie sich vorbereiten können, als nächsten Tagesordnungspunkt rufe ich dann die Große Anfrage auf, um den Zeitrahmen sicher zu machen, denn die Große Anfrage muss heute in jedem Fall bearbeitet werden.

Wir kommen jetzt zur nächsten Rednerin, das ist Frau Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Tat, es ist darauf hingewiesen worden, das Problem kennt eigentlich jeder. Es wurde darauf hingewiesen, es verhalten sich noch relativ wenig Leute danach, ihre Kommunikation zu verschlüsseln, aber es ist nicht so, dass das Problembewusstsein nicht ständig wachsen würde und viele Bürgerinnen und Bürger haben inzwischen das Bedürfnis und auch den Anspruch gestellt, ihre Kommunikation verschlüsseln zu wollen, zu sollen. Wir haben ja dieses berühmte Beispiel, wer E-Mails unverschlüsselt verschickt, verschickt eine Postkarte. Dieses Bild ist bei sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern haften geblieben und die sagen jetzt, wir wollen keine Postkarten mehr verschicken. Dieses Bewusstsein bezieht sich aber nicht nur auf staatliche Instanzen und nicht nur auf das Ausschnüffeln durch Geheimdienste, sondern - Kollegin König hat schon darauf hingewiesen - es haben auch andere Menschen Interesse an unseren Daten. Dazu gehören nicht nur kriminelle Hacker, dazu gehören auch Wirtschaftsunternehmen. Es gibt nun auch mehr und mehr private Firmen, die wollen und sollen das verschlüsselte Surfen bei ihren Internetangeboten oder auch bei der E-Mail-Kommunikation zum Standard machen.

(Abg. Meyer)

In der Begründung des Antrags von der Fraktion DIE LINKE wird schon darauf hingewiesen, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik beispielsweise stellt Links bereit, bei denen man schauen kann, was man machen kann. Damit sollte es auch für Thüringen eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir auf so eine Dienstleistung mit verweisen. Die Verschlüsselung der elektronischen Kommunikation bedeutet aber nicht nur, dass wir statt einer Postkarte dann einen Brief elektronisch verschicken können und eben nicht den Computer ausschalten müssen und wieder zur Post laufen oder Kassiber verteilen. Das bedeutet auch nicht nur, dass wir die Vertraulichkeit herstellen, sondern das Verschlüsseln von Mails hat noch zwei weitere wichtige Aspekte, die ganz von Bedeutung sind: Es muss auch die Authentizität gesichert sein. Wenn ich verschlüsselt kommuniziere, dann ist auch meinem Kommunikationspartner klar, diese Mail kommt wirklich von mir und es hat sich nicht nur ein anderer meines Namens oder meiner Adresse bedient. Die verschlüsselte Mail kann auch in ihrer Integrität gesichert werden, das heißt, ich kann, wenn ich sie vor fremdem Zugang schütze, verhindern, dass jemand anderes zusätzliche Inhalte einspeist, also praktisch meinen elektronischen Brief oder meine bisherige Postkarte einfach verfälscht. Und diese drei Kategorien - Vertraulichkeit, Authentizität, Integrität -, die kann man nur durch Verschlüsselung garantieren, durch eine sogenannte End-toend-Verschlüsselung.

Wie gesagt, es ist schon vieles erwähnt. Wir wollen kein Zurück oder wir können gar kein Zurück mehr zur Papierpost oder zu Kassibern organisieren. Private Unternehmen erkennen das längst als Wettbewerbsvorteil, dass man solche verschlüsselte Kommunikation den Kunden anbietet. Und die Politik sollte den Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger und ihre eigene Glaubwürdigkeit natürlich auch ebenfalls kennen und erkennen. Daher halte auch ich es für selbstverständlich, dass wir uns als Land Thüringen bemühen, auf den Webseiten - ja im Antrag ist erst mal die Landesregierung genannt. Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, da sollten sich die Fraktionen, da sollte sich auch jeder einzelne Abgeordnete Gedanken machen, wie wir solche verschlüsselten Kommunikationsformen eröffnen können. Deswegen beantrage auch ich die Überweisung. Wir können uns vielleicht noch einmal hier intern verständigen, ob es auch in Europa und Medien überwiesen werden kann. Ja, und Justiz, da hätten wir diese beiden Ausschüsse als Weiterberatung für dieses für uns alle, denke ich, sehr wichtige Anliegen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Marx. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete König.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen und auch liebe Zuhörer und Zuhörerinnen, erst einmal danke schön dafür, dass es zumindest zu einer Ausschussüberweisung kommt. Es ist ein Schritt mehr, als ich befürchtet hatte, zumindest zeitweise. Vielleicht nur eins, zu den Kosten noch einmal darauf hinzuweisen: Es gibt Anbieter kostenfreier Open-Source-Programme, die momentan auch die sichersten sind. Das weiß, glaube ich, auch Dr. Voigt, dass beispielsweise das kostenfreie Programm, jetzt nicht PGP, sondern eben GnuPG, insbesondere das für Windows, unter anderem mit Unterstützung des Bundesministeriums mitentwickelt wurde bzw. unterstützt wurde. Ich glaube, so viele Kosten kommen auf das Land Thüringen nicht zu. Es geht auch nicht darum, jedem Thüringer Bürger und jeder Thüringer Bürgerin einen USB-Stick oder eine CD mit den entsprechenden Programmen in die Hand zu drücken, sondern es geht darum, darauf hinzuweisen, und optimalerweise in einem zweiten Schritt, beispielsweise den Datenschutzbeauftragten, könnte man überlegen, inwieweit es da eine Aus- und Aufstockung gibt, personell und sächlich, um beispielsweise entsprechende Workshops und Schulungen in den Kommunen durchführen zu können für die Mitarbeiter der Verwaltung, für Schulen, für sonstige Interessierte. Das nur vorweg. Von daher finde ich es sehr gut, wenn wir das jetzt noch einmal debattieren im Justizausschuss bzw. im Europa- und Medienausschuss.

Vielleicht noch eines: Über diese E-Mail-Verschlüsselung hinaus geht es um mehr. Es geht auch darum, welche Chancen der Verschlüsselung es beim Instant Messaging gibt, also XMPP und OTR als ein Beispiel, aber auch - wie, erkläre ich dann nachher -, wenn ich in der dritten Reihe oben sitze, die meisten, als Vergleichsbeispiel: Bei Facebook chatten viele. Das ist in der Theorie mitlesbar. Es wird definitiv von Facebook so oder so gespeichert und ist über Jahre nachzuvollziehen. Es gibt Alternativvarianten dazu, wie man sozusagen schnell chatten kann, was nicht mitlesbar ist, weder von einem Unternehmen noch von anderen Personen. Das sind alles solche Sachen, die wir mit aufnehmen sollten. Darüber hinaus halte ich es für wichtig, grundsätzlich über die Verwendung der IP-Adressen aufzuklären; bedeutet, man sollte möglichst versuchen, von vornherein anonym zu surfen. Auch dafür gibt es schon kostenfreie Angebote, die sehr einfach sind.

Nicht zuletzt, eine der wichtigsten Sachen ist natürlich, dass die Geräte, die man hat, sei es der Rechner, den hier viele nutzen, also die Laptops oder die Rechner, die im Büro stehen oder wie auch immer, verschlüsselt sind, denn wenn die in der Konsequenz verloren gehen, dann hat theoretisch jeder den Zugriff auf diese Rechner. Auch dafür gibt es

(Abg. Marx)

die Möglichkeit, das sicher zu machen, und da würde ich mich schon freuen, wenn wir dann in dem entsprechenden Ausschuss diese ganzen Details besprechen und eine optimale Variante entwickeln, damit die Bürger und Bürgerinnen in Thüringen zumindest, sofern sie das wollen - ab sofort sicherer kommunizieren können, ab sofort sicherer im Internet unterwegs sind und ab sofort zumindest sehr weitgehend vor Überwachung durch wen auch immer geschützt sind. Ich glaube, dass wir da in Thüringen auch ein Stück weit eine Vorreiterrolle übernehmen können, und freue mich, dass es so viel positive Zustimmung gegeben hat. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete König. Das Wort hat jetzt Herr Finanzminister Dr. Voß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit EMails kann man Nachrichten oft schnell, günstig, günstiger als die klassische Briefpost befördern und kommunizieren mit diesem Medium. Wir haben auch Softwarebestandteile, die uns vor Betruglinks und Sonstigem schützen. Allerdings müssen wir sagen, dass gegenüber dem klassischen Brief eine EMail eigentlich die Vertraulichkeit einer Postkarte hat, mehr nicht. Denn eine E-Mail wird im Internet grundsätzlich unverschlüsselt übertragen. Wir haben das eben schon gehört, auf ihrem Weg zum Empfänger wandern E-Mails über viele verschiedene Computer im Internet, wo sie mitgelesen und von - was noch schlimmer ist - Computerprogrammen automatisch ausgewertet werden können, zum Beispiel auch unter dem Schlagwort Kontonummer. Das ist also alles möglich. Das Durchschnüffeln von E-Mails kann letztlich sogar automatisch erfolgen.

Die einzige Möglichkeit, die hier besteht und in das Zentrum Ihres Antrags gestellt wurde, ist in der Tat, diese E-Mails zu verschlüsseln. Es gibt verschiedene Verschlüsselungsprogramme, die nicht immer bedienerfreundlich und in der Organisation durchaus aufwendig sind. Insofern, Frau König, würde ich hier gern eine Haltung des IT-Planungsrats - ich weiß nicht, inwieweit Sie das in Ihre Überlegungen einbezogen haben, nämlich die Frage der elektronischen Identifikation. Der bundesweit eingerichtete IT-Planungsrat arbeitet eigentlich genau an dieser Strategie, nämlich elektronisch zu identifizieren, die Authentizität von einem E-Mail-Austausch festzustellen.

Wenn man so eine Strategie wählt, kann man sie einmal einheitlich standardisieren und dann elektronisch die Identität feststellen. Funktionieren tut das Ganze natürlich nur dann, wenn es von den Bürgern mitgetragen wird. Insofern kommt es immer

auf einen hohen Verbreitungsgrad dieser Strategie an. Die Verbreitung und Akzeptanz zu einer Strategie spielt also eine Schlüsselrolle. Wir werden vielleicht in nicht allzu langer Zeit nicht mehr von EMails reden, sondern De-Mails.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Nein, eben nicht.)

Das sind also verschlüsselte - ich will es nur zur Debatte stellen. Wir sind der Meinung, das sei durchaus ein Erfolg versprechender Weg.

Herr Minister, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Machen wir gleich. Ich bin wirklich gleich, bleiben Sie ruhig stehen, ich bin sofort fertig.

Wir meinen, dass die Strategie, die Sie hier vorschlagen, nämlich Ende-zu-Ende, wohl mehr in Einzelfällen eine Rolle spielen könnte. Aber immer dann, wenn es um einen flächendeckenden Einsatz geht - und hier geht es doch um Kommunikation zwischen allen Behörden, Bundesbehörden, Landesbehörden und eben auch Kommunalbehörden, ich verweise auch auf die Steuerverwaltung -, da sehen wir in dieser Art der Verschlüsselung über Identifikationsnummern eigentlich den kostengünstigen Weg, der sich auch schnell verbreiten lässt, während offensichtlich diese Ende-zu-Ende-Dinge einen geringen Verbreitungsgrad haben und offenbar auch aufwendiger sind. Damit möchte ich den kurzen Bericht schließen und Frau König, bitte.

Danke schön. Ich muss Sie dann doch fragen, Herr Voß, halten Sie es für sicher, wenn E-Mail-Provider die Mails lesen können, dann verschlüsseln und dann weiterversenden? Das heißt, wenn ich beispielsweise meine Steuererklärung über GMX versende, dass dann der Provider - und da sitzen immer wieder Menschen dahinter -, dass die in diese Mails reingucken können und die erst dann diese „wirkliche“ Verschlüsselung durchführen. Meinen Sie wirklich, dass das sicher ist und möchten Sie das hatte ich schon mal gefragt, wir hatten die Debatte beim Verwaltungsverfahrensgesetz, wo hier von CDU und SPD erklärt wurde, dass es sicher wäre, die De-Mail zu nutzen. Meines Erachtens ist das nicht sicher und zumindest unser Antrag richtet sich ganz klar in die Richtung, dass es um eine wirkliche End-to-End-Verschlüsselung geht und nicht um eine, wo Firmen, Provider oder die entsprechenden Mitarbeiter die Möglichkeit haben, die Inhalte der jeweiligen Mails zu erfassen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Bei Ihrer Steuererklärung fällt das unter die Rubrik „Gläserne Abgeordnete“.)

Wir haben schon festgestellt, dass der Antrag, Frau König, in die Ausschüsse wohl verwiesen wird und dann können diese Detailfragen besprochen werden. Wir meinen, dass Ihre Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, also Ihre absolute Sicherheit, die Sie dadurch erreichen können, am Ende des Tages sehr aufwendig ist und jedenfalls bis dato einen geringen Verbreitungsgrad hat, während das, was im IT-Planungsrat besprochen wird, was selbstverständlich auch die Verschlüsselung und den Schutz der E-Mails im Auge hat, dann allerdings eine äußerst kostengünstige Lösung wäre, die auch einen schnellen, hohen Verbreitungsgrad haben könnte.

Aber Sie werden diskutieren. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Voß. Mir liegt jetzt keine weitere Redemeldung mehr vor, dann kommen wir zur Abstimmung.

Es wurde Ausschussüberweisung beantragt, zuerst die Überweisung des Antrags der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/7279 an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Wer sich dem anschließen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Die sehe ich nicht. Gibt es Stimmenenthaltungen? Die sehe ich auch nicht. Damit ist diese Überweisung erfolgt.

Des Weiteren wurde beantragt, den Antrag an den Europaausschuss zu überweisen. Wer sich dem anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen der SPD und der CDU. Gibt es Stimmenenthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 19 und rufe auf, wie angekündigt, den Tagesordnungspunkt 31

Situation und Perspektive des Thüringer Handwerks Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP und der Antwort der Landesregierung Drucksachen 5/5897/6510 - auf Verlangen der Fraktion der FDP

dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7449

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung?

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Ja.)

Dann wäre das jetzt der Fall. Abgeordneter Kemmerich hat das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Handwerker in Thüringen, wir reden heute, zugegebenermaßen zu fortgeschrittener Stunde zumindest aus parlamentarischer Sicht, in unseren Augen über einen der, wenn nicht den bedeutendsten Wirtschaftszweig in unserem Heimatland Thüringen. 148.000 Beschäftigte, knapp 7.000 Auszubildende, viele Berufe, die wir im täglichen Leben erleben und erleben wollen und vor allen Dingen auch erleben müssen, spielen hier eine Rolle und ich erinnere nur, ich hoffe, es haben zumindest alle der hier Anwesenden gesehen, an einen Imagefilm des Handwerks, was wäre wenn, wenn wir es alle selber machen. Dann fallen die berühmten Fliesen von der Decke, dann lösen sich Kleider in Luft auf, die ganze Welt löst sich mehr oder minder in sich selbst auf. Insofern sollten wir nicht nur durch diese Debatte, sondern auch und das wird später dann Gegenstand dieser Debatte sein - durch unser politisches Handeln dem Handwerk die ihm zukommende Bedeutung widmen. Meine Damen und Herren, deshalb die Große Anfrage zum Handwerk. Ich bin gespannt auf diese Debatte. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kemmerich. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Baumann für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir verhandeln jetzt die Große Anfrage der FDP „Situation und Perspektive des Thüringer Handwerks“. Das Handwerk hat aktuell eine solide konjunkturelle Ausgangssituation. Das haben die Ausführungen des Präsidenten des Thüringer Handwerkstags, Herr Stefan Lobenstein, anlässlich des parlamentarischen Abends vorgestern noch einmal bestätigt. Auch die Internationale Handwerksmesse in München, die am Mittwoch zu Ende gegangen ist, hat gezeigt, dass das Handwerk gut aufgestellt ist. Und noch etwas ist deutlich geworden. Das Handwerk hat in der Politik - sei es nun im Bund oder im Land - einen verlässlichen Partner,

(Abg. König)

das gilt auch für die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden den Meisterbrief auch vor dem Hintergrund der europäischen Diskussion über die Dienstleistungsrichtlinie unverändert verteidigen. Denn der Meisterbrief und die Meisterpflicht sind von maßgeblicher Bedeutung für die Qualität der Ausbildung im Handwerk. Wir alle wissen, qualifizierte Fachkräfte spielen eine Schlüsselrolle für die Zukunft unseres Freistaats Thüringen. Wir alle hier stehen gemeinsam in der Verantwortung, diese Ausbildung von Fachkräften sicherzustellen. Die duale Ausbildung, wie sie vom deutschen Handwerk seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird, hat Vorbildcharakter in Europa und auf der ganzen Welt. Das wird auch im Ausland anerkannt. Auch daran wird seitens der Politik nicht gerüttelt. Ich wiederhole es: Die Sicherung von Fachkräften müssen wir alle im Blick haben. Wir müssen schon jetzt dafür Sorge tragen, dass unsere Unternehmen auch in Zukunft kreative und kluge Köpfe finden, um im Wettbewerb zu bestehen.

Die berufliche Bildung in Deutschland ist ein Erfolgsmodell. Sie schafft Perspektiven für Thüringen, für Deutschland und für Europa. Sie eröffnet Chancen in vielen Bereichen, die uns derzeit vor Herausforderungen stellen. Wir wollen mehr Jugendlichen zu einem Schulabschluss verhelfen. Wir wollen den Leistungsschwächeren mit Schulabschluss die Vorbereitung auf eine Lehrstelle ermöglichen. Wir wollen die Abbrecherquote in der Lehre verringern und jungen Menschen ohne Berufsabschluss eine zweite Chance eröffnen. Angesichts des demografischen Wandels sind aber auch die Zuwanderung von Fachkräften, ein lebenslanges Lernen und die Weiterbildung Älterer wichtiger denn je. Es ist nicht zuletzt auch die SPD, die diese Aufgaben in den Mittelpunkt der Arbeit von Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmervertretungen stellt.

Aber all das schaffen wir nur gemeinsam. Wir bekennen uns deshalb auch zu den Kammern. Die Selbstverwaltung ist mit unserem dualen Bildungssystem seit Jahrzehnten fest verbunden. Es ist gelebte Eigenverantwortung und heute so aktuell wie vor 100 Jahren. Wir sehen an den Antworten zu der Großen Anfrage zur „Situation und Perspektive des Thüringer Handwerks“, dass die Voraussetzungen nicht schlecht sind. 2013 ist konjunkturell gut verlaufen und das Handwerk selbst erwartet für 2014 eine Fortsetzung dieser positiven Entwicklung. Die Umsatzentwicklung verlief positiv und jeder zweite Betrieb war zu mindestens 80 Prozent ausgelastet. Um Ihnen das in Zahlen zu unterlegen: Der Umsatz des Thüringer Handwerks lag in den Jahren 2009 und 2010 bei jeweils rund 11,3 Mrd. €. Der Anteil der im Handwerk Beschäftigten liegt etwa auf Bundesniveau. Bezüglich der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wird das Bundesergebnis sogar

übertroffen. Die Zahl der Betriebe war zuletzt leicht rückläufig, liegt jedoch nach wie vor auf einem hohen Niveau von über 31.000. Auch die Zahl der Beschäftigten bleibt konstant im Bereich um die 148.000. Lediglich im Ausbildungsbereich geben aktuelle Zahlen Anlass zur Sorge. Die Zahl der Lehrlinge und die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sind seit Jahren rückläufig. Bei der Ursachenforschung fällt der Blick dabei in erster Linie auf den demografischen Wandel. Die geburtenschwachen Jahrgänge schlagen sich deutlich in der Zahl der geeigneten Bewerber und der potenziell zur Verfügung stehenden Beschäftigten nieder. Hier besteht also ein Handlungsbedarf, dem wir in enger Zusammenarbeit und im Dialog mit den handwerklichen Betrieben nachkommen müssen.

Insgesamt zeigt auch die Große Anfrage wieder: Das Handwerk nimmt mit all seiner Tradition einen enormen Stellenwert für die Thüringer Wirtschaft ein. So ist etwa der Anteil des Handwerks an der Gesamtwirtschaft in Thüringen noch einmal wesentlich höher als im Bundesdurchschnitt. Nicht zuletzt in Zeiten konjunktureller Krisen in der jüngsten Vergangenheit erwies sich das Handwerk als wichtiger Stabilitätsanker. Handwerkliche Betriebe sind damit zentrale Wirtschaftsmotoren und gerade auch im Bereich der Ausbildung unverzichtbar.

Meine Damen und Herren, wenn der Mittelstand das viel zitierte Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist, dann kann, muss man das Handwerk mit Fug und Recht als ihr zentrales Nervensystem bezeichnen. Aber es hat sich auch gezeigt, der Anteil an öffentlichen Investitionen ist sehr hoch. Vor allem unsere Kommunen sind hier maßgeblich. Das ist nicht schlecht, das Niveau wollen wir auch gern beibehalten. Es zeigt sich aber auch, dass der Absatzanteil an private und gewerbliche Kunden zu gering ist. Hier müssen wir mehr tun.

Schon allein die Einführung des Mindestlohns wird unserer Meinung nach die Situation spürbar verbessern. Klar, wir tun dies nicht in erster Linie für die Handwerksunternehmen, aber das Handwerk wird davon profitieren. Ich habe mich sehr darüber gefreut, wie sich das Handwerk in der Vergangenheit beim Mindestlohn mit seinen Tarifverträgen engagiert hat; die Friseure im August des vergangenen Jahres, die Steinmetze im September des vergangenen Jahres und die Gerüstbauer im vergangenen Monat. Dafür auch von unserer Seite den Verantwortlichen des Handwerks ein ausdrücklicher Dank.