Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Sie haben nichts anderes vor, als die FDP zu diffamieren in einer Art und Weise, dass Sie mich mit einem Schokokeks und Stuhlgang vergleichen. Das verbitte ich mir im Übrigen an dieser Stelle.

(Beifall FDP)

Aber ich gebe einen zurück: Ihre Argumentation war jetzt sehr dünn und ich muss Ihnen sagen, das, was Sie hier erzählt haben, warum Sie nicht abstimmen können, das ist wirklich hanebüchen.

(Beifall FDP)

Sie haben sich gewunden wie ein Aal und haben hier allen versucht zu erklären, warum Sie nachher wahrscheinlich so abstimmen werden, wie Sie es jetzt angedeutet haben. Das zeigt natürlich, dass die SPD in sich mit wenig Rückgrat ausgestattet ist.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden heute in zweiter Beratung zu diesen zwei Entwürfen für ein Bildungsfreistellungsgesetz der Fraktion der Grünen und der Linken. Auch wenn meine Fraktion beide Gesetze ablehnen wird - das ist kein Geheimnis, dazu haben wir von Anfang an gestanden im Übrigen, ich muss mich nicht winden wie Sie -, werde ich trotzdem ein paar Worte dazu verlieren.

(Beifall FDP)

Der Entwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist vor mittlerweile fast zweieinhalb Jahren in den Landtag eingebracht worden. Anstelle das aus unserer Sicht tatsächlich unnötige Gesetz im Ausschuss zügig zu beraten - wie das mit Entwürfen der Opposition so üblich ist, das wird dann hin und her diskutiert und mit einer mehr oder weniger gelungenen Begründung, Beispiel hatten wir gerade vor uns, abgelehnt -, wurden aber die Grünen von Herrn Minister Matschie und auch von den Vertretern der SPD immer wieder hingehalten und vertröstet. Zwischenzeitlich wurde dann von der Koalition der ursprünglich geplante Haushaltstitel für einen finanziellen Ausgleich an die Arbeitgeber auf null gesetzt. Der Gesetzentwurf der Grünen lief dann spätestens an dieser Stelle ins Leere. Als sich eine Einigung zwischen CDU und SPD im Kabinett nicht abzeichnete, sagte Herr Minister Matschie mit einem Referentenentwurf, der nur noch einseitig die Interessen der Gewerkschaften bediente, auf einer Werbetour so ungefähr: Seht her, was ich alles machen könnte, wenn die böse CDU mitspielen würde, aber sie spielt nicht mit. Da die Linken das nicht auf sich sitzen ließen und heute die SPD dazu zwingen, über genau diesen Gesetzentwurf aus einem SPD-geführten Haus abzustimmen und aller Voraussicht nach auch ablehnen zu lassen, muss ich sagen, entbehrt das natürlich nicht einer gewissen Ironie, was heute hier passiert.

(Beifall FDP)

Ich bin mir auch sicher, dass die Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE dem Gewerkschaftsklientel der Sozialdemokraten durchaus darüber berichten werden, was hier heute abgeht.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die haben Nachholebedarf.)

Doch zu den Gesetzentwürfen selbst: Eine gut gebildete Arbeitnehmerschaft nutzt jedem Unternehmen, nutzt der Wirtschaft, der Gesellschaft und den Menschen selbst. Eine Weiterbildungsmaßnahme ist deshalb, wenn sie passend ist, gut gemacht ist und erfolgreich absolviert wird, eine sehr gute Sache, von der meist auch mehrere beteiligte Parteien profitieren. Die Verteilung der Kosten und des Nutzens kann aber zwischen den Parteien durchaus unterschiedlich sein. Deshalb hat es sich unserer Auffassung nach auch bewährt, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die faire Verteilung der Kosten im Einzelfall betrachten und aushandeln. Ein Unternehmen, das seinen Mitarbeitern Weiterbildung verweigert, die dem Betrieb nutzt, wird recht schnell vom Markt verschwinden, da sind wir uns auch sicher, entweder, weil es diese Mitarbeiter verlieren wird, oder, weil es in der Konkurrenz mit anderen Unternehmen einfach gar nicht mehr bestehen kann.

(Beifall FDP)

Ein kluger Arbeitgeber ist deshalb schon aus eigenem Interesse sehr gut beraten, seine Mitarbeiter auf Weiterbildungen zu schicken. Die Gesetze der Marktwirtschaft sind an dieser Stelle unserer Meinung nach viel zielgenauer und völlig ausreichend.

(Beifall FDP)

Im Übrigen wäre es auch nicht einzusehen, warum die Steuerzahler einen finanziellen Ausgleich für die Kosten zahlen sollen, die einem Unternehmen für Weiterbildungen in überwiegend betrieblichem Interesse entstehen. Die gewinnreduzierende Geltendmachung des Aufwands sollte steuerlicher Anreiz für die Firmen genug sein. Die Schaffung eines gesetzlichen Anspruchs auf Bildungsurlaub kann deshalb eigentlich nur auf Fälle abzielen, in denen der Nutzen einer Weiterbildung eher bis nahezu ausschließlich beim Arbeitnehmer liegt und möglicherweise im gesellschaftlichen Interesse. Wenn der Freistaat Thüringen, wie Linke und Grüne vorschlagen, einen solchen Anspruch neu schafft, dann muss er dafür einen Ausgleich zahlen, weil er zulasten des einzelnen Betriebes ginge.

(Beifall FDP)

Ein Arbeitnehmer, der gegenüber seinem Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub geltend macht, wird regelmäßig aus wohl verstandenem Eigennutz seine eigenen Interessen im Auge haben. Das ist völlig normal. Das macht jeder Mensch so. Es wäre dann aber fair, dass sich der

Arbeitnehmer beispielsweise mit einer Teilanrechnung auf den Erholungsanspruch beteiligt oder teilweise unbezahlten Urlaub nimmt. Eine faire Aushandlung wäre nach unserer Meinung hier angebracht.

Es ist auch nicht so, dass in Thüringen weniger berufliche Weiterbildung stattfindet als in anderen Ländern. Das Gegenteil ist der Fall. Lassen Sie mich ein paar Zahlen nennen: Im Mikrozensus 2012 haben gerechnet auf die Bevölkerungszahl mehr Thüringer angegeben, dass sie im letzten Jahr an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben als beispielsweise Brandenburger, Sachsen-Anhalter, Mecklenburger oder Niedersachsen, im Übrigen alles Länder mit Bildungsfreistellungsgesetz, genauso wie Nordrhein-Westfalen oder das Saarland, die auf den letzten beiden Plätzen landeten. Baden-Württemberg, das zu diesem Zeitpunkt kein Bildungsfreistellungsgesetz hatte, lag hingegen vorn. Es spricht also einiges dafür, dass wir in Thüringen keinen gesetzlich geregelten Bildungsurlaub brauchen.

(Beifall FDP)

Wichtig ist unserer Meinung nach stattdessen, dass berufliche Weiterbildung gemacht wird, und das ist in Thüringen der Fall. Wir lehnen beide Gesetze deshalb ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Interessierte, in der Tat ist es schon eine sehr lange Geschichte, die uns hier beschäftigt, denn bereits im Jahr 2011 hat meine Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf für ein Bildungsfreistellungsgesetz vorgelegt. Das war auch mitnichten vorschnell, denn eigentlich hatte die Koalition schon zu Beginn der Legislatur angekündigt, einen solchen Gesetzentwurf einzubringen. Natürlich muss ich auch noch einmal darauf verweisen, dass mir das Ministerium auf insgesamt drei Anfragen für die Landesregierung immer wieder mitgeteilt hat, dass ein entsprechender Entwurf der Landesregierung in Kürze folgt. Wir wissen heute, es gibt ihn nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss doch gleich zu Beginn etwas zum Kollegen Emde sagen: Es ist nicht nur so, dass Zwischenrufe sehr verräterisch sind; bei der Rede vom Kollegen Döring hatte Herr Emde die Krokodilstränen kommen

tiert. In der Tat, es gibt keine bei der CDU, denn die CDU, das muss man ganz offen sagen, will ein solches Gesetz gar nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich kann der FDP nur hoch anrechnen, dass sie wenigstens ehrlich sagten, was sie nicht wollen. Die CDU tut hingegen so, als ob sie ein Interesse an einem solchen Gesetz hätte, bringt aber schlichtweg gar nichts zustande außer Blockade.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da bin ich schon ein Stück weit getroffen, das will ich auch ganz ehrlich sagen, weil ich es unredlich finde, Herr Emde, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und sagen, Sie könnten unserem Gesetzentwurf beispielsweise nicht zustimmen, weil Ihnen die eine oder andere Regelung viel zu weit geht, weil dies oder jenes Ihnen nicht gefällt. Sie von der CDU haben es aber in den drei Jahren nicht einmal zustande gebracht haben, auch nur einen einzigen Änderungsvorschlag zu unserem Gesetz zu machen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Aber du sitzt nicht im Koalitionsausschuss.)

Natürlich weiß ich das. Im Gegensatz zu Mike Mohring sitze ich nämlich im Bildungsausschuss,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

wo die CDU nicht eine einzige substanzielle Änderung, einen einzigen substanziellen Vorschlag gemacht hat. Im Gegenteil, sie hat permanent, von der SPD unterstützt, Verschiebebahnhof gespielt,

(Unruhe CDU)

angekündigt, so getan, als ob da noch etwas kommen würde, aber es kam nichts.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir arbei- ten doch nicht an eurem Gesetzentwurf, das ist doch Blech.)

Und Blech klingt hohl, das hört man gerade, lieber Herr Mohring.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das muss ich wohl so deutlich sagen. Das kam allerdings von Ihnen. Ich kann das nur so zurückgeben.

Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Döring hatte es soeben ausgeführt.

(Unruhe CDU)

Ich werde jetzt nichts kommentieren, was normalerweise passiert, wenn man die Handlungen der Präsidentin kommentiert - aber gut, das wissen wir auch alle, lieber Herr Mohring -, sondern ich werde zur Sache sprechen. Es geht um eine sehr wichtige

(Abg. Hitzing)

Sache, nämlich das Bildungsfreistellungsgesetz. Herr Döring, ich nehme Ihnen ab, dass es Ihnen wirklich weh tut, dass Sie offenkundig, warum auch immer, nicht so können, wie Sie angeblich schon seit 23 Jahren wollen. Ich bewundere Ihre sprachlichen Pirouetten - das meine ich wirklich ernst -, „das Feigenblatt, ein Blatt der Feigen“. Dann beweisen Sie doch heute, dass Sie nicht feige sind, beugen Sie sich nicht länger der Koalitionsräson und stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der Ihren Intentionen am nächsten kommt. Sie haben sogar jetzt noch die Zeit, Änderungsanträge zu stellen. So Sie es ernst meinen, würde ich dafür sogar eine Sitzungsunterbrechung beantragen, damit Sie die noch schriftlich fixieren können und wir dann über einen Gesetzentwurf abstimmen, der tatsächlich auch von der SPD getragen werden kann. Denn machen wir uns nichts vor: Es ist in der Tat traurig und es ist bitter, dass im Land Thüringen noch immer kein

(Beifall DIE LINKE)

Freistellungsgesetz auf den Weg gebracht wurde, dass wir seit 23 Jahren nach gemeinsamen Wegen suchen, um hier eine Regelung zu treffen und das bis jetzt ohne Erfolg. Dass in großen Koalitionen manches niemals gelingt, konnten wir uns schon 1994 anschauen. Auch der Koalitionsvertrag von 1994 zwischen SPD und CDU hat die Einführung eines Bildungsfreistellungsgesetzes vorgesehen. Auch das wurde leider nie umgesetzt - eine traurige, aber vielleicht auch nicht zufällige Analogie zur jetzigen Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren. Bereits damals hat sich beispielhaft gezeigt, dass die SPD es zwar ab und an schafft, politische Vorhaben in Koalitionsverträgen zu verankern, die politische Kraft oder das notwendige Rückgrat, wenn ich es so nennen darf, zur tatsächlichen Umsetzung fehlt ihr jedoch. Da helfen auch so markige Feigenblattsprüche nicht wirklich weiter, lieber Kollege Döring.