Protokoll der Sitzung vom 27.06.2014

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt Herr Dr. Hartung für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, hier ist verschiedentlich natürlich der Berufsstand der Hebammen gelobt worden. Dem kann ich mich völlig unumwunden anschließen. Ich glaube, die Hebammen machen eine so gesellschaftlich wichtige Arbeit, dass dieses existenzielle Problem, die Haftpflichtproblematik, natürlich auch ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, das wir lösen müssen. Ich glaube, es gibt da keine zwei Meinungen, dass das wichtig ist. Aber es gibt ganz viele unterschiedliche Ansichten und Ansätze. Ich glaube, die Wichtigkeit des Themas verdient es, dass man über diese Ansichten tatsächlich diskutiert und versucht, den besten Weg zu finden. Da bin ich ausnahmsweise mal bei Herrn Koppe. Das ist in der Regel nicht der einfachste, meistens sind es komplexe Wege, die man beschreiten muss. Hier sind ja verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt worden, wie man dieses Problem angehen könnte. Ich möchte dazu kurz Stellung nehmen. Da ist zum einen die Deckelung der Haftung erwähnt worden. Das halte ich für einen ganz, ganz schwierigen Weg, denn er konterkariert im Prinzip die gesamte Entwicklung der letzten Jahre. Wir sind seit Jahren dabei, Patientenrechte zu stärken, haftungsrechtlich die Ärzte, Kliniken und andere Gesundheitsberufe mehr in die Haftung zu nehmen. Es wäre ein Zeichen, das zu konterkarieren, wenn wir sagen würden, wir gehen jetzt zu den Hebammen und begrenzen dort die Haftung, während andere wesentlich heftiger und intensiver in die Pflicht genommen werden. Da kämen wir eventuell zu der sehr merkwürdigen Konstellation, dass ein freiberuflicher Gynäkologe,

der in einem Krankenhaus Geburten begleitet - so etwas gibt es ja auch - in seinen Verpflichtungen, in seiner Haftungsverpflichtung, in seinen Nachweisverpflichtungen schlechter gestellt wird, also belastet wird, und zum gleichen Zeitpunkt wird die Hebamme entlastet. Das ist eine Ungleichbehandlung und ich glaube nicht, dass das zielführend ist. Ich glaube vielmehr, dass nicht die Deckelung der Haftung der Weg ist, sondern eine vernünftige, bezahlbare Haftpflichtversicherung für die Hebammen, so dass am Ende natürlich die auch bei jedem Fehler haften, der begangen wird. Wer arbeitet, macht Fehler, das ist so, das ist auch kein Vorwurf. Bei jedem Fehler muss aber klar sein, dass es dafür eine Haftung geben muss. Die kann nicht die eine Berufsgruppe der Allgemeinheit - also einer Deckelung - und damit den Sozialversicherungen überlassen und die andere muss in irgendeiner Weise dafür Sorge tragen. Das ist nicht der richtige Weg. Vielmehr ist es wichtig, dass wir die Möglichkeit eröffnen, eine ordentliche Haftpflichtversicherung zu haben. Da sind auch wieder zwei Wege aufgezeigt worden. Das eine ist die Pauschalversicherung sage ich jetzt einmal - über Dritte, zum Beispiel über einen staatlichen Haftungsfonds, das ist hier angeregt worden, oder dass zum Beispiel Krankenversicherungen die Haftpflichtprämie übernehmen. Solche Dinge sind angeregt worden. Frau Siegesmund hat sogar praktisch angeregt, dass man alle diese Heilberufe zusammenfasst und gemeinsam unter diesen Schirm setzt. Frau Siegesmund, so interessant dieser Ansatz ist, so schwierig wird er realisierbar sein, denn wir reden von unterschiedlichen Berufsgruppen, die ganz unterschiedlichen Bedingungen unterworfen sind. Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel die Gynäkologen da reinpacke, dann hat ein Gynäkologe einen ganz anderen Rahmen, in dem er arbeitet, als eine Hebamme. Ich komme dann später noch darauf zurück, wenn ich bei der dritten Möglichkeit bin. Ich kann diese ganz unterschiedlichen Rahmen nicht unter ein Dach fassen, weil unterschiedliche Verpflichtungen auch mit unterschiedlichen Effekten einhergehen.

Dann sind wir beim dritten Punkt. Das ist der Punkt, der aus meiner Sicht der einzige ist, der Sinn macht, nämlich dass es einer Hebamme möglich sein muss, aus ihrem Erlös eine Haftpflichtversicherung zu bezahlen. Das ist das Einzige, was geht. Ich hatte vorhin den Vergleich zu den Ärzten gezogen. Ich glaube, kein Mensch wäre tatsächlich bereit zu glauben, dass ein Arzt aus seinem Erlös keine Haftpflichtversicherung bezahlen kann. Natürlich muss das drin sein, natürlich muss der Erlös so sein und natürlich müssen wir Wege finden, wie das auch am Ende für Hebammen gelten kann und gelten muss. Deswegen, glaube ich, ist es zu kurz gedacht, wenn wir glauben, wir lösen jetzt hier nur eine Haftpflichtproblematik. Ich glaube, wir sind am Beginn einer viel weiterführenden gesellschaftlichen Debatte. Frau Siegesmund hat es ein

(Abg. Siegesmund)

bisschen angedeutet. Aber ich glaube, Sie haben das nicht ganz so gemeint, wie ich es meine. Ich glaube, der Weg wird der sein, dass Krankenkassen und Hebammen zu einem ganz anderen Verhältnis zueinander kommen. Das heißt, sie werden sich in ein Verhandlungssystem begeben müssen, das, wenn auch nicht eins zu eins übertragbar, so aber an das freiberuflich tätiger Ärzte angelehnt ist. Das bedeutet auch, dass das Einkommenssystem ganz anders sein muss. Das heißt, Hebammen sind für ihre Leistungen, die sie erbringen, deutlich unterbezahlt,

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt!)

ja, uneingeschränkt. Daher rührt ja die Problematik. Wenn Sie sagen, der Gynäkologe hat einen Haftpflichtbeitrag von 42.000 € und kann den bezahlen, dann wissen wir ungefähr, wo die Unterschiede sind. Das ist das, was ich meine, wir sind am Beginn einer Verhandlung. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass die Hebammen das überblicken, was in dieser Debatte jetzt eigentlich auf sie zukommt. Denn es bedeutet natürlich auch, wenn wir anerkennen, dass wir diese Haftpflichtproblematik lösen müssen, müssen wir auch anerkennen, dass daraus folgt, dass wir zum Beispiel ein Qualitätsmanagementsystem haben müssen. Da ist ein Weiterbildungssystem, das wir implementieren müssen. All das sind die Dinge, an die sich zum Beispiel ein niedergelassener Arzt halten muss.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Bedarfspla- nung!)

Eine Bedarfsfallplanung - das ist eine andere Frage -, die kann man diskutieren. Das kann man diskutieren, na klar, Herr Koppe. Aber was zum Beispiel ganz klar ist, wenn wir einen Arzt nehmen, dann wissen wir, jeder niedergelassene Arzt bewegt sich bei seinen Fallzahlen, bei der Zahl der von ihm behandelten Patienten in einem Korridor, nehmen wir eine Untergrenze, die sich daraus ergibt, wie viel er arbeiten muss und wie viele Patienten nach der Bedarfsplanung in seinem Bereich liegen, und die Obergrenze, was ihm erlaubt ist, an Arbeitszeit zu leisten. Dadurch ist berechenbar, wie viel Patienten er hat, wie sein Einkommen sich entwickelt etc. pp. Das ist beim Arzt ganz klar ersichtlich. Das ist bei Hebammen nicht so. Deswegen reicht es auch nicht, zu sagen, ich muss die Vergütung der Hebamme so anheben, dass die ihre Haftpflichtversicherung bezahlen kann. Das würde bedeuten, dass eine Hebamme im ländlichen Bereich, die ohne eigenes Verschulden, ich will das gar nicht falsch werten, wenig Geburten betreut, genau denselben Haftpflichtversicherungsbeitrag von der Krankenkasse erstattet bekommen muss wie eine Hebamme, die in einer größeren Stadt wesentlich mehr Geburten betreuen kann. Da muss es ein System geben, wie dieser Ausgleich geschaffen

werden kann. Am Anfang dieser Debatte sind wir gerade und da kommen wir jetzt - und da ärgere ich Sie ein bisschen, Frau Siegesmund - zu einem Problem. Wir haben beim Krankenhausgesetz - da waren wir einer Meinung übrigens auch mit den Kollegen der Linken - ganz viel über Mindestfallzahlen und Mindestmengen geredet. Es wird auch diese Debatte geben. Ich will das gar nicht entscheiden. Ich halte das auch für eine Debatte, die schwierig zu führen ist, gerade im ländlichen Raum, aber die Debatte wird es geben. Ich will nur die Frage aufwerfen, ich will das gar nicht entscheiden. Es wird solche Debatten geben, es wird eine Entwicklung auf diesem Markt geben und ich glaube, die Auffassung, dass es nur einfach darum geht, den Hebammen das Geld für diese Haftpflichtversicherung zu geben oder in einem anderen System diese Haftpflichtversicherung festzulegen, das ist zu kurz gegriffen. Denn selbst, wenn wir sagen, wir machen einen staatlichen Haftungsfonds, dann müssen wir die Anforderungen zum Beispiel für alle die, die unter diesen Fonds kommen, angleichen, da müssen die Ärzte ein ähnliches System bekommen wie die Hebammen. Das ist, glaube ich, eine ganz schwerwiegende Leistung. Da müssen auch die Hebammen ihre Rolle mitspielen.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sagen Sie doch mal, was Sie konkret vorschlagen!)

Ich sage gleich was dazu. Ich habe im Vorfeld dieser Debatte mit verschiedenen Versicherungen gesprochen, also sowohl der gesetzlichen Krankenversicherung als auch mit Haftpflichtversicherungen. Ich habe auch eine, ich habe da ja einen kurzen Draht. Ich habe mir also bei Vertretern einen Termin geholt, habe mich mit denen unterhalten, habe erst einmal zugehört und dann habe ich einfach mal die Frage gestellt, was aus ihrer Sicht denn das größte Problem ist, warum es da diese Schwierigkeiten gibt. Da haben die mir unisono, in unterschiedlicher Formulierung gesagt, es gibt keinen einzigen Heilberuf, der in den Leistungen und der Ausführung so intransparent ist wie der der Hebamme. Das war das wesentliche Problem, was alle sechs Vertreter, mit denen ich gesprochen habe, unisono benannt haben, unabhängig voneinander. Ich habe ja getrennt mit denen gesprochen. Intransparenz ist der Tod jeglicher vertrauensvoller Haftpflichtversicherungsverhandlungen etc. Da ist genau der Punkt erreicht, wo ich denke, dass die Entwicklung hingehen muss. Wir werden ein System haben müssen, was ähnlich dem niedergelassener Ärzte funktioniert, nämlich mit einer Transparenz, mit viel Bürokratie, das ist das Schlimmste, was auf die Leute zukommt. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede. Aber wir werden genau so ein System bekommen müssen und dann muss in diesem System eine adäquate Entlohnung an allererster Stelle stehen, also dass diese Leistung or

dentlich honoriert wird. An zweiter Stelle wird sich daraus natürlich ergeben, dass davon eine Haftpflichtversicherung gezahlt werden kann.

Was die Belegkliniken angeht, das haben Sie völlig zu Recht angemahnt: Es ist ein Unding, dass Krankenhäuser auf diese Art und Weise den Gewinn praktisch für die stattgehabte Geburt minus der Aufwendungen für die Hebamme...

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber die Kliniken wollen das Haftpflichtrisiko nicht tragen.)

Ja, genau, das ist ein Unding. Aber davon abgesehen, diesem Unding unterziehen sich auch andere Heilberufe und da haben Sie natürlich wieder recht, wenn Sie sagen, das ist eine Thematik, die uns immer wieder verfolgen wird. Ich glaube allerdings nicht - das möchte ich an dieser Stelle noch mal betonen -, dass der Weg eine Vergesellschaftung des Risikos ist. Ich glaube tatsächlich, der Weg ist eine vernünftige Einordnung der Hebamme im Vergütungssystem der Heilberufe und dazu gehört eben nicht nur Geld, dazu gehören auch Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, da gehören auch Anforderungen dazu, die alle Heilberufe gemeinsam erfüllen müssen. Ich glaube, das ist der Weg, den wir beschreiten, auch wenn das viele der Akteure, denen es jetzt erkennbar um die Rettung des Berufsstandes geht, noch nicht wissen, dass mit der Sicherung der Haftpflichtversicherung noch lange nicht das Ende des Weges erreicht ist. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Hartung. Es hat sich noch einmal zu Wort gemeldet der Herr Abgeordnete Koppe. Herr Koppe, Sie haben noch 40 Sekunden.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Nur dass am Schluss kein falscher Zungenschlag übrig bleibt nach den Äußerungen von Frau Siegesmund, die uns vorwirft, dass unser Antrag weit hinter dem Inhalt ihres Antrags zurückbleibt, den sie hier im Plenum schon mal verabschiedet hatte: Frau Siegesmund, bitte mal lesen, verstehen und dann auch ehrlich sein. Wir fordern und schlagen vor, dass eine planbare, höherwertige Vergütung der Hebammen im Gesetz festgeschrieben wird, nämlich genau da, wo es hingehört, damit die Hebammen planbar arbeiten können, damit sie mit planbarem Verdienst umgehen können und nicht einfach nur: „Hier ist mal ein Loch und da stopfen wir das und da stellen wir uns mal vor die.“ Nein, uns geht es um eine langfristige, verlässliche Lösung für die Hebammen, nur damit ist ihnen gedient. Danke.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Koppe. Ich sehe jetzt keine weiteren Redemeldungen aus den Reihen der Abgeordneten und Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, auch ich will noch mal betonen - Frau Siegesmund hat mich jetzt mit ihrer Rede quasi auf die Anklagebank gesetzt -, ich weiß das als Mutter natürlich ganz genauso wie viele Mütter und Väter in diesem Lande, dass sie einen unverzichtbaren Beitrag für die medizinische Versorgung und auch für die Vorsorge von Schwangeren, jungen Müttern und Familien leisten. Auch ich weiß - ich will das nicht in den Vordergrund stellen, aber ich will es hier einmal sagen -, wir waren doch diejenigen gewesen, die gesagt haben, weil uns der Berufsstand so wichtig ist und weil er doch mehr leisten kann, als er im Gesundheitssystem bisher leistet, machen wir auch das Prinzip der Familienhebamme. Das basiert darauf, dass Hebammen im Fall der Entbindung vorhanden sind, dass sie den Beruf ausüben können. Ansonsten könnten wir uns dieses Thema sparen.

Eine wichtige Aufgabe der Hebammen ist nach wie vor die umfassende Betreuung und Begleitung von Geburten außerhalb des klinischen Bereichs und gerade diese Leistung ist durch den angekündigten Ausstieg erneut in den Fokus geraten. Ich verweise in dem Zusammenhang auf den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 5/5674 zum Beschluss des Thüringer Landtags „Berufsstand der Hebammen und Entbindungshelfer retten […]“. In diesem Bericht wurde auch die Problematik dieser Berufshaftpflichtversicherung eingehend dargestellt. Zum damaligen Zeitpunkt war allerdings noch offen, ob und wie weit diese Steigerungen durch Vertragsverhandlungen mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ausgeglichen werden können.

Meine Damen und Herren, obwohl es aufgrund eines Schiedsamtsverfahrens ab dem 1. Januar 2013 zu Steigerungen der Vergütung von über 12 Prozent für Hebammenleistungen kam und zusätzliche Steigerungen der Vergütung allein aufgrund der gestiegenen Haftpflichtversicherungsbeiträge mit dem GKV-Spitzenverband verhandelt wurden, konnte eben bisher keine befriedigende Lösung des Problems gefunden werden. Durch den angekündigten Ausstieg der besagten Versicherung hat sich die Situation nunmehr weiter verschärft. Trotz alledem ist es ein ermutigendes Zeichen, dass der Deutsche Hebammenverband einen Haftpflichtversicherungs

(Abg. Dr. Hartung)

vertrag für ein weiteres Jahr schließen konnte. Dieser geht bis Juli 2016.

Die Hebammen benötigen - auch da bin ich einig mit allen, die bisher gesprochen haben - für ihre Arbeit Planungssicherheit. Deshalb wurde auch anlässlich einer Beratung der zuständigen Ministerinnen und Minister am 20. Februar 2014 das Thema erörtert. Aber ich will sagen, wir reden seit 2010 über diese Thematik mit den unterschiedlichen Bundesgesundheitsministern. Deswegen, Herr Koppe, ich muss Sie da leider enttäuschen, kann der Antrag von uns auch nicht mitgetragen werden. Denn wir haben zu Ihrem ersten Punkt, die Kosten der Haftpflichtversicherung mit hineinzunehmen, doch schon von auch Ihrem Gesundheitsminister und damit im Gesetz eine Regelung und die lautet seit dem 01.01.2012, also noch weit vor dem, als wir hier in eine hitzige Debatte eingetreten sind, in § 134 a SGB V: „Bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen nach Satz 2 sind insbesondere Kostensteigerungen zu beachten, die die Berufsausübung betreffen.“ Etwas anderes als die Haftpflichtversicherung ist doch die Kostensteigerung, die die Berufsausübung betrifft.

Meine Damen und Herren, neben der Frage der finanziellen Belastung durch die hohen Haftpflichtprämien bedarf es zur Prüfung und Beurteilung von Maßnahmen auch weitergehender Informationen zu Anzahl der Hebammen, Versorgungsangeboten, Art und Umfang der abgerufenen Leistungen, gegebenenfalls auch nicht gedeckte Bedarfe sowie zum Einkommen der Hebammen. All dies ist, ich kann das leider nicht ändern, eben in der amtlichen Statistik nicht enthalten. Was wir gemacht haben und was wir auch im Sozialausschuss schon angekündigt haben - ich hatte ja gesagt, wir wollen eine Studie über die Situation der Thüringer Hebammen in Auftrag geben. Derzeit haben wir Angebote, die ausgewertet werden, so dass ich sagen kann, wir werden auch dem Ausschuss über dieses Ergebnis berichten können. Also haben wir etwas auf den Weg dazu gebracht und das betrifft dann auch den zweiten Teil des FDP-Antrags. Man kann es auch Modellprojekt nennen, aber es ist am Ende nichts anderes als das, was ich im letzten Sozialausschuss berichtet habe. Ich kann mir jetzt kein Modellprojekt vorstellen, das muss ich ganz ehrlich sagen. Der Name ist sicherlich sehr unglücklich von Ihnen gewählt, das heißt die Studie. Das bedeutet, ich befrage, ich muss befragen, ich habe leider keine andere Möglichkeit. Ich muss befragen. Das machen wir schon, das habe ich jetzt ausgeführt. Deswegen sehen Sie es mir nach, ein Modellprojekt hinterherschieben, lohnt solange nicht. Es müsste vielleicht dann auch einen anderen Inhalt haben, wenn man so etwas machen wollte. Aber ich bitte darum, dass man jetzt die Studie abwartet und

dann daraus die möglichen Konsequenzen für die Arbeit in Thüringen zieht.

Meine Damen und Herren, der Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe ist auch angeführt worden. Was ich jetzt sagen kann, ist, dass auch wieder jetzt am 05.06. eine neue Beschlussfassung zum GKV-FQWG - der Name ist ausführlich schon einmal ausgesprochen worden, deswegen nehme ich die Abkürzung - getroffen worden ist. Ich kann sagen, es ist für die Gesundheitsministerkonferenz ein Dauerthema, Frau Siegesmund. Wir haben uns immer wieder dafür eingesetzt, auch in den Auseinandersetzungen mit dem Bund, dass es bei der Krankenversicherung gelöst wird. Ich kann mich noch gut erinnern, im Dezember 2012 ist es erst in die Krankenversicherung mit reingekommen. Da haben wir uns ja auch schon vorher eingesetzt, dass das überhaupt aus der Rentenversicherung herausgekommen ist. Es ist nicht so, dass wir nicht auch die Anregungen, die aus dem Hebammenverband und von den Hebammen auch in Thüringen kommen, umgesetzt haben. Auch da hat der damalige Bundesgesundheitsminister diese Anregungen aufgenommen, da ist das rübergekommen, § 24 d SGB V, um dann überhaupt erst die Frage der Haftpflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung angehen zu können. Nun ist schon viel darüber gesprochen worden, was wir denn für die Zukunft machen können. Ich kann sagen, dass auch die Gesundheitsministerkonferenz, die in Hamburg tagt gestern und heute, wo Herr Schubert für mich anwesend ist, natürlich auch mit den Hebammen sowohl als auch getrennt noch einmal darüber gesprochen hat. Es ist offensichtlich so, dass auch die GKV einlenkt, was eine andere Bezahlung betrifft. Wir müssen uns gemeinsam natürlich für ein zukunftssicheres Konzept einsetzen. Ich halte das für außerordentlich wichtig. Aber da bin ich vehement dagegen, Frau Siegesmund, es kann nicht auf Landesebene eine Insellösung geschaffen werden.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagt doch auch kei- ner.)

Das hatten Sie vorhin so erwähnt. Dann war es Frau Stange. Dann will ich Sie nicht beschuldigen, wenn Sie es nicht gewesen sind, dann muss es Frau Stange gewesen sein. Also, das machen wir nicht. Da sind wir uns parteiübergreifend bei den Ländergesundheitsministerinnen und -ministern einig, wir müssen eine Bundeslösung haben. Und natürlich, der Fonds ist auch angesprochen worden, das wäre so eine schicke Idee, man gibt alles in den Fonds. Na ja, Herr Koppe, das müssen Sie doch zugeben, das klingt doch mal ganz gut. Aber ich sehe auch, dass die Risiken, die mit so einem Fonds verbunden sind, zum einen schwierig zu lösen sind. Zum anderen muss ich sagen, so wie sich die Versicherungen zurückgezogen haben, weil sie

(Ministerin Taubert)

eben bestimmte Rahmenbedingungen mit den Hebammen so nicht verhandeln konnten, so schwierig wird es natürlich auch für den staatlichen Fonds, ohne Rahmenbedingungen. Ich will nicht an der Freiberuflichkeit rütteln, nicht dass ich mich falsch verstanden fühle, aber dann ist es tatsächlich so, dann wird es auf eine Qualitätsfrage und auf eine Mengenfrage hinauslaufen. Sie kennen die erbitterten Feinde der Hausgeburt. Eine Reihe von Gynäkologinnen und Gynäkologen...

Frau Ministerin.

Wir machen das im Anschluss.

Also, im Anschluss kommt Frau Siegesmund.

Ja, Frau Siegesmund darf im Anschluss die Frage gern stellen. Wir haben selbst im Bereich der Krankenhäuser einen erbitterten Kampf um die kleine Fachabteilung Gynäkologie/Entbindung zu den größeren Krankenhäusern, weil da, nicht ganz bewiesen, eben auch die Frage steht, im Krankenhaus also Hausgeburten sind soundso ganz wenige, es geht vor allen Dingen um das Geburtshaus bei der sogenannten häuslichen Entbindung, die Frauen nachfragen -, selbst im Krankenhaus streitet man sich darum, wie groß denn eine Geburtshilfeabteilung sein muss und wie dort gesichert wird, dass rund um die Uhr ein Arzt da ist, damit qualitätsgerecht entbunden werden kann. Ich weiß, dass da momentan eine sehr hitzige Debatte dabei ist. Deswegen sage ich, so eine Fondslösung würde an der Stelle in jedem Fall Einschränkungen mit sich bringen. Das werden Sie, auch wenn Sie stark protestieren, nicht verhindern können, sondern dann heißt es, soundso viel Geburten musst du mindestens haben.

Was die Ausbildung betrifft, auch da haben wir momentan genügend in der Ausbildung. Dass wir in allen Bereichen die Altersstruktur beachten müssen, das haben wir bei der Ärzteschaft, haben wir auch bei den Hebammen, das haben wir bei Pflegerinnen und Pflegern. Den Rückgang der Anfragen können Sie darauf zurückführen, dass wir weniger Kinder und Jugendliche haben, die in die Ausbildung gehen können. Das sehen Sie bei Berufsschulen ganz deutlich. Das ist nicht nur bei dem Berufszweig so, sondern das ist ein allgemeiner Nachfragemangel, der aufgrund von Geburtenman

gel der letzten 25 Jahre aufgetreten ist. Insofern, denke ich, muss man das in diesen Kontext stellen.

So, jetzt darf Frau Siegesmund.

Frau Siegesmund, die Ministerin ist am Ende und Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen.

Nein, ich bin nicht am Ende! Ich muss die Präsidentin korrigieren - am Ende meiner Rede.

(Heiterkeit im Hause)

Am Ende Ihres Redebeitrags, so hatten Sie gesagt, wollen Sie die Frage beantworten. Bitte, Frau Siegesmund.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Es steht mir nicht zu, Ihre Kommentierung zu kommentieren, aber was ich gern machen möchte, ist, mich für die fachlich gute Auseinandersetzung zum einen bei der Ministerin zu bedanken. Aber zwei Fragen möchte ich anknüpfen.

Zum einen, Frau Ministerin: Sie haben nicht zur Frage gesprochen, wie Sie die Situation der neuen Belegkrankenhäuser einschätzen, wo es prekär wird für diejenigen, die freiberuflich tätig sind und die eben nicht in den festen Dienst der Häuser gehen wollen.

Zum Zweiten dezidiert die Frage zur Ausbildung: Wie wird die künftige Ausbildung zwischen SBBS Jena und der FH Jena laufen? Ist es so, dass mit Abschluss dieses dreijährigen Kurses der Hebammenschülerinnen in Jena automatisch ab Herbst auch die Akademisierung an der FH beginnt, ja oder nein?

Das Letzte kann ich Ihnen nicht beantworten, das müsste ich nachfragen. Das Erste: Ich sehe es seit vielen Jahren kritisch, das weiß ich aus meiner kommunalen Erfahrung, dass wir - weil ich zumindest ein Krankenhaus auch von innen kenne - nur die Beleghebammen haben. Ich hätte es als verantwortliche Beigeordnete sehr geschätzt, wenn wir auch eine mindestens teilzeitangestellte Hebamme in unserem Krankenhaus in Schleiz gehabt hätten, weil ich denke, dass das auch eine Möglichkeit ist, den Teil der Freiberuflichkeit zu nutzen, aber dennoch auch im Krankenhaus mit einer festen Anstel

(Ministerin Taubert)