Marian Koppe
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Vielen Dank. Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vorsitzende hat es in ihrem ausführlichen Bericht schon dargelegt, dass am 14. Dezember im Jahr 2012 der jetzige Untersuchungsausschuss eingesetzt worden ist. Ich möchte mich an der Stelle dem Dank anschließen, zuallererst an die Vorsitzende Evelin Groß, die aus meiner, aus unserer Sicht den Ausschuss sehr erfolgsorientiert, sehr straff und an der einen oder anderen Stelle auch mit der notwendigen Konsequenz geführt hat. Sonst wären wir wahrscheinlich nicht in dem Zeitrahmen, den wir heute abschließend be
handeln, gewesen. An der Stelle herzlichen Dank an die Vorsitzende.
Vielen Dank, auch da schließe ich mich an, an die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, an die Mitarbeiter, ganz speziell auch an die Mitarbeiter der Landtagsverwaltung. Ich habe vorhin Frau Kaufmann und Herrn Liebhart gesehen, jetzt sehe ich sie nicht mehr. Jetzt sind sie weg. Vielleicht kann man es ihnen trotzdem übermitteln.
Auch ich möchte mich dem Dank anschließen an die Kollegen sowohl vom MDR als auch von dpa/ „Freies Wort“, Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia vom MDR und auch Dr. Sebastian Haak, die nicht nur dazu beigetragen haben, dass bestimmte Informationen öffentlich gemacht worden sind, sondern während des ganzen Ausschusses, während der ganzen Zeugenvernehmungen und während der ganzen Erkenntnisse immer wieder an dem Thema drangeblieben sind, nicht lockergelassen haben, ich glaube, an dem einen oder anderen Punkt vielleicht auch die Landesregierung dazu bewogen oder unterstützt haben, uns mit allen notwendigen Informationen, die wir haben wollten, zumindest zu versorgen. An der Stelle noch einmal recht herzlichen Dank. Das ist Journalismus, wie ich ihn mir wünsche - unabhängig vom Ergebnis.
Die Vorsitzende hat es in ihrem Bericht schon genannt, der Untersuchungsausschuss hat in großer Einmütigkeit in 16 Beratungssitzungen den Untersuchungsgegenstand behandelt. Alle Beweisanträge sind - das ist auch schon angesprochen worden - einstimmig beschlossen worden. Am Ende konnte in der 26. Sitzung am 11. Juli 2014 der Abschlussbericht einstimmig beschlossen werden. Die gemeinsamen Feststellungen im Bericht führen auch dazu, dass seitens der Mitglieder des Ausschusses auf eine Möglichkeit der Abgabe eines Sondervotums verzichtet worden ist. Ich glaube, das kommt nicht sehr oft vor und spricht für das gute Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses.
Aus unserer Sicht, aus meiner Sicht möchte ich aber trotzdem noch mal einzelne gemeinsam getroffene Feststellungen bewerten. Für die FDPFraktion war neben der Aufklärung der Machenschaften von Herrn Trinkaus ein ganz besonderer Schwerpunkt, mögliche Verfehlungen im Landesamt für Verfassungsschutz selbst, aber auch bei der Aufsicht über das Landesamt aufzuarbeiten und im Anschluss Verantwortlichkeiten zu benennen. Zum Ersten war das das Agieren des Landesamtes bei Werbung und Führung des V-Mannes Kai-Uwe Trinkaus. Das Ergebnis aus unserer Sicht vornweg: Kai-Uwe Trinkaus hätte niemals als V-Mann vom
Landesamt für Verfassungsschutz angeworben werden dürfen.
Wenn die geltenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten worden wären, hätte auch niemals eine Verpflichtung stattgefunden. Selbstanbietungen das ist richtig - wie im Fall Trinkaus kommen vor. Das ist okay. Eine Prüfung, ob ein Selbstanbieter über Informationen verfügt, die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes nützlich oder sogar notwendig sind, kann zunächst auch durchaus erfolgen. Im vorliegenden Fall aber hat es eine ernsthafte und vor allem vertiefte Prüfung nicht gegeben. Das vorgeschriebene Werbungskonzept wurde erst am Ende der Werbungsphase erstellt. Da war die Entscheidung über die Zusammenarbeit mit Herrn Trinkaus schon längst gefallen. Die Führung des V-Mannes war - so war während des Untersuchungsausschusses festzustellen extrem fehlerhaft. Es sind Verstöße gegen Dienstvorschriften festzustellen. Ein Beispiel will ich hier nennen, und zwar das Thema Unterschriften. Es mögen einige hier im Hohen Hause schmunzeln, in Anbetracht des Agierens von Trinkaus ist es allerdings nicht zum Schmunzeln geeignet. Wie kann das Amt, wie können Werber bzw. V-Mann-Führer es dulden, dass Trinkaus seine Verpflichtung und viele seiner Quittungen nicht mit seinem Namen bzw. Decknamen, sondern mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel Dieter Althaus, Papst Benedikt und vielen anderen, unterzeichnet hat? Wenn der Ausschuss feststellt, dass die Informationen der Quelle Trinkaus zu spät an das Landesamt übermittelt wurden oder Informationen öffentlich zugänglich waren, stellt sich die Frage: Welchen Nutzen hat eine solche Quelle für den Verfassungsschutz? Und - auch das ist im Ausschuss mehr als deutlich geworden - viele Informationen, die V-Mann Trinkaus an das Landesamt für Verfassungsschutz geliefert hat, waren schon mindestens mehrere Tage vorher auf den Online-Seiten der NPD oder auf anderen Webseiten für die Öffentlichkeit zugänglich. Also noch einmal die Frage: Welche Informationen hatte Trinkaus, die für das Landesamt für Verfassungsschutz nützlich oder gar dienlich gewesen wären?
Stichwort Quellenschutz: In einem Fall hätten Informationen der Quelle Trinkaus tatsächlich hilfreich sein können. Es geht - und das ist schon angesprochen worden - um die Geschehnisse am 1. Mai 2007, nämlich den Überfall auf einen Journalisten mit dem Diebstahl seiner Kamera. Hier hat die Quelle ausnahmsweise zeitnah berichtet. Die Information ist auch im Amt weitergeleitet worden, aber der Vizepräsident des Landesamtes für Verfassungsschutz hat angewiesen, keine weiteren Informationen - eine CD mit den Kamerafotos lag vor in Erfahrung zu bringen und auch die Identität der später verurteilten Täter nicht weiterzugeben. Der
offensichtlich übersteigerte Quellenschutz des Landesamtes hat in diesem Fall eine zügige Aufklärung dieser Straftat verhindert.
Ich sage ganz klar, diese Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz teile ich ausdrücklich nicht. Der Verfassungsschutz hätte auf geeignete Weise seine Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben können und auch müssen.
Nächstes Thema - Fachaufsicht: Der Untersuchungsausschuss - und das ist auch mehr als deutlich geworden - hat ein Versagen der Fachaufsicht, und zwar auf ganzer Linie, festgestellt. Es war und es ist erschreckend, dass eine Fachaufsicht über das Landesamt durch das Thüringer Innenministerium praktisch nicht stattgefunden hat.
Das Innenministerium hat die grundsätzliche Entscheidung, wer als V-Mann-Führer geführt werden soll, dem Präsidenten des Verfassungsschutzes komplett allein überlassen. Folglich sah sich das Innenministerium auch nicht verantwortlich, Maßnahmen des Landesamtes, wie zum Beispiel die Auswahl von V-Leuten, deren Führung oder auch, ob und wie Maßnahmen des Landesamtes zur Kontrolle der Nachrichtenehrlichkeit durchgeführt worden sind, zu überprüfen. Erst - und das will ich hier ganz ausdrücklich betonen - als das Innenministerium vom Landesamt selbst auf die Probleme des Agierens des V-Mannes hingewiesen wurde, hat das Innenministerium ein- bzw. auch durchgegriffen.
Controlling ist auch so ein schönes Wort. Controlling ist aus unserer Sicht ein nützliches Element. Im am Mittwoch von CDU und SPD verabschiedeten Verfassungsschutzgesetz wird jetzt das Controlling festgeschrieben, aber, meine Damen und Herren, wenn Controlling auf dem Papier steht, bedeutet das noch lange nicht, dass Controlling auch stattfindet. Der Untersuchungsausschuss hat festgestellt, dass das Controlling formal im Landesamt eingerichtet war, Punkt 1, aber real nicht stattgefunden hat. Über mehr als ein Jahr - ich wiederhole es noch mal -, über mehr als ein Jahr hat das im Landesamt auch niemanden gestört. Der Ausschuss hat sich nur mit dem V-Mann Trinkaus näher befasst. Wie viele weitere Fälle ohne Mitwirkung des Controllings im Landesamt gelaufen sind, wissen wir nicht. Verantwortlich für die Fachaufsicht im Innenministerium war im Untersuchungszeitraum der heutige Staatssekretär Rieder. Ich will hier gar nicht wiedergeben, wie schwierig und manchmal auch mehr als anstrengend es war, vom Zeugen Rieder in seiner Befragung auf gestellte Fragen ein Ja oder ein Nein zu erhalten.
Im Ergebnis all der Sachen bleibt festzuhalten: Ohne Fachaufsicht darf eine Landesbehörde nicht tätig sein.
Aus meiner Sicht bleibt zu hoffen, dass das Innenministerium sich diesen Abschlussbericht intensiv zu Gemüte führt und Schlussfolgerungen zieht, und am besten wäre es, wenn es diese dann auch zügig umsetzen würde.
Einen letzten Punkt, der im Abschlussbericht nur angerissen wird, will ich ansprechen, nämlich den Umgang des Landesamtes für Verfassungsschutz mit geheimen Unterlagen. Aus meiner Sicht hat das Landesamt mehr als einmal gegen die Vorschriften der Verschlusssachenanweisung des Freistaats Thüringen verstoßen. Dass anzuhörende Zeugen VS-Dokumente mit nach Hause nehmen und im Laufe der Vernehmung einräumen, dass sie die nicht nur allein zu Hause hatten, auch keinen Stahlschrank oder etwas Ähnliches hatten, wo sie die wegschließen können, nein, es geht noch viel weiter: Irgendwann kam es heraus, dass diese VS-Dokumente auch seinem Rechtsbeistand gezeigt worden sind, aber nicht etwa bei ihm zu Hause, sondern in der Kanzlei des Rechtsbeistands. Da stellt sich mir natürlich die Frage: In dem Zeitraum, wo ist denn da das eine oder andere Dokument vielleicht noch heruntergefallen, auf einer Bank liegen gelassen worden? Ich will gar nicht darüber nachdenken. Das ist etwas, was überhaupt nicht geht.
Wenn man den Verlauf des Untersuchungsausschusses noch einmal vor dem geistigen Auge vorüberziehen lässt, zeigt das aus unserer Sicht auch das Verständnis des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz im Umgang mit geheimen Unterlagen und mit gesetzlichen Vorschriften.
Ich will es am Ende noch einmal ganz klar formulieren: Der Abschlussbericht ist trotz oder auch wegen der Einmütigkeit aller Mitglieder in seinen Feststellungen klar und deutlich formuliert. Die aufgedeckten Verstöße sind umgehend abzustellen. Ich sage es ganz deutlich: Auch mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz sind die Fehler nicht behoben. Das A und O bleibt aus meiner Sicht die Fachaufsicht. Sie ist die erste Kontrollinstanz außerhalb des Amtes. Das Controlling muss durchgeführt und das parlamentarische Kontrollgremium muss gestärkt werden. Dennoch, und das ist am Ende noch einmal wichtig - ich habe es gesehen, Frau Präsidentin, letzter Satz -, bin ich der Überzeugung, wir brauchen neben diesen Maßnahmen auch ein Um
denken der Beamten im Verfassungsschutz. Wer die Verfassung schützen will, der muss sich auch selbst im Rahmen der Verfassung bewegen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich zum eigentlichen Inhalt des Antrags, der zwei Alternativanträge komme, die zu dem Tagesordnungspunkt hier vorliegen, möchte ich schon noch einmal ein paar persönliche Worte an Sie richten, weil mich das damals schon sehr geärgert hat. Ich erinnere mich noch sehr genau an die damals bemerkenswerte, weitgehend inhaltsfreie Rede der Kollegin Siegesmund, als wir im Januar hier die Frage über die Zukunft der Apothekenlandschaft in Thüringen zu behandeln hatten.
Sie hat damals sinngemäß gesagt, ob wir jetzt die Probleme einer jeden einzelnen medizinischen Fachgruppe hier diskutieren müssten und was wohl als Nächstes komme. Also ich kann es Ihnen sagen, Frau Siegesmund, und im Gegensatz zu Ihnen wissen wir das auch, dass das wichtig ist.
Der Antrag, den wir heute hier im Parlament beraten - da bin ich bei Ihnen, wir haben viel, viel Zeit schon verloren, keine Frage, aber das ist manchmal so im parlamentarischen Geschäft. Da gibt es verschiedene Richtlinien in der Geschäftsordnung und das gefällt auch uns nicht immer, aber es ist eben so. Man muss es hinnehmen, und darauf immer wieder rumzureiten, glaube ich, bringt uns kein Stück weiter. Im Gegensatz zu Ihnen - und da bin ich noch einmal bei Ihrer damaligen Rede - stellen wir uns schon gerne den fachpolitischen Diskussionen und Fragestellungen,
egal um welche Problemgruppen es geht. Wir jedenfalls wollen dann gemeinsam mit allen hier in diesem Hohen Hause eine bestmögliche Lösung genau für dieses Problem erreichen. Da ist es eben doch ein Unterschied, ob man sich hier im Parlament mit billigem Populismus hinstellt oder ob man wirklich an einer sachgerechten Lösung interessiert ist.
Zumindest im Bereich Gesundheitspolitik, glaube ich, kann man das sehr gut am Parteibuch festmachen. Sorry, Frau Siegesmund, aber diplomatischer ging es wirklich leider nicht.
Aber zurück zum Antrag und deswegen sitzen und stehen wir jetzt hier. Die Berufsgruppe der Hebammen hat in der Tat nachweisbar ein Problem. Einen Teil, wenn auch zugegebenermaßen einen ganz wichtigen, stellt der Anstieg der Haftpflichtprämien für die Geburtshilfe dar. Innerhalb von zehn Jahren stieg diese von 453 € auf 4.242 € pro Jahr, also rund verzehnfacht. Und wenn man den Zahlen
glauben darf und den Statistiken, werden diese in den nächsten Jahren auf rund 5.100 € steigen. Dieser Anstieg stellt tatsächlich eine fundamentale Verschiebung der Kostenbasis zuungunsten der Hebammen dar. Das Problem ist also vorhanden, richtig. Aber, jetzt kommt das große Aber, denn die in den zwei anderen Anträgen vorgeschlagenen Lösungen zeigen, dass eine einfache Lösung, selten eine richtige, ja, noch viel weniger eine Lösung von Dauer sein kann. Ich will Ihnen das kurz begründen. Zum einen haben Sie den Versicherungsmarkt angesprochen. Ja, das ist richtig, die Nürnberger Versicherung will aussteigen, aber aussteigen aus einem Konsortium, wo dann immer noch drei Parteien vertreten sind, die immer noch die Anteile und auch die Möglichkeiten der Versicherung anbieten. Aber es ist auch genauso richtig, je weniger das sind, umso höher sind die Prämien in den Policen. Wenn man dann weiterdenkt, wenn immer weniger Hebammen sich versichern, weil ihnen das Risiko zu hoch oder nicht mehr leistbar ist, umso höher werden dann die Kosten, die auf die restlichen Hebammen zukommen. Das ist richtig. Aber an dem Punkt, in welchem das Risiko einer Mischkalkulation mit anderen Versicherungspunkten wieder attraktiv wird, werden sich erst dann auch wieder neue Anbieter in dem Markt finden bzw. die Hebammen auch in andere Versicherungsformen einsteigen können. Die Grünen und auch die Fraktionen der Regierungskoalition schlagen heute hier einen staatlich finanzierten Haftungsfonds vor. Ich halte dies für ein hochgefährliches Vorgehen.
Wenn dies nämlich Raum greift und der Staat die Risiken einer ganzen selbstständigen Berufsgruppe trägt, wird dies aus unserer Sicht massive Folgen für den Versicherungsmarkt haben.
Die Versicherer - hören Sie zu, Frau Siegesmund würden sich nämlich perspektivisch auch aus dem Haftungs- und Risikomarkt für zum Beispiel freie Ingenieure, Anwälte, Steuerberater, niedergelassene Ärzte oder auch Architekten zurückziehen. Der Einsturz eines Hauses, die fehlerhafte Beratung von Menschen der Anwälte oder Steuerberater mit hohen Schadenssummen, beispielsweise bei Unternehmen, durch Behandlungsfehler bei Ärzten usw. wären dann nämlich auch nicht mehr auf dem Markt zu finden. Auch hier müssten wir dann, Ihrer Rhetorik folgend, staatliche Hilfsfonds anlegen.
Auch diese Gruppen der freien Berufe, ähnlich wie die der Hebammen, besitzen schließlich eine zentrale gesellschaftliche Bedeutung. Deswegen sind wir überzeugt, dass es nur eine Lösung des Problems geben kann. Leistung muss sich wieder lohnen, auch und gerade für die Hebammen. Sieht
man sich allerdings das Verhältnis von Vergütung zu strukturellem Aufwand an, so sieht man sehr genau das hier vorherrschende Dilemma. Den Kosten, als freie Hebamme tätig zu sein, stehen kaum adäquate Vergütungssätze entgegen.
Daher ist es richtig gewesen, dass Daniel Bahr die Krankenkassen damals schon in seinem Gutachten 2013 in der Pflicht sah. Wie wir alle wissen, haben die Kassen nunmehr genau diesem Vorschlag Folge geleistet.
Zwar sind die avisierten 6,5 Mio. € erst mal nur bis 2015 angelegt, das ist richtig. Es ist auch richtig, dass es jüngst zum Abbruch der Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und dem Hebammenverband kam. Allerdings - und das gehört auch zur Ehrlichkeit - gibt es kein Beispiel, und ich kann es mir auch nicht vorstellen, dass die Kassen einen bereits gefundenen Kompromiss einfach wieder verlassen würden. Wir wollen nicht vergessen, auch die Kassen stehen in einem erheblichen Wettbewerb um Versicherte. Nach § 24 SGB V ist eine Begleitung der Geburt durch Hebammen dort explizit vorgesehen.
Ich könnte Ihnen natürlich auch erzählen, wer 2012 mit wem dafür gesorgt hat, dass dieses Gutachten, welches jetzt die Grundlage der Anhebung der Vergütungssätze der Kassen darstellt, überhaupt existiert. Wichtiger ist aus meiner Sicht aber, dass der erste Schritt hin zu einer systematisch richtigen Lösung gegangen wird und dies den Hebammen in Thüringen sowie bundesweit zugute kommt. Vergessen Sie nicht, langfristig müssen sich die Haftpflichtkosten jedoch stärker in den Verhandlungen zwischen den Kassen und den Hebammenverbänden niederschlagen.
Die Hebammenverbände haben mit dem GKV-Spitzenverband einen gültigen Vergütungsvertrag nach § 134 a SGB V geschlossen. In diesem Paragrafen in Absatz 1 Satz 1 heißt es - ich zitiere -, dass „Leistungen unter Einschluss einer Betriebskostenpauschale bei ambulanten Entbindungen in von Hebammen geleiteten Einrichtungen, die Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe […] sowie über die Höhe der Vergütung und die Einzelheiten der Vergütungsabrechnung durch die Krankenkassen“ erfolgen. Hier hätte man also viel früher auch die steigenden Haftpflichtkosten berücksichtigen müssen. Da dies schwierig ist und die Kassen naturgemäß über eine ganz andere Verhandlungskompetenz, natürlich auch über ein ganz anderes
Verhandlungsgewicht verfügen, sollte hier aus unserer Sicht eine klarstellende Regelung Eingang in den Gesetzestext finden, und zwar so, wie wir es in unserem Antrag vorgeschlagen haben, nämlich als explizit erwähnte Kostenposition.
Dies wäre allerdings die Aufgabe der aktuellen Bundesregierung mit der Möglichkeit - und deswegen in unserem Antrag formuliert - der Landesregierung, diese Lösung - Frau Taubert, Sie haben es gerade schon einmal reingerufen - über den Bundesrat anzuschieben. Wichtig wäre aber außerdem, dass nicht, wie aktuell angedacht, in den anderen zwei Anträgen lediglich einzelne Gebührenziffern angehoben werden, sondern es muss aus unserer Sicht über die gesamte Breite erfolgen. Wenn beispielsweise nur die Positionen, die direkt mit dem Geburtsvorgang zu tun haben, angehoben werden, werden zum Beispiel die Hebammen in geburtsschwachen Regionen ein Problem bekommen. Will ich nämlich die Leistung Geburtshilfe anbieten, muss ich natürlich auch die Haftpflichtprämie an die Versicherer entrichten. Habe ich aber in den ländlich dünn besiedelten Gebieten nur wenige Geburten im Jahr zu betreuen, reicht naturgemäß die Erhöhung der Vergütung durch die Kassen nicht aus, um wirtschaftlich arbeiten zu können, mit der Folge, dass gerade in der Fläche zahlreiche Hebammen aus der direkten Geburtshilfe aussteigen würden und nur noch ein eingeschränktes Leistungsangebot zur Verfügung stehen würde. Dieser spürbare Hebammenmangel, der jetzt schon ein paar Mal diskutiert wurde, würde sich aus der Sicht noch weiter verschärfen. Also wir halten fest: Der angesprochene Mangel an Hebammen ist ein Problem, das die Hebammen aber natürlich auch mit anderen medizinischen Fachgruppen teilen.
Allerdings, und damit komme ich zum zweiten Teil unseres Alternativantrags, kann bisher kaum auf valide Daten zurückgegriffen werden, da Hebammen zu den ungeplanten Versorgern zählen, also anders als im niedergelassenen Bereich der Ärzteschaft auch keine Bedarfsplanung vorliegt. So ist der Hebammenmangel natürlich in der momentanen Situation ein durch viele Hebammen geäußertes subjektives Empfinden. Auch beim Fachgespräch am 20. dieses Monats äußerten die Hebammen, dass sie die zahlreichen werdenden Mütter nur eingeschränkt versorgen können und dass die Arbeitsbelastung über das gesamte Land mittlerweile ein kritisches Niveau erreicht hat. Daher wollen wir, und ich sage es noch einmal ganz deutlich, im Unterschied zu den anderen zwei Anträgen, im Rahmen eines Modellprojekts, dass wir den aktuellen Versorgungsgrad, das angebotene Leistungsspektrum, die patientenseitige Nachfrage und den Bedarf an Hebammenleistungen erheben lassen. Nur mit dieser evidenten Zahlengrundlage ist aus unserer Sicht eine etwaige Anpassung der Ausbil
dungsplätze möglich. Es gibt ja in Thüringen genügend Bewerber - das gehört auch zur Ehrlichkeit, das muss man auch einmal sagen -, so dass sowohl an den Staatlichen Berufsbildenden Schulen für Soziales und Gesundheit in Jena als auch in Erfurt mehr Hebammen ausgebildet werden könnten. Ich denke, die Erhebung des Zahlenmaterials als auch die etwaige Anpassung der Ausbildungsplätze ist aus unserer Sicht mit einem überschaubaren finanziellen Aufwand leistbar. Wir würden uns daher freuen, wenn sich unser Alternativantrag wie auch die anderen beiden Anträge als Grundlage einer ausführlichen und - ich sage es einmal deutlich - ergebnisoffenen Diskussion im Ausschuss wiederfinden würden. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Nur dass am Schluss kein falscher Zungenschlag übrig bleibt nach den Äußerungen von Frau Siegesmund, die uns vorwirft, dass unser Antrag weit hinter dem Inhalt ihres Antrags zurückbleibt, den sie hier im Plenum schon mal verabschiedet hatte: Frau Siegesmund, bitte mal lesen, verstehen und dann auch ehrlich sein. Wir fordern und schlagen vor, dass eine planbare, höherwertige Vergütung der Hebammen im Gesetz festgeschrieben wird, nämlich genau da, wo es hingehört, damit die Hebammen planbar arbeiten können, damit sie mit planbarem Verdienst umgehen können und nicht einfach nur: „Hier ist mal ein Loch und da stopfen wir das und da stellen wir uns mal vor die.“ Nein, uns geht es um eine langfristige, verlässliche Lösung für die Hebammen, nur damit ist ihnen gedient. Danke.
Ja, Entschuldigung, Frau Präsidentin, aber ich, man kann es im Protokoll nachlesen, habe Ausschussüberweisung für alle drei Anträge beantragt, also müssen wir darüber abstimmen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es am Anfang vorwegstellen, aus meiner Sicht, es ist gut und es ist schön, dass wir in der heutigen Plenarsitzung noch einmal eine abschließende Beratung über den Antrag, ich will es noch mal ganz deutlich sagen und ausführlich: „Erarbeitung eines modernen Sportberichts mit Perspektiven für den Sport in Thüringen“ reden dürfen. Ich habe den Titel deswegen noch einmal so ausführlich genannt, weil ich im Laufe meiner Ausführungen noch darauf zurückkommen werde. Am Anfang, das gehört auch hierher, wo es immer mal wieder gemacht wird, aber das Thema des Sports provoziert das regelrecht, noch einmal vielen herzlichen Dank, und zwar an alle Ehrenamtlichen, die hier im Freistaat im Sport unterwegs sind. Weil, ohne die wären solche Sachen wie Vereinsleben, Sportveranstaltungen sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport schlichtweg nicht möglich.
Aus diesem Grund - und das wiederhole ich auch zum wiederholten Male hier an dem Ort - stehen wir Liberalen dafür, die Wertschätzung des Ehrenamtes deutlich zu stärken. Ich betone an der Stelle, das bedeutet aus unserer Sicht nicht, ehrenamtliche Tätigkeit zu bezahlen, sondern es bedeutet vor allem, sie leichter zu ermöglichen und vor allen Dingen auch Sicherheit bei der Ausübung dieser zu gewährleisten. Auch hierzu - und das auch am Anfang - kann der geforderte Bericht Ihrem Antrag als Diskussionsgrundlage zumindest ein guter Beitrag sein. Ich möchte - Kollegin Pelke hat es schon angesprochen - auch den vielen Anzuhörenden, die mit ihrem Expertenwissen und mit ihren Beiträgen an der einen oder anderen Stelle auch zu unserer Erhellung beigetragen haben, meinen Dank aussprechen.
Ein besonders großes Dankeschön - das wird jetzt den einen oder anderen überraschen, aber ich sage es trotzdem - geht auch an das zuständige Ministerium, das - ich habe lange über eine gelungene
Formulierung nachgedacht, ich bin dann auf die folgende Formulierung gekommen - im vorauseilenden Gehorsam den Bericht, über dessen Inhalt wir heute hier beraten, schon mal vor zwei Wochen fertiggestellt und der Presse vorgestellt hat. Vielleicht muss man da im Ministerium auch über hellseherische Fähigkeiten verfügen.
Aber auch zu den Einzelheiten würde ich hier noch einmal kommen wollen. Ich zitiere aus dem hier zu beratenden Antrag „Erarbeitung eines modernen Sportberichts...“: Die Landesregierung wird in Punkt III.3 aufgefordert: „... in dem zu erarbeitenden und im Jahr 2014 zu veröffentlichenden Sportbericht insbesondere folgende Aspekte aufzunehmen“. Dann werden sie alle im Antrag aufgelistet. Ich könnte sie vorlesen, erspare uns das aber. Unter IV steht geschrieben: „Die Landesregierung wird gebeten, den Sportbericht und dessen Ergebnisse unmittelbar nach Fertigstellung im Parlament vorzustellen.“ Okay. Jetzt ist es für mich schon eine recht komische Situation, wenn zwei Tage vor der abschließenden Beratung im zuständigen Ausschuss der fertig gedruckte Sportbericht auf einer Pressekonferenz vorgestellt wird.
Über was, meine sehr geehrten Damen und Herren, reden wir hier heute eigentlich? Was würde denn passieren, wenn das Parlament aus unterschiedlichen Gründen nicht zustimmt oder vielleicht sogar noch weitere Punkte aufgreifen möchte? Würde dann der Sportbericht ein Einlegeblatt bekommen? Ich frage mich da schon, wie die Vorgehensweise zu diesem Thema ist.
Aber nichtsdestotrotz - aber vielleicht hört man dann vom Kollegen Grob, da er im Ausschuss auch ein bisschen überrascht geschaut hat, als wir dann den Sportbericht schon vorliegen hatten, ich kann mich an den Gesichtsausdruck gut erinnern, ich hoffe, das war auch deswegen - gibt es ja durch eine solche zeitliche Verschiebung auch Dinge, die sich positiv auswirken; ab und zu auch mal für eine Oppositionsfraktion. So wurde unser Änderungsantrag, der hier in der ersten Beratung im Plenum heiß diskutiert und im Ausschuss dann abgelehnt wurde, dennoch aber im Sportbericht der Landesregierung eingearbeitet. Herzlichen Dank dafür, Frau Taubert.
Ehre, wem Ehre gebührt.
Genau. Halten wir fest, es hat schon mal ein Sportbericht das Licht der Welt erblickt, ohne - und ich wiederhole es noch einmal - dass die Aspekte über diesen Inhalt abschließend im Ausschuss und im Plenum beraten wurden. Dann frage ich mich natürlich: Welche Information hatte denn das Ministerium? Hat man gedacht, wir machen jetzt erst mal einen und der Antrag erübrigt sich? Meines Wissens nicht. Jetzt kann man auch noch auf die Idee kommen, weil im Antrag, der heute beraten wird, der im Ausschuss einstimmig und einvernehmlich beschlossen wurde, fordern wir einen modernen Sportbericht von der Landesregierung. Jetzt könnte man ganz böse denken, der, der uns vorher vorgelegt wird, ist noch nicht modern. Aber schauen wir mal, was bei dem zweiten Bericht rauskommt, ob es da auch wirklich eine qualitative Erhöhung dessen geben wird, was wir uns hier alle wünschen.
Die Idee des Sportberichts, der aus dem Zusammenwirken vieler Menschen aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, aus vielen unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Anregungen geben soll, ist aus unserer Sicht ehrenwert und auch wichtig für den Freistaat. Ja - und das sage ich ganz deutlich -, wir haben in Thüringen immer noch Probleme auf diesem Gebiet. Es gibt - auch wenn vorige Woche eine Studie vorgestellt worden ist, dass bei Kindern und Jugendlichen die sportliche Betätigung zugenommen hat, und wenn man im Land unterwegs ist, sieht man das auch - alarmierende Anzeichen, dass in puncto Sport in Thüringen doch noch nicht alles optimal läuft. So stehen zum Beispiel bei manchen Kindern und Jugendlichen erschreckende Leistungen bei Sportfesten zu Buche. Sicherlich ist grundsätzlich - das muss man auch sagen - außer bei der Schulpflicht jedem freigestellt, sich sportlich zu betätigen oder auch nicht. Aber ganz so einfach stellt sich aus unserer Sicht die Sachlage dann doch nicht dar. Ich sage es hier ganz deutlich: Bekommen wir diese Problematik nicht in den Griff, werden Probleme in Größenordnungen auf unser Gesundheitssystem und damit auf uns alle zukommen. Ganz ausdrücklich, aus unserer Sicht muss ein Umdenken und aus unserer Sicht ganz wichtig - eine Neubewertung der Situation erfolgen, denn Sport ist eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die nicht nur den Einzelbereich, sondern viele Bereiche umfasst.
Das geht über Medizin, über Bildung und Förderungen bis zur Entwicklung im Leistungs- und Breitensport, dies alles auch, das dürfen wir nicht vergessen, im Zeichen des demografischen Wandels. Diese Vielfalt, die ich gerade genannt habe, zeigt aus unserer Sicht die enorme Bedeutung des Sports für unsere Gesellschaft und somit auch für die Menschen im Freistaat. Auch das gehört heute hierher: Thüringen ist ein Sportland, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekannt für viele sportliche
Highlights: Biathlon in Oberhof, internationaler Radsport in Thüringen, der Rennsteiglauf, Rallyes, Rodeln, Volleyball, Erfolge im Handball. Sogar den Fußball will ich heute hier nennen, auch wenn ich weiß, dass der eine oder andere nicht so eine richtige Meinung dazu hat, wer da nun der beste Fußballverein in Thüringen ist, aber nichtsdestotrotz. Vielleicht kann man es einfach an der Klasse festmachen, wo die eine oder andere Mannschaft spielt. Aus unserer Sicht hat der Sportbericht viele wichtige Aspekte aufgegriffen, das ist richtig, zum Beispiel allgemeine Sportförderung, Schulsport, Sport in Kindertageseinrichtungen - das ist aus unserer Sicht ganz wichtig -, das Ehrenamt, ich nannte es schon, und viele, viele andere Dinge mehr. All dies sind Dinge, die in diesem Bericht untersucht werden müssen. Damit sind wir einer Meinung mit allen anderen Fraktionen im Thüringer Landtag.
Wir werden dem Antrag „Erarbeitung eines modernen Sportberichts mit Perspektiven für den Sport in Thüringen“ zustimmen. Bei einem Antrag, der trotzdem heute noch einmal beraten wird, obwohl es diesen Sportbericht schon gibt und der die eine oder andere Änderung, die wir bei der letzten abschließenden Beratung im Ausschuss getroffen haben, noch gar nicht berücksichtigen konnte, wird dieses Ziel von uns nicht infrage gestellt. Aber der Bericht dürfte trotz der verfrühten Fertigstellung durch das Ministerium eine gute Grundlage sein, um sich der Herausforderung stärker bewusst zu werden. Der Bericht kann aus unserer Sicht auch Anstöße geben, Fehlentwicklungen entgegenzusteuern.
Jetzt bin ich bei Kollegin Pelke: Lassen Sie uns fortsetzen, lassen Sie uns bei diesem Thema nach einer gemeinsamen Lösung suchen, denn - da bin ich ausdrücklich bei Ihnen, obwohl ich bei der einen oder anderen Aussage den leichten Verdacht habe, dass es vielleicht doch schon Wahlkampf ist oder es ist gerade losgegangen oder wir machen uns schon beide warm - ich glaube, das Thema ist nicht geeignet, damit Wahlkampf zu machen, weil es viel zu wichtig ist.
Ganz zum Schluss noch eine kleine Anmerkung in eigener Sache. Ich fand es wichtig, dass heute beantragt und dann auch einstimmig beschlossen wurde, diesen Tagesordnungspunkt heute vor dem parlamentarischen Abend des Landessportbundes zu beraten. Ich hätte mir diese Einmütigkeit und dieses Pflichtbewusstsein auch bei dem einen oder anderen Antrag aus den Oppositionsfraktionen gewünscht. Ich erinnere nur an den parlamentarischen Abend des Thüringer Handwerks, da ist es mit der Anmerkung, man könne doch keine Anträge vor der Gesetzesberatung behandeln, noch abge
lehnt worden. Also, Frau Pelke und liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht bekommen wir das demnächst auch auf anderen Gebieten hin. Wir stehen dazu. Wir haben auch heute dafür gestimmt und würden uns wünschen, dass das keine Einbahnstraße bleibt. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft
Dem Justizminister steht gemäß §§ 146, 147 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ein sogenanntes externes Weisungsrecht zu. Er hat zum einen die Möglichkeit, dieses mittels genereller Weisungen zur Bearbeitung von bestimmten Fallgruppen aus
zuüben, er hat aber auch das Recht zu speziellen Weisungen im Einzelfall. Letztlich kann also der Landesjustizminister Einfluss auf jedes einzelne bei den Staatsanwaltschaften anhängige Verfahren nehmen.
Ich frage die Landesregierung:
1. In wie vielen Verfahren hat das zuständige Mitglied der Landesregierung oder dessen Ministerium seit 2004 jeweils der Staatsanwaltschaft schriftliche oder mündliche Weisungen zur Sachbehandlung in einem bestimmten Verfahren gegeben (bitte in Jahresscheiben angeben)?
2. In wie vielen Verfahren hat das zuständige Mitglied der Landesregierung oder dessen Ministerium seit 2004 jeweils der Staatsanwaltschaft schriftliche oder mündliche Anregungen zur Sachbehandlung in einem bestimmten Verfahren gegeben (bitte in Jahresscheiben angeben)?
3. In wie vielen Verfahren hat das zuständige Mitglied der Landesregierung oder dessen Ministerium seit 2004 jeweils schriftliche oder mündliche Berichte der Staatsanwaltschaft über die Sachbehandlung in einzelnen Verfahren (einschließlich Verfahrens- stand) angefordert (bitte in Jahresscheiben ange- ben)?
4. Hat das zuständige Mitglied der Landesregierung oder dessen Ministerium seit 2004 im Rahmen des rechtlich Möglichen auch Informationen von Gerichten angefordert und wenn ja, welche in welcher Form?
Wenn es möglich wäre, Herr Präsident, gleich zwei? Zum Ersten, Herr Minister, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, Sie können zur Anzahl der verschiedenen gefragten Weisungen und Anregungen hier keine Auskunft geben, weil laut Ihrer Aussage keine Statistiken vorliegen. Gehe ich recht in der Annahme, dass, sobald dieses geschieht, dann auch demzufolge keine Protokollierung vorgenommen wird? Das war die erste Frage.
Die Zweite: Können Sie eine Aussage treffen, ob in Ihrer Amtszeit aus Ihrem Haus oder von Ihrer Person ein Kriterium der vier Fragen wahrgenommen worden ist?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kollegin Meißner hat es schon angeführt, wir sind nicht nur zu dem Thema fleißig gewesen, wir opfern morgen auch noch wertvolle Zeit, die wir zur Nachtruhe hätten benutzen können
und treffen uns relativ frühzeitig. Kollege Grob hat noch einmal gefragt, wann. Ich wollte ihn daran erinnern, also für den Kollegen Grob 8.30 Uhr, für alle anderen auch, damit wir pünktlich sind. So viel zur Einleitung.
Ich würde dem Kollegen Bärwolff in einer Beziehung nicht recht geben wollen, ich würde das Gesetz an sich keine Krücke nennen. Aber auch wir sehen in vielen Punkten noch deutlich Änderungsbedarf. Wir haben Zeit, wenn wir das wollen, dann müssen wir uns einfach die Zeit nehmen, es liegt an uns, wir sind frei gewählte Abgeordnete. Wir können auch über die Zeit im Ausschuss verfügen, also es steht jedem frei. Wie sehr jeder oder jede Fraktion die Bereitschaft dazu an den Tag legen wird, das werden wir dann sehen. Nichtsdestotrotz werden wir morgen dazu - so die Absprache - eine Anhörung beschließen. Dann, glaube ich, können wir zur übernächsten Sitzung das Thema auf die Tagesordnung setzen. Dann schauen wir mal, wie schnell wir das hinbekommen.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Wir beraten heute in erster Lesung das mit einem schon merkwürdigen Namen versehene „Thüringer Gesetz zur Neuregelung der als Maßregel angeordneten Unterbringung und ähnlicher Unterbringungsmaßnahmen“. Es ist nötig geworden, das ist schon angesprochen worden, da nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil am 18. Januar 2012 strengere Vorgaben für den privatisierten Maßregelvollzug aufgestellt hat. Somit sind die seit 2002 gültigen Beleihungsverträge sowie die bisher gültigen Rechtsgrundlagen durch den Freistaat Thüringen zu ändern. Wie komplex jedoch die Einzelfragen der zu ändernden Regelungen sind, zeigt allein das Beispiel aus Hessen, auf welches sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezogen hatte. Es stand die Frage im Raum, wer bei einem gewalttätigen Patienten über einen sogenannten Einschluss überhaupt entscheiden darf. Darf es der Arzt vor Ort, der sich einer konkreten Gefahr ausgesetzt sieht, darf es ein Beamter, der an seiner gesonderten Rechtsstellung das Gewaltmonopol des Staates ausüben kann? Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, sich vor Ort über die Realitäten im Maßregelvollzug ein Bild zu machen, der weiß, wie sehr gut gemeinte Rechtsnormen in dem einen oder anderen Fall mit konkreten Alltagserfahrungen der Patienten und der Mitarbeiter im Maßregelvollzug kollidieren können.
Ja, vielleicht erzählt der Ministerin jemand, was der Inhalt der Debatte jetzt hier zum Thema ist. Vielen Dank, Kollege Bergemann, für den Hinweis, aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Aber gut, dass wir es trotzdem einmal gehört haben.
Also noch einmal zum Thema: Es steht außer Frage auch für uns, ob dieses juristische Problem diskutabel ist, ob in einem privatrechtlich verfassten Maßregelvollzug der Staat möglicherweise Gefahr läuft, zentrale Grundbedingungen der eigenen staatsrechtlichen Verfasstheit aufzugeben. Aber und das sage ich hier ganz deutlich - wir dürfen die praktischen Bedingungen im Maßregelvollzug selbst nicht außer Acht lassen. Nicht umsonst habe ich am Anfang fein zwischen den Worten „Insasse“ und „Patient“ unterschieden, denn die Bedingungen des Maßregelvollzugs sind nicht ohne Grund komplett anders als beispielsweise im Strafvollzug, da der Personenkreis nicht nur gefährlich, sondern vor allen Dingen auch medizinisch bedingt straffällig geworden ist. Die Gefahren, die durch Patienten für Patienten, aber auch für das handelnde Personal ausgehen, sind deswegen weitaus weniger kontrollierbar als im normalen Strafvollzug. Wie ich also mit einem Patienten im Notfall umzugehen habe, darf somit nicht allein eine juristische Frage sein, sondern es müssen stets die tatsächlichen Gefahrenbilder im Blick behalten werden.
Über welchen Personenkreis sprechen wir hier eigentlich? Ich will versuchen, es noch einmal darzulegen. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Gruppen und da kommen die §§ 63 und 64 SGB zum Tragen, zum einen die Gruppe, die nach § 63 Strafgesetzbuch in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist. Diese Unterbringungsform bezieht sich auf schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Straftäter, die aufgrund ihrer Erkrankung als für die Allgemeinheit gefährlich gelten und von denen weitere erhebliche Straftaten, sowohl Gewaltdelikte als auch Sexualdelikte, zu befürchten sind. Diese Maßregel, noch mal ganz klar, ist unbefristet. Dann haben wir den anderen Personenkreis, das sind diejenigen, die nach § 64 Strafgesetzbuch in der Entziehungsanstalt unterzubringen sind. Dies bezieht sich auf suchtkranke Straftäter. Diese Maßregel ist grundsätzlich auf zwei Jahre beschränkt, wobei sich die Aufenthaltsdauer in der Maßregel durch entsprechende Höchstfristberechnungen verschieben bzw. verlängern kann.
Die Personen, die gerichtlich angeordnet nach § 63 bzw. § 64 Strafgesetzbuch unterzubringen sind, sind grundsätzlich weiterhin dauerhaft gefährlich, anders als manch anderer, der für eine Straftat in der JVA untergebracht ist. An diesem Beispiel, glaube ich, wird deutlich, dass die Debatte um die im Gesetzentwurf angedachten Interventionsbeauftragten dringend noch einmal die Antwort der Praktiker braucht, denn die Interventionsbeauftragten geben als Beamte nicht nur ihre Zustimmung zur Einstellung des ärztlichen Personals, sondern können nach § 6 des Maßregelvollzugsgesetzes auch die Durchführung von besonderen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen anordnen. Das heißt, dass die Ärzte erst fragen müssen, ob sie eine medizini
sche Zwangsbehandlung durchführen dürfen. Verständlich, dass dies Unbehagen beim medizinischen Personal hervorruft.
Wie wir wissen, verfügen die Einrichtungen nicht ohne Grund bereits jetzt über gesondert gesicherte Trakte, in denen auch Patienten separiert werden können. Wir tun also gut daran, die vorgeschlagene Lösung noch einmal in einem Anhörungsverfahren auf ihre Praxisnähe zu überprüfen.
Auch - das ist uns besonders wichtig - ist mit diesen Trägern abzuprüfen, inwieweit die Neugestaltung der Kostenregelungen langfristig tragfähig ist. Die Frage, dass die steigenden Kosten nur der Gewinnabsicht der Träger zuzuschreiben sind, lässt sich in der Realität nicht abbilden. Zwar sind seit Jahren die Fallzahlen steigend, aber - wie wir alle wissen weisen sich die Träger die Patienten nicht selbst zu, sondern dies wird bereits durch die Hauptverhandlung, also durch ein ordentliches Gericht angeordnet. Des Weiteren haben sich in den letzten zehn Jahren auch die Therapieformen massiv verändert. Gerade die klinische Psychiatrie hat sich als medizinisches Teilfach enormen Fortschritten unterzogen, ein Fortschritt, der sich im tagtäglichen Handeln niederschlägt und damit auch Kosten fabriziert. So ist das mit dem medizinischen Fortschritt. Es soll an anderer Stelle auch so sein, Frau Ministerin, na klar. Aber es ist schön, dass Sie jetzt der Debatte wieder lauschen. Das ist, glaube ich, auch dem Thema angebracht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich dann aber doch einmal die Mühe macht, die überdurchschnittliche Kostenentwicklung in Thüringen einmal zu hinterfragen, muss man sich schon sehr wundern - zumindest haben wir das gemacht. Im 3. Psychiatriebericht des TMSFG selbst aus dem Jahr 2012 - die Frau Ministerin kennt ihn bestimmt kann man das nämlich nachlesen. Auf Seite 137, die Seite ist mir aufgeschrieben worden, liest man, dass Thüringen eine überdurchschnittliche Personalausstattung hat - bezogen auf Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen sowie sonstige Therapeuten sowie bei den Pflegekräften der Maßregelvollzugseinrichtungen im Freistaat Thüringen. Wissen Sie, was? Das ist aus unserer Sicht auch gut so. Denn auf derselben Seite steht auch, dass man gerade durch die guten Bedingungen im Therapieerfolg in Thüringen ganz weit vorn ist.
Unsere Einrichtungen sind also ganz weit vorn, Frau Ministerin, sowohl bei den Leistungsmerkmalen, Lockerungen je 100 Fälle, als auch bei der Anzahl der Entweichungen je 100 Fälle. Das ist nicht meine Erfindung - die Leistungsmerkmale heißen so. Auf Deutsch - bei uns werden erstens die Pati
enten schneller therapiert und zweitens flüchten Sie deutlich weniger aus dem Maßregelvollzug als in anderen Bundesländern. Der Zusammenhang zwischen Personalbestand, Therapiemöglichkeiten und Therapieerfolg ist also evident. Gerade aus diesem Grund wollen und müssen wir uns auch diese Regelungen noch einmal gründlich ansehen. Auch dieses Mal gemeinsam mit dem Träger.
Aber auf eines will ich am Ende, nachdem ich auf die inhaltlichen Punkte, die wir im Ausschuss noch auf jeden Fall im Einzelnen diskutieren sollen und auch bestimmt werden, auf einen Punkt möchte ich am Ende meiner Ausführungen noch einmal zurückkommen: Wenn man sich mit den Zahlen im Maßregelvollzug der letzten Jahre beschäftigt, sieht man ganz schnell, dass dort in diesem Haushaltstitel keine relevanten Kosten einzusparen sind. Aus diesem Grund, Frau Ministerin, fand ich es damals schon nicht redlich - ich wiederhole das heute noch einmal -, dass Sie den Haushaltstitel Ärzteförderung unter den Finanzierungsvorbehalt der Einsparung im Maßregelvollzug gestellt haben. Wie wir wissen, haben wir an den Zahlen gesehen, dass das die ganzen Jahre nicht passiert ist.
Aber, dieses Jahr - welch Graus oder welch glücklicher Zufall - habe ich die Aufstellung aus dem Finanzministerium, Stand 31.12.2013. Da kann man lesen, dass von den veranschlagten 35.648.000 € doch 193.033,62 € übrig geblieben sind, Frau Ministerin. Dieses Geld haben Sie nicht, obwohl Sie es in der Haushaltsberatung versprochen haben, dem Ärzte-Förderungsprogramm zukommen lassen, sondern das Geld ist in den ganz normalen Haushalt wieder vereinnahmt worden.
Nein, Frau Ministerin, Sie haben es versprochen, ich nicht. Sie haben sich hier bei den Haushaltsberatungen hingestellt und haben gesagt, jeder einzelne Euro im Jahr 2013 bis zu einer Höchstgrenze von 300.000 €, der im Maßregelvollzug eingespart wird, wird für das Programm der Ärzteförderung in Thüringen eingesetzt. Wie bitte wollen Sie das den Leuten erklären, und ich hätte es auch gern mal gewusst, warum halten Sie Ihr Versprechen nicht und lassen die 193.000 €, worauf auch die Ärzteverbände warten, um diese Fördermöglichkeiten zu nutzen, warum halten Sie Ihr Versprechen nicht und haben das Geld ganz einfach in den Gesamthaushalt zurückfließen lassen? Das ist ein Punkt, der mich sehr interessiert, außer dem Inhalt dieses Gesetzes. Vielleicht können Sie auch etwas dazu sagen, das würde mich sehr freuen. Ansonsten schließe ich mich meinen Kolleginnen und Kollegen an und beantrage die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und
natürlich auch an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste auf der Zuschauertribüne, wir haben es jetzt schon zweimal gehört, es liegt uns also jetzt der Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Das ist erst einmal ein Fakt, den man zur Kenntnis nehmen muss. Das sagt über Inhalt und Qualität noch nichts aus. Aber er liegt schon einmal vor.
Ich glaube - und damit komme ich jetzt zum Inhalt -, wir sind auch gut beraten, Herr Innenminister, dass wir das Thema Verfassungsschutz angehen, um die Kontrollmechanismen zu schärfen und auch auszubauen. Letzten Endes können immer dort Fehler passieren, wo Menschen arbeiten. Aber ich sage es auch ganz deutlich, diese Fehler gilt es so weit wie möglich auszuschließen. Eine Abschaffung des Verfassungsschutzes jedoch, wie es die Linken wollen, kommt für uns nicht infrage.
Wir können ja auch nicht einfach so tun, als würden alle extremistischen Bestrebungen, liebe Kollegen aus der Linksfraktion, in der Öffentlichkeit, also für alle sichtbar passieren. Solche Bestrebungen erfolgen nämlich - auch das haben die Untersuchungsausschüsse gezeigt - oft verdeckt und manchmal sogar unter dem Deckmantel einer legalen Organisation. Genau hierfür ist der Verfassungsschutz da, solche verdeckten Bestrebungen frühzeitig aufzudecken. Die Polizei soll und darf in diesem Vorfeldbereich nämlich nicht agieren.
Deshalb ist es auch umso wichtiger - vielen Dank, Herr Adams -, dass die Maßnahmen und das Handeln des Verfassungsschutzes einer intensiven Kontrolle unterliegen.
Nun haben wir alle am 14.03.2014 eine Pressemitteilung der Deutschen Polizeigewerkschaft erhalten. Deren Chef Wendt erklärt darin, der Gesetzentwurf sei ein Angriff auf unsere Sicherheitsarchitektur. Weiterhin erklärt er, dass der Innenminister endlich ein Machtwort sprechen müsste. Die erste Aussage muss man ja nicht teilen, aber grundsätz
lich hat Herr Wendt aus meiner Sicht recht, wenn er das formal zuständige Innenministerium, also den Innenminister anspricht. Dass der Thüringer Innenminister aber selbst nur per SMS die Einigung zum Verfassungsschutzgesetz erfahren hat, zeigt aus meiner Sicht aber, welchen Stellenwert das Machtwort eines Innenministers in der Thüringer Landesregierung hat.
Scheinbar leider keins. Es ist zwar traurig, aber es wurde auch schon deutlich, erinnern wir uns alle zusammen, als der Innenminister zu den Beratungen der regierungseigenen Expertenkommission zur Gebiets- und Verwaltungsreform nicht eingeladen wurde.
Nichtsdestotrotz sollten wir die Hinweise von Herrn Wendt aber ernst nehmen und gerade in der Problematik, was den Bereich Präventionsarbeit angeht, müssen wir genau schauen, was wir durch die Änderungen im Gesetzentwurf bewirken. Für uns stellt sich darüber hinaus die Frage, ob die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich ausreichend sind, um die in der Vergangenheit gemachten Fehler abzustellen.
Teilweise - da bin ich am Anfang der inhaltlichen Ausführungen - werden alte Instrumente einfach gesetzlich normiert und man hofft, dass sie damit mehr Wirkung entfalten, weil sie jetzt im Gesetz stehen. Diese Hoffnung habe ich nicht. Ich will ein Beispiel nennen. Der Innenminister hat es am Anfang selbst angesprochen, das habe ich gar nicht erwartet, dass Sie das tun, aber umso besser - die Verankerung eines unabhängigen Controllings, ich wiederhole es noch einmal, unabhängiges Controlling, wie es der Gesetzentwurf vorsieht, ist meines Erachtens nichts wirklich Neues. Alle Mitglieder der Untersuchungsausschüsse wissen mit Sicherheit auch, worüber ich rede. Denn bisher hat es formal eine Controllingstelle beim Verfassungsschutz gegeben, die eine Kontrolle der Führung von V-Leuten gewährleisten sollte. Trotzdem wurde in den Untersuchungsausschüssen deutlich, dass die Kontrolle nicht funktioniert hat.
Es hatte damals, und das zeigen auch die Erfahrungen in Untersuchungsausschüssen, viel mit Schlamperei zu tun, dass solche Posten nicht besetzt wurden oder wenn jemand länger krank war, einfach ignoriert wurde, dass es diese Stabsstelle des Controllings gab. Es wurde noch besser: Es gab nämlich eine Zeit lang den Fakt, dass eine Person auch die Ausübung des Controllings, nämlich der Präsident des Landesverfassungsamtes, innehatte und es gab eine Person, die hatte gleich
drei Posten, die war Abteilungsleiter Auswertung, die war Abteilungsleiter Beschaffung und weil sie damit wahrscheinlich noch nicht ausgelastet war, war sie auch noch Vizepräsent des Landesamts für Verfassungsschutz. Also ich muss schon sagen, das muss eine Person mit sehr viel Potenzial gewesen sein.
Leider konnte sie das in den Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss aus meiner Sicht zumindest nicht nachweisen.
Da steht natürlich für mich die Frage, wer denn dort wen kontrolliert hatte und wie es sein konnte, dass sich Dienstposten selbst kontrolliert haben. Ich sage hier noch einmal ganz deutlich: So etwas darf nicht passieren.
Weder hätte es in der alten Struktur passieren dürfen noch kann es aus meiner Sicht in der neuen Struktur, wie in den Änderungen im Gesetzentwurf, ausgeschlossen werden. Ich sage es an der Stelle noch einmal ganz deutlich: Hier hat die Aufsicht versagt.
Aus den Gründen sind wir dann natürlich skeptisch, ob es wirklich ausreicht, was dieser uns hier vorgelegte Gesetzentwurf vorsieht. Die Einrichtung und die gesetzliche Normierung einer Stabsstelle Controlling kann aber nur ein Puzzleteilchen im gesamten Scherbenhaufen Verfassungsschutz sein, den wir hier neu zusammenfügen müssen.
Aber es gibt auch noch weitere Punkte, die wir hier diskutieren sollten.
Herr Minister, Sie streichen im Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes die organisierte Kriminalität heraus und begründen dies damit, dass die Polizei so weit im Vorfeld einer aktuellen Gefahr handeln könne. Ich muss Ihnen ehrlich gestehen, das ist mir, das ist uns deutlich zu wenig. Gerade der Bereich Rockerkriminalität nimmt immer weiter zu und es bilden sich, und das wissen wir alle, neue Klubs, neue Chapters und wer weiß sonst noch was heraus. Die Polizei soll nach Ihrer Argumentation jetzt erst mal jeden Klub belauschen, ohne zu wissen, ob das vielleicht wirklich nur ein paar Biker sind, die sich treffen wollen, um vielleicht Rockmusik zu hören oder ob sie in ihrem Klubhaus Drogengeschäfte, Prostitution oder andere Verbrechen verabreden. Wenn Sie meinen, dass wir dazu den Verfassungsschutz nicht mehr brauchen, bin ich der Letzte, den Sie davon nicht überzeugen können, aber dann braucht es mehr als eine kurze Passage in der Begründung im Gesetzestext.
Aber nicht verstanden, Kollege Emde, wahrscheinlich.
Das ist das Problem, das liegt am Inhalt des Gesetzentwurfs, dass das im Vorfeld wahrscheinlich schon gar nicht richtig beabsichtigt war.
Aber genau der Punkt Ihrer Begründung im Gesetzentwurf, dass es keine Sicherheitslücke gäbe, da die Polizei weit im Vorfeld einer Gefahr schon agieren darf, zeigt aus meiner Sicht, dass es hier Probleme mit dem Gefahrenbegriff gibt, welcher im Polizeiaufgabengesetz verwendet wird, aber - und das ist auch das Traurige an dem Gesetzentwurf - das werden wieder einmal die Richter des Thüringer Verfassungsgerichtshofs entscheiden müssen, da auch mit diesem Gesetzentwurf bewiesen wird, dass der Gesetzgeber scheinbar nicht mehr in der Lage ist, verfassungskonforme Gesetze zu verabschieden.
Eine weitere Vermischung von Vorfeldmaßnahmen und Gefahrenabwehr enthält § 11. Hier soll der Verfassungsschutz bei der Wohnraumüberwachung auf einmal als Ersatzpolizei für die Gefahrenabwehr tätig werden dürfen. Also, nichts für ungut, aber an dem Punkt habe ich schon erhebliche Bedenken, ob dies rechtlich überhaupt zulässig ist. Ich sehe auch noch weitere Probleme, die den Kernbereichsschutz angehen, was zum Beispiel die Unterlassung von Benachrichtigungen für die Betroffenen angeht. Aber an der Stelle will ich aufhören, die ganzen Punkte, die aus unserer Sicht im Gesetzentwurf vakant sind, hier alle einzeln aufzuführen, weil ich glaube, dafür sind die zuständigen Ausschüsse da. Ich glaube, ich habe zumindest angedeutet, dass bei diesem Gesetzentwurf noch sehr viel Diskussionsbedarf besteht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach dem Vortrag der Beschlussempfehlung durch den Vorsitzenden Kollegen Kubitzki ist es schwierig, da jetzt noch so sehr viel mehr dazu zu sagen, aber bei ein paar Punkten ist es uns, denke ich, schon wichtig, denen noch mal an der Stelle besondere Bedeutung zu geben.
Der Thüringer Landtag hat sich mit Wirkung vom 1. September 2011 einen eigenen Europaausschuss hier im Thüringer Landtag gegeben. Noch mal an der Stelle: Aus unserer Sicht eine sehr, sehr richtige und auch zwangsläufige Entscheidung, auch wenn man sich vor Augen führt, welche The
men mittlerweile Thüringen als Region und als Freistaat im europäischen Rahmen betreffen, wo auch Handlungen notwendig sind. Dies trägt aus unserer Sicht der großen Bedeutung europäischer Rechtsakte für die Gesetzgebung auch hier im Freistaat Thüringen Rechnung. Mit dem Vertrag von Lissabon kam zudem den regionalen Parlamenten das Recht zu, über ihre elementaren Beteiligungsrechte subsidiär zu wachen. Wer sich vor Augen führt und die Mitglieder des Europaausschusses wissen, wovon ich rede -, wie viele Rechtsakte der Thüringer Landtag seitdem behandelt hat, weiß, welches fundamentale Recht des Freistaats im Europaausschuss kulminiert.
Daher an dieser Stelle mein erster Dank meinen Kollegen, die naturgemäß auch im Ausschuss nicht immer einer, aber was noch viel schlimmer ist, nicht immer meiner Meinung waren,
aber denen allen zusammen anzumerken ist, dass wir alle zusammen bestrebt sind, die Rechte Thüringens gegenüber der EU zu wahren. Man kann also sagen, dass die Arbeit im Europaausschuss vom Wissen getragen ist, dass es einer gemeinsamen Stimme und Identität bedarf, um in Brüssel Gehör zu finden.
Nichts ist aber so gut, dass es nicht auch noch verbessert werden könnte. So brauchen wir aus unserer Sicht frühzeitig die Unterrichtung des Landtags über entstehende Vorhaben der EU-Kommission, um die Stimme Thüringens bereits vor der Vorlage ausgereifter Initiativen hörbar einzubringen. Es gilt auch für Vertreter des Freistaats das geflügelte Wort: „Wenn du hörst, dass Brüssel etwas vorhat, so ist es zu spät, um daran etwas zu ändern.“ Dies meint natürlich nichts anderes, als dass die unterschiedlichen Interessenlagen der Institutionen, der Nationalstaaten aber auch der Regionen so vielstimmig sind, dass bei Vorlage eines entsprechenden Gesetzesvorhabens Änderungen nur sehr schwer möglich, für eine kleine Region wie Thüringen fast unmöglich sind. Daher ist es aus unserer Sicht zu begrüßen, dass wir nunmehr über alle Grün- und Weißbücher unterrichtet werden, aus unserer Sicht eine kluge Erweiterung des Auftrags an die Landesregierung.
Eine weitere substanzielle Änderung der Vereinbarung, die zugegebenermaßen zwar eher technischer Natur ist, aber den Arbeitsaufwand für uns Parlamentarier merklich reduziert, ist, dass zukünftig zu allen Frühwarndokumenten zusammenfassende und erläuternde Berichtsbögen vorzulegen sind. Neben der Flut der europäischen Dokumente
ist auch deren Umfang sonst in einem Parlament der Größe des Thüringer Landtags kaum zu bewältigen. Auch dies ist aus unserer Sicht eine gute, für die tägliche Praxis, Herr Minister, richtige Erweiterung der Vereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Thüringer Landtag.
Eine letzte, aus unserer Sicht zentrale Änderung betrifft den Punkt 6 der Vereinbarung. Bisher war der Umgang mit den Ergebnissen der Ausschussarbeit, ganz ehrlich gesprochen, nicht immer ganz einfach. Ich will es mal so sagen. Natürlich kann man der Meinung sein, dass das Ergebnis der Positionierung des Landtags über die Ergebnisse über die Fraktionen selbst abzuprüfen ist. Aber ich will es auch hier an dieser Stelle ganz, ganz deutlich sagen: Hier ist es manchmal wie im wahren Leben mit den Dokumenten und der Flut der Dokumente aus den Augen, aus dem Sinn. Es ist so und wenn man an die kurzen Bearbeitungsfristen denkt und an die Quantität der Dokumente, die im Europaausschuss zu behandeln sind, auch in den verschiedenen Fachausschüssen mitzuberaten sind, dann blieb bisher kaum Luft, das Ergebnis der eigenen Arbeit und das Wirken der Landesregierung substanziell einer inhaltlichen Kontrolle zu übereignen. Mit der Pflicht zur Information, über den Verlauf und das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens auf EU-Ebene zu berichten, verbessern wir aus unserer Sicht erheblich die Informationsqualität innerhalb des Europaausschusses.
Auch an diesem Punkt unterstützen wir das gemeinsame Vorgehen vorbehaltlos. In diesem Sinne und mit den drei genannten Punkten, wo wir unsere Priorität noch einmal dargelegt haben, möchte ich abschließend noch einmal allen danken, den Mitgliedern des Europaausschusses, der Landesregierung, aber auch gerade den Mitarbeitern der Verwaltung, die an der richtigen und notwendigen Evaluation der Vereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Thüringer Landtag mitgewirkt haben. Sie sind aus unserer Sicht eine gute Grundlage für die zukünftige Arbeit im Europaausschuss über diese Legislatur hinaus. Ich freue mich darauf, daran weiter mitwirken zu können.
Ganz am Ende meiner Rede möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, weil ich glaube, dass es richtig, wichtig und auch verdient ist, den Kollegen Bergemann an der Stelle ein Stückchen herauszuheben, der Herr Vorsitzende wird es mir nachsehen. Aber wer sich so mit dem Kollegen Bergemann beschäftigt und mal schaut, wie viele Jahre er für die europäische Idee hier auch im Thüringer Landtag eintritt, auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Freundeskreises Litauen, denke ich, gebührt dem großer Respekt.
Gustl, ich wünsche Dir von dieser Stelle aus schon mal für die Zeit nach Deiner Mitgliedschaft im Thüringer Landtag viel Erfolg, viel Glück, gute Gesundheit und viel Spaß mit der Familie. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Spanischunterricht am Gutenberg-Gymnasium Erfurt
Nach Aussage betroffener Schüler und Eltern des Staatlichen Gymnasiums „Johann Gutenberg“ in Erfurt war die Stelle des Spanischlehrers mehrere Jahre unbesetzt. Zum Schuljahresbeginn Sommer 2013 wurde eine Lehrerin eingestellt, wohl aber nur befristet mit einem Sechsmonatsvertrag. Alle Bemühungen, den Vertrag zu verlängern oder in ein unbefristetes Dienstverhältnis zu überführen, blieben bis Jahresende erfolglos. Auch eine Aussage über eine mögliche Verlängerung konnte vom Schulamt nicht getroffen werden. Nach Aufforderung durch die Bundesagentur für Arbeit, sich selbst frühzeitig um eine neue Stelle zu bemühen, ist die Lehrerin aktiv geworden und wird nun zum Halbjahresbeginn ab März 2014 ein Angebot in einem anderen Bundesland annehmen. Dort bekommt sie eine Vollzeitstelle mit sofortiger Verbe
amtung an einem Gymnasium. Somit hat dann das Gutenberg-Gymnasium ab März 2014 wieder keinen Spanischlehrer mehr.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele befristete Verträge laufen im Thüringer Schuldienst nach Kenntnis der Landesregierung zum Schulhalbjahr aus und wurden bisher nicht verlängert bzw. nicht in ein unbefristetes Dienstverhältnis überführt?
2. Zu welchem Zeitpunkt sollen nach Auffassung der Landesregierung die Staatlichen Schulämter den Lehrkräften, deren befristete Verträge zum Schulhalbjahr auslaufen und deren Stelle weiterbesetzt werden soll, ein entsprechendes Angebot machen?
3. Wie viele Lehrkräfte mit befristeten Verträgen haben im Laufe der Legislaturperiode ein Angebot der Staatlichen Schulämter zur Verlängerung ihres Vertrags zum Schulhalbjahr jeweils abgelehnt?
4. Mit welchen Maßnahmen wird nach Erkenntnissen der Landesregierung der Spanischunterricht am Gutenberg-Gymnasium im nächsten Schulhalbjahr abgesichert?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor ich mich zum eigentlichen Inhalt des Eurobarometers 79.5, wie es richtig heißt, äußern möchte, vielleicht trotzdem zwei, drei Bemerkungen zum Kollegen Kubitzki.
Lieber Kollege Kubitzki, ich achte dich als Vorsitzenden des Europaausschusses, das habe ich auch schon ein paar Mal gesagt. Ich kann mich auch nicht erinnern, als wir zu Europa geredet haben, dass solche Punkte wie heute zur Sprache gekommen sind, auch hier gefallen sind. Wenn man sich hier vorn hinstellt und erzählt, dass wir in Deutschland als Niedriglohnland davon profitieren, dass es anderen schlecht geht, dann habe ich erstens den Inhalt nicht verstanden. Und zweitens: Wenn wir Niedriglohnland sind, warum ist es denn so, dass viele Menschen auch aus Europa nach Deutschland kommen möchten und auch kommen und relativ wenig Deutsche nach Südeuropa gehen?
Genau. Und deswegen sind wir Niedriglohnland? Das müsste mir vielleicht noch einmal jemand erklären, das habe ich so nicht richtig verstanden,
aber ich würde es mir lieber vom Kollegen Kubitzki erklären lassen, Frau Scheringer-Wright. Aber gleichwohl ist das ein Punkt, vielleicht kann mir das noch mal jemand erklären. Ein Punkt noch, es ist vom Kollegen Kubitzki gesagt worden, dass nur 32 Prozent der Deutschen im Jahr 2013, also in dem Jahr, als dieses Barometer erstellt worden ist, gewusst haben, dass im Jahr 2014 Europawahlen sind. Ich würde dagegenhalten, mich hätte auch interessiert, wie das Ergebnis ausgesehen hätte, wenn wir im Jahr 2013 in Thüringen gefragt hätten, wie viele Menschen gewusst hätten, dass im Jahr 2014 Landtagswahlen in Thüringen sind. Das eine mit dem anderen so zu vermischen, ich glaube, das tut auch dem Thema nicht gut. Der dritte Punkt, eine Sozialneiddebatte, da bin ich bei Ihnen, sollten wir grundsätzlich nicht anzetteln, aber dann gehört auch dazu, dass man nicht selbst noch Öl ins Feuer gießt mit Begriffen wie „Niedriglohnland“ und „wir profitieren von den schlechten Zuständen, zum Beispiel in Südeuropa“. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wenn wir gemeinsames Interesse auch unter den Menschen in Thüringen und auch in
Deutschland erreichen wollen, sollten wir uns das zumindest in dem Zusammenhang nicht antun.
Nun zum Barometer. Laut den Umfrageergebnissen des Eurobarometers in Deutschland ist es allen Unkenrufen zum Trotz positiv und in Kernbotschaften besetzt. Diese Botschaft will ich an dieser Stelle auch noch einmal eindrücklich betonen, denn ich glaube, das ist ganz wichtig. Die Mehrheit der Deutschen weiß laut diesem Barometer, dass Europa gut ist, und sagt es dort auch. Das gilt gerade für diejenigen, die meinen, aus kritikwürdigen Einzelpunkten eine generelle Europaablehnung herauszulesen. Auch hier zeigt sich, und das will ich an der Stelle auch noch einmal betonen, dass die Menschen durchaus klüger sind, als ihnen das so mancher Politiker und so manche politische Gruppierung zutrauen würde.
Danke, Herr Minister, auch an der Stelle noch einmal, für den ausführlichen Bericht, auch für Ihre positive Grundeinstellung zum Thema, denn das ist das, was ich am Anfang gemeint habe, wenn wir Menschen gewinnen wollen für ein gutes, für ein positives und auch für alle ertragreiches Europa, dann sollten wir zumindest auch mit gutem Beispiel vorangehen. Ob und inwieweit die Ergebnisse der Studie tatsächlich in die Europastrategie der Landesregierung einfließen können, muss man anhand der noch reichlich globalen Fragestellungen im Einzelnen jedoch abwarten. Aber dafür - und jetzt kommt das Lob an den Vorsitzenden - haben wir den Ausschuss und einen aus meiner Sicht emsigen Vorsitzenden, der hier sicherlich zeitnah den Bericht der Landesregierung erwarten wird.
Lassen Sie mich noch auf zwei, drei Punkte eingehen. Die Mehrzahl der Deutschen ist der Meinung, dass der Euro wichtig ist für Deutschland. Im Zusammenhang, dass 68 Prozent der Überzeugung sind, dass die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der EU positive Auswirkungen auf unser Land hat, kann man erkennen, dass europäische Institutionen doch nicht so negativ besetzt sind, wie es im Allgemeinen kolportiert wird. Aber es gibt auch einen hohen Bedarf, sich stärker in die Europapolitik einzumischen. Hier reicht der Hinweis darauf, dass die meisten den Präsidenten der Europäischen Kommission gern direkt wählen würden. Ich sage an der Stelle auch ganz deutlich, hier sollten wir durchaus das Drängen der Bürger nach mehr Mitwirkung und Beteiligung ernst nehmen.
Dass die Mehrheit der Deutschen zudem die Schulden, die Staatsschuldenkrise und die Zukunft der öffentlichen Haushalte als drängendstes Problem wahrnimmt, sollte der Thüringer Landesregierung der Finanzminister ist gerade nicht da, aber vielleicht richtet es ihm der Europaminister aus - tat
sächlich Anlass zum Handeln sein, vor allem in Fragen der Konsolidierung des eigenen Haushaltes.
Zum Schluss noch der Hinweis, dass - darüber freue ich mich ganz besonders - Europa in diesem Barometer gerade über die gemeinsamen Werte für Demokratie und Freiheit definiert wird.
Dies ist eine Erkenntnis des Eurobarometers, das mich hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt. Daher geht mein Appell an dieser Stelle auch an alle, die bisher gute gemeinsame Zusammenarbeit im Europaausschuss über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg zum Wohle des Freistaats Thüringen fortzusetzen. Wir jedenfalls sind dazu bereit und freuen uns darauf. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sicher ist den meisten von Ihnen das Wort des liberalen Ökonomen Schumpeter bekannt,
nämlich „dass sich eher ein Mops auf einen Wurstvorrat halten kann, als dass ein Parlament darauf verzichtet, vorhandenes Geld auszugeben“. Ein Beispiel dafür ist und bleibt aus unserer Sicht, auch wenn es weh tut und es soll weh tun, das Landeserziehungsgeld. Obwohl wir hier im Landtag durchaus schon von vielen Seiten vernünftige Gründe angeführt haben, weshalb das Landeserziehungsgeld überflüssig ist, scheint es im Hohen Haus ein erstaunliches Beharrungsvermögen der Regierungsfraktionen zu geben. Auch wenn ich Standfestigkeit im Leben als einen positiven Charakterzug ansehe, Herr Mohring, kann eben diese Standfestigkeit, wenn sie sich nicht an einem Mindestmaß an Vernunft orientiert, schnell das Gegenteil einer positiven Eigenschaft sein.
Ja, das war auch beabsichtigt. Ich halte es daher eher mit Ted Kennedy, der einmal gesagt hat, dass es in der Politik wie in der Mathematik sei: „Alles, was nicht ganz richtig ist, ist falsch.“ Warum, Herr Mohring, wir das Landeserziehungsgeld weiterhin für falsch halten, will und kann ich Ihnen auch nicht vorenthalten, denn wir Liberale sind ja grundlegend Optimisten, das heißt auf deutsch, wir glauben, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist. Ich hoffe, und das hoffe ich inständig, dass das auch für die beiden Thüringer Regierungsfraktionen zählt. Das Abstimmungsverhalten, das wir dann im Nachgang zu dieser Debatte hier haben, jedenfalls wird es zeigen. Beim Landeserziehungsgeld handelt es sich, Sie wissen es bestimmt, um eine klassische Doppelförderung zum Bundesbetreuungsgeld. Da es sich beispielsweise allein im Jahr 2014 um rund 18 Mio. € Steuergeld handelt und der Freistaat einem erheblichen Konsolidierungsdruck gegenübersteht, müssen wir als Parlament alles dafür tun, das Wirtschaftlichkeitsgebot auch an die Staatsfinanzen anzulegen. Und da bekanntermaßen im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Koalition im Bund keine Rede mehr von der Abschaffung des Bundesbetreuungsgeldes ist, können wir, so denke ich, davon ausgehen, dass die Leistung des Bundes die nächsten vier Jahre bestehen bleibt.
Zudem wird die Leistung des Betreuungsgeldes des Bundes mittlerweile von Thüringerinnen und Thüringern entsprechend angenommen - Stand 6. Dezember: 1.641 Anträge aus dem Freistaat -,
so dass auch hier kein Weiterbedarf einer Zwischen- oder Mehrfachfinanzierung besteht. Daher müssen wir im Sinne der Konsolidierung des Haushalts sowie im Sinne eines selbstbewussten und verantwortungsbewussten Umgangs mit Steuermitteln diese Doppelförderung schnellstmöglich beenden.
Ich hoffe also, und das wiederhole ich noch mal, das hoffe ich inständig, dass sich die Fraktionen angesichts der genannten Argumente nicht an Adenauers Politikverständnis orientieren, der einmal meinte, dass es in der Politik nicht darum geht, recht zu haben, sondern recht zu behalten. Hier halten wir Liberale es eher mit Churchill, nämlich, dass Demokratie die Notwendigkeit ist, sich gelegentlich den richtigen Ansichten anderer Leute zu beugen.
In diesem Sinne dürfen Sie also unserem Gesetzentwurf folgen und diesem gern zustimmen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir beraten heute über das Verfassungsschutzgesetz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Gesetzentwurf, das will ich gleich am Anfang sagen, hat aus unserer Sicht wesentliche Schwächen. Trotzdem sind wir der Auffassung, dass wir den Gesetzentwurf auf jeden Fall im Ausschuss diskutieren sollten, weil das Thema an sich aus unserer Sicht dafür wichtig genug ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will jetzt in aller Kürze, aber auch in der notwendigen Fülle auf die beiden Gesetzentwürfe eingehen, am Anfang kurz auf die Verfassungsänderung. Gleich am Anfang will ich sagen, dass ich mir gar nicht so sicher bin, ob es der Verfassungsänderung überhaupt bedurft hätte. Für die Eingliederung in das Innenministerium, so wie Sie es fordern, bedarf es dies meines Erachtens nicht. Bei dem Gesetzentwurf sehe ich schon ein weiteres Problem mit der Begründung. Genau dieses Problem - oder man kann es auch Ungereimtheit nennen - zieht sich dann leider durch das ganze Gesetz. Die Grünen schreiben als Ziel des Gesetzentwurfs eine geheimdienstund nachrichtendienstfreie Gesellschaft. Trotzdem will man dann am Ende letztendlich am Verfassungsschutz festhalten. Dieser Zwiespalt zieht sich durch den gesamten Gesetzentwurf. Ich will als Begründung dafür einmal ein paar Punkte nennen. In Ihrem Gesetzentwurf schreiben Sie, dass das Landesamt zum 31. Dezember 2014 aufgelöst und als Abteilung in das Innenministerium eingegliedert werden soll. Sämtliche Mitarbeiter des bisherigen Landesamtes sollen in anderen Bereichen eingesetzt werden und sämtliche Sachverhalte sollen neu geprüft werden. Wir sind uns absolut nicht sicher, ob ein Anfang von null wirklich gewollt sein kann.
Richtig ist, wir sind nicht mehr in den 90er-Jahren, aber wollen wir wirklich, dass wir wieder von null anfangen? Ich kann es aus den Erkenntnissen der Untersuchungsausschüsse jedenfalls nicht befürworten.
Ein weiterer Punkt ist in Ihrem Gesetzentwurf, dass man die V-Leute abschaffen und auch auf sämtliche Informationen von V-Leuten anderer Länder verzichten will. Das kann man wollen, wenn man diese als Informationsquelle als zu gefährlich einschätzt. Hier gibt es viele Argumente, die dafür, aber eben auch sehr viele, die dagegen sprechen. V-Leute abschaffen zu wollen und dann 2016 zu überprüfen, ob man sie gebraucht hätte, halte ich zumindest für sehr schwierig.
Ich kann nichts überprüfen, was ich nicht habe. Das wäre aus unserer Sicht Spekulation und zeigt, dass Ihre Argumentation nicht schlüssig ist.
Ich will noch auf zwei weitere Punkte eingehen. Der Gesetzentwurf sieht vor, den Aufgabenbereich der Organisierten Kriminalität beim Verfassungsschutz herauszunehmen. Ich weiß nicht und das ist halt die Frage, ob sich die Grünen einmal den Verfassungsschutzbericht angeschaut haben. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Verfassungsschutzberichts der Organisierten Kriminalität ist die Rockerkriminalität. Gerade den Bereich der Rockerkriminalität, der auch, und das ist schlimm, aber es ist halt so, in Thüringen auf dem Vormarsch ist, wollen Sie aus dem Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes rausnehmen. Jegliche Vorfeldmaßnahmen, das müssten Sie wissen, wären damit ausgeschlossen.
Ich glaube, da haben Sie die Gefährlichkeit der Rockerkriminalität noch nicht richtig verinnerlicht. Also auch hier sehe ich erhebliche Probleme in Ihrem Gesetzentwurf. Der letzte Punkt, den ich heute ansprechen möchte, sind die von Ihnen geforderten öffentlichen Sitzungen der PKK. Und genau hier komme ich auf das am Anfang Gesagte zurück. Was Sie hier machen, ist aus unserer Sicht weder Fisch noch Fleisch. Sie erhöhen die Informationspflichten gegenüber der PKK und wollen diese insgesamt stärken. Gleichzeitig wollen Sie aber eine öffentliche Sitzung der PKK. Jetzt frage ich mich natürlich, welche Informationen wollen Sie denn in der PKK über die Arbeit des Verfassungsschutzes bekommen, wenn dies in einer öffentlichen Sitzung stattfindet?
Das passt aus unserer Sicht überhaupt nicht zusammen. Dass es eine starke PKK braucht, da bin ich auf Ihrer Seite. Aber die kann es doch nur geben, wenn gewährleistet ist, dass die Informationen, die sie bekommt, auch vertraulich behandelt werden. Eine öffentliche Sitzung schließt dies aus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Tat, das zeigt auch die Diskussion, es ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Gerade im Bereich des Verfassungsschutzes ist es uns wichtig, dass es klare Regeln geben muss. In der letzten Zeit hat der Verfassungsschutz immer wieder negative Schlagzeilen gemacht und lässt aus unserer Sicht berechtigte Zweifel zumindest an der Qualität seiner bisherigen Arbeit erkennen. Deswegen und genau deswegen sind wir als Gesetzgeber angehalten, den Verfassungsschutz auf rechtsstaatliche, eng definierte Füße zu stellen. Der Gesetzentwurf hat aus unserer Sicht einige wichtige Punkte, die es wert sind, im Ausschuss beraten zu werden. Ich beantrage auch namens meiner Fraktion die Beratung beider Gesetzentwürfe im Innenausschuss. Vielen Dank.
Das ist sportlich. Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich versuche, es auch zu schaffen. Frau Kollegin Pelke, in der Darstellung der Arbeitsweise des Arbeitskreises haben Sie recht. Im Ergebnis dessen, was wir letztens besprochen haben, auch. Mich verwundert das Grundwissen von Frau Siegesmund, die ich dort wirklich noch nie gesehen habe - Entschuldigung - weder dort noch im Freundeskreis, weder im Freundeskreis noch im Kuratorium der Thüringer Sporthilfe - auch da haben Sie sich reinwählen lassen, nur das mal so am Rand, damit der eine oder andere vielleicht auch mal eine Vorstellung bekommt, wer wovon redet. Aber die Fragen von Frau Meißner versuche ich jetzt mal zu beantworten, deswegen habe ich mich noch mal hier vor begeben. Nein, der Arbeitskreis ist im Jahr 2013 nicht noch mal zusammengetreten. Nein, mit uns sind auch keine Gespräche geführt worden, welche Antragsteller vielleicht noch begünstigt werden würden. Ja, seit Juli 2013 war bekannt, dass das Geld nicht ausgegeben wird.
Drei Worte.
Der Arbeitskreis ist im Januar dieses Jahres darüber informiert worden.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Schwerbehinderte haben vom Aufschwung am Arbeitsmarkt in Thüringen nicht profitiert - gescheiterte Programme der Landesregierung?
Laut Pressemeldung der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit aus dem Dezember 2013 haben trotz einer in den letzten zehn Jahren deutlich gesunkenen Gesamtarbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt und Thüringen Schwerbehinderte nicht von den verbesserten Arbeitsmarktbedingungen profitiert. Im Gegenteil: In Thüringen stieg die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe im gleichen Zeitraum sogar um 13 Prozent an.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Programme und Leistungen können Schwerbehinderte in Thüringen zur Unterstützung und Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt erhalten?
2. Welchen finanziellen Umfang hatten die unter Frage 1 genannten Programme in den Jahren 2003 bis Ende 2013 (bitte nach Jahresscheiben und zwi- schen Bundes-, Landes- und EU-Mitteln getrennt aufschlüsseln)?
3. Welche Gründe gibt es, dass diese Gruppe - obwohl rund 79 Prozent über einen Berufsabschluss verfügen - nicht ausreichend in den Thüringer Arbeitsmarkt zu integrieren ist?
4. Plant die Landesregierung - ob des Anstiegs der Arbeitslosenquote bei den Schwerbehinderten - eine Überprüfung der bisherigen Fördermaßnahmen und -projekte? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht?
Wenn ich darf, auch zwei, Herr Präsident. Erst einmal vielen Dank, Herr Minister, für die auch jetzt wieder ausführliche Beantwortung der Fragen. Zwei Nachfragen: Zur zweiten Frage, Sie hatten als Erstes ausgeführt, dass Sie aufgrund der Kürze des Zeitraums zu den Mitteln aus Bund und Ländern keine Ausführungen machen können, auch weil die Daten von der Bundesarbeitsagentur nicht in der Kürze der Zeit zu beschaffen wären. Können Sie das bitte ähnlich wie bei ESF nachreichen über den üblichen Dienstweg?
Frage 2 bezieht sich auf meine dritte Frage: Wären Sie persönlich auch dafür, die Arbeitsmarktzugänge zu flexibilisieren? Sie haben als Grund für die vielleicht nicht entsprechende Integration von behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt relativ starre Vorgaben als Begründung genannt und deswegen würde mich interessieren: Sind Sie auch für eine stärkere Flexibilisierung, damit man Menschen mit Behinderung besser in den Arbeitsmarkt integrieren kann?
Vielen Dank, Herr Präsident. Richtig, doppelte Redezeit. Herr Staatssekretär, erst mal vielen Dank für den aus meiner Sicht schon ausführlichen Bericht, den Sie hier gegeben haben. Ich würde auf zwei, drei Punkte während meiner Rede noch mal einge
hen. Ganz zum Schluss habe ich es nur nicht verstanden, als Sie den Teil II noch mal kommentiert haben, im Prinzip haben Sie unsere Forderungen und unsere Punkte vorgelesen, aber ich habe jetzt kein Statement oder keine Einschätzung von Ihnen gehört, aber vielleicht können Sie das im Anschluss noch mal machen, denn das würde mich schon interessieren.
Weitere Wege zur nächsten Apotheke, lange Wartezeiten beim Arzt, schleppende Versorgung im Krankenhaus und ständig überlastetes Personal, so sieht die Zukunft des Gesundheitswesens in Deutschland schon in wenigen Jahren aus, resümierte zunächst das Darmstädter WifOR-Institut, also nicht ich, sondern das Darmstädter WifOR-Institut. Es hat im Auftrag der Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers über 20 Mio. Datensätze zu Arbeitsmarkt, Altersstruktur und Ausbildungsentwicklung der ärztlichen und nicht ärztlichen Fachkräfte im Gesundheitswesen ausgewertet und bis zum Jahr 2030 fortgeschrieben. Denn, und das ist der Punkt, unser eigentliches Problem ist doch in Wahrheit, dass die Generation der Babyboomer, also die geburtenstarken Jahrgänge, nach 2020 in den Ruhestand geht. Jetzt könnte man fragen: Warum soll das ein Problem sein? Laut Aussagen unserer Ministerin ist das alles gar nicht so schlimm bei uns. Selbst laute Kritik aller medizinischen Berufsstände in diesem Land, vor zwei Wochen im Landtag hier zu vernehmen, hat an der Meinung der Ministerin leider nichts geändert.
Dass wir den Fachkräftemangel aber weiter verstärken - genau, das ist alles noch in der Verantwortung der zuständigen FDP-Gesundheitsminister im Bund gewesen, nehme ich mal an, das ist bestimmt erst mal so als Begründung.
Wieder jemand, der es nicht versteht, okay. Dass wir den Fachkräftemangel aber weiterhin verstärken, wenn wir heute nicht bereits etwas dagegen tun, hat logischerweise eine ganz einfache Ursache. Naturgemäß ist die Ausbildung - und jetzt sollte er zumindest wissen, worüber ich rede - in einem komplexen Bereich wie dem Gesundheitssektor immens lang. Mindestens vier Jahre Studium, praktische Ausbildung plus drei Staatsprüfungen bei den Apothekern - und bei den Ärzten und Fachärzten noch deutlich mehr - muss man einplanen, um eine einsatzfähige Fachkraft zu bekommen. Das heißt, heute auszubilden und in frühestens sechs Jahren die Apotheker zur Verfügung zu haben, das ist die wahre Realität des Problems.
Die Situation der Apothekerschaft ist natürlich von dieser Problematik in den Gesundheitsberufen nicht ausgenommen und deshalb Anlass für unseren
heutigen Antrag. Herr Schreiber, der Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen, hat die heutige und zukünftige Situation auf der gemeinsamen Pressekonferenz - die ich gerade schon zitiert habe - der medizinischen Berufsverbände beschrieben. Diese wird sich in den nächsten Jahren noch dramatisch verschärfen.
Aber lassen Sie uns zunächst einmal den Istzustand hier nennen. Die Hälfte der Thüringer Apotheken sind Ein-Apotheker-Apotheken, das heißt, bereits innerhalb der eigenen betrieblichen Abläufe kann der Apotheker nicht adäquat in der Versorgung ersetzt werden. Das ist genau der Punkt, Herr Staatssekretär, wo ich Ihnen nicht recht gebe, und was ich auch nicht nachvollziehen kann, wenn Sie sagen, Sie können nicht ersehen, wie dieser Wegfall Einfluss auf die Versorgung hat. Ein-ApothekerApotheken, wenn die nicht neu besetzt sind, ist doch klar, dass diese Apotheke wegfällt, und schon hat es einen Einfluss auf die Versorgung speziell im ländlichen Raum. Deswegen stimmt diese Aussage nicht.
Nächster Punkt: Etwa ein Drittel dieser Ein-Apotheker-Apotheken sind zudem die einzige Apotheke am Ort, stellen also die Beratungs- und Versorgungsleistung allein für diese Region sicher. In einem Fünftel dieser genannten Apotheken wird der Apotheker im Jahr 2020 älter als 65 Jahre sein, das heißt, es wird ab dem Jahr 2020 absehbar zu einem massiven Verlust an Apothekerstandorten und damit an der wohnortnahen öffentlichen Versorgung der ebenfalls älter werdenden Patienten kommen. Das Fazit der Apothekerkammer ist, ich zitiere Herrn Schreiber: „Die Zukunft der Apotheken und der Arzneimittelversorgung ist durch den Nachwuchsmangel gefährdet.“ Im Jahr 2013 kam es bereits zu 23 Schließungen - so weit zu den Zahlen, Herr Staatssekretär - von Apotheken, die keinen Nachfolger gefunden haben. Darunter schlossen mehrere Apotheken, die als einzige für den Ort und die umliegenden Gemeinden die Versorgung sichergestellt haben. Dazu kommt, dass durch die Ausweitung der Aufgaben in den öffentlichen Apotheken - dazu haben Sie nichts gesagt, Herr Staatssekretär - 90 neue Apothekerstellen in öffentlichen Apotheken entstanden sind. Also zusätzlich zu den fehlenden sind bereits 90 neue entstanden und zusätzlich dazu 50 Apothekerstellen in Wissenschaft und Forschung. Und ganz allein - auch den Punkt haben Sie nicht genannt - für die Bewältigung von neuen Aufgaben, beispielsweise ABDA-KBV-Modell, müssten zur Sicherstellung der Aufgaben 30 neue Pharmazeuten in Thüringen eingestellt werden. Sie sehen, diese Stellenbedarfe verschärfen noch den Bedarf, der sich allein aus den Altersabgängen ergeben würde und bereits heute kaum zu decken ist.
Welche Auswirkungen der demografische Wandel in einer Gesellschaft mit vielen älteren und weniger jungen Menschen hat, vermag heute noch niemand in Gänze zu beurteilen. Aber dass es schon heute einen Mangel an Nachwuchsapothekern in Thüringen gibt, das haben die Zahlen bewiesen, ist doch mehr als offensichtlich.
Ein Apotheker kann heutzutage aus bis zu 10 Stellenangeboten auswählen und dazu kommt, dass viele Apotheker mittlerweile bis weit ins Rentenalter arbeiten. In den nächsten 10 bis 20 Jahren wird sich aber der Bedarf an Apothekern in Thüringen auch aus einem zusätzlichen Grund noch verschärfen, weil nämlich auch die Pharmazieingenieure aus dem Erwerbsleben ab diesem Zeitpunkt ausscheiden werden. Diese noch in der DDR ausgebildeten Fachkräfte müssen dann ebenfalls durch einen Apotheker ersetzt werden. Auch aus diesem Grund werden in 20 Jahren rund 400 Apotheker in Thüringen fehlen, so die Landesapothekerkammer in Thüringen. Woher nehmen wir also die benötigten Apotheker? Wenn man weiß, dass der Hauptteil der Apotheker in der Region verbleiben wird, in der er auch ausgebildet ist, kann man erkennen, welcher Stellenwert Jena für die zukünftige Versorgung mit dem Apothekernachwuchs für den Freistaat zukommt.
Aber - jetzt muss ich die Freude trüben - wir gewinnen ja nicht nur aus Jena unseren Nachwuchs, sondern der Nachwuchs von Apothekern in Mitteldeutschland wird momentan durch Jena, Halle und auch durch Leipzig sichergestellt. Aber spätestens im Jahr 2020 - und das wissen Sie auch, Herr Staatssekretär -, also in der beginnenden, von mir geschilderten Hochphase des Fachkräftemangels, wird die Universität Leipzig ihren Studiengang Pharmazie geschlossen haben.
Und bis zum Wintersemester 2013 werden nur noch 36 neue Studenten zugelassen und wir müssen uns fragen, wie wir diesen Kapazitätsverlust zukünftig auffangen können, um die Versorgung in unserer Region zukünftig sichern zu können.
Wir wollen daher mit unserem Antrag die Landesregierung prüfen lassen, wie viel mehr Studienplätze in der Pharmazie in Jena nötig wären, um den Verlust Leipzigs auszugleichen.
Genau, habe ich gerade schon gesagt. Daher haben wir auch keine konkrete Zahl in den Antrag geschrieben, um dem Prüfungsergebnis nicht vorwegzugreifen. Wir wissen - und das ist auch wichtig, weil uns das immer mal wieder vorgeworfen wird -, dass das Geld kostet, gar keine Frage, aber unsere Meinung ist, dass hier eine Priorisierung notwendig ist, um zukünftig pharmazeutisch verwaiste Regionen in Thüringen zu verhindern.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, und das ist hier mal kurz angeklungen, der Beruf des Apothekers ist familienfreundlich. Das sieht man auch schon an den Zahlen der überwiegend weiblichen Fachkräfte. Es herrschen im Gegensatz zu Ihrer Ausführung aus meiner Sicht schon sehr gute Karrierechancen, weil die Auswahl an möglichen Stellen als geschäftsführender Apotheker, als Inhaber deutlich größer gegeben ist als in vielen anderen Berufszweigen im Gesundheitswesen, und er ist aus unserer Sicht auch hochattraktiv. Es lohnt sich also aus diesen Gesichtspunkten für das Land, jungen Menschen diese Chance schmackhaft zu machen, gemeinsam dafür zu werben und jetzt die richtigen strukturellen Weichen zu stellen.
Meine Damen und Herren, deswegen wollen wir mit Ihnen gemeinsam nach einer Lösung im Gesundheitsausschuss suchen und beantragen, den Punkt III des Antrags wie auch den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Den Punkt II wollen wir einzeln, die Ziffern 1 bis 3 einzeln namentlich abstimmen lassen und hoffen hier, wie im Punkt III, ebenfalls auf Ihre Zustimmung. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Jetzt will ich am Anfang mal den Teil von großen Teilen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernehmen, die uns des Öfteren mal Noten verteilen oder im gesamten Plenum Noten verteilen, denn das hat mich so erschüttert. Am Anfang habe ich gedacht, das ist böser Wille. Zum Schluss bin ich mir ganz sicher, dass es einfach nur Unwissenheit war.
Frau Siegesmund, man kann ja unterschiedlicher politischer Meinung sein. Aber ich will mich an der Stelle ganz ausdrücklich bei drei Rednern bedanken, die zumindest unterschiedlich pointiert und dann vielleicht unterschiedlich auch strukturiert zumindest zu Teilen des Antrags gesprochen haben. Aber was Sie hier vorne abgeliefert haben, das war nicht nur schlimm, das war erbärmlich. Ich hoffe nur, dass alle die, die das betrifft, und nicht nur die Apotheker, sondern die, die auch mit ihren Rezepten und ihrem medizinischen Bedarf dort hingehen, um dort geholfen zu bekommen, dass die diese Rede bekommen, dass sie die gehört haben. Denn wenn nicht, muss man wirklich ernsthaft darüber nachdenken, ob wir das gesamte Geld an Porto zusammennehmen und das in Thüringen verteilen. Das war so was von schlimm.
Also ich bin bestimmt nicht bekannt dafür, dass ich mich über so was richtig aufrege, aber so was geht überhaupt nicht.
Also krass, so weit dazu.
Und, Frau Siegesmund, einen Satz noch, denn das war das Einzige, was ich an Ihrem Beitrag verstanden habe.
Sie werfen uns indirekt vor, dass wir mit allen unseren Anträgen im Bereich Gesundheitspolitik Lobbyarbeit machen würden. Wissen Sie, warum Sie darauf kommen? Meine Oma hat immer gesagt, alles was ich selber tue, traue ich auch anderen zu.
Warum wir das tun? Bei uns steht der Patient im Vordergrund und alle anderen Akteure sind dafür da, dass wir als Patienten die bestmögliche gesundheitliche Versorgung im Freistaat Thüringen bekommen. Das ist unser Anliegen, Frau Siegesmund, und nicht mehr und nicht weniger.
Wenn Sie Lobbypolitik machen wollen, dann machen Sie es bei Ihren Windbetreibern oder was es da sonst noch alles gibt. Vielleicht schauen Sie mal bei Ihrer Kollegin in Bayern, in Augsburg, die hat gerade von sich gegeben, dass sie die Wildtiere im Winter verhungern lassen und damit die Fütterung durch die Jäger im Winter verboten wird. Vielleicht sind das Ihre Argumente, unsere jedenfalls nicht, bei uns steht der Patient im Vordergrund.
Herr Primas, lieber Kollege Primas, ich will nicht stören beim Telefonieren.
Aber zwei Sachen doch noch. Sie haben zumindest versucht, so diplomatisch den Weg an der Wand entlang zu finden, so ungefähr: „Schlag mich nicht, ich versteck mich auch gleich hinter der Ecke und wir sind auch nicht dran schuld.“ Eines muss ich schon mal sagen. Ich habe hier eine Pressemitteilung von Ihnen gefunden, eine Presseveröffentlichung der „NNZ Online“ vom 11. März vorigen Jahres, da sagt er: „Thüringen droht nach Ansicht von CDU-Landtagsabgeordneten Egon Primas ein Apothekensterben, das die Arzneimittelversorgung vor allem im ländlichen Raum gefährden würde...“ Punkt 1.
Punkt 2: „Wenn wir den Fachkräftebedarf für Apotheken zukünftig decken wollen, brauchen wir eine höhere Zahl an Studienplätzen und Pharmaziestudierenden.“
Und was haben Sie dafür getan? Sie stellen sich hier vorn hin und sagen, der zuständige Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat gesagt, er
sieht keinen Bedarf, in Jena die Anzahl der Pharmaziestudenten zu erhöhen. Das haben Sie gesagt. Was haben Sie dagegen gemacht?
Ach, das reicht? Ich habe immer gedacht, die CDUFraktion stellt die Ministerpräsidentin, die Richtlinienkompetenz, aber wahrscheinlich habe ich mich da auch geirrt.