Protokoll der Sitzung vom 16.07.2014

Die größte Steuervergünstigung in diesem Land ist nach wie vor unangetastet. Glauben Sie mir, nicht nur die Grünen, sondern Experten landauf, landab, die weit weg vom Verdacht sind, Grüne zu sein, fordern, dass dieses Dienstwagenprivileg endlich reformiert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum werfen wir gut verdienenden Menschen für ihre Spritfresser 3,5 Mrd. € hinterher? Das ist einfach nicht einzusehen und auch sozial ungerecht.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist doch billige Ideologie.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mich mit dem Gutachten entsprechender Finanzinstitute beschäftigt.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Gucken Sie sich mal an, wie viele einfach von zu Hause aus arbeiten.)

Um die geht es mir nicht. Leider ist meine Redezeit zu Ende.

Frau Schubert hat das Wort. Aber die Redezeit ist zu Ende, da sollte man das mit den Zwischenrufen auch lassen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Abgeordneten hatten alle die Möglichkeit, ihre Redebeiträge zu halten. Für die Landesregierung Herr Minister Carius, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mautdebatte erreicht den Thüringer Landtag und am Ende passiert auch nichts weiter. Es ist ein Konzept, das der Bundesverkehrsminister vorgestellt hat, das ist richtig. Es sind die Maßgaben, die im Koalitionsvertrag enthalten sind, damit wird umgesetzt oder jedenfalls gezeigt, dass das konzeptionell durchaus möglich ist. Damit halten wir in der Großen Koalition auch auf Bundesebene Wort. Wie das so ist mit einem Konzept - dann muss man in die Feinjustierung gehen, muss überlegen, wie weit geht auch die EU-Kommission an dieser Stelle mit, wie weit kann man das dann gesetzlich umsetzen.

Im Kern, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es um Folgendes: Es geht darum, wie wir momentan eingenommene Steuern quasi zweckbinden, indem wir sie als eine Abgabe erheben. Das halte ich für ein durchaus sinnfälliges Unterfangen, weil wir damit Planungssicherheit, insbesondere bei den Bauverwaltungen, über die Projekte schaffen, wo dann auch wieder Heinz Untermann und wie sie alle heißen herumlaufen und sagen, da müsste endlich etwas passieren. Da ist Ihnen der Ruf nicht mehr zu schade, nach mehr Geld und Umsteuerung zu rufen. Ich will das ganz offen sagen: Die FDP hatte die Möglichkeit und es war nicht der Bundesverkehrsminister allein, sondern es waren auch die Staatssekretäre im Bundesverkehrsministerium, die, wenn ich es richtig sehe, ein FDP-Parteibuch hatten, die hier nicht für die entsprechend...

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Der Minister war immerhin noch bei der Union.)

Ja, klar. Und wo sind die Initiativen geblieben, Herr Barth? Sie blieben aus.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich möchte mal sehen, was Sie sagen, wenn Ihre Staats- sekretärin ohne Ihre Zustimmung Initiativen ergreift!)

Herr Abgeordneter Barth, Minister Carius hat das Wort.

Sie blieben aus, Herr Barth, die Initiativen von Ihrer Truppe, und zwar aus einem Grund, weil...

(Abg. Schubert)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich habe das Recht auf Zwischenruf.)

Zwischenrufe sollte man wirklich auf Zwischenrufe begrenzen. Herr Minister Carius, Sie haben jetzt das Wort.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich fand den Zwischenruf gelungen.)

Vielen Dank. Ach, das waren Wünsche aus Wolkenkuckucksheim, die Sie hier vortragen. Es ist natürlich schön, Sie können sich in der jetzigen Situation billig machen und sagen, wir machen, wir wollen und wir tun. Am Ende ist es doch so, dass es einfach nicht umsetzbar ist, und man muss sich genau überlegen, wie wir Finanzierungsströme realistisch umwidmen können. Da ist die ganz klare Aussage der Koalition gewesen: Wir wollen auch diejenigen beteiligen, die die Verkehrsinfrastruktur nutzen und sie nicht bezahlen. Das sind im Ausland zugelassene Kfz, die momentan nicht eingebunden sind. Wir wollen ermöglichen, dass deutsche Fahrzeugführer oder Fahrzeughalter nicht mehr dafür belastet werden. Das wird mit dem Konzept zunächst einmal umgesetzt. Die Frage, ob das eine Infrastrukturabgabe werden muss, die alle Straßen trifft, ist durchaus berechtigt. Man muss sich das fragen. Gleichwohl ich dann auch sage, wenn wir ständig über Straßenbauvorhaben reden und auch darüber, dass wir hier Kostensteigerungen haben, ganz natürliche, weil die Baufirmen ihre Mitarbeiter ordentlich bezahlen wollen und weil wir Steigerungen haben, die man einfach mit einkalkulieren muss, dann stellt sich daraus auch die Frage, wo kommen wir am Ende mit mehr Geld raus, und dann ist es sinnvoll, darüber zu reden, Infrastrukturabgabe, wenn die Länder- und kommunalen Straßen mit einbezogen werden, was zur Folge hätte, dass man keine Ausweichverkehre mehr hat, so dass wir dann auch beteiligt werden müssen. Da haben wir doch einen Bedarf, das ist doch ganz klar. Wir reden über die Fortführung des Entflechtungsgesetzes. Das sind 1,6 Mrd. €, bei denen der Bundesfinanzminister momentan noch unterwegs ist und sagt, wir wollen da eher runter auf null. Das sind Dinge, über die wir reden müssen. Wenn dann über den Verwaltungsaufwand geredet wird, da will ich auch einmal ganz offen sagen: Parteien, die gelegentlich fordern, wir sollten City-Maut einführen, wo wir auch nicht entfernungsabhängig vorgehen …

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Haben Sie doch selber ge- macht.)

Ja, Frau Schubert, Ihre Kollegen in den Ländern fordern regelmäßig, dass wir darüber nachdenken sollten, City-Maut einzuführen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das haben Sie aber auch ge- macht.)

Ja, und das heißt an dieser Stelle ganz klar - ich bin gar nicht dagegen, dass man über die unterschiedlichen Modelle redet -, wer sich bei einem solchen Instrument über Verwaltungsaufwand beschwert, der sollte dann gelegentlich auch einmal nachdenken, ob die Instrumente, die er selbst vorschlägt, letztlich überhaupt ohne Verwaltungsaufwand oder nicht mit einem viel zu hohen Verwaltungsaufwand umgesetzt werden müssen. Das ist nämlich gerade bei der City-Maut eines der großen Probleme.

Insofern ist es ein Konzept, über das man reden muss. Dann wird es irgendwann einen Gesetzentwurf geben und ehe wir Konsequenzen für Thüringen verspüren, wird noch viel Wasser die Gera hinunterfließen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich schließe damit diesen ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den zweiten und für heute letzten Teil der Aktuellen Stunde auf

b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Trinkwasserschutz in Thüringen sichern - Lasten gerecht verteilen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7998

Zuerst hat Frau Abgeordnete Berninger für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Trinkwasserschutz in Thüringen sichern Lasten gerecht verteilen“, worum geht es in dieser Aktuellen Stunde? Gemäß § 117 des Thüringer Wassergesetzes läuft derzeit beim Landesverwaltungsamt ein Anhörungsverfahren für die Rechtsverordnung zur Anpassung des bestehenden Wasserschutzgebiets für die Trinkwassergewinnungsanlagen der Erfurter Wasserwerke. Das soll für die Trinkwasserversorgung von etwa 235.000 Personen ein Schutzgebiet von insgesamt etwa 160 Quadratkilometern festlegen, in dem etwa 16.000 Personen leben. Für diese 16.000 vorwiegend im ländlichen Gebiet lebenden Menschen hält der Verordnungstextentwurf Unmengen von Verboten, Genehmigungstatbeständen und

(Minister Carius)

Auflagen bereit, die zum großen Teil nicht schlüssig begründet wurden. Der Entwurf führt zu finanziellen Mehraufwendungen, unter anderem des Wasserund Abwasserzweckverbandes Arnstadt und Umgebung, die dadurch begründet sind, dass Fristen und Maßnahmen, die im Abwasserbeseitigungskonzept festgelegt und genehmigt sind, nicht berücksichtigt wurden. Dem WAZV entstehen dadurch Mehrkosten von insgesamt 20 Mio. €, die ebenfalls die etwa 16.000 Betroffenen tragen müssten - zusätzlich zu den Kosten, die die Straßenbaulastträger wahrscheinlich noch auf die Einwohnerinnen umlegen müssen, und zusätzlich zu den biologischen Kleinkläranlagen, die nur für einen kurzen Zeitraum bis zum Zwangsabschluss an das öffentliche Netz zu errichten sind, und zwar entgegen diesem Abwasserbeseitigungskonzept, auf das die Leute dachten sich verlassen zu können. Für viele der betroffenen Grundstückseigentümerinnen entstehen durch die geforderte Einrichtung dieser Kleinkläranlagen zusätzliche Kosten, und das, obwohl es andere Möglichkeiten der Trinkwasserversorgung dieser etwa 235.000 Verbraucherinnen in und um Erfurt gäbe, nämlich durch eine erhöhte Abnahmemenge an Fernwasser, die aber nicht erwogen wird, weil sonst die Erfurter Wasserwerke in die Leitungssysteme, die sehr marode sind, investieren müssten.

Warum wir das Ganze im Thüringer Landtag thematisieren, will ich kurz versuchen zu erklären. Es hat nämlich nicht nur Bedeutung für Erfurt oder den hauptsächlich betroffenen nördlichen Ilm-Kreis, weil es nach dem Inkrafttreten des Thüringer Wassergesetzes 1994 das dritte Verordnungsverfahren zur Festsetzung eines solchen Schutzgebiets ist, weil in der Gestaltung des Verfahrens nach unserer Auffassung große Fehler und Leichtsinnigkeiten gemacht worden sind, zum Beispiel wenn es um die Größe des festgesetzten Schutzgebiets geht, was nicht schlüssig begründet ist, was willkürlich erscheint, was einige der Gründe angeht, die für die überbordenden Auflagen und Verbote angeführt werden, die zum Teil ebenfalls nicht schlüssig begründet sind. Es hat deswegen Bedeutung für den Thüringer Landtag, weil es ein sehr bezeichnendes Licht auf die Landesverwaltung und damit die Landesregierung und die sie tragende Mehrheit im Landtag wirft, nämlich nicht allein wegen der Frage, welcher Zeitpunkt für die Auslegungs- und Einwendungsfrist gewählt wurde, nämlich - und das ist für die Landbevölkerung schon wichtig - der der Sommerzeit. Im Juni wurde der Verordnungsentwurf ausgelegt, im Sommer, wo die Landbevölkerung eigentlich anderes zu tun hat, nämlich in Haus, Hof und in der Ernte, als eine solche Verordnung zu lesen. Und weil die Auswirkungen so unverhältnismäßig sind, weil unseres Erachtens keine Abwägung zwischen der Belastung der 16.000 Betroffenen und den hohen Kosten, die die Betroffenen allein zu tragen haben, erfolgt ist, zum Beispiel wegen der

völlig überbordenden Auswirkungen auf regionale Landwirtschaftsproduktion. Dadurch, dass nämlich eine vernünftige wirtschaftliche Viehhaltung mit diesem Verordnungsentwurf verunmöglicht wird oder beispielsweise dadurch, dass die Festlegung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, 5 Prozent ökologische Vorrangflächen beispielsweise für stickstoffbindende Pflanzen vorzuhalten, jetzt dadurch umgedreht wird, dass solche Pflanzen nicht mehr gezogen werden dürfen. Uns fehlen für diesen Verordnungsentwurf schlüssige Begründungen, beispielsweise was die großflächige Ausweisung der Versinkungsstellen an den Bächen ist, die eben auch für die privaten Grundstückseigentümer unmäßige Folgen zur Folge haben. Ich möchte einen Auftrag erfüllen, der in einer der Informationsveranstaltungen zu diesem Verordnungsentwurf gesagt wurde, nämlich Ihnen sagen, wenn der Verordnungsentwurf veröffentlich wird und wenn sich die Betroffenen mit ihren berechtigten Bedenken nicht wiederfinden - Zitat -, „dann sehen wir uns am Landtag wieder. Sagen Sie das auch den gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertretern.“ Ich habe das hiermit gemacht. Dieser Verordnungsentwurf gehört ausgesetzt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Primas das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe mir gedacht, dass es Ihnen um das Gebiet und diese Diskussion geht. Frau Berninger, wir haben das Thema schon im letzten Landtag gehabt und vorgetragen, dass die Möglichkeit für die Bürger jetzt bis zum 30. November eingeräumt ist, die Stellungnahmen vorzutragen, damit ausreichend Zeit ist. Die ist auch notwendig und ich gehe davon aus, dass das Landesverwaltungsamt und das sagen die selbst, die räumen das selbst ein, dass insbesondere zur Abwasserproblematik weiterer Abstimmungsbedarf und Anpassungsbedarf besteht und die Prüfung noch erhebliche Zeit - auch 2015 - in Anspruch nehmen wird. Wir wollen, dass alle Stellungnahmen der Bürger, Kommunen und Verbände umfassend geprüft werden können, aber das allein, meine Damen und Herren, genügt uns nicht. Wir haben mitbekommen, wie die Diskussion läuft und angeheizt wird. Wir suchen nach Lösungen. Es nützt uns nichts, dass wir immer nur lamentieren

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Wir heizen nicht an.)

und Bürgerversammlungen organisieren und dann aber nicht weiterkommen. Wichtig ist, dass wir die

(Abg. Berninger)

Probleme lösen, die für die Bürger anstehen, und das ist möglich. Es ist möglich, doppelte Belastungen der Bürger zu vermeiden sowie die Auflagen der Trinkwasserschutzzone auf das unbedingt Notwendige zu beschränken. Wir haben die Verantwortlichen zu einem Gespräch eingeladen, die Forderung aufgestellt und mit Vertretern des Landesverwaltungsamtes, des Umweltministeriums, des Zweckverbandes Arnstadt und zahlreichen Bürgermeistern aus den betroffenen Regionen abgestimmt. Damit können nun wesentliche Forderungen umgesetzt werden, die für Proteste in der Region gesorgt haben. An erster Stelle steht für mich die Zusage, dass die Fristen für die Schutzzonenverordnung an die Fristen in den bestätigten Abwasserbeseitigungskonzepten deckungsgleich angepasst werden. Damit entstehen den Zweckverbänden keine zusätzlichen Investitionskosten. Wir haben auch erreicht, dass diejenigen, welche bis 2030 laut ABK zentral angeschlossen werden, zuvor nicht auch noch eine Kläranlage bauen müssen. Diese Doppelbelastung fällt für die Bürger weg.

(Beifall DIE LINKE)

Für Grundstücke, die nach 2030 angeschlossen werden sollen, müssten eigentlich Übergangsregelungen geschaffen werden. Da erwarten wir aber von den Abwasserzweckverbänden, dass sie ihr Konzept alle fünf Jahre überarbeiten, in diesen Bereichen nachbessern und diese Leute auch noch in der Zeit bis 2030 anschließen müssen. So wird es überhaupt keine Probleme in dieser Richtung geben und dabei handelt es sich - das muss man wissen - um zwei Gemeinden; in der Gemeinde Gügleben um 107 Einwohner und in der Gemeinde Nottleben um 132 Einwohner. Das ist die gesamte Größe, die nach 2030 noch offensteht, die dann im Bereich Arnstadt an biologische Kläranlagen angepasst werden müssen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Da sind es Tausend.)

Das habe ich beispielhaft gesagt. Das Landesverwaltungsamt, meine Damen und Herren, und das Umweltministerium haben sich bereit erklärt, die Fristen der wiederkehrenden Prüfung, die jetzt bei fünf Jahren liegt, auf zehn Jahre in der Schutzzone II anzuheben. Das ist ein unnötiger Druck, den wir jetzt von den Bürgern nehmen. Ich denke, das ist eine ganze Menge. Das Landesverwaltungsamt hat zugesagt, den Entwurf der Verordnung im Hinblick auf überzogene Schutzbestimmungen zu überprüfen. Da meine ich besonders die Diskussion, die immer geführt wird, dass der Schnee auf dem Grundstück fortgefahren werden muss und nicht dort tauen kann.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ja, das hat mit den Versiegelungs… zu tun.)

All das sind unsinnige Vorschriften, die braucht man tatsächlich nicht. Das betrifft, Sie haben es gesagt, Frau Berninger, auch die Frage der Landwirtschaft; auch die muss vernünftig weiterarbeiten können. Es ging bis jetzt auch und wir haben keine Verschmutzung im Wasser. Das Wasser ist ein hohes Gut und das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.