Protokoll der Sitzung vom 16.07.2014

Sanieren ist nahezu nicht möglich.

Ich will auf ein Argument eingehen, das in der Debatte, nicht hier im Landtag, häufig genutzt wurde. Das Argument, dass mit dem Trinkwasserschutzgebiet die Erfurter Wasserpreise niedrig gehalten werden sollen, ist in dem Zusammenhang unsachlich. Ich will darauf noch einmal eingehen. Kollege Primas hat das so ähnlich angedeutet. Man solle doch in Erfurt einfach 100 Prozent Fernwasser nehmen, dann gäbe es gar kein Problem, dann könnten wir das aufheben. Das ist technisch nicht vernünftig und nicht richtig. Technisch ist es erforderlich, dass in einer Leitung, die immer mit hartem Wasser betrieben wurde, so, wie es in Erfurt ist, kein 100 Prozent weiches Wasser eingefügt wird. Weiches Wasser, hartes Wasser, das hört sich immer so an, als ob das eine, das weiche, ungefährlicher ist, aber gerade für Leitungen ist das weiche Wasser das besonders aggressive Wasser und deshalb muss hartes Wasser mindestens in der Größenordnung eingemischt werden, weil die Leitungen sonst kaputtgehen würden, und das ist das Problem.

Vor allen Dingen ist das Problem die Frage, ob man es vorher betrieben hatte und man Kalkablagerungen drin hat, die dann durch 100 Prozent weiches Wasser gelöscht würden. Dazu würden also 2,6 Mio. Kubikmeter beigemischt. Die Kapazität der Brunnen ist dafür ausreichend und auch maßgeblich richtig. Richtig gesagt wurde, dass wir die Veränderung jetzt haben, nicht, weil irgendjemand sich

(Abg. Mühlbauer)

ausdehnen wollte oder weil irgendjemand Geld sparen will, sondern weil es ein neues geologisches Gutachten gibt, das dies erforderlich macht. Das ist nun mal eine Faktenlage, mit der wir umgehen müssen.

Vielleicht ein kleiner Exkurs zu unserer Großen Anfrage „Wasser- und Abwasserpolitik in Thüringen“, die wir in der letzten Plenarsitzung behandelt haben. Seit 1990 sind in Thüringen 1.230 Rechtsverordnungen zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung von Wasserschutzgebieten festgesetzt worden. Häufig war der verringerte Bedarf, aber auch die Nichteinhaltung von Grenzwerten der Grund dafür. Die Große Anfrage hat gezeigt, dass insbesondere dort, wo eine intensive Landwirtschaft betrieben wird, der Grundwasserkörper in schlechtem Zustand ist. Das heißt also, die Frage, ob wir hier reagieren müssen, lässt sich offensichtlich auch empirisch belegen und ist damit ein wichtiger Hinweis dafür, dass hier etwas gemacht werden muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde gesagt, dass die Zeitplanung und die Koordination zwischen dem genehmigten Abwasserbeseitigungskonzept, insbesondere des WAZV Arnstadt, und dem aktuellen Entwurf dieser Rechtsverordnung schlecht koordiniert sind; darin sind Ungereimtheiten. Für uns ist klar - und auch das habe ich hier von allen Kollegen gehört, dass die Doppelbelastungen nicht eintreten dürfen, nicht eintreten sollen -, wir brauchen eine Lösung. Entweder dürfen die Leute in geförderter Form eine vollbiologische Anlage auf lange Sicht hin betreiben, so dass sie keine Doppelinvestition haben, oder müssen zügig an den Kanal angeschlossen werden. Widersprüche gibt es auch, Kollegin Mühlbauer hat darauf hingewiesen, warum die Grenzen an ICEStrecken und Autobahnen enden, wenn man das nicht in den Griff bekommen würde. Das ist sehr fraglich. Fraglich ist auch, warum die Massentierhaltungsanlage in Alkersleben zufällig genau in einer kleinen Ecke ausgenommen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Diese Widersprüche müssen geklärt werden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist kein Zufall, das ist Absicht.)

Das werden wir sehen, wenn wir das geologische Gutachten haben. Dann wird man sich auch in der Massentierhaltung in Alkersleben dazu verhalten müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Gestern - alle Fraktionen sind unterwegs und bemühen sich dort - war die Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, beim Abwasserzweckverband gewesen. Man hat uns dort drei Dinge mit auf den Weg gegeben.

(Unruhe FDP)

Herr Adams, schauen Sie einmal auf die Uhrzeit!

Ich bin sofort fertig. Ganz wichtig ist - das hat man uns mit auf den Weg gegeben -, die Landesregierung muss endlich offenlegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, transparent machen, Unterlagen veröffentlichen und die fachlichen Einwendungen endlich auch berücksichtigen.

Auch Sie, Herr Barth, müssen …

Nun ist aber gut, Sie wollten ganz kurz reden, Herr Adams.

Die Fraktionen hatten alle die Möglichkeit zu ihren Redebeiträgen. Für die Landesregierung Herr Minister Reinholz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema der Aktuellen Stunde „Trinkwasserschutz in Thüringen sichern Lasten gerecht verteilen“ findet bei allen hier im Saal Sitzenden sicher spontane und uneingeschränkte Zustimmung. Wir alle wollen nur das Beste für unser Lebensmittel Nummer eins, das Trinkwasser. Wir alle wollen, dass es rundum sicher geschützt ist. Dass ein solcher Schutz Einschränkungen und Beschwernisse mit sich bringt, ist leider nicht zu verkennen. Insoweit bleibt uns tatsächlich nur, die Lasten gerecht zu verteilen.

Doch wie funktioniert das im Detail? Nach meiner Wahrnehmung laufen die Diskussionen zu diesem Thema auch hier in diesem Hause oft leider mehr in die Richtung: Brauchen wir diese Wasserschutzgebiete überhaupt, das sind doch alles überzogene Verbote und wenn ich irgendwelche Nachteile habe, will ich dafür entschädigt werden. Einen guten Trinkwasserschutz zu gewährleisten und dabei die Lasten gerecht zu verteilen, ist nun mal eine sehr komplexe Aufgabe und nicht mit Schnellschüssen zu erledigen. Derzeit bestehen in Thüringen insgesamt 1.066 Wasserschutzgebiete, eine vergleichsweise hohe Zahl, die der Siedlungsstruktur und der Hydrogeologie in Thüringen geschuldet ist. Alle sind mit immensem Aufwand des Landesverwaltungsamtes überprüft, für rechtssicher befunden und in eine digitale Datenbasis transferiert worden. Seit 1994 wurden in 1.230 Verfahren für 3.330 Wasserfassungen die Schutzgebiete aufgehoben, da die Fassung nicht mehr für die öffentliche Wasserversorgung genutzt wurde. Diese Aufhebung so schnell wie möglich durchzuführen, hatte oberste

(Abg. Adams)

Priorität, um unnötige Lasten nicht erst entstehen zu lassen. Leider umfasst ein kleiner Teil der Aufhebung, rund 300 Verfahren, auch Schutzgebiete für Fassungen, die weiterhin genutzt werden, deren Schutzgebiet aber nicht einem Mindestmaß an Rechtssicherheit entsprach und somit eine Schutzwirkung vorgegaukelt hat, die sie tatsächlich überhaupt nicht mehr entfalten konnte. Insgesamt sind damit aktuell rund 390 Wasserschutzgebiete durch das Landesverwaltungsamt neu festzusetzen. Bei Verfahrensdauern von mehreren Jahren kann jeder ermessen, welche immense Aufgabe dahintersteht, die nur nach ganz klaren Prioritäten abgearbeitet werden kann. Neben der lokalen Gefährdungssituation spielt die Anzahl der durch diese Wassergewinnung versorgten Eigentümer und Einwohner eine ganz entscheidende Rolle bei der Priorisierung für die Neufestsetzungsverfahren. So ist es nicht verwunderlich, dass nach dem Neufestsetzungsverfahren der Talsperre Leibis, die rund 3.500 Einwohner versorgt, nun die bestehenden Schutzgebiete für das Erfurter Wasserwerk - 158.000 Einwohner - sowie Ohratalsperre - rund 750.000 - durch Neufestsetzung auf einen aktuellen Stand gebracht werden und dann sukzessive die Übrigen folgen müssen. Das ist, glaube ich, jedem verständlich, dass das so sein soll.

Nun zu den überzogenen Verboten: Ich meine hierzu, dass sich die Ge- und Verbote im Rahmen halten müssen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ach, komm.)

Das ist so, denn die §§ 51 und 52 des Wasserhaushaltsgesetzes, also eines Bundesgesetzes, enthalten umfangreiche Bestimmungen zur Festsetzung von Wasserschutzgebieten. So haben insbesondere die Schutzzonen und die dort geltenden Schutzbestimmungen die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten.

(Unruhe DIE LINKE)

In den Arbeitsblättern W 101 bis W 102 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. sind die überall in Deutschland geltenden grundlegenden Schutzregelungen klar enthalten. Die Rechtsverordnungen setzen sich in konkreten Regelungen für den speziellen Einzelfall um. Über solche Umsetzungen kann dann trefflich diskutiert werden. Dass im Schutzgebiet für das Erfurter Wasserwerk niemand mehr eine Glühbirne am Auto auswechseln dürfe, wie in der Presse entrüstet zu lesen war, ist natürlich weder gewollt noch im Rahmen. Die entsprechende Regelung ist einfach fachlich besser zu fassen, so dass solche Missverständnisse nicht mehr vorkommen können. Das kann und muss letztendlich im Dialog geklärt werden. Aber - mir ist das wichtig - über die wesentlichen Schutzaspekte kann eine solche Diskussion nicht geführt werden, denn wenn es schon eine

Wasserschutzgebietsverordnung geben soll, dann soll sie letztendlich auch etwas nützen.

Wir waren uns einig, dass Trinkwasserschutz ein gemeinsames Anliegen ist, da können auch Verordnungen nicht die nötige Konsequenz vermissen lassen. Nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ ist kein erfolgreicher Trinkwasserschutz zu haben.

Ein besonderes Anliegen ist mir aber auch, hier nochmals auf die Diskussion mit den Betroffenen einzugehen. Sie ist ein wichtiges Instrument, auch ein überaus ernst gemeinter Dialog, sie ist die wichtigste Form, um Sinn und Zweck der Regelung zu erläutern. Unter Umständen können hier noch Kompromisse gefunden werden, die dann allen dienen. Das Landesverwaltungsamt hat aus ebendiesem Grund die Bürgerbeteiligung im Rahmen des Wasserschutzgebietsverfahrens bis zum 30.11.2014 erheblich verlängert. Dieser Dialog kann sich aber immer nur auf die nähere Ausgestaltung der Verordnung erstrecken. Zwar wird ein Wasserschutzgebiet von Amts wegen festgesetzt, die Ausweisung liegt letztendlich jedoch in der kommunalen Entscheidung zu ebendieser Wasserversorgung aus dem jeweiligen lokalen Dargebot begründet. Ich gehe davon aus - das ist hier auch schon gesagt worden -, wäre Erfurt bereit, mehr Wasser aus Leibis zu nehmen, dann wäre auch das ganze Thema Trinkwasserschutzzone in Erfurt und den umliegenden Ortschaften viel einfacher zu lösen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Frau Mühlbauer, in der Aktuellen Stunde gibt es keine Anfragemöglichkeiten.

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Gibt es eine verlängerte Redezeit?)

Keine zusätzliche Redezeit. Gut, dann werde ich diesen zweiten Teil der Aktuellen Stunde schließen und damit auch den Tagesordnungspunkt 33.

Den Tagesordnungspunkt 1 - Regierungserklärung - werden wir hier morgen früh als ersten Tagesordnungspunkt haben und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2 in seinen Teilen

a) Thüringer Gesetz zur Änderung des Landesrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft

(Minister Reinholz)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/7123 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/7988

ZWEITE BERATUNG

b) Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/7155 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/7989

dazu: Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/8026

dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/8038

dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/8039

ZWEITE BERATUNG

Zunächst hat Abgeordneter Hey aus dem Haushalts- und Finanzausschuss das Wort zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen über den Verlauf und die Ergebnisse der Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses zu den nachfolgend genannten Gesetzentwürfen, dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Thüringer Gesetz zur Änderung des Landesrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft, in der Drucksache 5/7123, und dem Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften, in der Drucksache 5/7155, berichten.

Durch Beschlüsse des Landtags vom 23. Januar 2014 sind die beiden Gesetzentwürfe an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat zu den Gesetzentwürfen in seiner 73. Sitzung am 13. Februar 2014 die Durchführung einer schriftlichen Anhörung beschlossen. Für den Gesetzentwurf der Grünen, Thüringer Gesetz zur Änderung des Lan

desrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft, lehnte der Ausschuss die Durchführung einer Online-Anhörung mit den Stimmen der Koalition mehrheitlich ab. Der Ausschuss beschloss zu den Gesetzentwürfen eine umfangreiche Liste der Anzuhörenden gemäß dem Vorschlag der Fraktionen der CDU und SPD. Die Stellungnahmen der Anzuhörenden wurden bis zum 21.03.2014 erbeten.

Für den Thüringer Rechnungshof bot der in der Ausschuss-Sitzung anwesende Präsident Dr. Dette an, den Ausschussmitgliedern seinerseits Hinweise zuzuarbeiten, was der Ausschuss gern annahm.

Aufgrund der zahlreich eingegangenen Stellungnahmen der Anzuhörenden und deren Umfang bat der Haushalts- und Finanzausschuss in seiner 76. Sitzung am 3. April 2014 die Landtagsverwaltung, die zugesandten Antworten strukturiert aufzuarbeiten und den Ausschussmitgliedern in Form einer Synopse rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, um sie in der Ausschuss-Sitzung am 15. Mai 2014 diskutieren zu können. Die Erstellung der Synopse durch die Verwaltung erfolgte in der gewohnten Gründlichkeit und Qualität, so dass der Haushaltsund Finanzausschuss die Anhörungsergebnisse auf der Basis der Synopse in seiner 77. Sitzung am 15. Mai 2014 diskutieren konnte. An dieser Stelle den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung ein herzliches Dankeschön.

(Beifall im Hause)

Wegen weiteren Beratungsbedarfs innerhalb der Koalition beantragten die Koalitionsfraktionen zu Beginn der 78. Sitzung eine Verschiebung der Beratung auf die 79. Ausschuss-Sitzung am 10. Juli 2014. An diesem Tag fand die abschließende Beratung zu beiden Gesetzentwürfen statt. Zum Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften lagen von den Fraktionen der CDU und SPD, von der Fraktion der FDP und der Fraktion DIE LINKE jeweils Anträge zur Beschlussempfehlung vor. Da eine Annahme des Antrags der FDP wegen dessen Kommunalrelevanz eine erneute Anhörung der kommunalen Spitzenverbände nach sich gezogen hätte, zog die FDP-Fraktion diesen Antrag zurück; auch dafür herzlichen Dank.

(Heiterkeit DIE LINKE)