Protokoll der Sitzung vom 16.07.2014

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Kalich von der Fraktion DIE LINKE.

(Abg. Hey)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wird Sie wohl nicht überraschen, Herr Hey, dass ich erwartungsgemäß diesen Optimismus nicht ganz so teilen kann, denn letztendlich haben die Beratungen des Gesetzentwurfs im Innenausschuss dokumentiert, dass richtiges Herzblut eigentlich gefehlt hat. Da meine ich ausnahmslos alle, die an diesen Beratungen zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften teilgenommen haben. Wenn ich jetzt im Nachgang auch noch höre, dass die Skandale in der Landesregierung dazu geführt haben, dass wir dort ein Stück vorwärtsgekommen sind und wenn wir das eher beschlossen hätten, dass das dann vielleicht nicht so gekommen wäre, dann stimmt mich das zumindest sehr nachdenklich.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das ist reine Spekulation.)

Nachdem im Thüringer Landtag im März bei der Einbringung des Gesetzentwurfs noch fraktionsübergreifend eine Beratung im Innenausschuss angekündigt wurde, hat sich diese im Ausschuss selbst aber nicht eingestellt oder wiedergefunden. Dies hat meines Erachtens nach drei Gründe: Erstens hat es der Innenausschuss vorgezogen, auf eine mündliche Anhörung zu verzichten. Das ist ein grundsätzlicher Kritikpunkt, den wir anbringen. Gerade die in den letzten Wochen stattgefundenen sehr lebhaften - in rechtlichen wie politischen Augen - öffentlichen und mündlichen Anhörungen zum Verfassungsschutz haben gezeigt, welchen Erkenntnisgewinns und damit auch Gestaltungsmöglichkeiten sich das Parlament beraubt, wenn es sich einfach nur Stellungnahmen zuschicken lässt, aber nicht mehr in der gemeinsamen Diskussion auswertet und hinterfragt.

(Beifall DIE LINKE)

Diese parlamentarische Unsitte, die auch Ausdruck der grundsätzlichen Skepsis gegenüber Experten ist, sollte eine Mehrheit im neu zu wählenden Landtag nicht weiter fortführen. Wir brauchen gerade bei eigentlichen grundsätzlichen Reformvorhaben den Dialog auf Augenhöhe mit den Menschen in diesem Land und mit den von den Gesetzen unmittelbar Betroffenen.

Zweitens: Der Gesetzentwurf selbst ist frei von Kreativität und tatsächlich nach vorn gerichteten Änderungen. Der Gesetzentwurf ist also weniger eine Reform als eine notwendige Anpassung; auch die Berufsverbände haben nach einer mehr als zwei Jahre andauernden Debatte mit dem Innenministerium in Vorbereitung des Entwurfs für das Parlament nur noch wenig Energie in das Vorhaben einer tatsächlichen Reform investiert. Die von Innenminister Geibert in der ersten Lesung geäußerte Auffassung, dass Thüringen - ich zitiere - „mit diesem Gesetz die durch die Föderalismusreform hin

zugewonnenen Kompetenzen für eine zukunftsorientierte Anpassung und Neuordnung des Beamtenrechts“ nutzt und „gleichzeitig die Zielstellung des Koalitionsvertrags nach einem modernen und leistungsgerechten Beamtenrecht“ umsetzt, ist eher eine Einzelmeinung.

Drittens: Das Dienstrecht ist auf den ersten Blick eine trockene Rechtsmaterie, zugegeben; die bleibt es auch auf den zweiten Blick. Es kommen aber durchaus politische und nicht zu vernachlässigende Aspekte hinzu. In der ersten Lesung wurde auf einige hingewiesen. So äußerten sich nahezu alle Redner zu Fragen, ob das Beamtentum grundsätzlich auch in Zukunft eine Organisationsoption im öffentlichen Dienst bleiben muss bzw. in welchem Umfang dieses künftig ausgestaltet wird. Der Bund der Steuerzahler verweist in seiner Stellungnahme zu Recht auf den hohen Grad der Verbeamtung in Thüringen. Thüringen nimmt hier mit über 14,3 Beamten je 1.000 Bewohnerinnen den Spitzenplatz in den neuen Bundesländern ein. Nun ist das nicht zwingend Thema und Gestaltungsinhalt des Gesetzentwurfs, aber allein die Tatsache, dass nahezu alle an der Debatte Beteiligten diese Frage zum Gegenstand ihrer Erörterungen machten, zeigt doch den bestehenden Bedarf an einer grundsätzlichen Diskussion, der sich die Landesregierung verweigerte.

Natürlich ist eine Dienstrechtsreform auch eine sozialpolitische Frage, die weit über die Frage nach der Besoldung hinausgeht und die mit dem Gesetzentwurf durchaus angefassten Fragen etwa nach der Familienfreundlichkeit, der Organisation der Dienststruktur mit umfasst. Aber der Thüringer Beamtenbund weist in seiner Stellungnahme auch auf die Versäumnisse dieses Gesetzentwurfs hin und kritisiert, dass eine - ich zitiere - „Vereinfachung des Nebentätigkeitsrechts, (...) eine Neuregelung eines flexiblen Altersausstiegs sowie den Dienstherren verpflichtende Festlegungen zum Gesundheitsmanagement“ nicht aufgenommen wurden. Die Frage der Reform des Dienstrechts ist darüber hinaus auch eine zutiefst demokratische Frage, nämlich nach der Gewichtung zwischen hierarchischen und organisatorischen Dienststrukturen und beteiligungsfreundlicher Dienststruktur, die die Bediensteten zum Mitmachen und Mitgestalten einlädt oder anders: Sind Beamte Objekte der öffentlichen Verwaltung oder Beamte Subjekte der öffentlichen Verwaltung? Deswegen sind die Vorschläge der im DGB organisierten Gewerkschaften zur konkretisierten Regelung zur Personalentwicklung keine Nebensächlichkeit und haben Ausdruck in dem von uns vorgelegten Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung gefunden.

Keinen Änderungsantrag haben wir zu dem von mir bereits in erster Lesung angesprochenen Problem der politischen Beamten eingereicht. Der Gesetzentwurf übernimmt hier in § 27 wortgleich die bishe

rige Regelung des § 48 Thüringer Beamtengesetz, und das, obwohl es zwischenzeitlich hieß, auch aus CDU-Kreisen bis hin zum Innenminister hier im Plenum, dass die Frage der Reduzierung der Anzahl der politischen Beamtenfunktionen auf der Agenda stünde und sowohl vom Innen- als auch vom Finanzministerium geprüft werde. Verschiedene Anzuhörende haben ebenso darauf hingewiesen, so etwa der Bund der Steuerzahler, aber auch der Thüringer Beamtenbund fordert - ich zitiere -, „die Anzahl der politischen Beamten unter Achtung dieser verfassungsrechtlichen Rechtsprechung nochmals zu überprüfen und zu reduzieren“. Die Fraktion DIE LINKE lehnt die Fortsetzung der bisherigen Regelungen und des bisherigen Umfangs der politischen Beamten in Thüringen ab und wir verweisen auf unsere entsprechende Parlamentsinitiative von September vergangenen Jahres in Drucksache 5/6592, in der wir einen umfänglichen Vorschlag zur Abschaffung politischer Beamter und zur Einführung des Rotationsmodells bei der Besetzung der Funktionsstellen bisheriger politischer Beamten vorgeschlagen hatten. Diese Forderungen bleiben grundsätzlich bestehen und zielen nunmehr auf die Streichung des § 27 ab. Auf eine erneute Einbringung des Änderungsantrags verzichteten wir, da parallel zu diesen Änderungen Neuregelungen in der Verfassung und im Ministergesetz notwendig wären. Im Übrigen würde sich, wenn man diesen konsequenten Schritt der Abschaffung politischer Beamter in Thüringen gehen würde, die Frage des einstweiligen Ruhestands und der Anrechnung von Bezügen, Stichwort Verbot der Doppel-Alimentierung, lösen. Nach der faktischen Nichtlösung des Problems wirkt die Verschärfung der Anrechnungsvorschriften wie halbherziger Aktionismus.

Meine Damen und Herren, abschließend: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wurde sicher nicht erreicht, was der DGB in seinem Eckpunktepapier zur Dienstrechtsreform in Thüringen als Anforderung an eine Dienstrechtsreform formulierte und der Innenminister in erster Beratung als Ziel des Gesetzentwurfs darstellte - ein zukunftsorientiertes und modernes Beamtenrecht. Dafür notwendige Voraussetzungen, wie etwa eine umfassende Aufgabenkritik, eine gründliche Analyse der Entwicklung des Beamtenrechts und die Ableitung einer klaren Zielstellung, bleiben auch nach diesem Gesetzentwurf offen und auf der Agenda. Es gibt also auch in der nächsten Legislaturperiode viel zu tun. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Barth von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Hey, ich will zunächst zwei Punkte, die Sie hier angesprochen haben, retournieren. Sie sagten zum einen, dass Sie aus der Tatsache, dass es relativ wenig Änderungsanträge gegeben hat, schlussfolgern, dass jetzt eine doch nicht ganz so unerträgliche Rechtslage geschaffen wird. Ich will dieser Vermutung Ihrerseits die Lesart entgegensetzen, dass möglicherweise der Beamtenbund gar nicht traurig darüber ist, dass es nicht so viele Änderungsanträge gegeben hat, in der Befürchtung, dass eher eine unerträgliche Rechtslage geschaffen wird, wenn das die Beratungen noch weiter verlängert und kompliziert hätte.

(Beifall FDP)

Insofern ist das übrigens ein relativ niedriger Anspruch, muss ich sagen, eine nicht ganz unerträgliche Rechtslage zu schaffen. Das russische Sprichwort, was Sie hatten, es gibt nichts Schlechtes, was nicht auch sein Gutes hat, oder so ähnlich, mit Blick auf die Verzögerungen, dass wir gelernt haben aus den verschiedenen, als Opposition nennen wir das, Affären Zimmermann, Schöning, Machnig - spätestens da trennen wir uns dann.

(Beifall FDP)

Ich will nur sagen, da hätten wir noch länger warten können, dann hätten wir vielleicht noch Regelungen zu Briefköpfen, zur Beihilfeordnung und vielleicht auch zur Anstellung ausgeliehener Sekretärinnen mit in dem neuen Beamtengesetz.

(Beifall FDP)

Man muss irgendwann auch einen Punkt machen und so ein Gesetz verabschieden. Das Gesetz soll, so sagt es selbst, die zukunftsorientierte Anpassung und Neuordnung des Beamtenrechts erreichen. Man will das Leistungsprinzip stärken, die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sichern, einen flexibleren Personaleinsatz und mehr Mobilität der Beamten erreichen. So steht es in der Begründung des Gesetzes. Nachdem Herr Kollege Hey jetzt viel über das Licht geredet hat, das es durchaus gibt, will ich sagen, es gibt natürlich auch Schatten. Man muss feststellen, dass es eine ganze Reihe von Punkten gibt, die sich auf den ersten Blick sogar gut anhören, aber das Gegenteil von gut ist eben nicht schlecht, sondern das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Wir haben viele gut gemeinte Regelungen in diesem Gesetz - Licht und Schatten. Ich werde mich jetzt ein bisschen mit dem Schatten beschäftigen.

Exemplarisch dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht die Regelung zur Familienteilzeit. Wir haben das in dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt schon gehabt. Das Gesetz ermöglicht eine Regelung, wonach Beamte, die einen pflege

(Abg. Kalich)

bedürftigen Angehörigen zu Hause haben, bis zu vier Jahren freigestellt werden und in Teilzeit arbeiten können - mit mindestens 15 Stunden ist, glaube ich, die Regelung -, um zu Hause der häuslichen Pflege nachzugehen.

Was wir im Tagesordnungspunkt vorher verpasst haben, da ging es nämlich um die Besoldungsordnung, ist, den Beamten eine Möglichkeit zu geben, diese vier Jahre wirtschaftlich auch durchzustehen. Wenn Sie einen Beamten haben, der in der Besoldungsgruppe A 9 oder A 10 mit irgendwas zwischen 2.000 und 2.500 € brutto im Monat nach Hause geht, dann ist für den, wenn er, sagen wir einmal, 20 Stunden, also mit einer halben Stelle etwa, arbeitet, der Verlust eines halben Einkommens über vier Jahre nicht so ohne Weiteres mit dem Pflegefall zu überbrücken. Deswegen wäre es richtig gewesen, wenn wir in der Besoldungsordnung genau dasselbe, was es im Pflegegesetz, im Familienpflegegesetz, für den Bereich der privaten Wirtschaft gibt, auch für die Beamten ermöglicht hätten, nämlich dass man eine gewisse Zeit zu 50 Prozent arbeitet, aber 75 Prozent Gehalt bekommt, um dann den gleichen Zeitraum nach Beendigung der Pflege zu 100 Prozent zu arbeiten, aber eben auch mit 75 Prozent Gehalt ausgestattet zu sein, um das in der Summe dann auszugleichen. Das wäre ein konsequenter Schritt gewesen, der den Beamten wirklich geholfen hätte. Das hier ist eine Absichtserklärung, die niemandem irgendetwas nützt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Die Altersteilzeitregelung wird ohne Begründung völlig gestrichen. Das will ich nur noch einmal ergänzen. Völlig unverständlich; es gibt keinen Grund, das zu tun, es wird aber gemacht. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen; gerade wenn wir flexiblere Regelungen - und in der Begründung steht etwas von mehr Flexibilität, von mehr Mobilität - haben wollen. Altersteilzeit ist ausdrücklich ein Instrument der Flexibilisierung der Arbeitswelt und auch der eigenen Erwerbsbiografie. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es gibt eben auch und das ist ein ganz wesentlicher Punkt - nicht die Verpflichtung zur Erstellung von Personalentwicklungskonzepten. Wir brauchen, wenn wir eine moderne Verwaltung haben wollen, genau solche Konzepte, die eine Aufgabenkritik mit einem Aufgabenverzicht verbinden, und darauf aufbauend dann auch Stellenpläne, in denen Beförderungen, Neueinstellungen vorgesehen sind. Wir haben eine Abbaunotwendigkeit, die Landesregierung hat sich einen Stellenabbaupfad von fast 9.000 Stellen vorgenommen und es gibt keine Verpflichtung, Pläne zu erstellen, mit denen dieses Vorhaben entsprechend untersetzt wird.

Die politischen Beamten sind angesprochen worden; ich finde diese Anrechnungsvorschriften der

Gehälter, die man in der freien Wirtschaft verdient, auf das Ruhegehalt ausdrücklich gut. Das begrüßen wir ausdrücklich. Versäumt hat man leider, den Personenkreis einzuschränken. Staatssekretäre als politische Beamte finden wir ausdrücklich richtig, aber warum die ganzen Beauftragten, Gleichstellungsbeauftragte, Ausländerbeauftragte und so weiter, politische Beamte sind, hat mir in den zurückliegenden Monaten niemand erklären können.

(Beifall FDP)

Die Laufbahnen sind angesprochen worden. Das finden wir ausdrücklich gut. Wir müssen aufpassen, dass der einfache Dienst, wenn er wegfällt und es „nur noch“ den gehobenen Dienst gibt, dass die Menschen tatsächlich auch Aufgaben, die dem mittleren Dienst entsprechen, wahrnehmen dürfen, meine Damen und Herren.

Herr Abgeordneter, wenn Sie bitte zum Ende kommen.

Herr Präsident, ich bin bei meinem letzten Gedanken, vielen Dank für den Hinweis. Licht und Schatten führen konsequenterweise zu einer Enthaltung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Wir machen weiter mit der Abgeordneten Frau Holbe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, nachdem wir in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs unsere grundsätzlichen Positionen ausgetauscht haben, möchte ich noch auf einige wenige Punkte eingehen. Zuerst möchte ich eine Meinung vortragen, die Thüringer Beamte geäußert haben. Sie bezeichnen das vorliegende Gesetz als - Zitat - „das wohl beste aller deutschen Bundesländer“. Herr Minister, mein Kompliment. Ich muss fairerweise noch eine Ergänzung hinzufügen, auch Zitat: „das beste nach dem Bundesbeamtengesetz“. Aber dennoch gilt dieses Lob. Selbst die schriftliche Anhörung brachte nur wenig Kritikpunkte. Das ist auch der frühzeitigen Einbindung des Beamtenbundes zu verdanken. Klar ist, dass es nie eine völlige Übereinstimmung zwischen Regierungsentwurf und der Vertretung der Beamtenschaft geben wird. Aber wenn beispielsweise in der Stellungnahme des DGB gefordert wird, die Bezeichnung der Fachrichtung von „Polizeivollzugsdienst“ in „Polizeidienst“ zu ändern, dann ist das in meinen Augen zwar eine

(Abg. Barth)

bemerkenswerte Meinung, aber dennoch eher marginal. In der Stellungnahme des Beamtenbundes schreibt Herr Liebermann, Zitat: „Der tbb begrüßt außerordentlich, dass der Freistaat Thüringen das Beamtenrecht novellieren möchte.“ Das ist ein positiver, konstruktiver Ansatz.

Der Thüringer Beamtenbund hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Bestimmung bezüglich der Stundenobergrenzen von 56 Stunden nach den §§ 59 und 101 gegen europarechtliche Vorgaben verstoßen würde. Es dürften höchstens 54 Stunden sein. Wir haben uns mit dieser Frage beschäftigt und kamen zu folgendem Ergebnis: Die vorliegende Regelung des § 59 Abs. 3 des Thüringer Beamtengesetzes macht von einer Ausnahmemöglichkeit des Artikels 22 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie Gebrauch und ist nicht europarechtswidrig. Die Arbeitszeitrichtlinie lässt eine Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden zu, wenn sich die Betroffenen zu der längeren Arbeitszeit ausdrücklich bereit erklären, keinem Arbeitnehmer Nachteile daraus entstehen, wenn er sich nicht bereit erklärt, die längere Arbeitszeit zu leisten, die Arbeitgeber Listen über alle Arbeitnehmer führen, die eine derartige Arbeit leisten, und diese Listen auf Verlangen den für den Gesundheits- und Arbeitsschutz zuständigen Behörden zur Verfügung stellen. Eine ausdrückliche zeitliche Höchstgrenze für die hiernach zu erbringenden Arbeitszeiten ergibt sich weder aus Artikel 22 noch aus einer anderen Bestimmung der Arbeitszeitrichtlinie.

Vielleicht noch ein anderer Aspekt, den wir aufgegriffen haben, und zwar kam es auf Anregung des Kultusministeriums zu der Änderung in § 59. Sie betrifft die im vorliegenden Gesetz enthaltene Verordnungsermächtigung für die Ausgestaltung der Arbeitszeit der Lehrer. Zweitens korrigierten wir § 32 der Thüringer Laufbahnverordnung, die Anrechnung der Vordienstzeiten auf die laufbahnrechtliche Probezeit. Die vorgesehene Regelung war zu streng. Nach der derzeitigen Fassung würde die Anrechnung von Vordienstzeiten für die Fälle ausgeschlossen, in denen auch die Anrechnung auf die Erfahrungsstufen nach Besoldungsrecht erfolgt. Da die Anrechnung für Erfahrungsstufen besoldungsrechtlich zwingend ist, also immer erfolgen muss, würde das dazu führen, dass Vordienstzeiten in der praktischen Handhabung nie auf die Probezeit angerechnet werden können. Diese Folge war im Entwurf nicht berücksichtigt, deshalb sollte sie in § 32 Abs. 2 Nr. 4 gestrichen werden, dann kann der Dienstherr Vordienstzeiten nach pflichtgemäßem Ermessen anrechnen, muss es aber nicht.

Wichtig - ich will es vielleicht ganz kurz machen ist, auch noch einmal das Eingangsamt der Justizwachtmeister in der Besoldungsgruppe A 6 zu bedenken. Sie müssen jetzt eine intensivere Ausbildung haben. Bisher waren es sechs Monate, dies

muss überarbeitet und angepasst werden, denn aus dem einfachen Dienst wird nun der mittlere Dienst, also muss man entsprechende Voraussetzungen schaffen. Was nicht berücksichtigt werden konnte, waren die Justizwachtmeister. Hier ist meine Bitte an den Justizminister, dass gerade in den Fällen, bei denjenigen, die aus Altersgründen nicht mehr verbeamtet werden konnten, durch eine individuelle Einzelfallbetrachtung noch einmal geprüft und dafür Abhilfe geschaffen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 5/7453 einschließlich der Beschlussempfehlung in Drucksache 5/7789. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Danke Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Herr Präsident. Jetzt sind wieder vier Besuchergruppen da, die das trockene Schwarzbrot des parlamentarischen Alltags mit Debatten über ein Thema, was sich Normalbürgerinnen und bürgern schwer erschließen kann, erleben durften, obwohl es für sie durchaus wichtig ist; und wenn es nur darum geht, dass unsere Steuergelder bei dem ganzen Thema gerade in Rede gestanden haben.

80 Prozent dessen, was vorgeschlagen wird, ist vernünftig, richtig und notwendig, manchmal sogar zwingend gesetzlich vorgeschrieben, das habe ich bei der letzten Rede hier vorne vor einer Stunde schon gesagt. Das sage ich auch jetzt wieder, das ist völlig in Ordnung. Aber wir haben leider oder erwartbar, muss man sagen, grundsätzlich Kritik an den beamtenrechtlichen Vorschriften, das wird den Innenminister nicht wirklich überraschen. Verordnungen zu reformieren, solange die Gesetze nicht stimmen, das ist immer nur an Symptomen doktern. Das wissen Sie so gut wie ich, Herr Geibert. Solange wir nicht darüber reden, wer überhaupt noch in Thüringen Beamter oder Beamtin sein muss und wie wir auf diesen Weg kommen, beispielsweise dafür zu sorgen, dass die Ruhegehaltsansprüche nicht in den Himmel wachsen, die das Land in den nächsten 20 oder 30 Jahren schultern muss. Solange wir darüber nicht reden, macht es wenig Sinn, in Verordnungen zu 80 Prozent Sinnvolles unterzubringen und dann bei 20 Prozent nicht so Sinnvolles zu tun.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Holbe)