Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Wichtig ist dabei, einen realistischen Ansatz für Kostensteigerungen bei Personal, Energie und im Sozialbereich zu berücksichtigen. Den bestehenden Investitionsstau an kommunalen Einrichtungen werden wir stärker berücksichtigen. Wir werden darauf achten, dass spezielle Leistungen, zum Beispiel die Mittel für die Kinderbetreuung, auch unmittelbar vor Ort ankommen. Wir wollen Sonderbedarfe von Städten und Gemeinden wie zum Beispiel den finanziellen Mehrbedarf von Kur- und Fremdenverkehrsorten im Kommunalen Finanzausgleich besser berücksichtigen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das habt Ihr doch von uns abgeschrieben, Mensch. Das geht mit Herrn Voß aber nicht.)

Das Land soll zukünftig die Kosten des Winterdienstes in Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landesstraßen komplett übernehmen. Das ist effizient und gerecht, denn es befreit die Kommunen in den Höhenlagen Thüringens von einer überproportionalen finanziellen Last.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt lasst uns doch auch noch etwas übrig. Das ist alles von uns abgeschrieben.)

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, beim Umbau der Verwaltung in Thüringen sind wir leider nicht so vorangekommen, wie wir uns das vorgenommen hatten. Eine in sich geschlossene Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform war vom Koalitionspartner nicht gewünscht. So hatte die eingesetzte Gutachterkommission mit ihren guten Ideen im Grunde nie eine echte Chance. Am Ende wurden auf Basis der Kommissionsergebnisse die Strukturreformen in der Verwaltung vereinbart und in die Wege geleitet,

die weiter gehenden zukünftigen Reformvorhaben zumindest nicht im Wege stehen. Hier wäre mehr möglich gewesen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, fünf Jahre CDU-SPDRegierungskoalition in Thüringen zeigen uns, es ist enorm viel erreicht worden.

(Beifall SPD)

Aber wir richten auch den Blick nach vorn auf die kommende Legislaturperiode. Noch stärker als bisher werden wir uns auf den Zukunftsfeldern wie wirtschaftliche Innovation, Fachkräftegewinnung, Gestaltung des demografischen Wandels, gute Bildung und Ausbildung, handlungsfähige Kommunen, moderne Infrastruktur engagieren und dort die politischen Schwerpunkte setzen

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Da müssen Sie wieder Geld ausgeben.)

mit neuen Konzepten und im Dialog mit allen Beteiligten. Die Menschen in Thüringen haben es auch verdient, dass es endlich auch hierzulande wie in 12 anderen Bundesländern ein Bildungsfreistellungsgesetz gibt. Für die weitere Verbesserung der Kinderbetreuung und der Familienfreundlichkeit müssen die Mittel eingesetzt werden, die wir durch die Abschaffung des Landeserziehungsgelds einsparen wollen.

(Beifall SPD)

Der Rechnungshof schreibt uns ins Stammbuch, genauer gesagt in den aktuellen Rechnungshofbericht: Eine Verwaltungs- und Gebietsreform würde helfen, die finanzpolitischen wie demografischen Herausforderungen zu meistern. Verwaltungseinheiten müssen ausreichend groß sein, um effektiv arbeiten zu können. Für die Sozialdemokraten sind diese Punkte ein Ansporn für die nächste Legislaturperiode.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich aus aktuellem Anlass auf den Kampf gegen rechtsextremistische Kräfte zu sprechen kommen. In dieser Legislaturperiode bestürzte die Enthüllung von bundesweit neun rechtsmotivierten Morden an ausländischen Mitbürgern jeden von uns. Die Mordtaten des Nationalsozialistischen Untergrunds erschütterten auch unsere Wahrnehmung und unser Sicherheitsgefühl. Die Enthüllungen zum Behördenversagen im Fall der NSU-Mordserie zerstörte unser Vertrauen in die Arbeit der Thüringer Sicherheitsbehörden und ließ uns an dessen Funktionsfähigkeit zweifeln. Nichts gehört, nichts gesehen, nichts gesagt - das ist wohl zu einem Sinnbild des Verfassungsschutzes geworden. Eine Behörde ohne Erinnerungsvermögen, und zwar ausgerechnet dort, wo es am nötigsten gebraucht wird. Hier möchte ich noch einmal betonen, dass es die SPDFraktion war, die als erste Fraktion des Thüringer

Landtags im Januar 2012 die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses forderte, um ein Fehlverhalten der Thüringer Sicherheitsund Justizbehörden im Umgang mit der rechtsterroristischen Vereinigung NSU aufzuklären und daraus Konsequenzen für die zukünftige Arbeit der Sicherheitsbehörden zu ziehen. Bis dahin unvorstellbare Defizite wurden durch die akribische Arbeit der Ausschussmitglieder aufgedeckt. Nicht nur der Vorsitzenden Dorothea Marx, sondern allen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses gilt dafür mein besonderer Dank.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, erste Ergebnisse aus den Untersuchungen zum Behördenversagen bei der Aufdeckung der sogenannten NSU-Affäre wurden in die Reform des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes einbezogen. Die Reform konnten wir gestern mit der Verabschiedung der Gesetzesnovelle auf den Weg bringen. Darin haben wir die wirksame Kontrolle der Tätigkeit des Verfassungsschutzes durch das Parlament sichergestellt und dafür gesorgt, dass sich der Geheimdienst im Rahmen seiner Tätigkeit künftig auf die Ausforschung gewaltbereiter rechtsextremistischer Strukturen beschränkt. Das ist ein großer Erfolg.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, unsere Arbeit ist damit nicht getan. Thüringen wird internationaler und unsere Kultur ist genauso im Wandel wie unsere Gesellschaft. Migrationskulturen sind ein dynamischer und integraler Bestandteil der Gesamtkultur und kein Randphänomen. Der Thüringen-Monitor zeigt uns in dieser Legislaturperiode, dass ein erheblicher Teil von Thüringerinnen und Thüringern Denkmustern folgt, die dem rechten Spektrum nahe sind. Er hat uns aber auch gelehrt, worauf wir Sozialdemokraten immer wieder aufmerksam gemacht haben: Rechtsextremistische Umtriebe sind keine Randerscheinungen, auch wenn der Monitor konstatierte, dass die rechtsextremen Einstellungen zurückgegangen seien und demzufolge unsere gemeinsamen Anstrengungen in gewissem Maße wirkungsvoll waren. Gesetzesinitiativen reichen nicht aus, um Menschen das Gefühl zu geben, willkommen und angekommen zu sein. Hier setzt das Landesprogramm für Demokratie an, welches das bürgerschaftliche Engagement gegen den Rechtsextremismus stärken soll.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei den vielen engagierten Menschen in unserem Freistaat, die ihr Gesicht gegen rechts zeigen. Ich wünsche mir, dass eines Tages hier im Hohen Haus das Wort Rechtsextremismus nicht mehr fällt, dass wir nicht mehr über einen Wintererlass oder über

Residenzpflicht diskutieren müssen, sondern mehr und mehr den Gedanken der Vielfalt leben.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da müssen Sie auch ent- sprechend abstimmen heute.)

Heute sind die ewig Gestrigen vor den Türen des Landtags gewesen. Rassismus und Menschenverachtung haben jedoch keinen Platz hier im Landtag und ganz besonders an diesem Rednerpult. Und das muss so bleiben.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Barth von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Frau Ministerpräsidentin, Sie haben uns über 83 Minuten lang eine gefühlt 71 Seiten lange, aus meiner Sicht relativ uninspirierte Aneinanderreihung der Zuarbeiten aus den verschiedenen Häusern Ihrer Landesregierung vorgetragen. Das hieß Regierungserklärung.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Vorgelesen war die.)

Hier 200 Mio. € mehr für Busse, dort einen Klimabeirat und einen Klimagipfel, da 10 Mio. für Schulsozialarbeiter, TIZIAN, ThAFF, ThEGA, ThEO, über eine Stunde lang. Das war ganz schön anstrengend,

(Beifall FDP)

nicht nur für Sie, das hat man auch gemerkt. Aber ich will mit dem beginnen, in dem wir übereinstimmen. Das dauert nicht lange, ist aber wichtig, gerade auch nach der Rede von Herrn Ramelow.

Meine Damen und Herren, vor 25 Jahren, im Herbst 1989, da hat der Sturm der Friedlichen Revolution das menschenverachtende, kommunistische Regime der SED mit Stasi, Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl hinweggefegt. Seit Sommer 1989 ist in Thüringen wirklich viel geschehen. Wir alle, jedenfalls die, die älter als 30 oder vielleicht 35 Jahre sind, haben viel gelernt und mehr erlebt, als wir das je für möglich gehalten haben.

(Beifall FDP)

Wobei das mit dem Lernen nicht für jeden stimmen mag, auch das hat Kollege Ramelow in seiner Rede eindrucksvoll belegt.

(Beifall CDU, FDP)

(Abg. Dr. Pidde)

Schauen Sie sich, meine Damen und Herren, die Bilder von 1989 an und vergleichen Sie sie mit dem, was man heute in unserem Land sieht und findet. Sie werden feststellen, unser Land hat sich wunderbar entwickelt. Auf das, was wir seit der Wiedervereinigung erreicht haben, was sich entwickelt hat, darauf können die Menschen in Thüringen, darauf können wir alle wirklich stolz sein.

(Beifall CDU, FDP)

Dabei übersehe ich überhaupt nicht, dass es viel gibt, was man besser machen kann, was man auch besser machen muss. Aber wenn wir in die Welt um uns herum schauen, dann muss man feststellen, wir leben in einem schönen Land in großer Sicherheit und großem Wohlstand. Das ist das Ergebnis der Arbeit von vielen Millionen fleißigen Menschen überall in Deutschland, auch hier in Thüringen. Ich finde, das muss auch einmal gesagt werden.

(Beifall CDU, FDP)

Es stimmt, auch Thüringen ist wirtschaftlich stark aufgestellt. Wir haben einen robusten, einen starken Mittelstand. Unter den ostdeutschen Ländern nimmt Thüringen heute in vielen Bereichen einen Spitzenplatz ein und muss auch den Vergleich mit vielen alten Ländern nicht scheuen. Das, Frau Ministerpräsidentin, haben Sie gesagt. Wobei ich dazu sagen will, weil Sie sich so an Hamburg orientiert haben, unter der roten Regierung in Hamburg hat sich Hamburg vom Geberland zum Nehmerland im Länderfinanzausgleich entwickelt.

(Beifall FDP)

Wir sollten den Anspruch haben, den anderen Weg, die andere Richtung zu beschreiten. Darüber habe ich von Ihnen nichts gehört, nur über die Verlängerung der Leistungen, die wir vom Bund haben wollen. Aber unterm Strich ist das eine Entwicklung, die zeigt, es lohnt sich, nach Thüringen zu kommen, es lohnt sich, hier zu bleiben, hier zu leben und hier zu arbeiten.

Diese Entwicklung ist in allererster Linie den Menschen in unserem Land zu verdanken, die sich nach dem Fall der Mauer mit Mut, mit Ideenreichtum, mit Tatkraft, mit Unternehmergeist und auch mit Durchhaltevermögen aufgemacht haben, die Verantwortung übernommen haben und fleißig gearbeitet haben.

(Beifall FDP)

Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch Selbstständige und viele Hunderttausend ehrenamtlich Tätige, das sind die wahren Mütter und Väter der Thüringer Erfolgsgesichte in den letzten 25 Jahren.

(Beifall FDP)

Die hat sich auch in den letzten fünf Jahren fortgeschrieben, das stimmt, Frau Ministerpräsidentin. Allerdings - und hier ist Schluss mit den Gemeinsamkeiten - sage ich, Thüringen ist nicht wegen ihrer Regierung so erfolgreich, diese erfolgreiche Entwicklung hat sich trotz Ihrer Regierung in den letzten fünf Jahren so vollzogen.