Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir haben jetzt schon einiges gehört, es soll um Strategien der Landesregierung zur Verbesserung des Ausbildungsstandes der Thüringer Schulabgänger und zur Verringerung der Abbrecherquote in den Ausbildungsberufen gehen. „Ausbildungsstand Thüringer Schulabgänger“ ist die Aktuelle Stunde überschrieben. Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen das

Augenmerk auf die Verwendung des Begriffs „Ausbildungsstand“ lenken. Wir meinen, dass es eine falsche Verwendung des Begriffes ist, und denken, dass es einen ganzheitlichen Bildungsbegriff braucht, der nicht nur Ausbildung oder Qualifikation meint, sondern auch Persönlichkeitsbildung, Demokratiebildung, Sozialkompetenzen und vieles mehr einschließt. Die FDP meint, so jedenfalls habe ich es bei der Rede von Kollegen Kemmerich verstanden, eher die Ausbildungsreife, also die Fähigkeiten, die zum Eintritt in die Berufsausbildung vorausgesetzt werden. Einer Ausbildungsreife allerdings muss eine Schulreife vorangehen. Da kommen wir tatsächlich auf das Landesthema, worüber wir sicher auch heute hier sprechen sollten - das beginnt bei den Kleinsten -, warum es gerade die frühkindliche Bildung als Schlüssel braucht, um bessere Chancen von Anfang an zu haben. Deswegen wollen wir diese auch ausbauen. Ich habe mich erst gefragt, warum Sie heute dieses Thema aufgesetzt haben. Ich habe gedacht, es läge vielleicht daran, dass dem Bundeskabinett heute der Bildungsbericht von Frau Ministerin Schavan vorgelegt wurde, die dort auch einen Vorschlag gemacht hat, wie aus ihrer Sicht dieser Problematik begegnet werden soll. Sie hat benannt, dass es künftig Bildungslotsen geben soll, die den Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben, eine Ausbildung zu finden, als Einzelfallhelfer zur Seite stehen. Das ist aus unserer Sicht ganz klar ein Schmalspurprogramm und widmet sich überhaupt nicht den Ursachen der Problematik, der fehlenden Bildung.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kemmerich, Sie haben angesprochen, dass es vielleicht die Eltern und die Schule sind, die da einiges versäumen. Wir meinen auch, dass es das Bildungssystem insgesamt ist, wie es angelegt ist, weil es nicht jede und jeden tatsächlich mitnimmt und individuell fördert. Das Problem allerdings ist, auch bei diesen Bildungslotsen, wenn man es ernst meint, wenn es sie geben sollte, dass den Schulen eigentlich gar nicht direkt geholfen werden kann. Warum, Herr Kemmerich? Weil Schwarz-Gelb beispielsweise am Kooperationsverbot im Bund festhält, das heißt, es darf gar nicht direkt auf die Schulen zugegangen werden, es kann gar nicht direkt auf die Schulen eingewirkt werden. Deswegen ist die Frage, wie wir uns als Land aufstellen, um ein anderes Profil in der Bildungspolitik zu haben und auch mehr - wie Sie es nennen - ausbildungsreife Jugendliche, Jugendliche, die tatsächlich die Ausbildung antreten können, haben.

Schauen wir einmal auf die Fakten: Im Jahr 2008 gab es in Thüringen 4.268 Ausbildungsabbrüche. Das ist zwar ein leichter Rückgang gegenüber 2007, wir

haben aber auch den demographischen Wandel, über den alle sprechen. Es brechen weit mehr junge Männer als Frauen die Ausbildung ab. Allerdings nimmt der Anteil der Frauen, die die Ausbildung nicht beenden, zu. Was sind die Gründe für die Ausbildungsabbrüche in Thüringen? Konkurs des Ausbildungsbetriebes, unklare oder falsche Vorstellungen des Jugendlichen von dem zu erlernenden Beruf, das Einschlagen anderer Berufswege oder Bildungswege. Ich glaube, dass es genau da gute Ansätze braucht, wie zum Beispiel den „Girls’ Day“, den wir erst letzte Woche hier im Landtag hatten, wo jungen Mädchen Ausbildungsberufe aufgezeigt wurden, die nicht dem typischen Berufswahlverhalten entsprechen, denn es ist noch immer so, dass gerade Mädchen nur an einer ganz geringen Palette an Auswahlmöglichkeiten tatsächlich partizipieren oder sich nur selten für Berufe entscheiden, die vielleicht erst mal nicht typisch erscheinen.

Was meinen wir, was es für Maßnahmen braucht, um die Ausbildungsreife zu verbessern? Wir wollen aufhören, an Symptomen herumzudoktern, das heißt, dass die Rahmenbedingungen an allen Schulen dringend verbessert werden müssen. Wenn die Gemeinschaftsschule ein erster Schritt zum längeren gemeinsamen Lernen für alle ist, werden wir das selbstverständlich sehr wohlwollend begrüßen.

Wir brauchen eine Modernisierung des Berufsbildungssystems statt milliardenteure und sinnlose Warteschleifen, wie wir sie immer noch auch in Thüringen beobachten. Statt einem Wirrwarr an Übergangsmaßnahmen brauchen wir grundlegende strukturelle Reformen des Ausbildungssystems, wie wir sie beispielsweise auf Bundesebene mit dem System DualPlus vorgelegt haben und wie wir uns das auch für Thüringen wünschen. Wir meinen, dass die Neustrukturierung des Ausbildungssystems auf drei Säulen gestellt werden muss, nämlich die Modularisierung der Berufsausbildung, der Ausbau auch von überbetrieblichen Berufsbildungsstätten und die Anrechnung aller Bildungsschritte sowie die Ermöglichung von Quereinstiegen auch und gerade für Jugendliche, die es vielleicht nicht so leicht hatten oder die nicht auf dem ersten Weg bereits einen Abschluss vorweisen können. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster spricht für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Emde.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kollegen, zunächst einmal möchte ich zu Herrn Kemmerich sagen, dass ich schon finde, dass Sie ein sehr wichtiges Thema hier aufrufen, aber ich vermisse die Aktualität. Es ist ein langes Thema, das uns auch noch einige Zeit beschäftigen wird. Zweitens vermisse ich, dass Sie keine Lösungsvorschläge aufbringen, also Probleme benennen, die wir alle kennen, aber keine Lösungsansätze nennen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens stört mich, dass Sie zwar die kapitalisierten Unternehmensverluste beklagen, aber mit keiner Silbe darauf eingehen, welchen Perspektivverlust es für so einen jungen Menschen gibt, wenn er seine Ausbildung abbricht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich will jetzt trotzdem mal guten Willen unterstellen, denn am Ende ist uns allen klar: Wir müssen jungen Menschen gute schulische und berufliche Perspektiven in Thüringen bieten - das ist in unser aller Sinne - und ich will zunächst etwas sagen zu dem Thema „Verringerung der Abbrecherquote“.

Frau Rothe-Beinlich, Sie heben ab, dass das hier so eine systemische Frage wäre, und wenn das System besser wäre, dann wäre das insgesamt auch gar kein Thema mehr für uns. Aber ich kann Ihnen nur sagen, das hochgelobte finnische Schulsystem sorgt nicht dafür, dass die anhaltend hohe Jugendarbeitslosigkeit in Finnland zurückgeht. Insofern muss man schon etwas tiefer bohren. Wir haben sicherlich in Thüringen eine Situation, dass es ungefähr ein knappes Viertel Vertragsauflösungen gibt, übrigens seltener durch die Unternehmen. Herr Lemb, und hier muss man eben auch sagen, es gibt mittlerweile sehr hohe gesetzliche Hürden, so einen Ausbildungsvertrag aufzuheben, und das ist durchaus für kleine Handwerksbetriebe oft von großem Nachteil. Das ist auch eine Kehrseite, wenn man junge Menschen dort an der Stelle schützen will, was sicherlich richtig ist. Zumeist heben die Jugendlichen selbst ihre Verträge auf. Dort ist es neben den falschen Vorstellungen vom Beruf und gesundheitlichen oder auch familiären Gründen zuallererst der Ärger, den man bekommt mit dem Ausbilder, welcher aber auch nicht selten daher rührt, dass die Anstrengungsbereitschaft, der Leistungswille, aber auch die Zuverlässigkeit der jungen Menschen doch sehr zu wünschen übrig lassen. Auch die soziale Abfederung macht manchem Jugendlichen so eine Entscheidung durch

aus etwas leichter. Die Probleme liegen also durchaus in unserer Gesellschaft, sie liegen aber auch in der familiären Erziehung - das wird hier ganz deutlich. Ich sage ganz bewusst: Schule kann vieles leisten, aber Schule ist hier nicht der Reparaturbetrieb, der dort alles ändern kann. An der Stelle sind wir uns vielleicht sogar auch einig; ich will nur nicht, dass zu viele Erwartungen auf unseren Schulen lasten.

Ich will sagen, wir haben in der Vergangenheit vieles auch schon erfolgreich getan. Es wurde der Berufswahlpass zusammen mit der Wirtschaft in ganz Thüringen eingeführt. Jeder Schüler bekommt den in die Hand und jede Familie kann anhand dieses Berufswahlpasses gut entscheiden. Auch beteiligen sich viele Schulen in allen Landkreisen an dem Qualitätssiegel „Berufswahlfreundliche Schule“. Die Schule hat also schon den Ehrgeiz entwickelt, möglichst 100 Prozent ihrer Schülerschaft in eine Erstausbildung zu vermitteln. Das ist auch gut so. Dann gibt es das Projekt „BERUFSSTART plus“, auch sicherlich ein guter Ansatz. Ich will nur kritisch dazu anmerken: Die wirklich berufliche Breite, die zur Verfügung steht, kann dort überhaupt nicht vermittelt werden. Wenn es dort Erfolge gibt, ist es meist der Erfolg, dass junge Menschen erkennen, ok, das ist ein Beruf, den will ich gar nicht. Das ist ja auch schon was. Aber wirklich in die Breite kommt man dort eher wenig. Wenn „BERUFSSTART plus“ für Gymnasiasten angeboten wird, was teilweise auch der Fall ist, dann finde ich das schon eher ungeeignet. Wir müssen unsere Bemühungen darauf konzentrieren, eine noch bessere Studienwahlvorbereitung in den Schulen zu etablieren.

Ich stelle aber auch fest, dass es seit zwei Jahren ein deutlich stärkeres Aufeinanderzugehen von Schule und Wirtschaftsbetrieben gibt, ganz einfach, weil die Not größer geworden ist. Wir haben in diesem Hause schon seit vielen Jahren über das Thema diskutiert, aber richtig Anklang kam noch nicht. Jetzt erst, als der Lehrlingsmangel akut wird, tut sich doch um einiges mehr.

Lassen Sie mich noch zwei Sätze sagen zu dem Thema „Kritik an der Ausbildungsfähigkeit der jungen Menschen“. Also das ist ja eine Formel, wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten werden die Jungen immer als die Dummen beschrieben.

(Beifall SPD)

Deswegen hake ich das einfach mal so ab. Ich sage aber auch, unsere 15-Jährigen schneiden beim PISA-Test sowohl deutschlandweit als auch international gar nicht schlecht ab und kurz darauf verlassen sie ja die Schule. Also kann alles gar nicht so im Argen sein. Deswegen sage ich, lassen wir

die Kirche hier ein bisschen im Dorf. Wir müssen daran arbeiten, dass unsere jungen Menschen in den Sekundärtugenden noch ein bisschen zulegen. Das ist unser aller Aufgabe.

Ich denke - meine Redezeit geht zu Ende, Frau Präsidentin -, wir sollten noch etwas Geist darauf verwenden, unsere Lehrpläne so auszurichten, dass sich die Jugendlichen auf das Wesentliche konzentrieren in ihrer Ausbildung, in ihrer schulischen Ausbildung, damit dann auch Wissen anwendungsbereit und gefestigt ist.

Ja, sie ist schon zu Ende.

Dann wird es auch besser in den Ausbildungsbetrieben. Danke.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Emde. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Sojka von der Fraktion DIE LINKE.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, ich war schon etwas überrascht über dieses Thema der Aktuellen Stunde, die da heißt: „Strategien der Landesregierung zur Verbesserung des Ausbildungsstandes der Thüringer Schulabgänger und zur Verringerung der Abbrecherquote in Ausbildungsberufen“, und habe mir genau wie meine Vorredner gedacht: Was ist denn daran jetzt tagaktuell? Darüber reden wir seit mehr als 20 Jahren oder zumindest hier in dem Haus seit 20 Jahren. Das Thema ist sehr vielfältig. Es ist überaus komplex, das haben alle meine Vorredner jetzt auch schon angebracht. Ich denke, das parlamentarische Mittel der Aktuellen Stunde wird hier missbraucht. Das muss ich jetzt mal so deutlich sagen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Glauben Sie wirklich, indem alle fünf Fraktionen ihre Statements hier vorn abgeben in der ganzen Vielfalt und Breite mit viel richtig Gesagtem und wenn also fünfmal fünf Minuten geredet wird, dass Sie da als FDP die Thüringer Welt verändern? Glauben Sie das wirklich? Ich hätte mir gewünscht, es gibt dazu einen konkreten Antrag mit konkreten Vorschlä

gen, die man im Ausschuss hätte diskutieren können. Da wären wir ein Stück weitergekommen möglicherweise; denn das Einzige, was daran aktuell ist, ist, dass wir nicht mehr genügend junge Leute haben. Jetzt wird deutlich, wir haben jahrelang eine Bugwelle vor uns hergeschoben, weil nicht genügend Ausbildungsplätze da waren. Da waren alle unsere Reden, was wir ändern müssten auch an diesem angeblich überflüssigen Schulsystem - das sei alles nicht notwendig, es sei alles schön. Jetzt, wo deutlich wird, dass wir jeden einzelnen Jugendlichen brauchen, wird auf einmal der Aufschrei groß. Ich stelle fest, Ihr parlamentarisches Überschriftenhandeln und Ihr tatsächliches Tun, da liegen ja Welten dazwischen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich verstehe überhaupt nicht, wenn man dieses Thema ernsthaft anfasst, wie man dann gleichzeitig als FDP im Ausschuss Kürzungen, exorbitante Kürzungen ansagen kann. Gerade vor diesem Hintergrund wollen Sie 800.000 € wegnehmen bei den Lernmitteln. Sie sagen aber gleichzeitig, es muss moderner werden, es müsste viel moderner unterrichtet werden. Sie nehmen viele Mittel weg, die habe ich jetzt nicht konkret ausgerechnet, unter anderem für IT-Technik an den berufsbildenden Schulen. Wie soll denn das zusammenpassen? Sie nehmen 1,34 Mio. € weg bei der Lehrerausbildung, obwohl wir wissen, gerade im berufsbildenden Bereich haben wir einen Lehrermangel. Wir werden überall in einen Mangel hineinkommen, wenn wir da nicht endlich gegensteuern. Sie nehmen beispielsweise 800.000 € weg bei Personalkosten in Schulämtern, obwohl wir mehr Schulpsychologen brauchen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Horror sind Ihre Kürzungsvorschläge bei den angestellten Lehrerinnen und Lehrern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz exemplarisch: Im Gymnasium fallen 30 Mio. € weg bei angestellten Lehrerinnen und Lehrern. Wollen Sie die alle entlassen? Im vorigen Plenum erzählen Sie uns noch mit dem völlig richtigen Antrag, die Ungleichbehandlung in den Lehrerzimmern beenden zu wollen. Nicht ein einziger Antrag im Haushaltsausschuss, um das umzusetzen, im Gegenteil, Sie kürzen bei angestellten Lehrerinnen und Lehrern exorbitant.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die Aktuelle Stunde wenigstens dazu geeignet ist, um das mal an die Öffentlichkeit zu ziehen, dann bin ich dankbar, dass Sie dieses Thema gewählt haben, dann kann ich wenigstens dazu etwas sagen. Ich war als Haushaltsausschussmitglied einfach erschrocken, was Sie da vorhaben. Ich kann nur sagen, das, was Sie im Bund mit diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz treiben, ist schon schlimm, aber was Sie hier in Thüringen treiben würden, wenn Sie an der Regierung wären, macht mir echt Angst. Das trägt diesem Anliegen überhaupt nicht bei.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Überschrift sind zwei Begriffe genannt, die ganz wichtig sind und die meine Vorredner schon angesprochen haben. Das hat etwas mit der Qualifikation der Schulabgänger und den Ursachen des Ausbildungsplatzabbruches zu tun. Da will ich nichts wiederholen, vieles ist schon gesagt worden, daran muss gearbeitet werden. Dazu dient beispielsweise auch die Umgestaltung des Bildungssystems und dazu dient die Individualisierung des Unterrichts, damit wir uns endlich um jeden Einzelnen kümmern können. Ich denke, auch die mangelnde soziale Absicherung ist ein Grund dafür, warum so viele Ausbildungen abgebrochen werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Wenn beispielsweise ein Kind eines Hartz-IV-Empfängers keine Übernahme der Kosten bekommt, weil es zu einem Bewerbungsgespräch für eine Ausbildungsstelle fahren will, und die ARGE ihm sagt, dass das nicht sein muss, weil es auch in der näheren Umgebung genügend Ausbildungsplätze gibt, dann sind das Dinge, mit denen wir uns beschäftigen sollten. Auch die Berufsschulnetzplanung ist wichtig, wenn wir keine unterfrequentierten Klassen haben wollen und Schülerinnen und Schülern längere Wege und möglicherweise die Benutzung von Internaten zugemutet werden sollen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir da eine soziale Absicherung letzten Endes leisten können.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Gut, dann will ich ganz zum Abschluss einfach sagen, mit Schaufensteranträgen werden Sie als FDP weder in Thüringen noch in der Bundesrepublik die Welt verbessern. Vor allem sollten Sie im konkreten politischen Handeln das Gegenteil tun, dann kann man sich auch gegenseitig wieder ernst nehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Regierung meldet sich zu Wort. Herr Minister Matschie, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das sind zwei große Themenfelder, die hier aufgemacht werden von der FDP-Fraktion: der Ausbildungsstand und die Frage nach der Abbrecherquote. In einem kann ich mich vielen Vorrednern anschließen: Wer versucht, zwei solche großen Themen hier im Fünf-Minuten-Stakato abzuhandeln, der kann nur Effekthascherei betreiben, aber keine ernsthafte Politik.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich diese Woche das was Sie hier im Parlament beantragen, mal als Ganzes anschaut, dann sieht man eines ganz deutlich: Die FDP scheitert mit den Anträgen, die sie diese Woche einbringt, wieder einmal an sich selbst. Ihre Parteispitze hat eine gewisse Meisterschaft entwickelt in dieser Frage in den letzten Monaten, aber es muss sich doch nicht unbedingt auf Sie übertragen. Schauen wir einmal, was passiert, Frau Sojka hat es eben auch angesprochen: Heute möchte die FDP den Ausbildungsstand der Schulabgänger verbessern und morgen, wenn wir über den Haushalt diskutieren, möchte die FDP 90 Mio. € aus dem Bildungsetat streichen. Wie wollen Sie das eigentlich im Kopf noch zusammenbekommen, ist das überhaupt ernst zu nehmen? Sie streichen bei Schulen, Sie streichen bei der Berufsausbildung. Sie streichen sogar bei unserem Erfolgsmodell der Berufsakademie in Thüringen, wo sich eigentlich bisher alle einig waren, dass dieses Modell sinnvoll ist und fortgesetzt werden muss. Eines müsste Ihnen doch eigentlich klar sein, Herr Kemmerich: Wer nicht sät, der kann doch auch nicht ernten. Deshalb wird es erst einmal darauf ankommen, wirklich in Bildung zu investieren, den Erfolg auszubauen, den wir hier haben.