Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, wer für unsere Kinder bessere Betreuung und Bildung will, muss dafür auch mehr Geld aufwenden. Angesichts der Haushaltslage war das keine einfache Entscheidung für uns und wir haben uns diese Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Aber, ich glaube, wir waren uns am Ende einig: Das Ziel, mehr in Bildung und Forschung zu investieren, das nicht nur ein Thüringer Ziel ist, sondern ein Ziel der Bundesregierung genauso wie der Landesregierungen in Deutschland, 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung einzusetzen, ist ein richtiges Ziel, weil die Investition in Köpfe, in die Fähigkeiten von Menschen, die Investition, etwas Neues zu schaffen, in die Kreativität dieser Gesellschaft, unsere wichtigste Investition ist. Wir waren uns am Ende auch einig, das Land übernimmt vollständig die zusätzlichen Kosten durch das neue Kita-Gesetz.
Und weil hier immer wieder Zweifel geäußert worden sind, auch gestern wieder durch den Gemeinde- und Städtebund vorgetragen, möchte ich hier noch einmal die Zahlen nennen. Ich bitte hier wirklich auch um eine redliche Debatte. Im Jahr 2009 hat das Land den Kommunen für die Kita-Finanzierung insgesamt 406 Mio. € bereitgestellt. Wir stellen in diesem Jahr genau 449,5 Mio. € bereit. Das ist ein Plus von deutlich über 40 Mio. € und ich kann die kommunalen Spitzenverbände nur bitten, diese Kraftanstrengung, die der Thüringer Landtag hier unternimmt, die wir hier als Land gemeinsam unternehmen, auch wirklich anzuerkennen und nicht kleinzureden.
Wir sind sogar noch einen Schritt weitergegangen, weil wir gesagt haben, wir sind in einem Jahr, in dem das Gesetz zum 1. August wechselt. Das bringt Unwägbarkeiten mit sich. Man kann nicht alle Entwicklungen theoretisch von vornherein absehen. Deshalb gibt es für dieses Jahr für die Kommunen eine Spitzabrechnung aller Kosten. Sollte das, was wir vorgesehen haben im Kommunalen Finanzausgleich, für die Kindergärten nach der Spitzabrechnung nicht ausreichen, dann werden die zusätzlichen Kosten den Kommunen auch erstattet.
Deshalb noch einmal an dieser Stelle in aller Deutlichkeit: Die neue Regelung des Kindergartengesetzes bietet keinerlei Grund für eine Erhöhung der Elternbeiträge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gemeinde- und Städtebund hat gestern erklärt, dass viele Kommunen trotzdem über Beitragserhöhungen nachdenken. Ich habe darum gebeten, dass wir diese Debatte in aller Offenheit und auch in aller Ehrlichkeit miteinander führen. Ich weiß, die Haushaltsituation in vielen Kommunen ist katastrophal. Da muss niemand drum herumreden. Das hat aber nichts mit dem neuen KitaGesetz zu tun. Das hat auch nichts mit der Ausstattung des Kommunalen Finanzausgleichs zu tun,
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Meinen Sie, die Kommunen erhöhen die Gebühren aus Spaß oder haben Spaß dabei?)
sondern es hat etwas mit der Einnahmesituation der Kommunen zu tun, die konjunkturell bedingt ist. Den Kommunen sind einfach die Einnahmen in dieser wirtschaftlichen Situation weggebrochen.
Darüber muss auch offen und ehrlich geredet werden. Aber es macht doch überhaupt keinen Sinn, in einer solchen Situation das Kita-Gesetz zum Anlass zu nehmen, um der Landesregierung und dem Land den schwarzen Peter zuzuschieben und zu sagen, ihr seid Schuld, wenn wir Gebühren erhöhen müssen.
Nein, das Land geht an die Grenzen seiner finanziellen Handlungsmöglichkeiten mit diesem Haushalt und wir werden den Haushalt heute noch intensiv
diskutieren. Wir tun alles, was der Freistaat tun kann, um für eine ausreichende Finanzausstattung zu sorgen und wir finanzieren die Zusatzkosten für das neue Kita-Gesetz vollständig.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir, dass Landesregierung, Landtag, Kommunen und freie Träger von Kindergärten bei der Umsetzung dieses Gesetzes gut zusammenarbeiten. Das Vorhaben kann nur gelingen, wenn wir nicht versuchen, uns gegenseitig vor das Loch zu schieben, wenn es Probleme gibt, sondern wenn wir gemeinsam anpacken, wenn jeder seinen Beitrag dazu leistet, dass dieses Kindergartengesetz so rasch wie möglich im Sinne unserer Kinder umgesetzt wird. Ich finde, dieses Vorgehen, Hand in Hand gemeinsam die Probleme anpacken, Land, Kommunen, freie Träger, das sind wir unseren Kindern schuldig.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich sage es in aller Deutlichkeit, das ist heute für die Kindergartenentwicklung eine historische Stunde und ich bedanke mich bei allen, die dazu beigetragen haben, dass dies gelingen konnte.
Vielen Dank, Herr Minister Matschie. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Gäste, liebe Träger des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik. Als ich eben der Rede von Minister Matschie gelauscht habe, habe ich mich doch ein wenig gewundert, weil überhaupt nicht darauf eingegangen wurde, wie langwierig und wie schwer das - ich muss es leider so nennen - Gezerre rund um dieses Gesetzgebungsverfahren war. Ich möchte daran erinnern und möchte vor allen Dingen Danke sagen. Ich möchte Danke sagen denjenigen, die bis heute knapp 60.000 Unterschriften gesammelt und damit auch den notwendigen Druck erzeugt haben, dass an dem Gesetzesvorhaben auch von der Regierungskoalition, von den beiden Fraktionen, noch Änderungen vorgenommen wurden, die dringend eingeklagt wurden.
Ich möchte Danke sagen für den langen Atem derjenigen, die Tag für Tag auf der Straße standen und mit Eltern, mit Erzieherinnen gemeinsam für bessere Bedingungen für unsere Kinder gestritten haben, denn es war und ist keineswegs selbstverständlich, dass der Gesetzentwurf so aussieht wie er jetzt aussieht. Ich möchte auch noch einmal ganz deutlich sagen - es gab einige Verwunderung im Ausschuss, insbesondere bei den Kolleginnen von der CDU -, selbstverständlich haben auch wir dem Gesetzentwurf jetzt so zugestimmt, weil es uns um die Sache geht. Ich glaube, das muss uns tatsächlich heute einen, meine Damen und Herren.
Ja, Ihr erwartet das sehr oft, das kann ja sein. Wenn es in der Sache richtig ist, dann tun wir es auch, allerdings nur dann, das sage ich in aller Deutlichkeit. Ich schließe mich einer Erwartung von Minister Matschie an. Er hat soeben gesagt, dass es eine Sternstunde - ich weiß nicht, ob man so hoch greifen sollte - des Parlaments wäre, wenn der Gesetzentwurf heute ohne Gegenstimmen verabschiedet wird. Unsere Fraktion wird heute die namentliche Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf beantragen, weil wir danach sehr genau wissen wollen, wer wie abgestimmt hat, um danach zu sehen, ob tatsächlich alle zu dem gefundenen Kompromiss stehen und in der Sache dafür gestritten haben.
Ich habe am Anfang gesagt, es war eine unrühmliche Geschichte. Das muss man so deutlich sagen. Fünf Jahre ist es her, dass die sogenannte Familienoffensive, die wir immer als Angriff auf die Familien empfunden haben, von der damaligen CDUAlleinregierung beschlossen wurde. Fünf Jahre ist es her, dass sich der Trägerkreis gegründet hat, der seitdem in unterschiedlichen Volksbegehrenserfahrungen immer wieder auf die Straße gegangen ist, um für ein besseres Gesetz zu streiten. Wir alle wissen, es geht um die Kleinsten, es geht natürlich auch um eine gelungene Zusammenarbeit von Eltern und Erzieherinnen, die hier Verantwortung teilen, und es geht um einen ambitionierten Bildungsplan, nämlich den Bildungsplan von null bis zehn Jahren, den wir auch alle für gut befunden haben, der allerdings noch nicht umgesetzt werden konnte, weil es schlichtweg die Rahmenbedingen dafür nicht gegeben hat. Daran möchte ich erinnern. Ich sage auch noch einmal, wir hätten natürlich aus unserer Sicht dieses Gesetz schon sehr viel länger haben können. Wir hät
ten den Eltern die Kraftanstrengungen ersparen können, auf die Straße zu gehen und erneut Zehntausende Unterschriften zu sammeln, wenn hier nicht ein Kleinkrieg - ich muss es so nennen - zwischen den Fraktionen vorhergegangen wäre. Das finde ich eigentlich das Traurige an diesem Tag. Es war ja keineswegs so, dass sich alle an ihre Versprechen erinnert haben, die sie im Wahlkampf gegeben haben, nämlich binnen 100 Tagen genau den Gesetzentwurf des Volksbegehrens hier im Landtag einzubringen. Ich kann Ihnen versichern, wir jedenfalls haben alles dafür getan, um auch schon für die Einbringung unseres Gesetzesvorhabens von LINKE und GRÜNE, die dem Wortlaut des Trägerkreises für das Volksbegehren entspricht, tatsächlich alle Fraktionen zu gewinnen. Damals ging es einigen leider nicht um die Sache, das muss hier noch einmal erwähnt werden.
Es hat ein paar Monate länger gedauert, bis dann auch der Gesetzesvorschlag von CDU und SPD vorlag. Dass dieser noch nachbesserungswürdig war, das haben wir bis heute erlebt, wo es nach wie vor Bedenken gibt vom Gemeinde- und Städtebund. Ich meine, wir dürfen diese auch nicht so einfach beiseite wischen, denn - das will ich ganz deutlich sagen - auch die Anhörung hat ergeben und auch noch einmal die letzte schriftliche Stellungnahme, dass es keineswegs von allen Seiten so viel Optimismus gibt, dass tatsächlich klar ist, wie dieser Gesetzentwurf zu guter Letzt allumfänglich finanziert wird. Ich hoffe hier - und das sage ich ganz deutlich -, dass tatsächlich alle Zweifel ausgeräumt werden. Ich setze darauf und wir werden natürlich die Landesregierung daran messen, dass tatsächlich alle Kosten vom Land übernommen werden. Wenn das tatsächlich so kommt, dann sind auch keine Bedingungen gegeben, die dazu führen würden, gegen das Gesetz klagen zu müssen. Denn ich hatte das Vergnügen, meinen Kollegen Adams im Innenausschuss zu vertreten und habe dort den Innenminister gefragt, ob er damit rechnet, dass es gegebenenfalls Klagen geben könnte. Sie haben gesagt, Herr Huber, es kann natürlich sein, aber Sie räumen dem keine großen Chancen ein. Das hoffe ich auch, denn was wir alle wollen müssen, denke ich, ist, dass es endlich Rechtssicherheit gibt, denn zum nächsten Kindergartenjahr soll ja tatsächlich dieses Gesetz gelten, sollen die Bedingungen, die darin definiert sind, auch greifen. Deswegen hoffe ich, dass heute tatsächlich alle zustimmen und auch alle Zweifel ausgeräumt werden können.
Lassen Sie mich auch noch ein paar Sätze zum Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE sagen, der uns vorgelegt wurde. Wir teilen hier den größten Teil der aufgeführten Punkte und wir werden deshalb auch den Punkten 1, 2, 4 und 5 zustimmen. Wir werden allerdings nachher Einzelabstimmungen zum
Entschließungsantrag zu den Punkten beantragen, weil wir eine andere Auffassung haben zu den Kosten des Kita-Gesetzes, aus welchem Bereich diese tatsächlich gespeist werden sollen und von wo die Mittel kommen. Aber die Auseinandersetzung werden wir sicherlich in der Haushaltsdebatte führen. Deswegen hoffen wir auch auf Ihre Zustimmung, dass wir die Punkte einzeln abstimmen, um uns die Möglichkeit zu geben, in der Sache Ihrem Entschließungsantrag auch zu folgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Ziel ist, dass wir heute hier gemeinsam erhobenen Hauptes aus diesem Landtag herausgehen können und den Menschen sagen: Ja, wir haben uns geeinigt, ja, wir haben die Ziele des Volksbegehrens tatsächlich in Gesetzesform gegossen. Das ist auch ein ganz großer Dank an die direkte Demokratie, an die Menschen, die sich von der Straße aufgemacht haben, ein Gesetz auf den Weg zu bringen,
nochmals dafür unseren Respekt, unsere Anerkennung. Ich bitte Sie eindringlich, egal, aus welcher Fraktion Sie kommen, stimmen Sie heute alle mit uns für diesen Entwurf, denn dann ist es tatsächlich ein guter Anfang. Wie die Umsetzung dann aussieht, das werden wir in den nächsten Monaten zu bewerten haben. Vielen herzlichen Dank.
Danke, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich. Als Nächster spricht Abgeordneter Kellner von der CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Anfang kommt es an. Grundlage für dieses Kita-Gesetz ist das Thüringer Kindertagesstättengesetz vom 16.12.2005, das damals durch die CDU-Regierung verabschiedet wurde. Auch damals - ich möchte heute daran erinnern - wurden Standards festgeschrieben und vorgegeben, die in der Bundesrepublik einmalig waren und zum Teil heute noch sind. Ich erinnere an den im Gesetz festgelegten Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem zweiten Jahr. Ich verweise weiterhin auf das Wahlrecht der Eltern, ihre Kinder selbst zu erziehen bzw. auch in Einrichtungen zu geben. Ich erinnere auch an das Landeserziehungsgeld, was gezahlt wird im Ausgleich und für die Leistung der Eltern, wenn sie denn die Aufgaben selber wahrnehmen. Weiterhin
ist zu nennen die Infrastrukturpauschale, für die Gemeinden und Städte ein wesentlicher Punkt für die Finanzierung bzw. für die Ausgestaltung, um die Kinderbetreuung zu ermöglichen und damit die Standards wesentlich zu verbessern. Alles das stand im Gesetz und wir sind heute hier zusammengekommen, um dieses weiterzuentwickeln.
Ich denke auch, dass im Interesse der Kinder natürlich eine Weiterentwicklung notwendig ist, und wir sollten dies auch tun. Wir haben uns lange, aber nicht zu lange, muss ich sagen, darüber unterhalten, welches der beste Weg zwischen den zwei Gesetzentwürfen ist. Ich denke auch - und da muss ich meiner Vorrednerin widersprechen -, wir haben uns sehr, sehr beeilt, ein so weitreichendes Gesetz mit so weitreichenden Folgen in so kurzer Zeit zu verabschieden.
Ich bleibe dabei, hier ist Gründlichkeit vor Schnelligkeit angesagt. Wir werden das wie versprochen zum Kindergartenjahr in Kraft setzen. Wir haben im Ausschuss darüber diskutiert, wir haben gerungen und wir haben einen Konsens gefunden. Aber es ist eben nicht so einfach, dass wir mal 100 Tage uns festlegen und dann sagen, in 100 Tagen haben wir es geschafft. Nein, hier, meine Damen und Herren, geht in der Tat Gründlichkeit vor Schnelligkeit im Interesse der Kinder und im Interesse der Eltern.
Der Erfolg aller nachfolgenden Bildungsschritte hängt entschieden davon ab, inwieweit kleine Kinder ihre große Wissbegierde stillen und dabei die Lernstrategie erwerben können. Erziehungswissenschaftler, Hirnforscher, Lernpsychologen und andere Disziplinen haben inzwischen viel Wissen über Voraussetzungen und Bedingungen des frühen Lernens zusammengetragen, die uns in der Wertschätzung der frühen Bildungsprozesse bestärken.
Ich erinnere an den Spruch: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“, das sehe ich genauso. Je früher wir damit anfangen, umso leichter wird es zukünftig auch in den weiteren Bildungsabschnitten den Kindern fallen. Als eines der ersten Länder hat Thüringen sich der Aufgabe gestellt, einen umfassenden Bildungsplan für den Elementarbereich zu entwickeln. Mit diesem Bildungsplan verfügen die Kindertageseinrichtungen über eine exzellente Grundlage, um einen ganzheitlichen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag zu erfüllen. Für diese quali