Aber genau das verhindern Sie mit Ihrer Strafrechtsverschärfungspolitik, weil Sie öffentlich glauben machen wollen, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Lösungen notwendige wie geeignete Mittel wären.
Das hat etwas mit der Tätergruppe zu tun. Zu den Tätern gehören nach den konkreten Erfahrungen und Einschätzungen Thüringer Polizeibeamten in erster Linie alkoholisierte Männer sowie Gruppen mit hoher Gleichgültigkeit gegenüber zu erwartenden Sanktionen, die sich untereinander auch solidarisieren. Das heißt, bei den Tätern, über die wir hier heute reden, hat eine höhere Strafandrohung überhaupt keine Wirkung. Sie gaukelt uns Wirksamkeit vor, ist aber alles andere als wirksam.
Der dritte aufgeworfene Aspekt ist der, dass das Strafmaß bereits ausreichend ist. Die Höchststrafe für die einfache Körperverletzung beläuft sich auf fünf Jahre, für die gefährliche und schwere Körperverletzung jeweils auf zehn Jahre Haft. Wenn heute bereits das mögliche Strafmaß nicht ausgeschöpft wird, dann ist es schlicht die falsche Reaktion, die mögliche Höchststrafe heraufzusetzen, sondern dann muss es eine Diskussion darüber geben, warum in so vielen Fällen nicht konsequent geurteilt wird.
Meine Damen und Herren, wir halten Ihre Vorschläge für ungeeignet und unangemessen. Eine Erweiterung des Straftatenkatalogs lehnt die Fraktion DIE LINKE ebenso ab wie die Heraufsetzung der Höchststrafen.
Nicht verschließen werden wir uns aber einer sachlichen Debatte um ein tatsächliches Gefährdungspotenzial und um geeignete, tatsächlich wirksame präventive Konzepte. Vor diesem Hintergrund erwarte ich auch von der Thüringer Landesregierung, dass sie der Versuchung widersteht, in das populistische Lied der Strafrechtsverschärfung einzustimmen und sich selbst - Herr Huber, da muss ich Sie ansprechen - und ihre Beteiligung an der Studie zu gewaltwilligen Polizeibeamten ernst nimmt.
Legen Sie dem Landtag die Studienergebnisse vor. Führen Sie eine Diskussion auf Grundlage belastbarer Fakten und bewahren Sie den Landtag vor - ich habe es gesagt - Schnellschüssen.
Zuletzt, es sei gestattet, auch die persönliche Erwartungshaltung eines SPD-Justizministers, die möchte ich zum Ausdruck bringen, nicht über jedes politische Stöckchen zu springen, was einem der Konservative, der Koalitionspartner in den Weg hält. Wir jedenfalls werden den Antrag ablehnen.
Danke, Frau Abgeordnete Renner. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir hatten es in dieser Woche schon einmal und ich werde nicht müde, das Plädoyer immer wieder in diesen Raum zu rufen, wir sind gegen jede Form der Gewalt, gegen Gewalt gegen Polizisten, Feuerwehrleute, Notärzte, aber natürlich auch gegen Gewalt gegenüber Ordnern bei Fußballspielen, Politikern, Postboten und ähnliche Menschen,
die immer wieder ganz klar in gefährliche Situationen kommen. Ich frage, wo wollen Sie hier an dieser Stelle Ihre Grenze ziehen? Ich kann es auch ganz kurz machen und sagen, zu der Wirkung hat Frau Renner eben recht viel und viel Richtiges gesagt.
Dann wende ich mich dem Innenminister zu. Wir erwarten Ende des Jahres, wenn ich es richtig weiß, eine Studie an der Thüringen sich beteiligt hat, die uns ein Konzept erarbeiten lassen könnte aufgrund einer fundierten Faktenlage. Den Schnellschuss, der heute hier seitens der SPD und CDU beantragt wird, werden wir nicht mitmachen. Wir wollen eine sachliche Diskussion, eine Diskussion, die wir im Ausschuss mit Daten wirklich führen können, aber nicht so eine übers Knie gebrochene, nur weil der Parteifreund aus Sachsen hier ein Projekt vorgeschlagen hat. Wir wollen das sachlich diskutieren und dann werden wir sachlich entscheiden, wie wir damit umgehen müssen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden heute über unseren gemeinsamen Antrag von CDU und SPD „Novellierung des Strafgesetzbuches zur Verbesserung des Schutzes von Polizeibeamten, Feuerwehrleuten und Rettungskräften“.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass die GRÜNEN und DIE LINKE manches vielleicht nicht sehen wollen. Herr Adams, es tut mir leid, aber wenn Sie einen Polizisten mit einem Postboten vergleichen, ist das schon sehr merkwürdig, denn der Polizist geht in den Einsatz und viele sind schon tot zurückgekommen. Ich habe noch nicht gehört, dass ein Postbote erschlagen wurde, er wurde vielleicht vom Hund gebissen. Deswegen finde ich das schon sehr merkwürdig, wie Sie damit umgehen.
Danke. Ich glaube, von den eigenen ist gar keiner mehr da. Ich freue mich, dass noch drei dageblieben sind. Danke.
Nein. Meine Damen und Herren, Frau Renner, auch Sie haben sich hier hergestellt unter dem Motto „Schnellschuss über das Knie gebrochen“. Ich weiß wohl, dass es die Studie, die in Auftrag gegeben ist oder wird, dass das so läuft. Wir waren aber in Berlin zur internationalen Sicherheitskonferenz. Es nehmen nicht alle Länder an der Studie teil. Ich muss sagen, ich kann die Länder verstehen, die nicht daran teilnehmen, ich kann aber auch die verstehen, die der Studie zustimmen. Fakt ist eins und das, glaube ich, ist, wenn 500 verletzte, teilweise schwerverletzte Polizisten aus dem Einsatz zurückkommen, ob ich da noch eine große Studie brauche, ist mir jedenfalls schleierhaft. Aber ich will deswegen nicht, dass wir nun das abbrechen. Das soll weitergemacht werden, damit wir noch weiter fundiertere Zahlen bekommen, denn wir haben schon genügend Zahlen. Deswegen bin ich eigentlich tief enttäuscht - man hat es schon gemerkt vorhin, dass wir den Punkt überhaupt aufgerufen oder vorziehen wollten -, wie Sie da agiert haben.
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zu so etwas können Sie doch einfach vorher Bescheid sagen...)
Na und, was ist denn da dabei? Jeder ist doch auf jeden Punkt vorbereitet, der in dem Plenum läuft, da brauchen sie doch nicht extra... Sie haben ja gesagt, die GRÜNEN sind immer da. Ich erinnere Sie nur mal daran, ich habe schon oft genug Ihre Bänke, da saß auch nur noch einer da, also immer schön ruhig bleiben und gewöhnen Sie sich daran, Sie müssen immer vorbereitet sein, da sich auch im Plenum was ändern kann.
Meine Damen und Herren, mir geht es einfach darum, dass man hier wirklich schon überall hört, sieht, dass es bis zu Toten gekommen ist schon bei der Polizei. Jeder weiß es und ich kann Ihnen nur sagen, dass gerade innerhalb ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik des PKS sind Widerstandshandlungen gegen die Staatsgewalt innerhalb der letzten 10 Jahre um über 30 Prozent gestiegen.
Ich kann Ihnen jede Menge Beispiele bringen, aber Ihnen, Frau König, garantiert nicht. Ich wollte mich eigentlich zurückhalten, wer da wo, wann tätig ist, aber ich will einmal wenigstens noch bemerken, wer die Wurfgeschosse von Topf und Söhne gesehen hat und Brandflaschen, was da vorbereitet war, der weiß, wer diese Dinge und was damit passiert. Aber ich will gar nicht auf das Gebiet gehen jetzt mit Ihnen.
Mir geht es einfach darum, das Ziel unseres Antrags ist, den Schutz dieser Menschen in Uniform zu erhöhen. Uns ist es vollkommen egal, ob das in § 113 StGB oder in § 223 Strafgesetzbuch erfolgt. Das ist Ausarbeitung dann, die die Exekutive nach allen Abwägungen und Abgleich hier vornehmen kann und muss. Das ist unser Ziel. Wir wollen, dass die Menschen, die für uns in den Einsatz gehen - teilweise sind es auch Ehrenamtliche, es geht auch um Rettungskräfte und es geht auch um Feuerwehrleute - dort mit hineinkommen. Das ist doch wohl das Normalste von der Welt. Das hat weder was mit Populismus oder irgendwas zu tun, wie Sie das darstellen. Ich bin hell empört, wie Sie hier mit dem Antrag umgehen.
Ich denke, meine Damen und Herren, wir können einfach nicht mehr tatenlos zusehen, was dort passiert. Sie können in den Kriminalstatistiken alle nachlesen - wenn Sie es selber nicht finden, dann liefere ich sie Ihnen - wie die Gewaltbereitschaft gestiegen ist. Und die Gewaltbereitschaft ist im rechtsextremen Lager da, aber sie ist eben leider auch im linksextremen Lager eminent angestiegen. Wir müssen also beides betrachten und mittlerweile wagt sich sogar die Gesellschaft über solche Dinge offen zu sprechen. Bis vor Kurzem noch war es ja ein Tabu. Wenn man über die rechte Gewalt gesprochen hat, das war ja ganz normal, da müssen wir ja alle mitmachen, aber wenn man über die linksextreme Gewalt gesprochen hat, naja usw. Gewalt ist Gewalt und Gewalt muss mit aller Härte des Gesetzes auch geahndet werden. Damit man hier entsprechend...
Das Ihnen das nicht passt, ist mir vollkommen klar, aber ich erwarte auch nicht von Ihnen Zustimmung. Das habe ich vorher nicht erwartet und das erwarte ich auch nicht. Es geht uns darum, dass unsere Polizeibeamten, Feuerwehrleute, Rettungskräfte nicht unnötig weiter verheizt werden, dass sie wissen und dass auch die Gegner wissen, dass ihnen wirklich mit brachialen Mitteln und des Staates entgegengetreten wird. Ich bin kein Verfechter, der immer wieder nur Verschärfung, Verschärfung, überhaupt nicht. Ich will aber keine Justizschelte anfangen. Wir können
nichts machen. Wir können auch nur an die Justiz immer wieder appellieren, dass sie den Strafrahmen ausschöpft und so weiter und so fort. Aber es ist einfach so, meine Damen und Herren, es sollte auch ein übergreifendes Anliegen eigentlich sein. Jetzt komme ich darauf, warum es übergreifend sein sollte.
Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen einmal, die Deutsche Polizeigewerkschaftszeitung zu lesen, da können sie einmal nachlesen. Die Überschrift heißt …
Sie haben noch nicht einmal mitbekommen, obwohl Sie polizeipolitische Sprecherin sind, dass es eine Gewerkschaft der Polizei gibt und dass es einen Bund Deutscher Kriminalbeamter gibt und die Deutsche Polizeigewerkschaft. Das, was da drinstand, war in der Deutschen Polizeigewerkschaft. So viel sollten auch Sie mittlerweile wissen, wie das auseinanderzuhalten ist.
Sie können sich ja gern das Exemplar besorgen, das ist Nr. 5 Mai 2010 „Europaweite Gewalt gegen Polizisten“. Es ist kein Thüringer oder kein bundesrepublikanisches, es ist mittlerweile ein europaweites Problem. Es wird immer härter. Die Polizisten und die Entsprechenden, die dort im Einsatz sind, werden immer härter attackiert. Das ist fast schon selbstverständlich und bei dem einen oder anderen ist es schon ein Volkssport geworden. Dass der Bundesvorsitzende Herr Freitag ganz klar sagt, gerade jetzt wieder vor dem 1. Mai, wir haben ja alle die größte Sorge, das ist ja schon besprochen worden, der Mob wird wieder toben.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schüren Sie doch einmal nicht so eine Angst hier.)
Frau Rothe-Beinlich, dass Ihnen das nicht passt, verwundert mich zwar, aber Sie werden doch noch wahrnehmen, dass die Gewerkschaften - ich beantworte keine Frage - hier, die vertreten ihre Kolleginnen und Kollegen, die da zu Schaden kommen.
Was Sie schüren oder nicht schüren, ist mir doch vollkommen egal, aber wir unterstützen unsere Polizei.
Wir werden uns dafür einsetzen, was ich bei Ihnen überhaupt nicht erkennen kann und bei der LINKEN sowieso nicht.
Meine Damen und Herren, wir sollten einfach das auch sehen. Es hat auf Europa übergegriffen. Sie können das alles nachlesen. Ich hoffe nur, dass die Polizei und andere diese Debatte verfolgen, wo denn ihre Unterstützer sind und wo nicht. Ich glaube auch, wenn man das ansieht, überall im Bund und in allen Ländern wird darüber gesprochen und es ist sehr, sehr ernst, was dort gesagt wird. Wenn Sie sich mal inhaltlich damit beschäftigen würden, würden Ihnen die Haare zu Berge stehen, und was dort alles zum Vorschein kommt. Ich stimme dort Herrn Freitag ausdrücklich zu und auch unserem Landesvorsitzenden der GdP. Ich stimme denen ausdrücklich zu und ich werde Ihnen jetzt nicht die ganzen Zahlen hier vorlegen. Ich empfehle Ihnen, dass Sie das nachlesen. Auch in Europa ist es voll und ganz angekommen. Wir müssen in Europa dagegen gemeinsam vorgehen, dass solche Dinge nicht weiterhin passieren. Ich glaube, meine Damen und Herren, wir alle, eigentlich das Parlament, sollten hinter denen stehen, die den Kopf für andere hinhalten. Das ärgert mich wirklich maßlos, dass Sie sich hier, aus welchen Gründen auch immer, zurückziehen, ach, könnte doch und sollte doch usw.