Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

Es ist für mich absolut unverständlich, dass die SPD den aus unserer Sicht berechtigten Kampf dagegen mit dem Platznehmen auf der Regierungsbank plötzlich vergessen hat. Es ist schon interessant, dass jetzt sogar eine SPD-Ministerin dafür die politische Verantwortung zu tragen hat. Ich könnte meine politischen Überzeugungen nicht so einfach über Bord werfen.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion im Thüringer Landtag lehnt jedenfalls das Landeserziehungsgeld weiterhin kategorisch ab

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Da sind Sie aber allein in der Opposition, das können Sie gar nicht.)

- das ist nicht schlimm -, und das aus gutem Grund, lieber Herr Mohring. Wir haben es hier mit einer staatlichen Maßnahme zu tun, die einzig und allein darauf abzielt, einem veralteten Familienbild und dadurch einer erhofften Wählerklientel gerecht zu werden.

(Beifall FDP)

Das Elterngeld verursacht gravierende Fehlsteuerungen, indem gerade die Familien ihre Kinder zu Hause lassen, bei denen eine gute Betreuung in einer qualitativ hochwertigen Kindereinrichtung empfehlenswert wäre. Es ist also kein pädagogischer Ansatz der Eltern, sondern ein fiskalischer Anreiz. Warum dies der Staat bei seinen knappen Ressourcen fördern soll, bleibt mir unverständlich.

(Beifall FDP)

Auch kann ich nicht erkennen, weshalb hier die Frage der Gerechtigkeit seitens der CDU immer wieder ins Feld geführt wird. Es erwirbt niemand, der von einer finanziellen Leistung des Staates, beispielsweise Zuschüsse des Landes an die Kindertagesstätten, nicht profitiert, automatisch das Recht auf eine Ausgleichszahlung. Diejenigen, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen, haben keinen originären Anspruch auf eine staatliche Leistung, ganz im Gegenteil.

(Beifall FDP)

Die staatliche Leistung ist Finanzierung der Kindertagesstätten und wer dies nicht nutzen will, der tut dies in aller Regel freiwillig.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, auch ordnungspolitisch kann man diesen aus Steuermitteln finanzierten Maßnahmen nicht zustimmen. Die Erziehungspflicht liegt in erster Linie ganz allein bei den Eltern. Das bedeutet, dass auch alle Aufwendungen, die mit der Geburt einhergehen, zunächst durch die Eltern selber zu tragen sind. Finanzielle Leistungen des Staates gegenüber den Eltern sind also freiwillig. Wenn der Staat hier eingreift und Regelungsbedarf sieht, muss er sicherstellen, dass die Aufwendungen auch in seinem Sinne eingesetzt werden. Genau dafür gibt es die gesetzlichen Regelungen und Verordnungen, die die Zulassung, den Betrieb und die Qualitätssicherung in den Kindertagesstätten festlegen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Landesregierung so weit gehen würde, dies auch für das heimische Kinderzimmer beschließen zu wollen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Da kann man sich nicht sicher sein.)

Auch finanzpolitisch ist das Thüringer Landeserziehungsgeld eine Katastrophe. Sie wenden dafür jedes Jahr ca. 32 Mio. € auf. Dies entspricht im Übrigen ziemlich genau der Wirtschaftsleistung, die z.B. die Stadt Jena im Jahr 2009 durch Gewerbesteuern einnehmen konnte - nur noch mal zur Wahrnehmung der Summe. Für uns ist es klar, Frau Präsidentin, jetzt zitiere ich ein aktuelles Mitglied der Landesregierung, „dass man mit dem Familienbild aus dem 19. Jahrhundert keine Politik machen kann, die im 21. Jahrhundert gültig ist“, zweitens, „dass Sie eine Politik gegen den Mehrheitswillen der Eltern in Thüringen betreiben, dass die Konstruktion Thüringer Erziehungsgeld dazu führt, dass sich Eltern, die immer weniger Geld im Portemonnaie haben, häufig für die Geldleistung entscheiden und eben nicht für die Kindereinrichtung“, drittens, „dass es sozial ungerecht ist, aus ideologischen Gründen mit einem

Familienbild aus ferner Vergangenheit Eltern, die über ein gutes Einkommen verfügen, ein Landeserziehungsgeld zu zahlen“, viertens, „dass wir uns das nicht leisten können in Thüringen“. Die Person, von der alle letztgenannten Zitate stammen, ist der jetzige stellvertretende Ministerpräsident und SPDBildungsminister Christoph Matschie. Leider ist er nicht hier.

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bil- dung, Wissenschaft und Kultur: Hier bin ich.)

(Heiterkeit im Hause)

(Beifall FDP)

Als ich angefangen habe, waren Sie leider noch nicht da. Herzlich willkommen, Herr Matschie.

(Unruhe im Hause)

Landesvorsitzender einer Partei, die noch vor neun Monaten das Landeserziehungsgeld zum Teufel gewünscht hat. Herr Matschie, das ist für mich klare Wählertäuschung.

(Beifall FDP)

Dass Sie dann auf Ihrem Jubelparteitag in Ilmenau sich noch hinstellen und behaupten, die SPD ist der Reformmotor der Regierung, lässt mich stark an Ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln.

(Beifall FDP)

Noch zwei Worte zur Stiftung Thüringer FamilienSinn: Wir haben das schon ausführlich gehört. Im Gegensatz zu Frau Siegesmund, die sich beklagt über das komplizierte Stiftungsrecht, sage ich: Wir wollen die Thüringer Stiftung FamilienSinn nicht haben

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir auch nicht.)

und wir werden prüfen, wie diese - vielleicht können wir es auch zusammen machen - abgeschafft wird.

Herr Kollege, würden Sie bitte Ihren letzten Satz formulieren.

Das mache ich. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Lassen Sie uns diese Doppelstruktur abschaffen, die

Personal- und Sachkosten jedes Jahr einsparen, um sowohl das Landeserziehungsgeld als auch das Stiftungsvermögen den Personen zukommen zu lassen, die es wirklich nötig haben. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Eckardt zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich verspreche, ich werde mich kurz fassen, denn zwei Tage Haushaltsdiskussion, da kann man durchaus mit einem kurzen Redebeitrag sich in die positiven Gedanken der Kollegen hier einbringen.

(Beifall CDU, SPD)

Es liegt uns ein gelungener Einzelplan 08 vor, der nicht von Kürzungen, sondern von Kontinuität geprägt ist und den man schlicht und ergreifend nicht zerreden muss. Aber lassen Sie mich auf ein paar Erhöhungen eingehen. Ich denke hier z.B. an den Bereich der Jugendarbeit. So ist der Einstieg in die Erhöhung der Jugendpauschale gelungen. Im Vergleich zum Haushaltsjahr 2009 ist hier 1 Mio. € mehr eingestellt worden.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: 300.000.)

Im Bereich der Jugendberufshilfe ist auch eine 15prozentige Erhöhung im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Hier ist ganz klar zu erkennen, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Aber auch im Bereich des Blindengeldes ist es gelungen, die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, um das Blindengeld um 50 € zu erhöhen auf nun 270 € ab 1. Juli.

(Zwischenruf Dr. Schubert, Staatssek- retär: Im Plan.)

Natürlich weiß ich, dass das nicht der Wunsch und die Erfüllung aller Träume ist, aber eine weitere Erhöhung, wie von der Fraktion DIE LINKE und von Herrn Kubitzki vorhin noch einmal gefordert, wäre natürlich wünschenswert, aber sie aus Einsparungen im Bereich des Maßregelvollzugs und des Verfassungsschutzes zu finanzieren, erscheint mir dann doch etwas fragwürdig und wohl doch etwas wieder wie so oft in die populistische Schiene gepresst. Hierfür kann ich leider kein Verständnis aufbringen.

Erfreulich ist auch der Zuschuss an die Landesseniorenvertretung. Er wurde konstant gehalten und somit ist auch die Arbeitsfähigkeit der Landesseniorenvertretung in Zukunft gesichert. Die Kosten für einen Geschäftsführer, für die Sachkosten der Geschäftsstelle, aber auch für den Seniorenreport und das Jahresseminar der Landesseniorenvertretung in Bad Blankenburg ist gesichert.

Auf die Krankenhausfinanzierung und die allgemeine Gesundheitsvorsorge ist der Kollege Gumprecht vorhin recht ausführlich eingegangen. Ich will Ihnen daher Wiederholungen ersparen, da ich mich inhaltlich hier voll anschließen kann.

Aber ein letzter Punkt muss hier noch erwähnt werden: Das in der Erarbeitung befindliche Landesprogramm für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Thüringen ist finanziell sehr gut hinterlegt und wird auch so umgesetzt werden können. Wie wichtig der Kampf gegen Extremismus ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss ich mit Blick auf den morgigen 1. Mai hier wohl nicht noch einmal weiter ausführen. Auch hier befinden wir uns auf dem richtigen Weg.

(Beifall SPD)

Ich habe versprochen, mich kurzzufassen, weil uns auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen die Einnahmen wegbrechen, ein guter Haushalt vorliegt, der Grundlage für eine gute Sozialpolitik in Thüringen sein wird. Ich darf um Ihre Zustimmung für den Einzelplan 08 bitten und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen aus den Fraktionen vor. Für die Landesregierung Frau Sozialministerin Taubert, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst einmal möchte ich mich bei allen Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitikern bedanken. Wir streiten oft und wir streiten immer in der Sache. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, streiten wir für Sozialpolitik im engeren Sinne. Wir wissen auch gemeinsam, dass Sozialpolitik in Thüringen und der Thüringer Landesregierung nicht bedeutet, nur auf das Sozialministerium zu schauen, sondern zum Beispiel auf das Kultusministerium, auf das Wirtschaftsministerium zu schauen, wo Sozialpolitik im ganz elementaren Bereich auch und gerade

in großen Größenordnungen stattfindet. Gestern konnten wir einen Beitrag gemeinsam dazu leisten.

Ich freue mich auch, dass aus der Fraktion DIE LINKE und aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN konstruktiv kritische Begleitung angesagt wurde. Ich finde das sehr gut. Wir haben in den vergangenen Jahren um viele Dinge gemeinsam gestritten und dies auch im Koalitionsvertrag zu Teilen aufschreiben und gemeinsam vereinbaren können. Einzelnes - es ist auch schon erwähnt worden - ist angegangen worden.

Ich möchte ein Thema herausnehmen - Stiftungen: Es ist so, Sie werden mich nicht dazu bekommen, eine weitere Stiftung zu gründen, da können Sie sicher sein.