Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

(Beifall DIE LINKE)

dann kann man allerdings zu der Überzeugung kommen, dass die Green-Tech-Agentur dann eher ein groß bezahlter Bereich der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums ist und das ist doch sicherlich nicht gemeint an dieser Stelle. Eine Bemerkung zum 1000-Dächer-Photovoltaik-Programm: Das ist richtig angelegt. Es ist eigentlich die einzige wirklich zentrale, konkrete Maßnahme im Energiebereich im Haushalt. Das ist natürlich okay und trotzdem gibt es über

haupt keinen Grund, warum nur diese eine Sparte angesprochen wird, meine Damen und Herren. Ein grundlegender Energiewechsel in Thüringen geht nur dann, wenn alle regenerativen Energien gefördert werden. Das Land besitzt dafür ideale Voraussetzungen, Wind- und Wasserkraft, Biomasse, Solartechnik, Holzreichtum, Geothermie. Alles das müssen wir in den nächsten Jahren in ein Paket schnüren und öffentlich im Komplex voranbringen und fördern mit strukturellen und mit finanziellen Mitteln. Sonst bleiben unsere positiven Sichten auf das Energieland Thüringen eher theoretisch. Wir haben sogar längerfristig, ich betone längerfristig, das Potenzial, dass wir uns in Thüringen aus eigenen Mitteln mit Energie versorgen können. Das ist ein weitreichendes Ziel, aber gerade deshalb sollten wir es uns stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Zum Forschungsbereich will ich an dieser Stelle nur bemerken, dass es hier Mittelkürzungen gibt. Das scheint uns nicht günstig, da es bereits im vergangenen Jahr schon Entwicklungen gegeben hat, auch krisenbedingt, die nicht sehr positiv waren. Wir müssen dort eher verstärken.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen, meine Damen und Herren. Ich möchte auf ein Thema eingehen, was wir hier schon sehr lange miteinander diskutiert haben, das ist die Frage Vergabegesetz. Wir haben einen eigenen Entwurf eingebracht. Die Landesregierung hat einen angekündigt. Ich hoffe darauf, dass wir den in der nächsten Zeit auf den Tisch bekommen, um dann gemeinsam zu debattieren. Warum ist das nicht nur landespolitisch und auch nicht nur arbeitsmarktpolitisch eine so wichtige Frage? Das Erste ist natürlich klar. Gerade Klein- und Mittelstand brauchen sichere Vergabebedingungen. Dann haben wir die zweite Frage. Wir brauchen vernünftige Löhne in diesem Land; die neue Landesregierung und der Minister haben das immer wieder deutlich gemacht. Dann steht damit noch eine andere Frage in Verbindung. Die hat mit dem zu tun, was fast jeder Redner hier berechtigterweise, angefangen bei Frau Ministerpräsidentin gestern, bemerkt hat, nämlich die Frage der Krise. Angesichts der heutigen Nachrichtenlage und der Geschehnisse der vergangenen Tage muss man das unbedingt in diesem Zusammenhang aufrufen. Vergabegesetz ist natürlich auch eine der Varianten gegen Lohndumping. Meine Damen und Herren, Lohndumping in der Bundesrepublik Deutschland, seit Jahren betrieben, ist eine der Hauptursachen und der hausgemachten Ursachen dieser Krisenprozesse. Unser großer Außenhandelsüberschuss hat bei uns dazu geführt, dass wir ihn erkauft haben mit diesen niedrigen Löhnen. Aber in den internationalen Beziehungen hat er dazu geführt, dass unsere Handelspartner in den südeuropäischen Ländern eine immer schlechtere Bilanz haben.

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Das ist doch Quatsch.)

Das ist kein Quatsch, meine Damen und Herren von der FDP. Das sollten Sie sich wirklich einmal genauer ansehen. Jetzt sind wir in folgender Lage: Nicht nur, dass Griechenland ein großes Haushaltsdefizit hat, dass es in Portugal droht und alle anderen Fragen damit verbunden sind, sondern wir sind in der Lage, dass unsere deutschen Banken an diese Länder in den letzten Jahren eine große Anzahl von Krediten ausgegeben haben. Ich sage Ihnen, wenn wir uns nicht aufraffen, und das wird so kommen, diesen Ländern zu helfen, dann wird es auf uns, auch auf unsere Banken zurückfallen, weil diese Länder dann diese Kredite nicht mehr bedienen können. Meine Damen und Herren, sehen Sie es doch endlich mal ein.

(Unruhe FDP)

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb ist unser Fortschritt, der heute berechtigt zum Teil positiv gesehen wird, auf dem Arbeitsmarkt teuer erkauft und wenn wir nicht umlenken in dieser Hinsicht, dann wird sich diese Frage zuspitzen. Deshalb zum Beispiel - da bin ich sehr bei Herrn Gabriel, wenn ich ihn richtig verstanden habe - ist es für Banken im Übrigen auch ein Selbstinteresse, dass sie beteiligt werden an diesen Prozessen und dass sie in eine Umschuldung gehen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie nicht mal das erkennen, meine Damen und Herren, dann muss ich Ihnen sagen, ist es um die Wirtschaftskompetenz der deutschen Großbanken insbesondere sehr schlecht bestellt. Deshalb, meine Damen und Herren, ist die Frage Arbeitsmarktpolitik, die Frage guter Löhne, die Frage von Mindestlöhnen mindestens genauso wichtig wie die direkte Wirtschaftsförderung für eine zukunftsfähige Entwicklung.

Herr Abgeordneter, Sie denken an die Redezeit, sie ist zu Ende.

Das mache ich. Frau Präsidentin, ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht zu uns Abgeordneter Adams von der Fraktion BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, was kann man in der Wirtschaftspolitik wirklich gestalten und gut machen? Man kann Fördermittel akquirieren und nach Thüringen holen, man kann zukunftsfähige Branchen fördern und man kann durch Forschung und Technologie Optionen schaffen und in sie investieren, woraus sich zukünftige Potenziale erarbeiten lassen. Das ist gut so. Das zeigt dieser Haushalt, dass man das hier in Thüringen begriffen hat. Früher war es in Thüringen eher so, dass man mit einer Unmenge von Beton durch das Land gelaufen ist und das Infrastruktur genannt hat, dass man diesen Beton hier eingebaut und dann geglaubt hat, wirklich etwas für die Wirtschaft erreicht zu haben.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist gut, dass man hier heute andere Wege geht. Die Investitionen in die Zukunftsbranche, zum Beispiel der erneuerbaren Energien, ist ein ganz richtiger Weg. Aber man darf natürlich nicht einäugig werden, sondern muss die gesamte Wirtschaft Thüringens in den Blick nehmen. Dafür braucht man natürlich einen Atlas, um einen Überblick zu bekommen. Insofern ist es sicherlich richtig, dass man sich einen guten Atlas besorgt und alle wissen, die sich schon einmal einen guten Atlas gekauft haben, dass gute Atlanten natürlich ihr Geld wert sind und ihr Geld kosten. Schlecht daran ist es, dass wir dafür eine enorme Neuverschuldung in Kauf nehmen müssen.

Aber es ist so, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Machnig, es wird ganz wesentlich auf die Konstruktion Ihrer Förderprogramme, die Sie zunächst in diesen Haushalt eingestellt haben, auf das tägliche Umgehen mit den Fördermitteln und die Bescheide und Auflagen, die es dazu gibt, ankommen, um das Ziel zu erreichen. Das Ziel muss doch ganz klar sein, alles, was wir heute investieren, muss in der Zukunft eine Ersparnis bringen, muss in der Zukunft einen Ertrag bringen oder wenigstens Optionen und neue Chancen eröffnen. Ebenso wird sich natürlich noch zeigen, ob Ihr engagiertes energiepolitisches Programm sich innerhalb dieser Koalition überhaupt durchsetzen wird. Spätestens bei der Windenergie - und die ist ganz elementar auf dem Weg zu 100 Prozent Erneuerbaren - wird es, glaube ich, noch einige Diskussionen innerhalb Ihrer Koalition geben. Aber das soll nicht unser Problem sein.

Zwei wichtige Energiefragen - hier schon angerissen - will ich noch einmal genauer ausführen: Entscheidend wird in den nächsten Jahren sein - und da muss

investiert werden -, dass wir jetzt die Richtung einschlagen, um im Jahr 2050 Thüringen Tatsache mit 100 Prozent erneuerbaren aus Thüringen stammenden Energien versorgen zu können. Das ist eine Mammutaufgabe und das wird man nicht schaffen, wenn man heute zögerlich ist und heute in den regionalen Raumordnungsplänen zum Beispiel den Ausbau der Windenergie vollkommen vernachlässigt. Darin stecken, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur enorm viele Herzbluttropfen von Grünen, sondern ein unglaubliches Wertschöpfungspotenzial für Thüringen.

Erneuerbare Energien, meine sehr verehrten Damen und Herren, das spart Geld, und zwar der Thüringerinnen und Thüringer und der Thüringer Wirtschaft, weil erneuerbare Energien natürlich viel günstiger sind, auch bei allem, was hier in diesem Haus immer behauptet wird. Sie sind günstiger im Gesamtkostenvergleich

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und wir entwickeln damit eine ganz neue Branche in Thüringen. Da, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt der Haushalt zu wünschen übrig. Man darf sich nicht auf die PV konzentrieren, man darf nicht nur bei der PV stehen bleiben. Energieeffizienz, Geothermie, Solarthermie und Windkraft müssen sich noch viel stärker in diesem Haushalt abbilden lassen, wenn man eine fortschrittliche Energiepolitik hin zu 100 Prozent Erneuerbaren angehen will.

Weiterhin müssen wir die Frage ganz strategisch beantworten, ob wir die in Thüringen erzeugte Energie denn zentral erzeugen und auch dezentral nutzen wollen oder ob wir weiterhin dem Glück von großen zentralen Systemen in der Energieversorgung hinterherhinken, die uns dann, wenn wir uns nur der Zentrale unterstellen, immer mit hinreichend Energie versorgen. Das ist ein Trugschluss und diese zentralen Systeme in der Energieversorgung - bei der Versorgung besonders mit Erdöl ist das deutlicher denn je - sind teuer und sie sind auch ganz großer Quatsch, wenn man etwas für die Bürger rausholen will. Fragen Sie mal in den Unternehmen in Thüringen nach, wie oft die mit den Stadtwerken ernsthaft über die Energiekosten verhandeln können und auch zu guten Abschlüssen kommen, wenn es darum geht, den Energiepreis runter zu bekommen, weil die Stadtwerke nämlich - Tatsache - ein Anliegen daran haben, dass sie vor Ort bleiben. Probieren Sie das mal mit einem europaweiten Stromanbieter. Dem ist das vollkommen egal, wo sie ihr Werk aufstellen. Deshalb brauchen wir die 380-kV-Leitung nicht

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und insbesondere ist sie auch ganz schädlich für einen weiteren wichtigen Wirtschaftszweig, nämlich den Tourismus. Tourismusförderung ist der eine Teil, aber das bedeutet natürlich auch immer noch, dass wir mit unserer ganz speziellen Thüringer Nahrungsmittelindustrie hier zur Förderung kommen. Wir fördern Kulturwirtschaft, wir fördern den Einzelhandel. Tourismusförderung ist deshalb ein ganz enorm wichtiger Bereich. Es ist absolut nicht hinnehmbar, dass wir immer noch hinter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen liegen. Es ist nicht hinnehmbar und auch nicht relativierbar. Die Thüringer Schätze in Kultur, Natur und natürlich im urbanen Leben müssen bekannter gemacht werden.

An dieser Stelle wollte ich mich noch mal der FDP widmen und ihr Kompetenzproblem mit einem weiteren Beispiel erhellen. Das kann ich mir sparen, weil ich heute ein Interview in einer Thüringer Zeitung gelesen habe vom IHK-Präsidenten Ostthüringen, Herrn Bauerfeind, und dem habe ich überhaupt nichts hinzuzufügen. Da er auch Herrn Machnig kritisiert, ist er, glaube ich, ganz unverfänglich, ein Linker zu sein. Insofern, die Kritik hat Herr Bauerfeind geübt.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, darauf können wir uns einigen.

Lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt eingehen. Wir haben versucht, mit unserem Antrag in Drucksache 5/876, in dem wir Energieeffizienzmaßnahmen an Thüringer Liegenschaften finanzieren und das nicht durch Mehrausgaben, sondern durch Energieeinsparungen, die infolge dieser Effizienzmaßnahmen realisiert werden können, eines zu zeigen, das, was ich am Anfang gefordert habe: Wenn wir heute über Wirtschaftsförderung nachdenken, dann müssen wir in revolvierenden Fonds denken. Wir müssen uns klarmachen, das, was wir heute investieren, muss eine Ersparnis bringen, muss einen Ertrag bringen oder muss uns eine Chance eröffnen. Wir können es uns nicht leisten, mit der Gießkanne weiter zu fördern. Wir müssen bei jeder Förderung im Wirtschaftsbereich ganz klar aufzeigen können, wo dies nützt. Wir haben das versucht, exemplarisch hier an dieser Stelle zu machen. Wir wollen hier zeigen, dass, wenn es dem Land, dem Freistaat Thüringen, doch gelingen kann, mit einem Energieeffizienzprogramm Potenziale zu erschließen, das Wissen dann exemplarisch dokumentiert und für weitere Gruppen, für die Kommunen, für die Thüringer Wirtschaft erschlossen werden muss. Hier machen wir noch viel zu wenig; bei der Energieeffizienz zeigt der Haushalt eigentlich auch noch seine Lücken.

Ein weiterer Punkt - Herr Hausold hat es schon angesprochen - ist mir sehr wichtig: das Landesarbeits

marktprogramm. Gerade - es ist gut, dass wir das bekommen werden - vor dem Hintergrund eines drohenden Fachkräftemangels muss es unser aller Anliegen sein, aus dem Potenzial zu schöpfen, in Menschen Talente zu erschließen, die bisher durch die Gegend liefen und sagten,...

Herr Abgeordneter, denken Sie an die Redzeit.

Das Blatt lag darüber. Ich bin sofort am Ende.

Wir können in Menschen Potenziale erschließen, die bisher das Gefühl hatten, nicht gebraucht zu werden. Unterm Strich: Dieser Haushalt hat Potenziale, aber er zeigt noch nicht, wie er nachhaltig gemacht werden kann. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Als Nächster spricht der Abgeordnete Kemmerich von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, meine Damen und Herren auf der Besuchertribüne, ja, Wirtschaft - Herr Adams hat damit begonnen und als Erstes bezog er sich auf Fördern, Fordern und Subventionen - unser Ansatz für Wirtschaftspolitik ist natürlich ein ganz anderer, das wird hier keinen verwundern.

(Beifall FDP)

Wir gehen davon aus, es gilt, Strukturen zu schaffen, die nachhaltig sich selbst tragen können.

(Beifall FDP)

Es gilt natürlich auch dafür, dass wir mit Freuden gelesen haben, was im Koalitionsvertrag steht. Auf bewährtem Fundament wollen Sie Thüringen weiterführende Impulse geben. Dann lesen wir eben, dass 23 Jobcenter geschaffen werden sollen, mit jedem Jobcenter drei neue Angestellte.

Meine Damen und Herren, als wir noch über 5 Mio. Arbeitslose in diesem Lande hatten, hatte die Bundesagentur für Arbeit 70.000 Mitarbeiter. Jetzt haben wir noch 3,5 Mio. Arbeit Suchende und knapp

100.000 Mitarbeiter bei der Bundesagentur für Arbeit und Thüringen will dem noch mal ca. 70 weitere hinzufügen. Wir halten das für eine unnötige Doppel-, wenn nicht Dreifachstruktur, die wahrscheinlich nichts bewirken kann als für diese Leute, aber das sollte der Arbeitsbeschaffung nicht dienen, auch einen Job zu verschaffen.

(Beifall FDP)

Diese Gelder, die hier eingestellt werden - es ist ja auch bezeichnend, die Koalition verteidigt das hier, es waren erst 14,5 Mio. €, dann hat man aber sagen können, okay, es reichen jetzt auch ca. 11,5 Mio. €. So wichtig scheint es nicht zu sein, wenn man auch hier ein bisschen ansetzen kann.

Meine Damen und Herren, es gibt in dem Haushalt einen Posten, der mit 11,4 Mio. € angesetzt ist, wo wir gefördert werden aus ESF-Mitteln, so dass insgesamt in Thüringen 132.738.600 € zur Verfügung stehen. Wenn das nicht reichen sollte, zielgerichtet wirklich Impulse für den Arbeitsmarkt zu geben, dann weiß ich es nicht. Diese 11,5 Mio. €, die hier weiter eingestellt worden sind, sind tatsächlich reine Schaufensterpolitik und dienen zur Befriedigung von Gelüsten oder von Profilierungssüchten