Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

Zu den vorgetragenen Einwänden hinsichtlich der Höhe des Landesblindengeldes stellen wir fest, dass diese Erhöhung um 50 € monatlich der Vereinbarung in dem Koalitionsvertrag der Koalitionsparteien entspricht. Letztlich hat die Landesregierung auch mit Blick auf die Gesamtsituation im Land Verantwortung zur Maßhaltung. Sollte ein blindheitsbedingter Bedarf mit erhöhtem Landesblindengeld dennoch nicht abgedeckt werden können, stehen bei Bedürftigkeit ergänzende Leistungen im Rahmen der Blindenhilfe nach § 72 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe SGB XII zur Deckung des notwendigen blindheitsbedingten Mehrbedarfs bis zu einer Höhe von 608,96 € monatlich zur Verfügung. Ebenso ist es möglich, Leistungen der „Thüringer Stiftung Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen“ zu beantragen. Die Stiftung gewährt besonders betroffenen blinden und sehbehinderten Menschen in Thüringen unbürokratische Hilfen. Die Unterstützung für blinde und sehbehinderte Menschen in Thüringen besteht damit aus drei Säulen, die in ihrer Gesamtheit ein in sich gegenseitig ergänzendes, umfangreiches Hilfsangebot für diesen Personenkreis bilden.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, mit der heute vorgelegten Änderung des Blindengeldgesetzes, das ab 1. Juli 2010 Gültigkeit erlangen soll, setzt die Landesregierung ein weiteres Versprechen zeitnah um.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Aber nicht pünktlich.)

Ich danke Ihnen dafür, dass Sie dieses parlamentarische Verfahren rasch unterstützen und bitte um ihre Zustimmung.

(Beifall CDU, SPD)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erste erhält für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Stange das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem heute vorgelegten Dritten Änderungsgesetz zum Landesblindengeldgesetz wird ein neues Kapitel in der Geschichte des Thüringer Blindengeldes aufgeschlagen. Den Anstoß, um in der Fußballsprache zu bleiben, haben in den zurückliegenden Monaten immer und immer wieder die Mitglieder des Landesverbandes der Blinden und Sehbehinderten sowie dessen aktive Mitglieder gemacht. Nicht zu vergessen - und das sage ich auch mit gewissem Respekt und Stolz -, haben wir als Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen Anstoß unterstützt.

(Beifall DIE LINKE)

Erinnern wir uns: Der damalige Ministerpräsident Althaus sagte in einem seiner letzten Interviews, die Abschaffung des Landesblindengeldes war einer seiner größten Fehler. Ja, sage ich, das war so. Warum? Die Thüringer Menschen mit Behinderungen haben es der Politik, sprich der Landesregierung, sehr, sehr übel genommen und dies mit Recht, denke ich, dass ihre berechtigten Forderungen eines Nachteilsausgleichs immer in die „Abzockerecke“ gestellt wurden. Nachteilsausgleiche wie das Blindengeld, aber auch das Gehörlosengeld dürfen nicht nach Kassenlage eines Landes gezahlt werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sage ich auch ganz deutlich der jetzt im Moment nicht anwesenden Ministerin, die begründet hat, warum nur 50 € Erhöhung im Moment drin sind.

Trauriger Höhepunkt beim Thema Landesblindengeld war in der Vergangenheit die Abschaffung dessen in den Jahren 2006 und 2007. Erst aufgrund parlamentarischen, aber auch außerparlamentarischen Drucks sowie der Ankündigung eines Volksbegehrens - und hier schaue ich die Kolleginnen und Kollegen der SPD ganz intensiv an -, aber auch des Vorlegens eines gemeinsamen Gesetzentwurfs unsererseits im Jahr 2008, als wir damals schon immerhin 320 € Landesblindengeld eingefordert haben, hat sich die damalige Landesregierung bemüßigt gesehen, wieder eine Einführung eines Landesblindengeldes auf 220 € vorzunehmen.

Und nun, heute? Heute liegt uns ein Gesetzentwurf vor, in dem es um eine Erhöhung um 50 € geht. Nun könnte man sagen, auf den ersten Blick ist das okay, es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber - und an dieser Stelle will ich auch gleich mein „aber“ begründen -, werte Abgeordnete, es hat fast ein Jahr gedauert, ehe Sie diesen Gesetzentwurf, wo es um

die Einlösung von 50 € mehr Landesblindengeld ging, vorgelegt hatten. Ich werde den Eindruck nicht los, wenn nicht im Januar, Februar und März oder heute die blinden und sehbehinderten Menschen Thüringens hier oder vor der Staatskanzlei gestanden hätten und hätten ihren Protest zum Ausdruck gebracht, dann wäre, denke ich, bis heute kein Gesetzentwurf auf den Weg gekommen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hörte auch immer wieder in den letzten Wochen, dass die Finanzministerin, die im Moment den Raum verlassen hat, ein ganz, ganz großes Stoppschild aufgestellt hat, wenn es darum ging, das Landesblindengeld zu erhöhen. Sie hat sogar - so wurde gemunkelt - eindrücklich versucht, es zu verhindern. Nun, wenn sich die soziale Seite im Moment durchgesetzt hat, so ist das gut und richtig, aber wir wollen weiter im Text verfahren.

Mit dem vorgelegten Entwurf gibt Thüringen die bisherige Schlusslichtposition ab im Vergleich aller Bundesländer. Wir waren bisher das Bundesland, das das geringste Blindengeld gezahlt hat und mit den 50 € mehr rutschen wir auf - höre und staune - die vorletzte Stelle. Ich meine, das ist nun wirklich kein Grund, um sich mit Ruhm zu schmücken. Im Durchschnitt der Bundesländer werden 400 € im Monat einkommensunabhängiges Blindengeld gezahlt, und davon sind wir in Thüringen sehr, sehr weit weg. Nun könnten hartgesottene Sparfans - und von denen höre ich auch immer wieder - einwenden, wir haben schlechte Zeiten auch in der öffentlichen Kasse und da kann man nicht so viel soziale milde Gaben verteilen. Nun ja, sage ich an der Stelle einfach, der Spruch klingt zwar „nobel“, aber, ich denke, er ist einfach falsch. Das Blindengeld gehört nicht einfach zu den milden Gaben an arme, behinderte Menschen, sondern es sind finanzielle Aufwendungen, die notwendig sind, um das Recht auf gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mit umzusetzen. Dieses Recht auf gesellschaftliche Teilhabe ist nirgendwo anders verankert als in unserer Verfassung. Schaut man hinein, wird man in Artikel 2 Abs. 4 genau dieses lesen. Auch steht in der Verfassung, dass man diese Grundrechte nicht an Haushaltsmitteln, an Haushaltsgeldern einfach mal so je nach Kassenlage umsetzen kann, sondern es steht drin, die Landesregierung hat die Pflicht zum Umsetzen genau dieses Rechtsanspruchs. Da, denke ich, sind 50 € viel, viel zu wenig und sie können wirklich nur ein erster Schritt für die ersten Monate sein und es muss an der Stelle unbedingt ausgebaut werden.

Warum sage ich das? Wer sich in den zurückliegenden Wochen und Monaten mit blinden oder sehbehinderten Menschen intensiv in Gesprächen ausein

andergesetzt hat, weiß, dass sie, um ihren Nachteil auszugleichen, eine sehr große Anzahl von Hilfsmitteln benötigen und die sind nicht für wenige Euro oder wenige Cent zu haben. Sie brauchen bestimmte Leselupen, sie brauchen bestimmte PC-Ausrüstungen oder sprechende Haushaltsgeräte, um das alles zu handhaben, was wir Sehende einfach so ganz schnell klären können, wenn wir draußen unterwegs sind. Praktischer Nachteilsausgleich im ganz normalen Alltag für sehbehinderte und blinde Menschen heißt auch, dass man sich Assistenz leisten kann. Assistenz in Form von Begleitungen, die bei dem Besuch in Museen oder auch im Theater genau das noch nahebringen, was wir Sehenden erleben können. Da sage ich einfach, die Finanzierung dieses Nachteilsausgleichs muss durch ein einkömmliches auskömmliches Landesblindengeld gewährleistet werden. Hier, werte Mitglieder der Landesregierung, von denen im Moment nicht so sehr viele hier im Saal sind, haben Sie sehr, sehr großen Nachholbedarf.

Wir haben gerade von der Ministerin gehört, dass in einer Anhörung bereits die Mehrheit der Anzuhörenden sich sehr kritisch und auch negativ dahin gehend geäußert hat, dass bisher nur 50 € eingestellt worden sind. Wir werden an unser Versprechen, das wir bereits in der Beratung zum Landeshaushalt für 2010 gegeben haben, mindestens 100 € mehr Landesblindengeld ab 01.07. zu zahlen, anknüpfen und werden einen Änderungsantrag als Fraktion DIE LINKE in der zweiten Beratung zum Landesblindengeldgesetz einreichen, wohl wissend, dass das natürlich bei Weitem nicht reicht. Wir sagen, wenigstens 320 € im Monat, obwohl auch der Landesblindenverband sagt, wir brauchen mindestens 500 € im Monat, um die wirklichen Nachteile auszugleichen.

Werte Abgeordnete, als Sie vor wenigen Stunden hier das Haus betreten haben, haben Sie draußen vor dem Eingang des Landtags sicher noch einmal die Menschen mit Behinderungen, sprich die Blinden und Gehörlosen, gemeinsam erlebt, wie sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass es unbedingt einen Nachteilsausgleich für das Ausgleichen ihrer Behinderung braucht. Ich denke, das war ein sehr, sehr gutes Zeichen, dass man gemeinsam hier vor dem Landtag steht. Das war in den letzten Jahren nicht immer so, dass Mann, Frau, ob blind oder gehörlos, gemeinsam für den Nachteilsausgleich kämpft und auch an dieser Stelle sagen wir: Wir haben als LINKE sehr wohl den Koalitionsvertrag gelesen und wir haben auch sehr wohl die Beratungen des Landesbehindertenbeirats zur Kenntnis genommen, wo die Thematik eines Gehörlosengeldes im Mittelpunkt stand. Nach Kassenlage soll auch ein Gehörlosengeld im Moment nicht eingeführt werden. Aber wir, DIE LINKE, werden auch hier einen Gesetzesvorschlag in den nächsten Monaten erarbeiten, um den Nachteilsausgleich, der auch in einer UN-Konvention

finanziell und materiell festgeschrieben worden ist, in die Wirklichkeit in Thüringen umzusetzen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Koppe zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der uns heute vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung schließt ein langes Kapital kontroverser Diskussionen hier in diesem Hause ab. Das ist gut so. Die nun von Frau Ministerin Taubert, die leider jetzt hier nicht im Plenum ist, angesprochene Erhöhung des Blindengeldes von 50 € auf 270 € findet dabei grundsätzlich erst einmal unsere Zustimmung. Gerade wenn man sich bewusst macht, dass blinde Menschen erhebliche Mehraufwendungen haben, wenn sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen, dann ist diese Anhebung kein Akt der Gnade oder eines Almosens, sondern schlichtweg ein Akt der Vernunft und der Gleichberechtigung für diese Menschen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich zudem vergegenwärtigt, dass der Mensch ca. 80 Prozent seiner Informationen über das Auge aufnimmt und diese Informationen blinden Menschen ohne Hilfsmittel entgehen würden, wird einem bewusst, dass ein Betroffener erhebliche Mehraufwendungen zu leisten hat, will er aktiver Teil unserer Gesellschaft sein. Dies wiederum hat zur Folge, dass blinde Menschen in nahezu allen Lebenslagen auf Assistenz oder Blindenhilfsmittel angewiesen sind. Weder menschliche Assistenz noch Blindenhilfsmittel der Betroffenen sind dabei aber ohne finanzielle Mehraufwendungen zu erhalten. Für ganz normale Verrichtungen benötigt ein Blinder spezifische Hilfsmittel, die in der Regel weitaus teurer sind, als allgemein übliche Gebrauchsgegenstände. Beispiele sind Computerprogramme, die spezielle Texte oder Inhalte von Webseiten vorlesen, das sind sprechende Haushaltswagen, sprechende Mikrowellen und vieles andere mehr. Gleiches gilt zum Beispiel auch für Armbanduhren mit tastbarem Zifferblatt oder auch Wecker mit denselben Ausführungen. Wollen blinde Menschen sportliche oder kulturelle Veranstaltungen besuchen, so müssen sie eine Begleitperson oder ein Taxi in Anspruch nehmen. Gleiches gilt im Übrigen auch für Besuche bei Verwandten oder Freunden. Hier könnte ich beliebig weitere Beispiele nennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es zeigt sich also, dass die Proteste der Betroffenenverbände mit ihren 45.000 Unterschriften nicht etwa einem schamlosen Anspruchsdenken entspringen, sondern schlichtweg berechtigte Forderungen an das soziale Gemeinwesen waren. Die FDP hat schon 2005 ihr Unverständnis gegenüber der damaligen CDU-Position bekundet, nicht nur, weil sie damals genau das Gegenteil gemacht hat, was sie in ihrem Wahlprogramm versprochen hat, sondern weil das aus unserer Sicht falsch war. Deshalb ist es gut, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt dem Vorschlag ihres jetzigen Koalitionspartners folgt und das begrüßen wir. Ich muss aber auch sagen, es gehört Größe dazu, zuzugeben, dass man sich geirrt hat und von besseren Argumenten überzeugen ließ.

(Beifall FDP)

Nur sollte das die CDU auch einmal öffentlich bekunden und nicht nur kleinlaut hinter vorgehaltener Hand irgendetwas von Koalitionsvertrag murmeln.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Ihnen das gelänge, dann hätten Sie mit Sicherheit das gesamte Haus auf Ihrer Seite.

Meine Damen und Herren, die Kosten in Höhe von 1,7 Mio. € sind aus unserer Sicht vertretbar, nur muss die Landesregierung im Sinne einer ordentlichen und nachhaltigen Finanz- und Haushaltspolitik auch sagen, wo sie dieses Geld einsparen will. Es kann nicht sein, dass diese sicherlich richtige Maßnahme einfach unter der Rubrik Neuverschuldung abgebucht wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben so manchen Vorschlag - der eine oder andere Kollege und Kollegin wird sich erinnern - in der Haushaltsberatung dazu gemacht. Ich will nur noch mal auf das Landeserziehungsgeld verweisen. Das wären entsprechende Mittel, die im Haushalt freigemacht werden könnten. Wir werden nicht müde, deutlich zu machen, dass allein durch die Schuldenpolitik dieser Landesregierung in diesem Haushalt in Zukunft Jahr für Jahr bei einem angenommenen Zinssatz von 4,5 Prozent mindestens 37 Mio. € im Jahr Zinsen gezahlt werden müssen. Wir reden über Zinsen und nicht über Tilgung. Diese Zinsbelastung ergibt sich allein aus der Schuldenmacherei in diesem Haushalt von rund 820 Mio. €. Für dieses fehlende Geld könnten so einige Bedürftige und viele soziale Gruppen dauerhafte Unterstützung erhalten.

(Beifall FDP)

Sie werden noch sehen, dass dies eine der letzten Maßnahmen von Unterstützung von sozial Benachteiligten war, die sich Thüringen in Zukunft leisten wird. Und das - ich sage es noch einmal - ist das Ergebnis der Schuldenpolitik dieser Landesregierung.

Vielleicht wird den Kollegen der anderen Fraktion jetzt bewusst, warum die FDP ständig auf die Einhaltung fiskalischer Vernunft drängt.

(Beifall FDP)

Denn nur eine vernünftige Haushaltspolitik ist auch eine gute Sozialpolitik auch und vor allem für nachfolgende Generationen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Gumprecht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, aktuell leben etwa 5.000 blinde und etwa 15.000 sehbehinderte Menschen in unserem Freistaat. Es haben sich verschiedene Vertretungen und Vereine gegründet, die sich den Belangen von Sehbehinderten und Blinden zuwenden. Ihre besondere Leistung liegt im Aufbau eines breiten Angebots an Hilfen und Fördermöglichkeiten, aber auch an Projekten zur Einbindung sehbehinderter und blinder Menschen in unsere Gemeinschaft. Dafür gilt ihnen hier mein Dank.

Daneben hat der Gesetzgeber Hilfen für blinde und sehbehinderte Menschen eingeführt. Sie setzen sich in Thüringen aus drei Teilen zusammen. Zum einen gilt das Landesblindengeld als Ausgleich für die besondere Schwere der Behinderung. Zweitens: Wird der Mehrbedarf durch das Landesblindengeld nicht ausreichend abgedeckt, erhalten blinde Menschen Leistungen der einkommens- und vermögensabhängigen Blindenhilfe nach § 72 SGB XII. Dieser Betrag, Herr Koppe, beträgt immerhin über 600 €. Ich dachte, Sie hatten vorhin der Ministerin nicht zugehört an dieser Stelle.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Ich schon.)

Drittens stellt die „Thüringer Stiftung Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen“ unbürokratische und außerordentliche Hilfe zur Verfügung, um betroffenen Menschen zu helfen.

Meine Damen und Herren, Politik muss an die Menschen, muss an die Zukunft der Menschen denken. So hat auch Thüringen dies verinnerlicht. In diesem Sinne hat nämlich der Landtag 2007 im Haushaltsbegleitgesetz eine finanzpolitische Wende herbeigeführt und so aber auch Kürzungen durchgeführt, unter anderem auch das Blindengeld. Wir haben mit dem Ziel, zu sparen und keine neuen Kredite aufzunehmen, nämlich um die Schuldenlast für kommende Generationen nicht weiter zu steigern, an vielen Stellen Kürzungen - auch die Kürzung des Blindengeldes - vorgenommen.

Sie wissen, meine Damen und Herren, diese Entscheidung war auch in der CDU umstritten. Auch mir ist sie schwer gefallen. Ich sage hier, auch ich habe schweren Herzens dem Haushaltbegleitgesetz zugestimmt, weil ich an die Zukunft unseres Landes gedacht, aber damit auch das Blindengeld reduziert habe. Ich sage - und das auch ganz persönlich -, das war ein Fehler. Im Wahlkampf haben wir - und da speziell unsere damalige Gesundheitsministerin - den Blinden eine Anhebung um 50 € zugesagt. Wir haben dies gemeinsam mit der SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Diese Zusage setzen wir mit dem heutigen Gesetz um.

Im Vergleich mit den anderen Bundesländern erhalten Thüringer Blinde auch künftig ein relativ geringes Landesblindengeld. Wir bewegen uns auf dem drittletzten Platz, Niedersachsen und Brandenburg sind knapp hinter uns. Aber das ist keine Entschuldigung. Um Hilfen für blinde und sehbehinderte Menschen zu verwirklichen, gilt es jedoch weiter zu denken. Wenn wir von Gemeinschaft sprechen, dann müssen wir ebenso den Blick auf die verschiedenen von Behinderung betroffenen Menschen richten. Es ist bereits in den vergangenen Jahren durch unzählige, wirklich tolle Projekte und Angebote geschafft worden, Menschen mit Behinderung Hilfen zu geben. Mit dem Platz in unserer Gemeinschaft verbindet sich stark die Frage: Wie ist es möglich, blinde Menschen vermehrt in den Arbeitsprozess einzubinden? Hier bedarf es einer vermehrten Aufklärung der Arbeitgeber; durch die Integrationsämter oder die Integrationsfachdienste muss dies geleistet werden. Mit dem Thüringer Schwerbehindertensonderprogramm erhalten auch blinde Menschen, die länger als 12 Monate arbeitslos sind, besondere Hilfe zur Eingliederung und zur Förderung in den Arbeitsmarkt. Doch nicht nur das Land, auch Unternehmen und Verbände sind aktiv. Ein eindrucksvolles und innovatives Beispiel habe ich vor Kurzem kennengelernt. Es ist die in Erfurt ansässige Würzburger Bildungseinrichtung. Sie befähigt blinde Menschen dazu, die vorhandenen Nachteile auszugleichen, und vermittelt sie gezielt in den Arbeitsmarkt. Schlagworte wie Integration und Inklusion sind hier ganz konkret verwirklicht. Ich sage, es war für mich eindrucksvoll.

Meine Damen und Herren, mit der Erhöhung des Blindengeldes gehen wir einen Schritt hin zu einer besseren Integration von blinden Menschen. Gleichzeitig müssen wir zukünftig verstärkt Angebote in den Bereichen Bildungs- und Arbeitsmarkt fördern und sichern, denn nur im Zusammenspiel mit und in ausgewogenen Regeln für Menschen mit Behinderung kann dieses Ziel erreicht werden. Die beste Sozialpolitik sichert aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Ich beantrage Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und weise darauf hin, dass wir bereits morgen beabsichtigen, darüber zu tagen, um das Gesetz zügig abzuschließen. Vielen Dank.