Das darf man durchaus einmal loben. Dennoch sind mindestens zwei Ihrer Gedanken recht irrig. Sie haben uns Kollektivismus vorgeworfen, Gleichmacherei. Jetzt erklären Sie mir doch einmal die Finanzierungsmodelle für eine Bundesautobahn. Ist die ganze Bundesrepublik ein gleichmacherischer Staat, ein kollektivistischer Staat, nur weil wir alle zusammen die Bundesautobahn, ob man bekennender Radfahrer, bekennender Fußgänger, bekennender Vielflieger oder weiß der Kuckuck was ist - alle zahlen für die Bundesautobahn mit. Hier hinkt Ihr Argument des Kollektivismus. Oder nehmen Sie ein Argument, das uns beiden sicherlich ganz genauso am Herzen liegt, nämlich das Argument der Aufbau Ost - ich finde eine riesige Kollek
tivleistung. Aber ist denn das kollektivierend? Das ist doch eine wunderbare Leistung, wo alle Bundesbürgerinnen und Bundesbürger gemeinsam Solidarität gezeigt haben, den Aufbau Ost gestaltet haben, für den ich unendlich dankbar bin und Solidarität ist auch dieses Schlüsselwort für diesen Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie haben im Übrigen auch die Finanzierbarkeit angesprochen, da muss man nur sagen, ich werde noch mal darauf zurückkommen, im Jahr 2005 hat die CDU Beiträge abgeschafft, Beiträge verboten, das hat das Land 1 Mrd. € gekostet, da sollte man aufpassen, wenn man im Glashaus sitzt, mit Steinen zu werfen. Im Übrigen komme ich aber zu dem Schluss, dass es schon jetzt wunderbar ist, dass wir Klarheit darüber haben, dass dieses Gesetz in zwei Ausschüssen beraten wird. Das ist auch das Ziel dieser ersten Lesung, das deutlich zu machen.
Jetzt komme ich zu meiner eigentlichen Rede. Dieses Gesetz ist wichtig, weil wir nämlich ein ganz besonderes Problem lösen. Es ist ein Gesetz, das auf Vorschlag von Bürgerinnen und Bürgern entstanden ist und das ist ein toller Impuls für die Demokratie und für den Parlamentarismus in diesem Land.
Herr Hey hat schon gesagt, dieses Gesetz ist gar nichts Neues oder gar nichts Besonderes - ja, das ist nicht so besonders. Im Jahr 2005 hat die CDU Beiträge für das Trinkwasser, für Trinkwasseranlagen abgeschafft. Sie haben damit eine schwere Belastung für den Haushalt des Landes Thüringen angeschafft. Das werden wir nicht tun, ich komme noch mal darauf zurück. Aber Sie haben das genauso gemacht. Wo sehen Sie die verfassungsrechtlichen Unterschiede zwischen Ihrem Handeln damals und unserem Handeln heute? Ich vermag sie nicht zu sehen. Wir haben auch die Situation, dass Herr Innenminister Huber ein Eckpunktepapier vorgelegt hat, mit dem er die Straßenausbaubeiträge novellieren will - so sage ich es mal. Aber auch dieses Gesetz bleibt eigentlich auf der halben Strecke stehen, weil Sie beantworten die Frage zu den Ungerechtigkeiten bei den Abwasserbeiträgen nicht darin, Sie modifizieren nur die Straßenausbaubeiträge. Wir - DIE LINKE und GRÜNE - an dieser Stelle stellen uns dem nicht einfachen Disput und es sind ja viele Fragen aufgeworfen worden, wo wir den Kopf hinhalten und diskutieren müssen. Wir stellen uns diesem Disput und versuchen, hier an dieser Stelle ein riesenlanges Problem in Thüringen zu einem guten Ende zu bringen. Wir wollen die Herstellungsbeiträge für Abwasseranlagen und Straßenausbaubeiträge abschaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wie schon gesagt,
die CDU hat dies damals gemacht. Es ist auch schon gesagt worden, 50 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer haben beim Thema Abwasser schon heute keine Beiträge, sondern alles gebührenfinanziert - ich muss das nicht noch einmal ausführen. Wir haben auch bei den Straßen im Übrigen ein wunderbares Beispiel. Wir haben die wiederkehrenden Beiträge, die von vielen Kommunen genutzt werden. Das ist eigentlich das Bild, an das wir uns hier bei unserer Infrastrukturabgabe halten, das wir mit dieser Abgabe nachvollziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch da wird es Ihnen am Ende sehr schwerfallen, einen verfassungsrechtlichen Widerspruch aufzumachen. Die Kommunen, die wiederkehrende Beiträge mit ihren Satzungen beschlossen haben, haben gute Erfahrungen damit gemacht und diese guten Erfahrungen wollen wir auf ganz Thüringen übertragen.
Wir organisieren mit diesem Gesetz mehr Beteiligung und mehr Transparenz. Das ist noch nicht ausgeführt worden, weil wir in unserem § 12 fordern, dass vor solchen Infrastrukturmaßnahmen die Bevölkerung beteiligt wird. Es wird vorher gesagt, wir werden eine Maßnahme in der Größenordnung finanziell genau beziffert hier anstreben. Das wird dazu führen, dass in einem Abrechnungszeitraum X folgende Gebühren oder Infrastrukturabgabenerhöhungen kommen werden. Danach können die Bürgerinnen und Bürger dann ihre Meinungen sagen und diese Meinungen sind abzuwägen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich könnten wir uns dieses komplizierte Verfahren sparen, wenn wir überall in Thüringen verpflichtend Bürgerhaushalte, die energisch durchgesetzt werden, hätten.
Wir haben das aber nicht, deshalb ist dieses Gesetz notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir organisieren mit diesem Gesetz auch ein schon immer bei den GRÜNEN bestehendes Grundprinzip, nämlich das Verursacherprinzip. Jeder, der in Thüringen Wasser trinkt und Wasser lässt soll an dieser Stelle hier beteiligt werden. Das ist so was von klar und so was von einfach und so was mit den Händen zu greifen, dass wir hier eigentlich darauf vertrauen, dass Sie sich unserer Meinung anschließen werden. Wir organisieren hier im Übrigen auch Solidarität, weil der besondere Vorteil nicht überzeugt. Mindestens die Debatte hier im Landtag hat schon gezeigt, dass es viele Wenn und Aber bei der Beschreibung des besonderen wirtschaftlichen Vorteils gibt. Wie kommen wir denn dazu, zu argumentieren, dass das Leitungsnetz im Abwasserbereich und die Kläranlage den besonde
ren Vorteil des Eigentümers eines Grundstücks, ob der in der Gemeinde wohnt oder nicht, überhaupt darstellen kann. Der besondere Vorteil, der durch Kläranlagen und Netze für den Abwasserbereich entsteht, ist ein besonderer Vorteil für die Biodiversität, für saubere Flüsse, für saubere Meere und für eine globale saubere Umwelt.
Herr Adams, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage durch den Abgeordneten Höhn. Lassen Sie die zu?
Vielen Dank, Herr Kollege. Ihre Bemerkungen über die Frage des besonderen Vorteils der gemeinschaftlichen - ich sage jetzt mal ganz bewusst - solidarischen Anlage der Abwasserentsorgung veranlasst mich zu folgender Frage: Mal angenommen das ist hypothetisch, das gebe ich gerne zu, aber vielleicht dient es der Wahrheitsfindung -, es gäbe diese Solidargemeinschaft nicht, die für die allgemeine Abwasserentsorgung zuständig ist, mal angenommen, jeder Grundstücksbesitzer wäre - und das ist in einigen Staaten dieser Erde durchaus üblich - für die Entsorgung des auf seinem Grundstück anfallenden Abwassers selbst zuständig, was oder wer glauben Sie, ist dann für die Finanzierung zuständig?
Ja, das ist natürlich so, jeder ist dafür zuständig, am Ende nur ganz sauberes Wasser einzuleiten. Aber Sie vergessen bei ihrer Fragestellung einen ganz besonderen Aspekt. Sie haben nämlich jetzt die Situation, dass diese Abwasserbeiträge so gestaltet sind, dass sie nicht umlegbar sind auf die Mieter. Insofern widersprechen Sie …
Ja, Sie argumentieren, dass der Eigentümer, ob er in Frankfurt am Main oder in Frankfurt an der Oder wohne, einen besonderen Vorteil davon hat, dass irgendjemand in Thüringen ordentlich an die Abwasseranlage angeschlossen ist.
Grundprinzip nicht verstanden. Sie haben doch heute noch nicht verstanden, dass wir einen Investitionsstau in unseren kommunalen Wohnungsgesellschaften haben, weil die irre viele Beiträge zahlen müssen und deshalb mit der energetischen Sanierung nicht vorwärtskommen. Nehmen Sie das mal zur Kenntnis, Herr Höhn.
der besondere wirtschaftliche Vorteil eines Eigentümers bestünde? Nur der habe das und der Mieter oder die Mieterin habe den nicht, obwohl die Anwohner aus der Nachbarstraße ebenso bei einem Parkstau zum Beispiel in dieser Straße parken würden. Obwohl ganz genauso Menschen aus anderen Gemeinden in diese Anliegerstraße einfahren und dort einen Friseursalon, einen Getränkestützpunkt besuchen oder einen Arzttermin haben. Das können Sie nicht erklären.
Das können Sie nicht erklären in Ihrem System und Sie versuchen den Menschen in Thüringen weiszumachen - das ist ja wirklich die Höhe -, dass diejenigen, die ein Grundstück in Thüringen in ihrem Eigentum haben, dafür verantwortlich seien, dass die Kläranlage gebaut würde. Und die Menschen die in Thüringen Mieterinnen und Mieter sind
diese Verpflichtung nicht haben. Das habe ich versucht, Ihnen zu erklären. Das ist Ihnen aber nicht deutlich geworden, aber das kann möglicherweise auch an Ihrer sozialdemokratischen Grundkonditionierung liegen und Sie verstehen das Verursacherprinzip immer noch nicht, Herr Höhn. Der besondere Vorteil besteht nicht, zumindest lässt er sich nicht abschließend argumentieren. Dieser besondere Vorteil führt regelmäßig dazu, dass es …
Herr Höhn, ich versuche es ja, ich gebe nicht auf. Eigentlich wollte ich mal Lehrer werden, auch dann hätte ich es mit hartnäckigen Schülern wie Ihnen aufgenommen.
Ich gebe Ihnen noch einmal ein Beispiel, lieber Herr Höhn. Eine Erklärung dafür, wie das gemeint ist. Sie glauben tatsächlich argumentieren zu können, dass in Thüringen der besondere Vorteil bestünde. Dabei ignorieren Sie aber die Realität. Mir sind keine Bürgerinitiativen bekannt, die in Thüringen auf die Straße gehen mit Transparenten und sagen,
baut uns unsere Anliegerstraße aus, baut uns ein großes Klärwerk, wir wollen den besonderen Vorteil, der sich wirtschaftlich für uns darstellt, jetzt endlich auch haben. Merken Sie, wie weit Sie von der Realität weg sind, merken Sie das noch?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Sie besonderen wirtschaftlichen Vorteil nennen, ist der sichere Ruin für viele Thüringerinnen und Thüringer
Ich weiß ja, Sie wollten auch gern mal Lehrer werden, da könnten Sie mir jetzt eine Fünf geben, weil ich die Frage nicht beantwortet habe, hier haben wir aber eine Geschäftsordnung und deshalb bin ich jetzt dran.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Höhn, heute Morgen habe ich Sie schon im Radio gehört - ich wusste, das wird ein guter Tag -,
und da haben Sie gesagt, was Ihnen an unserem Gesetzentwurf nicht gefällt. Das ist ungefähr das Gleiche, was Sie eben gesagt haben. Da habe ich allerdings verstanden, dass Sie nicht verstanden haben, was wir regeln wollen, nämlich, Sie haben da auf den Reglungsbereich des Baugesetzbuches und der Beiträge nach Baugesetzbuch abgestellt und haben versucht, in Thüringen wieder etwas zu schüren, nämlich wieder diese Diskrepanz aufzumachen. Hier gibt es die Häuslebauer, denen wird es jetzt bezahlt, das wollen GRÜNE und LINKE und die armen Menschen, die im Kernort, in der Gemeinde und in der Innenstadt wohnen, die müssen es bezahlen. Aber da sind Sie auf der schiefen Bahn, das Baugesetzbuch hat hier gar nichts damit zu tun.
Wir reden nur darüber, dass wir unsere gemeindlichen Straßen, die einmal erstellt wurden, die einmal gemacht wurden, die einmal gebaut wurden, von der Allgemeinheit auch erhalten werden. Ob man aus Gotha kommt und in Erfurt eine Runde dreht und dann hier im Landtag ankommt, oder ob man in Erfurt wohnt usw. Egal, wo man wohnt, ob man aus dem Eichsfeld kommt, alle zahlen das. Alle halten in ihren Gemeinden - gemeinschaftlich, solidarisch dem Verursacherprinzip nach - die Straßen und die Abwasseranlagen in Ordnung. Und