Der 3. Punkt ist die Frage des Umbaus zu den erneuerbaren Energien: Erstmalig, liebe Kollegen, werden mit dem Energiekonzept der Bundesregierung auch die Atomkonzerne, wie Sie sie immer nennen, an den Kosten beteiligt für den Umbau zu den erneuerbaren Energien.
Ich lese Ihnen noch einmal vor aus dem eben schon zitierten Vertrag, was Sie mit den Konzernen damals vereinbart haben - Gerhard Schröder und Jürgen Trittin -,
da heißt es: „Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird. Dies gilt auch für das Steuerrecht.“ Das heißt, Sie haben den Damen und Herren von den von Ihnen so gescholtenen Atomkonzernen den Status quo, auch den finanziellen, gesichert und haben ihnen gesagt, ihr könnt eure Gewinne weiter einstreichen. Wir, die Bundesregierung aus
FDP und CDU, sind es, die die Konzerne jetzt am Umbau zu den erneuerbaren Energien beteiligt, die dafür sorgt, dass Gewinnbeteiligungen genutzt werden für den notwendigen Netzumbau, für die Frage auch der Forschung gerade zu Speichertechnologien und vielem anderen mehr.
In der Konsequenz, liebe Kolleginnen und Kollegen, egal ob man Kernenergie für ein notwendiges Übel oder für eine Übergangstechnologie hält, bleibt festzuhalten, dass auch für Thüringen wie für alle anderen deutschen Länder gilt, die Frage der Sicherheit ist genauso relevant, ob in Philippsburg es zu einem Störfall kommt, in Temelin oder in Cattenom. Wir werden in die Sicherheit bei Notwendigkeit neu investieren. Die Endlagerfrage wird angegangen.
Ich bin bei meinem letzten Satz, Frau Präsidentin. Die Beteilung der Konzerne an den Kosten des Umbaus ist gesichert. Damit ist das klare Ziel, hin zu erneuerbaren Energien, endlich in greifbare Nähe gerückt. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Wortmeldungen von Abgeordneten? Liegen mir nicht vor. Möchte die Landesregierung sprechen? Bitte sehr, Herr Staatssekretär Staschewski.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin schon etwas überrascht, wie unterschiedlich doch die Blickweise sein kann
auf dieses Thema. Herr Abgeordneter Barth, Sie haben in Ihrer Aufzählung Schweinfurt, Grafenrheinfeld vergessen. Das ist hier sehr nahe an Thüringen dran.
Ich habe mal in Schweinfurt gewohnt und habe mit Blick aus dem Zimmer immer auf dieses Werk geschaut. Da ist einem nicht immer wohl zumute.
Ich danke für die Beantragung dieser Aktuellen Stunde. Es ist wichtig, dass wir uns damit auseinandersetzen. Die Frage nach den Auswirkungen steht hier im Mittelpunkt für Thüringen, die Auswirkungen der Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken. Ich denke, diese Frage ist durchaus berechtigt. Denn die Auswirkungen gibt es, sie gibt es für unsere Umwelt, sie gibt es für unsere Wirtschaft, es gibt Auswirkungen für unsere Energiesicherheit, für unsere Stadtwerke, für unsere nachfolgenden Generationen, für Thüringen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich anfangs auch in Richtung Frau Siegesmund noch einmal kurz sagen: Im Vorfeld gab es ja auch die eine oder andere Debatte, wer sich wie zu verhalten hätte oder gehabt hätte in den Tagen im Rahmen zu diesem Thema. Ich glaube, die Meinungen und die Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums, insbesondere auch des Ministers, zu dem Thema „erneuerbare Energien“ oder „Greentec“ sind bekannt, landes-, bundesweit und auch international übrigens anerkannt.
Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung: Manchmal scheint es so, dass es hier einen Wettbewerb um die Ideen geben sollte. Das ist manchmal ganz gut, aber man darf auch nicht neidisch sein, wenn das Wirtschaftsministerium
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte ein Bild aufnehmen, das Uwe Höhn benutzt hat und das, glaube ich, hier in diese Situation sehr gut hereinpasst. Uwe Höhn, der Fraktionsvorsitzende der SPD, hat vor Kurzem gesagt, die Große Koalition ist wie eine Ehe. Da muss man Probleme lösen, die man allein gar nicht hätte. In dieser Situation, finde ich, sind wir hier so ein bisschen bei dem Thema Atomausstieg und der Frage, ob die Bundesländer an der Entscheidung zur Verlängerung der AKWLaufzeiten beteiligt werden müssen.
Unser Justizminister hat eine klare Meinung dazu. Er ist nach der Auswertung verschiedener Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass es bei einer entsprechenden Änderung des Atomgesetzes der Zustimmung des Bundesrats bedarf. Das deckt sich übrigens sowohl mit der Auffassung einiger anderer Bundesländer als auch mit der Mehrzahl der Gutachten für das Bundesumweltministerium und die
Länder, darunter auch Schleswig-Holstein. Was ich heute auch nicht verschweigen möchte: Es gibt eine klare Beschlussfassung im Justizausschuss des Bundesrates, der dies auch so sieht.
Kommen wir also zu den Konsequenzen der Laufzeitverlängerung der AKW, die für mich eine veraltete Technologie ist, deren Blaupausen übrigens das ist heute auch schon in einem Redebeitrag angeklungen - aus den 60er- und 70er-Jahren stammen. Meine Damen und Herren, das war die Zeit, in der sehr tollkühne Männer mit Kisten zum Mond geflogen sind, die vom TÜV heute nicht mal mehr als Kirmesbelustigung zugelassen werden würden.
Ganz klar, das Festhalten steht uns beim Weg in eine wettbewerbsfähige wirtschaftliche Zukunft - wer von den Leitmärkten der Zukunft profitieren möchte, muss jetzt die Weichen für erneuerbare Energien stellen. Das ist das Credo unseres Hauses. Die Konkurrenz schläft nicht. Die neuen ökologischen Technologie- und Produktionscluster bilden sich jetzt und nicht erst in 10 Jahren, Herr Barth, aus.
Was sind die ganz konkreten und direkten Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung? Es ist zu befürchten, dass die Pläne der Thüringer Landesregierung dadurch gefährdet werden. Ich zitiere einmal unseren Koalitionsvertrag,
ein sehr guter Koalitionsvertrag, ein sehr guter Part hieraus: „Eine dauerhafte und sichere und bezahlbare Energieversorgung gehört zu den wichtigsten Zukunftsthemen unserer Zeit. Energie ist der Motor unserer Wirtschaft und die Grundvoraussetzung für Wohlstand und Lebensqualität.“ Ich weiß nicht, ob Sie da anderer Meinung sind, ich glaube, aber ansonsten gibt es darüber einen gesellschaftlichen Konsens. So steht es in der Koalitionsvereinbarung. Die Laufzeitverlängerung stellt einen erheblichen Eingriff in den Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt dar. Durch diese Laufzeitverlängerung - und das konnten wir nicht nur in einschlägigen Publikationen lesen, das können Sie überall nachlesen und nachrechnen - wird den AKW-Betreibern ein fetter Zusatzgewinn verschafft. Diese Zementierung der Marktstrukturen hat sowohl das Bundeskartellamt als übrigens auch der Vorsitzende der Monopolkommission bemängelt. Die Annahme, dass die Laufzeitverlängerung automatisch zu niedrigen Strompreisen führt, widerspricht auch allen bisherigen Erfahrungen, denn dann müsste der Strompreis bei Weitem wesentlich günstiger sein.
Die zeigen vielmehr, dass die niedrigen Stromentstehungskosten für Atomstrom gerade nicht an den Verbraucher weitergegeben wurden. Der einstmals
vereinbarte Ausstieg aus der Kernenergienutzung hat neue Marktlücken und Chancen auch für kleinere Energieversorgungsunternehmen eröffnet. Gerade auch viele Stadtwerke - Sie sind ja auch aus Jena - haben ihre Investitionen und Investitionsplanungen seit Jahren auf der Planungsgrundlage des Atomausstiegs vorgenommen. Die Investitionen, die im Vertrauen auf den Ausstieg getätigt wurden, sind jetzt durch die Laufzeitverlängerung entwertet. Aber nicht nur bereits erfolgte Investitionen der kommunalen Unternehmen sind betroffen, sondern auch künftige Investitionen von kommunalen Unternehmen. Diese werden nun auf den Prüfstand gestellt, weil sie sich angesichts des günstigen Atomstroms möglicherweise nicht mehr rentieren. Nach Aussage des Verbandes kommunaler Unternehmen befinden sich bei den kommunalen Unternehmen derzeit Kraftwerkskapazitäten von 8.500 MW mit einem Investitionsvolumen von ca. 12,5 Mrd. € im Bau, im Genehmigungsverfahren oder in Planung. Durch die Laufzeitverlängerungen werden nun vor allem die in Planung befindlichen Kapazitäten in Höhe von 5.000 MW mit einem Investitionsvolumen von 6 Mrd. € infrage gestellt. Die Konsequenzen treffen natürlich auch Thüringen; bereits die Veränderungen beim EEG hatten entsprechende Auswirkungen gezeigt. In Thüringen haben sich rund 50 Firmen als Produzenten, Ausrüster oder Zulieferer der Solarbranche mit über 5.000 Mitarbeitern angesiedelt und vor allem die Regionen um Erfurt, Jena und Ilmenau haben sich zu Spitzenregionen innerhalb des Solarvalley Mitteldeutschland entwickelt. Keine weitere deutsche Region verfügt über eine solche Dichte an Solarunternehmen. Es ist davon auszugehen, dass die AKW-Laufzeitverlängerung auch Konsequenzen für diese Firmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wird.
Ähnlich wie die Absenkung. Es gibt bereits Unternehmen, die entsprechende Konsequenzen daraus ziehen und leider Gottes auch darüber nachdenken müssen, inwieweit sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten können. Da gibt es auch bereits Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium. Das kann ich Ihnen nicht anders sagen. Auch das hat schon Konsequenzen, Herr Barth. Das ist nicht gerade wirtschaftsfreundliche Politik,
denn die Betreiber der Kernkraftwerke dürften vorerst ein geringeres Interesse am Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und der entsprechenden Umstrukturierung des Stromnetzes haben. Denn je stärker der Ausbau - das wissen Sie alle genau der Erneuerbaren, desto mehr wird die Wirklichkeit von Grundlastkraftwerken beeinflusst. Das ist doch
in der Fachwelt unumstritten. Kernkraftwerke sind nicht der geeignete Partner der Erneuerbaren, meine Damen und Herren. Mit einem zunehmenden Anteil der Erneuerbaren steigt nämlich der Bedarf an Flexibilität im konventionellen Kraftwerkspark. Je größer die Erzeugungskapazitäten der erneuerbaren Energien und ihr Anteil an der Stromproduktion werden, desto weniger werden die klassischen Grundlastkraftwerke benötigt. Zuzeiten hoher Einspeisung von Strom aus erneuerbaren müssten die Kernkraftwerke komplett heruntergefahren werden; dass das nicht geht, wissen wir alle.
Lassen Sie mich abschließend noch einmal auf einen Punkt kommen, der jenseits aller energiewirtschaftlichen und energietechnischen Abwägungen ist. Es geht in der Politik meistens und oftmals um Verlässlichkeit im politischen Handeln. Es ist in der Diskussion in diesem Hause schon öfter angesprochen worden - in den letzten Sitzungen, aber auch schon in dieser -, wenn bestehende Verträge, die für lange Zeit geschlossen wurden, nicht erfüllt werden und damit das Vertrauen derer, die auf den Fortbestand dieser Verträge gesetzt haben, missachtet wurde, dann geht es auch immer um die Frage von Verlässlichkeit in der Politik. Wir brauchen aber Verlässlichkeit in der gemeinsamen Arbeit. Ich danke Ihnen vielmals.
Danke schön. Ich sehe eine weitere Wortmeldung aus der Landesregierung. Herr Minister Schöning, bitte.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich danke zunächst dem Kollegen Staschewski für seinen inhaltlichen Beitrag. Sie kennen ja das bekannte Sprichwort: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“ Ich möchte es etwas umwandeln: „Wer A hört, sollte auch B hören.“
Das ist in einer Großen Koalition auch nichts Ungewöhnliches und es gibt auch überhaupt keinen Stoff für Schlagzeilen, dass wir einmal wieder zerstritten sind. Sondern ich möchte nur darauf hinweisen, dass das Kabinett übereingekommen ist, dass wir uns mit diesem Thema am 23. November auseinandersetzen und dabei im Rahmen der Vorbereitung der Bundesratssitzung, die am 26. November stattfindet, unsere Position festlegen. Es ist in dem Gesetz, das der Bundestag am 28. September auf Antrag der CDU/CSU und der FDP verabschiedet hat, es ist diesem Gesetzesantrag selbst ganz klar zu entnehmen, dass das Gesetz nicht einer Zustim
mungsbedürftigkeit durch den Bundesrat unterliegt. Ich sage aber auch - und das Parlament hat einen Anspruch, eine vollständige Information zu bekommen -, das ist umstritten. Es gibt hier durchaus unterschiedliche Positionen. Zunächst einmal ist die grundsätzliche Frage, ob und inwieweit Gesetze, die ausschließlich die materiell-rechtlichen Regelungen des geltenden Atomgesetzes ändern - und darum geht es hier -, ihrerseits der Zustimmung des Bundesrates nach Artikel 97 c des Grundgesetzes bedürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu dieser Frage bisher noch nicht positioniert. Aber unter Staats- und Verfassungsrechtlern werden zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen vertreten, das ist bekannt. Ich will nur darauf hinweisen, dass etwa Prof. Dr. Rupert Scholz in seinem Gutachten für das Bundesumweltministerium zu dem Ergebnis kommt, dass eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht bestehe. Er weist insbesondere darauf hin, dass kein Eingriff in die organisatorische oder verfahrensrechtliche Verwaltungshoheit der Länder zu erkennen sei. Die quantitative Veränderung der auszuführenden Verwaltungsaufgaben der Länder, die mit der Verlängerung der Laufzeiten einhergehen, auch sie führt zu keinem Zustimmungsrecht des Bundesrates gemäß Artikel 87 c.
Ich will jetzt nicht weiter auf die Inhalte eingehen und verweise insoweit auf die Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der FDP. Ich will hier nur deutlich machen: Wenn die unterschiedlichen Positionen im Kabinett am 23. November nicht zusammengeführt werden können, dann wird sich der Freistaat Thüringen am 26. November im Bundesrat koalitionsbedingt enthalten.
Vielen Dank. Wir haben noch Redezeit. Bitte schön, Herr Abgeordneter Barth hatte signalisiert und der Abgeordnete Gentzel.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich will nur auf ein paar Punkte kurz reflektieren, die der Herr Staatssekretär hier ausgeführt hat. Zum Thema Stadtwerke und Verlässlichkeit, Herr Staatssekretär: CDU und FDP haben, glaube ich, von Anfang an nie einen Zweifel daran gelassen, was wir von der ideologisch-motivierten Verkürzung der Laufzeiten denn darum handelt es sich beim Ausstieg in Wahrheit - gehalten haben. Wir haben, glaube ich, nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir, wenn wir in Verantwortung kommen, diesen Ausstieg wieder rückgängig machen, wenn es einen Weg dazu gibt. Das haben wir getan. Wir sind trotzdem oder vielleicht gerade deshalb gewählt worden und erweisen uns insofern, glaube ich, schon als verlässlich. Für die Stadtwerke gilt wie für jeden anderen Ener