Protokoll der Sitzung vom 08.12.2010

Deshalb wird sich die Ministerpräsidentin in der kommenden Woche auch für diese Aufgabe noch einmal stark machen in der Runde der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin.

(Beifall CDU, SPD)

Eins ist klar, die Länder und die Kommunen tragen 90 Prozent aller Bildungsausgaben. Und in einer Situation - gerade in den neuen Ländern -, wo wir sinkende Gesamthaushalte haben und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten müssen, werden wir nicht mehr Investitionen in Bildung tätigen können, wenn uns der Bund hier nicht stärker unterstützt. Deshalb ist die Landesregierung auch an dieser Stelle aktiv.

(Beifall SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir diskutieren heute im Besonderen das vorgelegte Schulgesetz und ich will zunächst auf die Beiträge der Opposition noch mal eingehen. Zunächst Frau Sojka, wenn man Ihren Beitrag hier hört, dann ist mir durch den Kopf gegangen: Wenn es in diesem Parlament einen Preis für Schwarzmalerei gäbe, Sie wären die erste Anwärterin für diesen Preis.

(Minister Matschie)

(Beifall CDU, SPD, FDP)

In welchen Farben Sie hier das Thüringer Bildungssystem und seine Entwicklungschancen malen, das ist wirklich verwunderlich. Sie haben zum Beispiel gesagt, die Thüringer Gemeinschaftsschule, die Einführung im Schulgesetz sei gar nicht notwendig, weil wir schon alle Möglichkeiten im bestehenden Schulgesetz haben. Nach dem bestehenden Schulgesetz gibt es bei den staatlichen Schulen ganze drei integrierte Gesamtschulen.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Aber es gibt sie.)

Und es gibt zwei private integrierte Gesamtschulen, weil solche Modelle bisher die Ausnahme waren, als Ausnahmeregelung im Schulgesetz standen.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Das werden sie auch leider bleiben.)

Was wir jetzt machen, Frau Sojka, ich erkläre es Ihnen noch mal, weil Sie es ja noch nicht verstanden haben, ist, dass wir die Gemeinschaftsschule als gleichberechtigte Schulart im Schulsystem festschreiben.

(Beifall SPD)

Damit eröffnen wir eine Entwicklungsmöglichkeit für das Schulsystem, die man vor Ort ergreifen kann.

Frau Rothe-Beinlich, Sie haben hier so klagend gesagt: Ja, was machen aber die armen Eltern, in deren Landkreis noch keine Gemeinschaftsschule existiert?

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Umzie- hen nach Jena.)

Also, mich überrascht das wirklich, gerade eine solche Äußerung von den GRÜNEN. Die GRÜNEN versuchen, sich gerade bundesweit als Partei des Bürgerengagements zu etablieren, und Sie stellen sich hierhin und rufen händeringend nach der staatlichen Aktion, weil die armen Eltern sonst nicht das Bildungsangebot vorfinden.

(Beifall CDU, SPD)

Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie Ihre eigenen Parteistrategien ernst nehmen, dann machen Sie eins, Sie gründen eine Elterninitiative, Sie setzen sich dafür ein, dass vor Ort eine Gemeinschaftsschule entsteht, setzen das im Kreistag durch...

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall SPD)

Ich weiß ja, dass Sie das ärgert und dass das genau ins Schwarze getroffen hat,

(Unruhe DIE LINKE)

sonst hätten Sie jetzt nicht so reagieren müssen.

Also, der Partei des Bürgerengagements rate ich ein bisschen mehr Zutrauen zu den Bürgern und zu den Eltern und zu den Lehrern, eine solche Schulentwicklung auf den Weg zu bringen.

(Unruhe FDP)

Herr Barth, der Beitrag von Frau Hitzing war auch etwas verräterisch. Sie haben sich hier beklagt, Frau Hitzing, über die Ermächtigung des Ministeriums, in Fällen des Konflikts zwischen Schulkonferenz und Landrat eine Entscheidung zu treffen. Sie haben hier pathetisch gesagt, dafür sind wir aber nicht auf die Straße gegangen, dass die Freiheit so beschnitten wird. Frau Hitzing, ich stelle hier fest, die FDP verteidigt die Freiheit der Landräte gegen die Freiheit der Eltern und der Lehrerinnen und Lehrer.

(Beifall SPD)

Denn genau darum geht es doch, Frau Hitzing. Wenn es einen Konflikt zwischen der Entscheidung von Eltern und Lehrerinnen und Lehrern und Schülern in der Schulkonferenz auf der einen Seite und dem Landrat auf der anderen Seite gibt, dann möchte ich, dass wir die Chance haben in der Landesregierung, auch dem Interesse von Eltern und Lehrern gegen die Position von Landräten zum Durchbruch verhelfen zu können, wenn dieses Interesse berechtigt ist.

(Beifall SPD)

Und deshalb bitte ich Sie,

(Unruhe FDP)

Herr Barth, als Fraktionsvorsitzender der FDP, vielleicht Frau Kollegin Hitzing ein bisschen Aufklärung zum Freiheitsbegriff zu geben, damit Freiheit nicht nur als Freiheit der Landräte und

(Beifall SPD)

Landrätinnen verstanden wird.

(Zwischenruf Abg. Hitzing, FDP: Das können Sie sich sparen.)

Frau Sojka, ich weiß gar nicht, warum Sie den Eltern so wenig zutrauen und immer alles von oben verlangen.

(Unruhe im Hause)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Im Gegen- teil, wir trauen den Eltern viel zu.)

Herr Fraktionsvorsitzender, ich bedanke mich für tatkräftige Unterstützung.

(Beifall SPD)

Frau Hennig hat es auch noch mal deutlich gemacht, wie das bildungspolitische Verständnis der Fraktion DIE LINKE aussieht. Auch bei der Berufsschule soll natürlich von oben die Landesregierung jetzt alles anordnen, über die kommunale Selbst

(Minister Matschie)

verwaltung hinweg. Und Sie wollen, dass wir die Gemeinschaftsschule per Federstrich von oben einführen. Ich kann Ihnen nur sagen, die bildungspolitischen Zeiten von Margot Honecker, wo das alles von oben einfach durchgesetzt wurde, die sind vorbei.

(Beifall CDU, SPD)

Es ist heute nun einmal so, dass bildungspolitische Entscheidungen und die Qualität der Bildungspolitik ganz wesentlich davon abhängen, wie sich Menschen vor Ort engagieren, wie sie ihre Freiheit wahrnehmen, um für möglichst gute Bildung für unsere Kinder zu sorgen. Ein Bildungsverständnis, wir regeln das mal alles von oben per Dekret und Gesetz und Federstrich, ist völlig fehl am Platze. Bildung wird vor Ort gemacht und nicht von oben, vom grünen Schreibtisch aus.

(Beifall SPD)

Herr Minister Matschie, zwei Frauen möchten Ihnen jetzt gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Aber selbstverständlich.

Dann in der Reihenfolge, Frau Hennig war zuerst am Mikrofon und dann Frau Sojka.