(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir sind doch keine Selbsthilfegruppe hier. Wir müssen Probleme lösen und da dürfen Sie mit dem Nachdenken nicht erst anfangen, nachdem Sie die Regierung stellen.)
Nicht wundern auf der Tribüne, im Plenum ist zwischenrufen erlaubt, in der Schule nicht so sehr. Es gibt so viele gute Anlässe im Plenum, einen guten Eindruck zu hinterlassen, Herr Kuschel, ich frage mich schon seit Monaten: Warum lassen Sie alle ungenutzt?
Um noch einmal an meinen Gedanken anzuknüpfen: Natürlich kann ich nicht - wenn Sie das erwartet haben, ist das auch eine besondere Form von Realitätsverlust - innerhalb von 24 oder 48 Stunden hier etwas aus der Tasche ziehen, was eine vollkommene Neuregelung der Ausfinanzierung des Kommunalen Finanzausgleichs bedeuten würde, was rechtlich abgesichert ist, was verfassungs
rechtlich auch noch konform wäre, und danach würden wir dann verfahren. Das bringen wir dann auch noch in dieses Plenum mit ein und schaffen das bis morgen Vormittag auch noch mit abzustimmen. Also das habe ich nun gestern wirklich nicht behauptet, Herr Kuschel. Aber es muss legitim sein, darüber nachzudenken, wie wir in Fortfolge der Maßnahmen, die wir in den nächsten Monaten und Jahren immer noch, auch auf die Kommunen beispielsweise in der Aufgabenübertragung vollziehen werden, darüber nachzudenken, wie denn diese Verteilungssymmetrie in irgendeiner Form anders angewandt werden kann. Ich lade Sie herzlich ein, sich bei diesem Prozess auch mit einzubringen. Im Moment habe ich immer noch Ihren Antrag hier vor mir liegen, der ist auch noch einmal erneuert worden, beispielsweise diese 400 - und jetzt schlagen Sie mich nicht - 442 Mio. € rauszunehmen aus der Finanzierung der kommunalen Bereiche, also aus Schlüsselmasse und Landeszuweisung, und einzulagern in den Einzelplan des Kultusministeriums, obwohl Sie wissen, Herr Kuschel, da schätze ich Sie ja als Fuchs ein, Sie kennen sich da sehr genau aus, aber Sie machen das, obwohl Sie wissen, dass genau das nicht verfassungskonform ist. Immer wenn man dieses Argument bringt - vorhin haben Sie es ja gesagt -, dann sagen Sie, verstecken Sie sich nicht immer hinter der Verfassung. Man braucht ja hier nur „Verfassung“ zu sagen, schon erstarrt alles in Ehrfurcht. Aber das ist doch eines der Hauptmerkmale, um überhaupt ein Gesetz hier einbringen zu können oder eine Änderung in der Sachlage, der vorliegenden kommunalen Ausfinanzierung, dass das Ganze von der Verfassung gedeckt sein muss. Wenn Sie es wissen und trotzdem immer noch einbringen, dann frage ich mich, warum.
Deswegen, denke ich, sollten wir auch, wenn es um die Kommunalfinanzierung geht, das ist ein wichtiger Part in diesem Einzelplan 03, gemeinsam darüber nachdenken, wie wir diese Ausfinanzierung in den nächsten Jahren gerechter in der Verteilungssymmetrie - auch für Kommunen und für Landkreise gerechter und vor allem transparenter für alle Leute, die davon profitieren oder Nachteile haben hinbringen können. Denn Transparenz und Gerechtigkeit, das geht ein bisschen anders als das, was wir in den Wahlkreisen als Abgeordnete verkaufen müssen, wenn wir auf der einen Seite wissen - nehmen wir das Kita-Gesetz -, es ist zwar ausfinanziert, unten kommt aber trotzdem nicht genügend an. Das ist für mich keine Transparenz und da müssen wir den Hebel ansetzen. Da lade ich nicht nur die kommunalen Spitzenverbände und die Kollegen hier in der Koalition, sondern alle im Parlament ein, an dieser Diskussion teilzuhaben, damit wir da in den nächsten Monaten zu einem guten Schluss kommen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, am vergangenen Dienstag haben wir eine beeindruckende Anhörung erlebt im Haushalts- und Finanzausschuss; der Saal war voll mit Bürgermeistern. Der Saal war deswegen voll mit Bürgermeistern, weil denen es richtig unter den Nägeln brennt. Leider hat die Koalitionsmehrheit abgelehnt, die Anhörung auf Bürgermeister auszuweiten. Ich sage Ihnen, ich bin da nicht frei gewesen von dem Eindruck, dass da bei den Koalitionsfraktionen auch die Angst vor den eigenen Bürgermeistern mitschwingt.
Herr Kollege Fiedler, ich weiß nicht, ob das stimmt, dass Sie da keine Angst haben, sonst würden Sie den Leuten, die versuchen, bei Ihnen einen Termin zu bekommen, den Termin nicht erst nach der Abstimmung geben.
Die Forderung des Kollegen Hey nach Transparenz teile ich ganz ausdrücklich, denn das, was wir im Augenblick erleben, sind Nebelbomben und alles andere als Transparenz.
Drei Punkte beim Finanzausgleichsgesetz liegen mir ganz besonders am Herzen. Das ist zum einen die Finanzierung des Kindertagesstättengesetzes, das ist zum anderen die Frage der Auftragskostenpauschale und das ist die Frage der fiktiven Hebesätze. Die Finanzierung des Kindertagesstättengesetzes haben wir in diesem Hause bereits ausgiebig diskutiert. Auch wenn man es jetzt so darstellt, als wäre das Geld den Kommunen zur Verfügung gestellt worden, dann ist es im selben Atemzug an anderer Stelle den Kommunen weggenommen worden. Das nenne ich Taschenspielertricks und alles andere als anständig, meine Damen und Herren.
Zum Thema Auftragskostenpauschale - Benchmarking wird das so schön neudeutsch genannt. Wenn wir uns hinstellen und sagen, künftig wird das Geld, was über die Auftragskostenpauschale den Gemeinden zur Verfügung gestellt wird, gemessen an
den drei Besten, dann ist das ein Ansatz, über den muss man sich unterhalten. Aber dann ist der Ansatz, wie er jetzt im Augenblick dasteht, alles andere als tauglich. Ich kann nicht Winterdienst vergleichen von der Goldenen Aue etwa mit dem Thüringer Wald oder den nördlichen Ausläufern des Frankenwaldes.
Zur Frage der fiktiven Hebesätze: Wir haben auch das bereits in diesem Hause relativ ausgiebig diskutiert. Sie führen ein bei der Gewerbesteuer einen Hebesatz von 400 Prozent, vorher durchschnittlich 341 Prozent. Das kommt aus dem Bundesdurchschnitt mit 388 Prozent und einem Durchschnitt mit dem Freistaat Sachsen mit 411 Prozent. Bei der Grundsteuer B 400 Prozent, vorher 335 Prozent und eben nicht mehr der Vergleich der Flächenländer Ost, sondern eben der Bundesdurchschnitt. Bei der Grundsteuer A sind wir von vorher 241 Prozent dann bei 296 Prozent. Deswegen denke ich, an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich für unseren Änderungsantrag werben zu dürfen und werben zu müssen. Das, was mit dieser doch etwas komplizierten Durchschnittsbildung passiert, ist nichts weiter, als in den Vergleich Hamburg, Köln, Düsseldorf, Stuttgart hineinzubringen, und zwar in den Vergleich mit Rastenberg, mit Hermsdorf und mit Leutenberg. Das ist wiederum der Vergleich von Äpfeln mit Birnen.
Deswegen sagen wir, meine Damen und Herren, wir möchten, dass dieser Vergleich die Thüringer Realität widerspiegelt. Wir möchten, dass dieser Vergleich auch statistisch funktioniert. Deswegen sagen wir, es haut eben nicht hin, den Durchschnitt bundesweit zu bilden, sondern wir brauchen den Median, und zwar den Median bezogen auf Thüringen. Das bedeutet nämlich, dass wir die Mehrheit der Situation der Thüringer Kommunen abbilden. Das ist der einzige realistische Schlüssel, der auch den Gemeinden und Städten in Thüringen gerecht würde, meine Damen und Herren.
Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass bereits jetzt die Kommunen in Thüringen als ein kleines strukturiertes Flächenland zu den Flächenländern mit den höchsten Hebesätzen gehören.
Durch den Zwang, die Gewerbesteuerhebesätze anzuheben, wird Kommunen jeglicher Spielraum genommen, sich attraktiv für Gewerbetreibende zu präsentieren und Standortnachteile, die sich im ländlichen Raum ergeben, auszugleichen, abzufedern. Deswegen sagen wir, mit einer derartigen Vorgehensweise vergrault man nicht nur Unterneh
men, sondern man beschleunigt gleichzeitig die Abwanderung der Bürger aus dem ländlichen Raum. Das kann niemand hier in diesem Hause wirklich wollen.
Herr Präsident, ich möchte mal sehen, wieweit ich mit meiner Redezeit komme und dann entscheiden wir.
Außerdem, und auch das habe ich an dieser Stelle, meine Damen und Herren, schon des Öfteren dargestellt, indem man die Kommunen faktisch dazu zwingt, Steuern zu erheben, wird man auch faktisch auf der anderen Seite dazu beitragen, dass Unternehmen versuchen, sich dieser Steuerpflicht zu entziehen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, entweder den Standort zu wechseln oder eben Firmenteile auszugründen und, und, und. Ich glaube jedenfalls ganz fest, dass das, was Sie vorhaben, nicht wirklich den Erfolg bringen wird, den Sie versprechen.
Am Ende, meine Damen und Herren, sind die Bürger die Betroffenen, die über die Grundsteuer zur Kasse gebeten werden und über eine Umlage der Grundsteuer dies auch bei der Miete bezahlen werden, das heißt, es trifft wieder die Kleinen, es trifft wieder die Mittleren und die sind die Gekniffenen. Das kann man nicht wirklich wollen.
Die Taschenspielertricks, die Sie mit den fiktiven Hebesätzen jetzt anziehen, führen in folgenden Beispielen zu Mindereinnahmen; die Stadt Gera etwa mit einem Minus von 1.377.260,44 €, die Stadt Jena mit ca. 2,5 Mio. €. Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich das zu verantworten hätte, würde ich in der Stadt auch nicht mehr im Stadtrat sein wollen.
Berlingerode, das kleine Berlingerode mit einem Minus von 62.182,94 €, Gerbershausen mit einem Minus von 50.212,11 € bei einem Durchschnitt pro Einwohner von 77,13 €. Das können wir hier alles weiterführen und man kann an der Stelle - ich möchte jetzt nicht alle Beispiele aufführen, die ich
hier habe - natürlich eines nicht behaupten: Man kann nicht behaupten, dass Sie die Orte, in denen Sie selbst zu Hause sind, in Ruhe lassen würden. Das kleine Ramsla ist immerhin auch mit 13.599,14 € Minus dabei.
Meine Damen und Herren, dieses Bild, wenn wir die Beispiele hernehmen, zieht sich quer durch das gesamte Land und es führt dazu, dass die Kommunen in Thüringen deutlich schlechter gestellt werden und dass sie am Ende diejenigen sind, die die Zeche bezahlen sollen, und das nenne ich unanständig.
Ich möchte aber auch zu den Worten kommen, die Kollege Kuschel von den LINKEN hier genannt hat. Wenn es gestern so diskutiert worden ist, auch heute wieder diskutiert worden ist, dass ein Schutzschirm für die Kommunen aufgespannt werden soll, dann klingt das sehr schön, das gefällt mir, aber wenn Sie sich auf die Bürgermeister berufen, Herr Kollege, dann sollten Sie auch dazusagen, dass über die Hälfte der Bürgermeister, die gestern anwesend waren, dann keine Bürgermeister mehr sein werden, wenn es nach Ihnen geht, dann ist nämlich über die Hälfte der Gemeinden weg in Thüringen.
Was die Geschichte anbelangt mit diesen Zusammenschlüssen, es wird ein Märchen nicht davon wahr, dass es immer wieder erzählt wird. Aus dem Zusammenschluss von zwei armen Gemeinden werden noch lange keine reichen entstehen.