Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Was die Geschichte anbelangt mit diesen Zusammenschlüssen, es wird ein Märchen nicht davon wahr, dass es immer wieder erzählt wird. Aus dem Zusammenschluss von zwei armen Gemeinden werden noch lange keine reichen entstehen.

(Beifall FDP)

Im Einzelplan 03 wurden leider - und das zieht sich wie ein roter Faden fort, was wir in der gesamten Haushaltsdiskussion erlebt haben - unsere Vorschläge blockiert durch die Mehrheit der Koalition, aber auch teilweise Unterstützung der Oppositionsfraktionen. Wir haben 74 Änderungsanträge gestellt, die keine Berücksichtigung gefunden haben. Man kann natürlich über den einen oder anderen Antrag diskutieren, aber ich nenne das Verantwortungsbewusstsein, wenn wir versuchen, unseren Kindern nicht noch mehr Schulden zu überlassen.

Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auch noch mal auf den Tagesordnungspunkt 8 aufmerksam machen, nämlich unseren Antrag, die Diäten mit einem Moratorium daran zu binden, dass wir genau von dieser Neuverschuldung wegkommen. Das halte ich gerade in dieser Diskussion, wenn wir uns darüber unterhalten, dass das Geld vorn und hinten nicht langt, für notwendig und ehrenwert.

Hervorzuheben ist im Einzelplan 03 meines Erachtens, dass die Landesregierung die Zuführung an die Versorgungsrücklage völlig streicht und somit sehenden Auges der nächsten Generation einen

Riesenschuldenberg hinterlässt. Generationengerechtigkeit, meine Damen und Herren, sieht deutlich anders aus.

(Beifall FDP)

Auch der Landesregierung ist bekannt, dass Thüringen in nahezu allen Bereichen zu viel Personal hat. Thüringen hat 5.200 Verwaltungsstellen mehr als vergleichbar strukturierte Länder. Berücksichtigt man die demographische Entwicklung, müsste man bis 2020 weitere 4.000 Stellen streichen. Das ist die traurige und deutliche Wahrheit. Das Land sieht, um das Ziel zu erreichen, einen völlig unzureichenden Stellenabbau vor. Das, was wir hier vorgelegt bekommen, wird nicht genügen, um die 9.200 Stellen bis in das Jahr 2020 tatsächlich abzubauen.

Die Gemeinden, meine Damen und Herren, haben im Gegenteil zu einem ganz großen Teil ihre Hausaufgaben gemacht. Schauen Sie in die Gemeindeverwaltungen, dort sieht es deutlich anders aus.

(Beifall FDP)

In dieses Bild passt etwas, was ich auch schon in der Haushaltsdebatte zum vergangenen Haushalt gesagt habe. Damals hat Staatssekretär Zimmermann auf einem Termin in Zeulenroda freudestrahlend über die Arbeit von Pressesprechern gesprochen und berichtete dabei, dass sich der Freistaat Thüringen immerhin einen Stab von über 100 Pressesprechern leistet. Das, meine Damen und Herren, zeigt ganz deutlich, wo hier Gewichte falsch justiert werden.

(Beifall FDP)

Ich will aber auch nicht versäumen, auf bemerkenswerte Änderungsanträge im Einzelplan 03 von anderen Fraktionen aufmerksam zu machen, zum einen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auch der LINKEN. Herr Kuschel setzt sich wie immer gern bei dem Thema Kommunalabgaben in Szene. Ausgerechnet bei diesem Thema muss ich mich dann wirklich fragen: Haben Sie den Leuten auch gesagt, dass Ihre Fraktion die Zinsbeihilfen streichen will?

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Herr Präsident, ich bedanke mich für den Hinweis und entschuldige mich.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir streichen Zinsbeihilfen, weil wir das Gesetz ändern. )

Namens meiner Fraktion beantrage ich namentliche Abstimmung gemäß § 44 Geschäftsordnung über

unseren Änderungsantrag zur Einführung des Medians der Thüringer Gemeinden und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Renner von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, werte Zuhörer und Zuschauerinnen, ich will vier Bemerkungen machen zum Einzelplan 03. Vier Minuten müssten dafür eigentlich ausreichen. Ich habe es schon im Haushalts- und Finanzausschuss gesagt, der Einzelplan 03 ist ein Haushalt ohne Profil und Richtung und ich werde das an einigen Punkten jetzt noch mal erläutern.

(Beifall DIE LINKE)

Zuerst einmal muss ich unsere Kritik erneuern, dass wir einen Aufwuchs der Ausgaben im Ministerium feststellen mussten. Wir denken, das ist bedenklich vor dem Hintergrund, dass gerade der Kernbereich der Verwaltung bei der Konsolidierung als beispielgebende Behörde voranschreiten müsste und nicht diejenigen sein dürften, die als Erstes die Hand aufhalten.

Zweite Bemerkung - der Komplex Polizei: Wir können nicht erkennen in den Zahlen, in den Stellenplänen, dass wir tatsächlich eine Stärkung des Polizeivollzugsdienstes, also mehr Blau auf der Straße haben. Auch ist die Versprechung „mehr Indianer weniger Häuptlinge“ an keiner Stelle im Stellenplan erkenntlich. Und ich habe es auch schon im Ausschuss nachgefragt, es gab keine Auskunft auf die Frage, wie und wo die Nichtbesetzung jeder zweiten frei werdenden Stelle erfolgen soll. Hier fehlt ein Konzept und das fügt sich ein in unsere grundsätzliche Kritik, dass wir im Bereich der Polizei kein Personalentwicklungskonzept haben, obwohl dies von vielen, auch früher von der SPD, an dieser Stelle hier gefordert wurde.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist umso bedenklicher, da wir derzeit auch das Polizeiorganisationsgesetz beraten und auch hierin wirklich keine qualifizierten Hinweise finden, wie der Abbau von Verwaltungstätigkeit in der Polizei tatsächlich erfolgen soll und wie wir zu einer Stärkung des Basisvollzugsdienstes kommen.

Dritte Bemerkung - Zensus 2011: Unsere grundsätzliche Kritik ist bekannt. Diese Volkszählung ist grundrechtswidrig, teuer und unsinnig.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Bergner)

Ich will hier noch mal auf die Kostenfrage hinweisen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie können doch nicht einfach etwas behaupten, was nicht stimmt.)

Wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss nachgefragt, was mit den Ausgaben ist, die auf die Kommunen zukommen. Hier gibt es einen pauschalisierten Betrag, der den Kommunen zur Abdeckung der Ausgaben im Zusammenhang mit dem Zensus zur Verfügung gestellt wird. Auf die Nachfrage, was denn wird, wenn bei den Kommunen die tatsächlichen Ausgaben über diesem pauschalisierten Betrag liegen werden - und das ist im Augenblick schon absehbar angesichts der wachsenden Kostenentwicklung beim Zensus 2011 -, wurde uns gesagt, dass die Kommunen mit dem pauschalisierten Betrag auskommen müssen. Das heißt, auch hier wird die Kommune zur Kasse gebeten und wird diese Volkszählung aus eigenen Mitteln noch mitbezahlen müssen.

Zuletzt ein paar Worte zum Verfassungsschutz: Die Untauglichkeit haben wir gestern noch mal in der Fragestunde hier diskutiert. Es ging da um die Bearbeitungszeit zu einer Frage der GFAW zu Leitbildmedien des NPD-Funktionärs Reiche. Dreieinhalb Monate brauchte das Landesamt, um eine Frage zum Hintergrund dieses Neonazis zu beantworten. Da hätte googeln geholfen oder man hätte vielleicht auch mal die Antifa fragen können. Aber es gibt auch noch weitere Beispiele in letzter Zeit, wo der Verfassungsschutz tatsächlich bewiesen hat, dass er als Frühwarnsystem nicht funktioniert.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe FDP)

Bad Langensalza, das Bürohaus, da gab es den Hinweis „keine Aktivitäten und keine Kaufabsicht“ auch das ist mittlerweile nachträglich belegt. Und wenn ich ein bisschen weiter zurückblicke, da hat das Landesamt auch beim Thema HDJ geschlafen.

(Beifall DIE LINKE)

Als andere Landesbehörden schon längst dieses Thema auf der Tagesordnung hatten, wusste man hier noch nicht mal so genau, wer in Thüringen dazugehört und was diese mittlerweile verbotene extrem rechte Organisation treibt. Deswegen ist es konsequent für uns zu sagen, die 420.000 € für nachrichtendienstliche Tätigkeiten, also Spitzelund Tarnfirmen und ähnlicher Unfug, können eingestellt werden und wir wollen ein Dokumentationszentrum für Demokratie und Bürgerrechte, wo tatsächlich Kommunen, Behörden und Öffentlichkeit ihre Anfragen beantwortet bekommen, wenn sie Aufklärung erwarten und Informationen zum Themenfeld Rechtsextremismus. Ich hoffe, dass wir für

diesen Entschließungsantrag auch Unterstützung bekommen.

Frau Abgeordnete, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Herzlichen Dank. Ich hätte eine Frage zum Verständnis. Sie sagten, auf Ihre parlamentarische Anfrage hätte es sehr lange gedauert, bis eine Antwort kam und da hätte googeln doch gereicht. Da frage ich mich, warum stellen Sie eine parlamentarische Anfrage, wenn Sie das aus Google schon herauslesen können.

Da haben Sie mich missverstanden. Die GFAW hätte besser gegoogelt als den Verfassungsschutz zu fragen, da wären sie schneller zu dem Ergebnis gekommen, dass Sebastian Reiche ein Neonazi und ein NPD-Funktionär ist.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, mich hat jetzt die Finanzierung des Kita-Gesetzes noch einmal nach vorn getrieben, weil wir gestern auch die Beratung dazu hatten und vor allen Dingen auch, Herr Hey, Ihre Aussage, nämlich die, dass es im Moment keine Transparenz darüber gibt, wie das Geld denn bei den Kommunen ankommt und wie es dann auch eingesetzt wird bei den Kitas, hat mir doch ganz schöne Bauchschmerzen verursacht. Denn unser Anliegen muss und soll es sein - das hatten wir gestern auch ausführlich in der Aktuellen Stunde beraten -, dass die Gelder, die wir zugesagt haben für die Kindertagesstätten, nämlich dass das Land für die Mehrkosten vollumfänglich einspringt, tatsächlich auch bei den Kitas ankommen. Ich hatte gestern auch gesagt, dass wir sicherlich noch lange nicht den Stein der oder des Weisen gefunden haben, nichtsdestotrotz haben wir uns entschieden, genau zu diesem Thema einen Entschließungsantrag auf den Weg zu bringen. Ich hoffe doch sehr, dass nicht wahr ist, was Frau Ministerpräsidentin heute hier in ihrer Rede gesagt hat, denn glaube ich Frau Lieberknecht das, was sie vorhin sagte, dann reden wir hier ohnehin für umsonst, denn sie hat vorhin erklärt, die

(Abg. Renner)

Messen seien eigentlich alle schon gesungen, das ist auch ein sehr fragwürdiges Demokratieverständnis für meine Begriffe, wo die Haushaltsdebatte gerade erst stattfindet.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich hoffe jedenfalls, dass über die Entschließungsanträge, die wir hier nachher abstimmen werden, genauso wie auch über die Änderungen, die hier vorgetragen werden, auch tatsächlich noch nachgedacht und danach entschieden wird und nicht alle schon vorher wissen, was am Ende rauskommt. Deshalb haben wir unseren Entschließungsantrag zur Kindertageseinrichtungsfinanzierung eingebracht, der überschrieben ist mit „Transparenz und Nachhaltigkeit“. Da wollen wir vier Punkte geprüft wissen.

Zum einen, ob und inwieweit direkte Mittelzuweisungen des Landes im Rahmen der Kindertageseinrichtungsfinanzierung an die Kommunen überhaupt möglich und sinnvoll sind, denn genau das haben wir hier immer wieder hinterfragt. Wenn selbst Herr Hey meint, das sei alles andere als transparent im derzeitigen Istzustand, dann muss uns das zu denken geben.

Zweitens wollen wir, dass bis zum 30. Juni ein Konzept vorliegt, um eine auskömmliche kommunale Ausfinanzierung der Kindertageseinrichtungen in Thüringen tatsächlich sicherzustellen.