Protokoll der Sitzung vom 10.12.2010

Das müssen Sie endlich mal in Ihren Betonschädel hineinbekommen, ansonsten kommt das nie an. Das ist der Unterschied. Das Land kann nicht alles von oben regeln, sondern die kommunale Selbstverwaltung geht natürlich immer in beide Richtungen. Deswegen ist es notwendig, dass entsprechend vor Ort auch die Hausaufgaben gemacht werden und - mein Kollege Mohring hat gestern noch mal das Programm bis 2020 vorgestellt - das heißt ja nicht, dass es nicht Einzelfalllösungen trotzdem geben kann. Da hat man alle Möglichkeiten, die dort infrage kommen. Wenn Sie hier vom parlamentarischen Anstand reden: Wir haben den Gesetzentwurf für so dünn befunden, dass wir ihn nicht mal überwiesen haben, weil es nicht notwendig ist, diesen zu überweisen. Wir beantragen Ablehnung.

(Beifall CDU)

Danke schön. Als Nächster spricht der Abgeordnete Bergner von der FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, liebe Gäste, der Gesetzentwurf der LINKEN funktioniert wieder mal nach dem Motto „Alles Gute kommt von oben“. Die Lösung aller Probleme wird wieder einmal durch den Staat versprochen und durch den Staat verlangt. Ich meine, das ist genau die falsche Richtung.

(Beifall FDP)

Wo liegt das Problem? 1994 fusionierten die Kreise Eisenach und Bad Salzungen zum Wartburgkreis.

1998 ist die Stadt Eisenach auf eigenen Wunsch zur kreisfreien Stadt geworden. Das hat durchaus Vorteile, meine Damen und Herren. Ich erinnere mich daran, dass ich als Planer mal drei Jahre in der damals kreisfreien Stadt Plauen gearbeitet habe. Dort war man durchaus ganz zufrieden damit, auf diese Art und Weise schnellere Entscheidungsprozesse hinzubekommen und manchmal Entscheidungsbedarf, der so ein bisschen auslegungsfähig war, so hinzubekommen, dass es in der Stadt schneller vorwärtsging. Deswegen sollte man sich das genau überlegen, ob man auf diese Vorteile verzichten will.

Meine Damen und Herren, wenn ich diese Probleme sehe, von denen wir hier reden - da bin ich ganz nah bei Herrn Fiedler -, denke ich, dass viele davon absolut hausgemacht sind. Wenn wir mal in das Organigramm der Stadt Eisenach schauen, dann sehen wir einen aufgeblähten Apparat, dann sehen wir unnötige Doppelstrukturen und dann sehen wir jede Menge Ansatzpunkte, wo man sich darüber unterhalten kann, wie man die Verwaltung effektiver gestalten kann. Deswegen meinen wir, DIE LINKE verspricht mit diesem Gesetzentwurf Scheinlösungen zulasten des Landes, Scheinlösungen zulasten der Bürger aller Regionen und keine Lösung, die wirklich einen Erfolg für Eisenach und für die Region rings um Eisenach bringen wird.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Die hören wir jetzt, die Lösung.)

DIE LINKE will, dass Eisenach den Status als kreisfreie Stadt verliert, verspricht in einer Übergangsfrist von fünf Jahren für den Wartburgkreis und Eisenach jeweils 1 Mio. € pro Jahr aus dem Landesausgleichsstock und somit eine Gesamtzuweisung von 10 Mio. €. Das bedeutet dann für Eisenach maximal 20 Mio. €.

Meine Damen und Herren, es ist ein weiterer deutlicher und gründlicher Webfehler in diesem Gesetzentwurf, denn nach § 6 Abs. 4 der Thüringer Kommunalordnung ist Voraussetzung für eine sogenannte Große kreisangehörige Stadt, denn das verlangt DIE LINKE hier, dass die gebotene Verwaltungs- und Finanzkraft gegeben ist, um Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wahrzunehmen. Meine Damen und Herren, auf der einen Seite stellen wir uns hin und sagen, die Stadt Eisenach ist finanziell so schlecht dran, dass sie nicht in der Lage ist, ihren Aufgaben nachzukommen, auf der anderen Seite wollen Sie sich hinstellen und sagen, sie hat die gebotene Verwaltungs- und Finanzkraft, um Aufgaben des Landkreises zu übernehmen. Das ist eine Logik, die muss erst mal jemand erklären. Wir halten sie nicht für erklärungsfähig.

(Beifall FDP)

Nach § 92 Thüringer Kommunalordnung ist eine Einkreisung nur aus Gründen des öffentlichen

Wohls möglich. Nun kann man sich darüber streiten, aus welcher Perspektive man das öffentliche Wohl sieht. Aber es bedeutet auch eine Schwächung anderer Regionen und es impliziert zugleich ein sehr hohes Streitpotenzial. Wenn Sie heute unterwegs sind im Wartburgkreis und mit den Menschen dort sprechen, dann werden Sie feststellen, dass diese Diskussion jetzt schon bereits hohe Fliehkräfte lossetzt, gerade was auch den Südbereich des Kreises anbelangt. Wir meinen nicht, dass auf diese Weise wirklich von einer Stärkung des Gemeinwohls gesprochen werden kann.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, ich wiederhole noch einmal, Eisenach ist eine Stadt mit einem bemerkenswert hohen Gewerbeaufkommen, mit einer erfreulich niedrigen Arbeitslosigkeit.

(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Die haben keine Gewerbesteuer, Herr Bergner.)

Wenn es dann nicht gelingt, selber die Probleme anzupacken und zu lösen, wenn es dann nicht gelingt, ein Organigramm auf den Weg zu bringen, das schlankere Strukturen bringt, wenn es dann nicht gelingt, möglicherweise eine Zusammenarbeit mit dem Nachbarkreis zu suchen, dann ist das etwas, für deren Lösung meiner Meinung nach nicht das Land zuständig sein kann.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf findet nicht unsere Zustimmung. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke schön, Herr Abgeordneter Bergner. Als Nächster spricht Abgeordneter Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, dass ich meinen Beitrag recht kurz halten kann, denn das meiste ist in der ersten Lesung schon gesagt worden. Ich verweise hier noch einmal darauf, dass ich damals mit „und täglich grüßt das Murmeltier, es gibt einen ähnlich lautenden Gesetzentwurf schon aus vielen Jahren zuvor“ begonnen habe. Genau das ist der Punkt, wo ich denke, Herr Fiedler, dass Sie sich einen Tick irren. Sie haben gesagt, die Kommunen sollen erst mal anfangen, das selbst zu lösen. Aber diese Zeit „erst mal“ ist in der Stadt Eisenach schon lange vorbei, Eisenach steckt lange in einem strukturellen Problem. Das muss man wahrnehmen, hier muss man Lösungen anbieten.

(Beifall DIE LINKE)

Die Debatte gestern gerade um den Haushalt des Innenministeriums hat immer wieder gezeigt, wir brauchen so eine Gebiets-, Funktional- und Strukturreform in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich begrüße auch, dass Herr Mohring, zumindest für seine Begriffe hier in seinen sieben Punkten einen Schritt in diese Richtung gehen will.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Ob die das so verstanden haben?)

Er glaubt, durch eine Verlängerung der Mandate hier weiter vorwärtszukommen. Wenn das so ist ich bin da durchaus im Zweifel -, aber wenn er glaubt, dass er da weiterkommt, dann ist das doch wenigstens das Eingeständnis, dass wir diese Reform brauchen.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Ja, immerhin.)

Das ist, finde ich, ein ganz wichtiger Punkt und das spiegelt sich auch in diesem Antrag wider. Im Grundsatz sind wir dafür, größere Strukturen zu bilden. In diesem Einzelfall glauben wir, dass es nur ein zu kleiner Schritt ist, deshalb werden wir dieses Gesetz nicht unterstützen. Eisenach hat ein strukturelles Problem, hat aber auch ein Managementproblem an der Spitze. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Als Nächster hat sich Abgeordneter Gentzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schlimme an dem Antrag ist nicht, dass der Antrag total in die falsche Richtung geht, sondern er wird hier durch einige Redebeiträge noch ein ganzes Stückchen schlimmer gemacht. Das zieht einem die Schuhe aus, was hier einige für Detailkenntnisse zu Eisenach oder zum Wartburgkreis zu haben glauben. Wenn sich der Herr Bergner hinstellt und von hausgemachten Problemen in Eisenach spricht

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Das hat Herr Fiedler auch gesagt.)

und dann Personal in den Verwaltungen anspricht, dann muss man nur sagen, Sie haben null Ahnung über die Situation in Eisenach.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Keine kreisfreie Stadt - Herr Barth, vielleicht hören Sie zu und sagen das Ihrem Vortänzer mal -, in

(Abg. Bergner)

Thüringen hat weniger Personal als Eisenach. Sich hier hinzustellen und das Gegenteil zu behaupten, das zeugt einfach davon, mit welcher Oberflächlichkeit einige hier in diesem Haus mit diesem Problem umgehen.

(Beifall SPD)

Ich will jetzt nicht in dieses Klein-Klein vom Abgeordneten Kuschel verfallen. Ich glaube, das Problem ist viel grundsätzlicher und wir haben einen neuen Finanzminister. Ich glaube, der gute Mann hat ja in den nächsten Tagen eine Arbeit vor sich, die nicht so beneidenswert ist. Ich habe das mal gelernt, die Finanzer nennen das „Akten fressen“. Er wird sich in die Probleme des Freistaates Thüringen einarbeiten müssen, natürlich in die finanziellen. Ich glaube, deshalb ist es angesagt, in aller Kürze dieses grundsätzliche Problem in seinen Grundsätzen anzusprechen und da erledigt sich dann so ein Klein-Klein-Antrag auch von allein. Im Übrigen kann man dem Finanzminister Voß dann auch sagen, dass diese gespielte Redlichkeit des Abgeordneten Kuschel natürlich auch etwas damit zu tun hat - und das sagt er ja zumindest regional ganz offen -, weil es im Kern darum geht, den Kreis für Bad Salzungen zu retten, da kommt er nämlich her. Wenn man das weiß, da bekommt diese ganze Redlichkeit und einige besondere Passagen in der Gesetzesvorlage der LINKEN einen ganz besonderen Touch.

(Beifall CDU, SPD)

Dass Sie sich Gedanken machen zu den Problemen, das ist ja anerkannt, da gibt es ja auch einen Bereich, wo man zusammenkommt. Ich dachte, hier kommt heute eine Erweiterung des Antrags um Gera. Da haben Sie ja mittlerweile genau die gleiche Problemleiter festgestellt und dort schlagen Sie einen ganz anderen Lösungsansatz vor. Das kann schon einmal gar nicht sein.

(Unruhe DIE LINKE)

Also Eisenach wird eingekreist und Gera wird entschuldet. Das ist Ihre kommunalpolitische rote Linie. Ich bin ja mal gespannt, wir werden ja auch irgendwann mal über Suhl und Weimar hier reden.

(Zwischenruf Abg. Keller, DIE LINKE: Aber ihr lasst eure Bürgermeister im Stich.)

Da bin ich jetzt bei den strukturellen Problemen insgesamt, was Sie vorschlagen. Ganz besonders an den neuen Finanzminister, Dr. Voß: Wir haben hier in diesem Haus eine Gebietsreform 1994 gemacht. Im Zuge dieser Gebietsreform sind eine Handvoll kreisfreie Städte entstanden. Erfurt und Jena, das kann man sagen, das ist so ein bisschen der Hort der Glückseligen, der Haushalt ist nicht überfett, aber die zwei kreisfreien Städte kommen zurecht. Das merkt man auch an der Art und Weise, wie sie ihre freiwilligen Aufgaben gestalten können. Da

funktioniert die kommunale Selbstverwaltung. Wir haben dann aber die kreisfreien Städte Eisenach, Gera, Suhl und Weimar. Seit dem Beschluss zur Kreisfreiheit bewegen die sich in einer finanziellen Abwärtsspirale, Herr Finanzminister. Das ist anerkannt, ob im Landesverwaltungsamt, ob bei der Landesregierung, ob im Innenministerium; ganz klar, diese kreisfreien Städte haben ein strukturelles Problem.

(Beifall DIE LINKE)

Das sieht im Prinzip, um es vereinfacht zu sagen, so aus: Die Einnahmen sind so gering, dass nicht nur die freiwilligen Aufgaben gegen null gefahren werden, sondern dass die Städte nicht einmal mehr in der Lage sind, ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. So schlicht und einfach, aber auch so dramatisch ist die Situation in den kreisfreien Städten. Das hat angefangen in Eisenach, dann hat sich Suhl zu Wort gemeldet, dann hat sich Gera zu Wort gemeldet. Alle, die sich auskennen mit der Problematik, wissen, es dauert nicht mehr lange, dann wird sich auch Weimar hier melden, weil die Strukturen der kreisfreien Städte einfach viel zu klein gestrickt sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)